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Nr. 304. _ Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.

Erscheinungsweise: Sma! wöchentlich. Anzeigenpreis: Im Oberamt«- Aezirr Ealw für die einspaltige BorgiSzeile 10 Pfg., außerhalb desselben 12 Pfg., Neklamen 25 Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon S

Mittwoch, den 29. Dezember 1915.

Bezugspreis: In b-r Stadt mit LrSgerlohn Mk, 1.25 vierteljährlich, Post. bkzugSpreiS für den Orts- und Nachbarortsverkebr Mk. l.W, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg W Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.

Eine neue russische Offensive? - Der griechisch- italienische Interessengegensatz. - England.

Die Veränderungen in den russischen Komman­dostetten, die Verpflanzung einer französischen Offi­zierskommission in den russischen Generalstab ließen vermuten, daß irgend etwas wieder im Gange ist. Nun scheint diese verschleierte, rührige Tätigkeit ihre Entlösung gesunden zu haben: Wir haben wie­der einen jener russischen Angriffe gehabt, deren militärisch-psychologische Begründung in dem russi­schen Masseninstikt verankert ist. Die Offensive hat zwischen Dnjestr und Pruth eingesetzt, und zwar in dem kleinen, noch von den Russen besetzten Stück SUd- ostgalizens und an der bessarabischen Grenze. Ob dem starken Truppeneinsatz wirklich rein militärische Absichten zugrundeliegen. etwa im Zusammenhang mit noch zu erwartender neuer Offensivtätigkeit der Alliierten auf anderen Fronten, kann heute noch nicht gesagt werden, jedenfalls aber ist der erste, mit überaus starken Kräften geführte Versuch, die De- fenisivstellung unserer Verbündeten im Südosten zu durchbrechen, völlig gescheitert, und damit sind schon die-wesentlichen Vorbedingungen für einen erfolg­reichen Durchstoß, der Vorteil der Ueberraschung und die moralische Kraft der Truppen, hinfällig gewor­den. Daß man namentlich an der rumänischen Grenze gern einen militärischen Erfolg errungen hätte, ist zu verstehen angesichts der unsicheren Haltung Rumäniens, wo infolge der andauernden russischen Niederlagen wieder die Richtung mehr zum Wort gekommen ist, die eine Zurückgewinnung Vessarabiens anstrebt, wenn auch die rumänische Re­gierung immer noch nicht Farbe bekannt hat. Aller­dings hat sie den russenfreundlichen Kriegshetzern während der letzten Kammertagungen eine ge­harnischte Abfuhr erteilt, indem sie auf die realen Tatsachen hinwies, -die ein Eingreifen Rumäniens zu Gunsten Rußlands im jetzigen Augenblick als Wahnsinn erscheinen lassen. Der heutige russische Bericht weiß von dem Angriff noch nichts zu mel­den. Jedenfalls aber zeigt uns die Neueinleitung größerer Operationen von russischer Seite, daß die Neigung gewisser russischer Kreise zu Friedensver­handlungen vorerst nicht auch von den jetzt maß­gebenden Männern in der Regierung geteilt wird, ebensowenig wie das in französischen und englischen maßgebenden Kreisen der Fall ist. Der Kamps wird also weiter gehen.

Die Lage auf dem Balkan hat sich bezüglich der Salonikifrage noch nicht geklärt. Es heißt jetzt, daß die Entente nun, nachdem sie die Entfernung der griechischen Truppen aus Saloniki verlangt hatte, den Wunsch geäußert habe, daß Griechenland be­trächtliche Streitkräfte in Saloniki unterhalten möge, um so natürlich die Griechen mit den Zentralmäch­ten in einen Konflikt zu bringen. Die griechische Regierung soll sich aber geweigert haben, diesen Stimmungswechsel der Vierverbandsgenerale zu be­achten. Weiter wünscht die Entente, da sie nun ein­mal am Wünschen ist, nicht nur Mazedonien als Kriegsgebiet betrachten zu dürfen, sondern auch den Epirus, natürlich damit man freien Verkehr von Saloniki bis zur Adriaküste hätte. Damit würde also das ganze neugriechische Gebiet von der Entente zum Kriegsschauplatz gestempelt werden. Ob die grie­chische Nachgiebigkeit so weitgehende Formen an­nehmen wird, möchten wir doch bezweifeln, denn das wird von unserer Seite der Regierung in Athen wohl klar gemacht worden sein, daß in dem Augenblick, in dem eine militärische Gefahr für Deutschland und seine Verbündeten durch die griechische Nachgiebig­

keit gegenüber der Entente entsteht, selbst die deutsche Gemütlichkeit aufhört. Daß übrigens Griechenland keineswegs geneigt ist, seinewohlwollende Neu­tralität" ins Uferlose zu erweitern, das steht man an der Note nach Italien, die in freundschaftlicher Weise Aufschluß über die italienischen Truppenbe­wegungen in Südalbanien verlangt hat. Im Gegen­satz zu derfreundschaftlichen" Antwort der itali­enischen Regierung hat aber die ganze italienische Presse diese, die griechischen Interessen vertretende Frage als Anmaßung sondergleichen behandelt, und einige hitzige Nationalisten haben sogar die zweifel­los allgemein in Italien herrschende Anschauung unverhohlen zum Ausdruck gebracht, daß Griechen­land keinerlei Anspruch auf die von ihm als Inter­essensphäre betrachteten Gebiete von Nordepirus und Südalbanien habe. Es ist ja bekannt, daß der itali­enische Ehrgeiz darnach trachtet, die Adria als Bin­nenmeer zu besitzen, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Bierverband den Italienern auch diesen Köder vorgeworfen hat. Man kann also die Wut der Nationalisten begreifen, wenn sie sehen, daß auch hier ihrem heiligen Egoismus sich Widerstände ent­gegenstellen, die ebenso unüberwindlich erscheinen, wie die österreichische Jsonzofront. Griechenlands Ansprüche am der albanischen Küste gehen vermut­lich bis Valona ,' es hat also höchstes Interesse daran, was die Herren Italiener eigentlich dort zu suchen haben. Wäre die Entente siegreich auf dem Balkan geblieben, und hätten namentlich die Italiener an der österreichischen Front etwas Luft bekommen, dann wäre die italienische Antwort wohl etwas ehrlicher" ausgefallen, aber so mußte man sich in Italien auf Bellen beschränken, da eine sonstige Kraftäußerung zur Zeit ncht möglich ist. Die Bal- kanprobleme verwickeln sich also andauernd weiter,

und ihre Lösung wird auch wohl kaum anders zu be­werkstelligen sein als diejenige des kordischen 'Kno­tens. der eben durchhauen werden mußte.

Die derzeitige Stimmung in England wird durch zwei charakteristische Momente gekennzeichnet, erstens den Kampf um die Wehrpflicht, und zwei­tens, das Bestreben der englischen Regierung, die englische Secherrschaft durch rücksichtslose Unterbin­dung des neutralen Handels- und Postoerkehrs zu de­monstrieren. Innerhalb des Ministeriums scheinen zwei etwa gleich starke Strömungen zu herrschen, die um den Sieg ringen bezüglich der Einführung der Wehrpflicht. Die Bundesgenossen haben wohl auf die Herren nicht sehr sanft eingewirkt, denn es hat jetzt doch den Anschein, als wolle man zu dem letzten Mittel greifen, selbst wenn dabei einige Mi­nister unter den Schlitten geraten. Was die Be­schlagnahme der Post der Neutralen in den letzten Tagen anbelangt, so will man wohl den Stimmen Rechnung tragen, die eine noch stärkere Knebelung der Einfuhr nach Deutschland verlangen, selbst auf das Risiko der Verletzung neutraler Rechte, (was angesichts der völkerrechtlichen Anschauungen Wilsons ja ungestraft geschehen kann, denn die an­dern kleinen Staaten vermögen sich nicht dagegen zu wehren), andererseits aber wird dabei auch die. echt englische Absicht verfolgt, den neutralen Handel zu kontrollieren und auszuspionieren, denn zur Er-. Höhung seines Handelsverkehrs hat England doch in erster Linie Krieg mit dem deutschen Konkurrenten angesangen. Die beiden Erscheinungen zeigen aber auch wieder, wie weit die englische Zuversicht gesun­ken ist, wenn man zu solchen Mitteln greifen muß.

O. 8.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsche amtliche Meldung.

(WTV.) Großes Hauptquartier, 28. Dezember. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Durch das Feuer eines feindlichen Monitoren wurden in Westende Bad 3 Einwohner, darunter 2 Frauen, getötet. An der Front entwickelten sich zeitweise leb­hafte Artillerie-, Handgranaten- und Minenkämpfe. Am Hirzstein erfolgte heute früh ein französischer Vorstoß. Nähere Meldungen liegen noch nicht vor. Neger Zugsverkehr auf dem Bahnhof Soissons wird von unserer Artillerie beschossen. Die Franzosen haben seit kurzem das in unmittelbarer Nähe liegen­de Hospital, anscheinend zum Schutze des Bahnhofs mit Notkrcuzflagge versehen. Zufallstreffer in das Hospital sind bei der Nähe dessen zum Bahnhof nicht ausgeschlossen.

Oestlichex Kriegsschauplatz. An der Veresina sowie nordwestlich von Czartorqsk und bei Verestiany wurden russische Erkundungsabteilungen abgewiesen.

Valkankriegsschauplatz. Die Lage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(WTB.) Wien, 28. Dez. Amtliche Mitteilung vom 28. Dezember mittags:

Russischer Kriegsschauplatz. An der bessarabischen Front und am Dnjestr nordöstlich von Czaleszyki wurden gestern wiederholte Angriffe star­ker russischer Kräfte blutig abgewiesen. Besondere Anstrengungen richtete der Feind gegen den Ab­schnitt zwischen Pruth und Waldzone nördlich To- paroutz. Nach Artillerievorbereitung, die den ganzen Vormittag anhielt und sich stellenweise bis zum Trommelfeuer schwerer Kaliber steigerte, erfolgten in den ersten Nachmittagsstunden fünf Jnfanterie- angriffe, die abgewiesen wurden. Ein anschließender Massenangrifs, 15 bis 16 dichte Reihen tief, brach im Artillerieseuer unter schwersten Verlusten zusam­men. Das gleiche Schicksal hatten die feindlichen An­griffe nördlich des Dnjestrs. Unsere Verluste sind gering. Nachtsüber herrschte Ruhe.

Italienischer Kriegsschauplatz. An der Tiroler Süd- und Siidostfront dauern die Ge­schützkämpfe fort.

Montenegrinischer Kriegsschau­platz. Von unseren Kräften verfolgt, zogen sich die Montenegriner von Godijewo nach Vijoca zurück. Nächst Kovren wurden drei montenegrinische Ge­schütze modernster Konstruktion von unseren Trup­pen ausgeqraben.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: von Höfer, Feldmarschalleutnant.

Indier von der Westfront nach Aegypten.

Rotterdam. 28. Dez. Die durch ein kurzes Reu­ter-Telegramm bekannt gewordene Wegnahme eines indischen Armeekorps von der Westfront hat die in Frankreich ohnehin schon bestehende Verstimmung gegen England noch erhöht. Man glaubt, nach der Deutschen Tageszeitung", daß dieses Inder-Korps rasch nach Aegypten geworfen werden wird. Wie die amtliche englische Meldung übrigens offen zugibt, ist dieses Inder-Korps anderwärts nötig.

Die türkische Beute auf Gallipoli.

Berlin, 29. Dez. Der Sonderberichterstatter des Berliner Lokalanzeigers" auf Gallipoli besuchte