Nr. 305.

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Amts- und Anzeigeblatt für dm Oberamtsbezirk Calw.

90. Jahrgang.

Am Oberamts.

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Donnerstag, den 30. Dezember ISIS.

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Einführung der ' WeWW in Englund

Die militärische Lage. Die Anstrengungen unserer Feinde.

Die Verfolgungskämpfe gegen die Heerestrüm­mer der Serben und gegen die montenegrinische Armee nehmen ihren Fortgang, ohne dag viel Auf­hebens von Seiten unserer Verbündeten über die Operationen gemacht wird. Wenn auch die Meldun­gen in der italienischen Presse aus durchsichtigen Gründen etwas stark aufgetvagen sind, so dürften doch in der Hauptsache die Angaben, dag sich unsere Bundesgenossen überall der adriatischen Küste nähern, zutreffend sein. Man wird also schon in nächst Zeit Zusammenstöße mit den Italienern haben, die bisher ihre Balkanaufgabe nur darin er­blickt hatten, die zurückfluteirden Serben durch Le­bensmittel und Kriegsmaterial wieder zu ertüchti­gen. Es muß dem italienischen Expeditionskorps in Albanien in Erwartung der Dinge, die da kom­men sollen, nicht sonderlich behaglich zu Mute sein, denn es werden schon Rufe laut, die eine aus­reichende Verstärkung verlangen, um dem bevor­stehenden Angriff 'gewachsen zu sein. Ueber die Lage auf dem andern Balkanzipfel, auf dem sich nach Ententetruppen zu wahrscheinlich ebenfalls vorüber­gehendem Aufenthalt befinden, verlautet auch nichts Bestimmtes. Nach den heute vorliegenden Meldun­gen scheint es aber, daß nun die Vorbereitungen getroffen sind, um gegen Saloniki vorzugehen, und daß Griechenland sich gegen diesen militärisch not­wendigen Schritt Deutschlands und seiner Verbün­deten ehensowenig sträuben wird wie gegen die Be­festigung Salonikis durch die Alliierten. -Auch die neuen Operationen scheinen unter der Leitung von Eeneralfeldmarschall v. Mackensen zu stehen, der nach einem Besuch in Sofia, wo er mit großem Jubel und hohen Ehrenerweisungen empfangen wurde, wieder ins Hauptquartier abgereist ist. An der bessarabischen Front setzten die Russen ihre wütenden Angriffe fort, ohne irgendwelche wesent­lichen Erfolge zu erzielen. Als politisches Gegenstück zu dieser den Charakter einer Demonstration tragen­den Aktion kann die Adreßdebatte in der rumäni­schen Kammer angesehen werden, durch die der Wortlaut der Antwort auf die Thronrede festgestellt werden soll. Der ehemalige Minister Peter Carp, der Freund und langjährige Berater des Königs Karol, hat die Ententefreunde bei dieser Gelegen­heit tüchtig abgeführt, indem er die Legenden, die von den Ententemächten als Grund für ihre Krieg­führung angegeben werden, auf ihren wahren Wert zurückfllhrte. Man habe gesehen, wie England die kleinen Staaten verteidige, indem es deren Ver­teidigung nur übernommen habe, um sich ihrer zu bedienen. England habe die wirtschaftliche Macht­entfaltung Deutschlands gefürchtet, die es in dem Kaiserwort gefunden habe, daß die Zukunft Deutsch­lands auf dem Wasser liege. Frankreich wolle seine verlorenen Provinzen wieder, und Rußland walle Konstantinopel, die Dardanellen, das schwarze Meer und die Donaumündungen. Selbst wenn man sich Rußland anschließen würde, würde Rumänien das von den Russophilen geträumte Ideal nicht er­reichen, denn Siebenbürgen könnte man nur durch Zertrümmern der österreich-ungarischen Monarchie erwerben, die Bukowina würde Rußland behalten, und außerdem würde es sich durch Festsetzung Ser­biens am eisernen Tor( an der serbischen Grenze) und durch Wegnahme von Galatz (an der bessarabi­schen Grenze) in Len Besitz der Kontrolle der ru­mänischen Donauschiffahrt setzen. Peter Earp rich­tete dann einen dringenden Appell an den Minister­

präsidenten, von seiner Unentschlossenheit abzu­gehen, damit die Regierung nicht von den Ereignis­sen gezogen werde. Die Macht Rußlands würde Ru­mänien schwer schädigen, die Macht Deutschlands habe es aber immer nur in wohlwollender Weise gespürt. Ob die Lehren und Ratschläge eines alten erfahrenen Staatsmannes etwas gefruchtet haben, können wir vielleicht gleich zu Anfang des nächsten Jahres erfahren, wenn der Vierverband seine neu­este Note an Rumänien richtet.

Wie weit den Engländern jetzt das Wasser an der Gurgel sitzt, das sieht man an dem Beschluß des englischen Kabinetts, nun doch die allgemeine Dienst­pflicht einzuführen, trotzdem man sich innerhalb der Regierung sicherlich der Widerstände bewußt ist. die diesem für englische Anschauung und Ueberlieferung geradezu widerlichen Gedanken begegnen werden. Es war auch innerhalb der Regierung eine starke Strömung gegen die Anwendung dieses letzten Auswegs, und es ist möglich, daß deshalb wieder Veränderungen im Kabinett vor sich gehen werden. Man spricht davon, daß Runciman, (der Arbeiter­führer) und Mac Kenna (der Schatzkanzler) als erbitterte Gegner des Gesetzes zurücktreten werden. Wie weit die allgemeine Wehrpflicht vorerst durch­geführt werden soll, ist noch ungewiß. Es ist möglich, daß zuerst die Unverheirateten herangeozgen wer­den, und dann die Verheirateten entsprechend den Jahrgängen. Kämpfe wird es aber wohl im Par­lament geben, bis die Regierung das Gesetz durch­gebracht hat. obwohl die endgültige Annahme so gut wie feststeht. Man hat also in England den festen Willen kündgegeben, den Kampf bis zur Ent­scheidung durchzuführen, und jetzt, da alle militäri­schen Kräfte der Alliierten versagt haben, noch das englische Volksheer in die Wagschale zu legen. Eng­land hat in diesem Kriege gute Beispiele hoher Or­ganisationsfähigkeit gegeben, aber die Schwierig­keiten, in wenigen Monaten ein Volksheer nach eu­ropäischem Muster und solcher Qualität auf die Beine zu stellen, daß es in der Lage wäre, die Entscheidung zu beeinflussen, dürften dabei doch un­terschätzt worden sein. Wenn andere Völker Ge­nerationen auf die militärische Erziehung verwen­det haben, sc werden selbst die Engländer diese ihnen mangelnden Eigenschaften nicht in einem hal­ben Jahr sich anzueignen vermögen, und wie man das Offiziers- und llnteroffiziersmaterial in der nötigen Höhe beschaffen will, ist auch nicht die kleinste Frage. Weiterhin wird dieses Gesetz ins wirtschaftliche Le­ben aufs schwerste eingreifen. England wird nicht mehr in der Lage sein, in einem solchen Umfang als Lieferant für die Alliierten einzutreten, abge­sehen von den Riesensummen, durch die jetzt das ohnehin nicht sonderlich ausbalanzierte Budget wei­ter belastet werden wird. Bei richtiger Einschätzung aller dieser Faktoren wird man erst beurteilen kön­nen, wie düster die englische Regierung die militä­rische Lage beurteilt, wenn sie keinen andern Aus­weg mehr gefunden hat.

Wie wir schon gestern mitteilten, besteht auch in französischen Regierungskreisen anscheinend kei­nerlei Neigung zur Anerkennung der militärischen Ueberlegenheit Deutschlands. Der K^egsminister Gallien», der im Senat die Einstellung des Jahr­gangs 1917 begründete, führte dazu aus: Frankreich, das vor 18 Monaten den Frieden wollte, will heute den Krieg mit aller Willenskraft und wendet alle seine Hilfsmittel daran. Wer das Wort Frieden ausfpricht. wird als ein schlechter Bürger betrachtet. Der Jahrgang 1917 wird hinausziehen und das Volk begleitet mit seinen Wünschen die jungen

Leute, die wir zu dem großen Kampfe oorbereiten werden, der erst endigen wird, wenn Frankreich in Uebereinstimmung mit seinen Alliierten sagen kann: Ich mache Halt! Ich habe erreicht, was ich wollte und nehme meine Friedensarbeit wieder auf!" Auch von Rußland kommen ähnliche ministerielle Aeußerungen. Nun, so wissen wir, was es gilt. Auch das deutsche Volk hat zur Erhaltung seiner Existenz den Willen zum Durchhalten bekundet. Es soÜ also weiter gehen. O. 8.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsche amtliche Meldung.

(WTB.) Großes Hauptquartier, 29. Dezember. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Westende wurde wiederum durch einen feindlichen Monitor beschossen, diesmal obme jede Wirkung. Der gestern berichtete feindliche Vorstoß am Hirzstein brach bereits in unserem Feuer zusammen. Am Abend griffen die Franzosen zweimal die von uns zurückeroberten Stellungen am Hartmannsweiler­kopf an. Sie drangen teilweise in unsere Gräben ein. Nach dem ersten Angriff wurde der Feind überall sofort wieder vertrieben. Die Kämpfe um einzelne Grabenstücke nach dem zweiten Angriff sind noch im Gange. An Gefangenen büßten die Franzosen bisher 5 Offiziere und über 200 Mann ein. Die Engländer verloren gestern 2 Flugzeuge, von denen das eine nordöstlich von Lens durch das Feuer unserer Ab­wehrgeschütze zur Landung gezwungen, das andere, ein Großkampfflugzeug, nördlich von Ham im Luft­kampf abgeschossen wurde. Am 27. Dezember ver­brannte ein weiteres englisches Flugzeug westlich von Lille.

Oestlicher Kriegsschauplatz. An der Küste bei Naggasem (nordöstlich von Kukum) schei­terte der Vorstoß einer starken russischen Abteilung. Südlich von Pinsk wurde eine russische Feldwache überfallen und aufgehoben.

Balkankriegsschauplatz. Nichts Neues.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(WTB.s Wien, 29. Dez. Amtlich wird verlautbart vom 29. Dez. mittags: Russischer Kriegsschauplatz: An der bessarabischen Grenze wiederholte der Feind gestern seine von starkem Artilleriefeuer eingeleiteten Angriffe in der Tags zuvor geübten Art. Seine Angrifsskolonnen bra­chen überall stellenweise knapp vor unseren Hindernissen unter unserem Kleingcwehr- und Eeschützfeuer zusammen. Die russischen Verluste sind grotz. Oestlich Bukanow nahmen wir einige Sicherheitsabteilungen vor stärkeren russischen Kräften näher gegen unsere Hauptstellung zurück. Zn Wol­hynien stellenweise Eeschützkampf.

Italienischer Kriegsschauplatz: Auch ge­stern hielt die lebhaftere Tätigkeit der Italiener an der Süd- und Südostfront Tirols an. Im Suganaabschnitt wurde ein feindlicher Angriff auf den Monte Carbonile (südöstlich Varco) abgewiesen. Ebenso scheiterten nächtliche Unternehmungen des Gegners im Col di Lana-Gebiete. An der kiistenliindischen Front fanden an mehreren Stellen Ge­schütz-, Handgranaten- und Minenwerferkämpfe statt.

Südöstlicher Kriegsschauplatz: Lage unver­ändert. Keine besonderen Ereignisse.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: von Höfer, Feldmarschalleutnant.

Die russischen Angriffe im Südosten.

Berlin, 30. Dez. DemBerliner Lokalanzeiger" wird aus Czernowitz gemeldet: Die verzweifelten