N^U'!
GM
lLWi
.'«V
^2L.<LL/
^>r>.
-»-»>»
S.WW
W^<-
?MH
P AH^ - .!
MML
Nr. 300. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.
KrjchelnungSweise: Sinai wöchentlich. Anzeigenpreis: I« OberamtS- chezirk Ealw für die einspaltige BorgiSzetle 10 Pfg.» außerhalb desselben 12 Pfg., p'rklamen 25 Pfg Schluß fürJnseratannahme 10Uhr vormittags. Telefons.
Die militärische und politische Lage.
Der Hartmannsweilerkopf ist wieder einmal der Schauplatz eines harten Kampfes geworden. Die Franzosen hatten dort starke Kräfte eingesetzt, und es gelang ihnen, die Kuppe dieses beherrschenden Stützpunktes zu nehmen. Der französische Tagesbericht weiß allerdings nichts von diesem Ereignis zu melden, weil die Franzosen nach ihren Angaben doch schon seit Frühjahr „im Besitz" dieses Punktes sind. Wie unsere Heeresleitung mitteilt, sind aber die Kampfhandlungen noch nicht abgeschlossen. Wenn man die neutralen Stimmungsberichte aus Frankreich und die Aeutzerunqen der französischen Presse seit einiger Zeit verfolgt hat, in denen allgemein tiefe Niedergeschlagenheit über die Misserfolge des Balkanunternehmens und eine nervöse Unruhe bezüglich etwaiger deutscher Absichten an der Westfront zum Ausdruck kam. ist man stark versucht, anzunehmen dasi der französische Angriff nichts weiter als ein kaum dauerhaftes Mittel zu einer Auffrischung der Gemüter im französischen Volk fein wird.
In England hat man gemerkt, datz Deutschland und seine Verbündeten nicht geneigt sind, den englischen Weltbrandstifter so ohne weiteres laufen zu lasten, nachdem sein Plan so schmählich missglückt ist. Natürlich mutz man jetzt drüben überm Kanal umsomehr Siegeszuversicht an den Tag legen, da man über die Stimmung der Völker der Ententegenosten unterrichtet ist und gang genau weitz, dass das Spiel vollständig verloren ist, wenn nur einer der „Freunde" abfällt. Daher wurde auch im Unterhaus die Forderung der Regierung, die die Vermehrung des Heeres um eine Million Mann Vorsicht, einstimmig angenommen. Ueber die Frage, welches Ergebnis die bisherige Methode Lord Derby's, die Rekrutierung bis zum Höchstgrade zu steigern, gehabt hat, haben sich .allerdings die verantwortlichen Männer sehr diplomatisch ausgesprochen, denn ein ungünstiges Ergebnis könnte ebenfalls den Zündstoff gegen England in den Ländern der Alliierten zur Lösung bringen, daher die Malerei in Rosenrot. Asquith hat denn auch in Konsequenz des jetzt für notwendig erachteten Tones der Zuversicht auf eine Anfrage, (die im Hinblick auf die letzten Reichskanzlerreden eine Neigung Deutschlands zu Friedensverhandlungen feststellte) geantwortet, die Alliierten seien entschos- sen. den Krieg zu gewinnen. Sie wollten von einem Sonderfrieden nichts misten. Der Krieg nehme einen für sie immer günstigeren Verlaus. Um die Kurve dieser phänomenalen Entwicklung zu erkennen, braucht man nur die Punkte Gallipoli und Saloniki einzuzeichnen, abgesehen von der englischen Niederlage in Mesopotamien und den vergeblichen Ab- mühungen der Italiener an der österreichischen Grenze. Da man aber trotz der Schönfärberei der Regierung im Vereinigten Königreich doch sieht, wie schlecht die Aktien stehen, so kommt die englische Natur der Brutalität immer mehr zum Ausdruck. Im Oberhaus forderte man immer schärfere Matznahmen gegen die Gefahr der Versorgung Deutschlands durch die neutraleti Nachbarn Dänemark, Holland, Schweden und Norwegen. Namentlich Dänemark habe einen enormen Handel mit Deutschland entwickelt, so daß das Auswärtige Amt vielleicht selbst angeklaqt werden könne, datz es gegen das Gesetz über den Geschäftsverkehr mit dem Feinde ver- stotze. Der einzige weise Kurs sei, die volle Seegewalt gegen den feindlichen Handel zu richten. Demgegenüber wurde von der Regierung die Notwendigkeit der Förderung der englischen Äusfuhr betont. England suche die deutschen Zufuhren zu ver, hindern und den deutschen Wechselkurs zu verderben. Letzteres geschehe durch die deutsche Einfuhr aus neutralen Ländern. Der Sprecher der Regierung, Lord
Donnerstag, den 28. Dezember 1818.
Erewe, meinte auch, die von verschiedenen ehrenwerten Lords vertretene Politik grenze an Seeräuberpolitik: England könne doch die Neutralen nicht wie Kriegführende behandeln und trotzdem erwarten, datz sie England wie Verbündete behandeln würden. Der Begriff der Blockade habe sich in diesem Kriege infolge der veränderten Verhältnisse des Seekrieges geändert. Auch sei es nicht möglich, alle Waren als Banngut zu erklären. Loyd George setzt seine Hoffnung immer iroch auf die Quantitäten der Munitionsherstellung. Er meinte, man brauche für die neuen Fabriken 80 000 gelernte und 200 (XX) bis AX)000 ungelernte Arbeiter, denn davon hänge der Erfolg der Alliierten ab. Man müsse sich sehr beeilen, wenn man nicht wieder wie bei den meisten Unternehmungen zu spät kommen wolle. Die Heere der Alliierten seien beständig von dem höhnenden Geist des „zu spät" verfolgt worden. Alles hänge von den nächsten Monaten ab. Auf der letzten Konferenz der Alliierten in Paris seien Beschlüsse gefaßt worden, die den ganzen Verlauf des Krieges beeinflußen können. Aus der Rede des Munitionsministers schöpfte dann der Führer der nationalen Arbeiterpartei den Schluß, die Kriegsleistungen Englands bestehen in der Herstellung von Munition und der Verstärkung seiner Finanzlage. Das ist recht englisch gedacht, ob die Alliierten aber sich auf die Dauer mit dieser Unterstützung zufrieden geben werden, möge vorläufig einmal dahingestellt bleiben.
Die politische Lage auf dem Balkan hat im Augenblick ein noch rätselhafteres Gesicht erhallen, als sie schon vorher zeigte. Die Operationen gegen die zurückgewichenen Ententetruppcn scheinen immer noch zu ruhen. Es wird also weiter verhandelt. Bei Griechenland und wohl auch bei der Entente scheinen Verschleppungsabsichten vorliegen. Es soll zwar die Stimmung in Griechenland einen immer stärker werdenden Ausdruck gegen die Entente annehmen. ob aber daraus irgend welche Weiterungen zu erwarten sind, kann heute noch nicht gesagt werden. Die Kammerwahlen haben eine starke Mehrheit für die jetzige Regierunaspolitik gebracht, die Benizelisten werden also in der nächsten Zeit ausgeschaltet sein. Was es mit einer angeblichen Landung in dem bulgarischen Schwarzenmeerhafen Warna und der Verstärkung des italienischen Expeditionskorps in Albanien auf sich hat, wird man wohl bald erfahren müssen. Auch in Saloniki sollen ja täglich große Truppenkörper gelandet werden. Ob man da wohl gar an eine allgemeine Offensive auf dem Balkan denkt, und auf diese Weise hofft, das Ansehen der Entente doch noch, wenn auch etwas ver- rupft, zu retten? Nach den Aeutzerunqen der verantwortlichen Staatsmänner in Athen und Bukarest ist zwar nicht anzunehmen, datz sie sich im jetzigen Zeitpunkt des Krieges noch zu der Entente bekehren könnten.
O. 8.
Die Lage aus den Kriegsschauplätzen.
Die deutsche amtliche Meldung.
(WTB.) Großes Hauptquartier 22. Dezember. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Die Franzosen griffen am Nachmittag unsere Stellungen am Hartmannsweilerkopf und am Hirzenstein, nördlich von Wattweiler, unter Einsatz erheblicher Kräfte an. Es gelang ihnen, die Kuppe des Hartmannsweilerkopses, die nach den offiziellen sranzöfischen Berichten allerdings schon seit Ende April in französischem Besitz gewesen sein soll, und! ein kleines Stück am Hilsenfirst zn nehmen. Ein Teil j der verlorenen Stellung am Hartmannsweilerkopf ist heute vormittag bereits zurückerobert. Ein An-!
Bezugspreis! In der Stadt mtt PrSgerlohn Mk. I.2L viertelstthrltch. Postbezugspreis für den Ort«- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.L0, im Fernverkehr Mk. ILÜ. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 4L Pfg.
griff bei Metzeral brach vor unserer Stellung zusammen. Ans der übrigen Front bei unsichtigem Wett« und Schneetreiben nur geringe Eefechtstätigkeit.
Oöstlicher und Balkankriegsschauplatz. Keine wesentlichen Ereignisse.
Oberste Heeresleitung.
Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.
(WTB.) Wien, 22. Dez. Amtliche Mitteilung vom 22. Dezember mittags:
Russischer Kriegsschauplatz. Stellenweise Artilleriekämpfe und Geplänkel.
Italienischer Kriegsschauplatz. Die Tätigkeit der italienischen Artillerie gegen die Tiroler Südfront hält an. Auch an den übrigen Fronten stellenweise vereinzelte Eeschiitzkämpfe. Der Angriff einer feindlichen Kompagnie bei Dolje am Tol- meiner Brückenkopf brach in unserem Feuer zusammen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz. Bei Jpek wurden neuerlich 69 von den Serben vergrabene Geschütze erbeutet. Diese Zahl dürfte sich noch erheblich steigern.
Erfolge der Türken.
(WTB.) Kouftantknopel, 22. Dez. Das Hauptquartier teilt mit: An der Zrakfront bei Kut-el-Amara »«senkte unsere Artillerie zwei feindliche Monitore und verursachte durch einen Volltreffer eine Explosion bei einem anderen Monitor. Unsere Truppen näherten sich auf der ganzen Front den Stacheldrahtverhauen der befestigten feindlichen Stellung. — An der Dardanellenfront bei Seddul Bahr zeitweiliger Artillerie-, Bomben- und Lufttorpedokampf. Unsere Batterien auf der anatolischen Küste der Meerengen beschossen er folgreich Worteliman und die Landungsstelle von Teile ! Burnu. Sie versenkten bei Norteliman zwei kleine Boote, sowie bei Tekke Burnu ein kleines Munitionsschiff und trafen ferner ein Lastboot. In einem einzigen der von dem Feind gesäuberten Abschnitte fanden wir Lebensmittel aller Art, die für die Verproviantierung eines ganzen Armeekorps für lange Zeit ausreichen, sowie eine Million Sandsäcke, ungefähr 1VVV Zelte, 500 Wolldecken, 400 Tragbahren, 1VVK Konservekisten, SV Benzinfiisser, einen Mörser bei Aghine- dere, sowie eine Menge in der Erde vergrabene Mörsergeschosse, ferner 3VV Kilometer Telephondraht und 18V Kilometer Stacheldraht. Wir konnten die Munition, Kleidungsgegenstände und sonstiges erbeutetes Material noch nicht zählen.
Ioffre über die Aussichten einer , neuen Offensive.
Eens, 22. Dez. Der französische Generalissimus Zoff« hat kürzlich nahezu 14 Tage in Paris geweilt, wo er die Beratungen des geheimen Kriegsrats der Verbündeten leitete. Bei dieser Gelegenheit ist Ioffre, der sonst parlamentarische Kreise meidet, mit verschiedenen Mitgliedern des ständigen Kammerausschusses im Palais Bourbon in Verbindung getreten und hat sich ihnen gegenüber über die Kriegslage geäußert. Wie man erfährt, bezeichnet er die Kriegslage als befriedigend, warnte jedoch Regierung und Kammermitglieder, sich allzu grohe Hoffnungen auf eine Offensive der Verbündeten zu machen. An den genügenden englisch-französischen Streitkröften, die dazu notwendig seien, > fehle es zwar nicht, aber die Offensive werde in diesem Augenblick mit so gewaltigen Verlusten verbunden sein, dah er dir Verantwortung hierfür nicht übernehmen könne. Bloß um die erste deutsche Linie der Champagne zu durchbrechen, mühten ISO 000 Soldaten geopfert werden, ebenso viel für das Durchbrechen der zweiten deutschen Linie und 100 000 für die dritte Liüie. Der Versuch würde also 400 000 Soldaten kosten und dann stünde erst noch die Offensive zur Befreiung Belgiens bevor. Deshalb rate Ioffre zum Warten, bis durch das Eintreffen der Millionen Kitcheners die englisch-französische Streitmacht im Westen eine derartige Verstärkung erlangt habe, datz ein ernster deutscher Widerstand nicht mehr