Aus Stadt , und Land

Heute wird verdunkelt von 17.48 Uhr bis 6.59 Uhr.

»

Aie sparsame Hausfrau

In dem alten Sprichwort:Eine Frau kann in der Vchürze mehr ans dem Hanse hinaustragen, als der Mann nii dem Wagen entfahren", liegt ein tiefer Sinn. Gottlob ^nvel es auf die deutsche Frau im allgemeinen keine An- vendnng. Gewiß, es wäre auch ver d 'chen Hausfrau an- ,enehm, aus den» Vollen zu schöpfe», keinen Wunsch zu ,eisagen und sich um ihren Geldbeutel nicht bekümmern zu nüssen. Aber der Ueberslutz ist ein Wunschiranm, Die Wirk- ichkeii sicht anders aus. Gerade die deutsche Frau mutz in der «einigen Zeit ihr hausfrauliches Können unter Beweis stellen, hierbei helfen ihr besonders vie beiden Tugenden Ordnung ind Sparsamkeit, ohne die sie ihre Ausgaben in der Familie nicht durchzuführen vermag. Die kluge Hausfrau weiß las. Sie gehr daher sparsam mit den Sachgütern und mit NM Wirtschaftsgeld um. Sie erzieht auch ihre Kinder srirh- stitig zur Sparsamkeit, Das Wesen der Sparsamkeit bleibt sich m allen Zeilen gleich. Auch heute gilt das alte deutsche Sprichwort:Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht veri" Die den deutschen Kreditinstituten anvertrauien Spar- ,c- r des deutschen Volkes haben jetzt den Betrag von 190 Milliarden RM erreicht, Ein wesentlich r Teil hiervon setzt sich ,uc- kleinen und kleinsten Beträgen zu>ammen. die die Hans- lrau durch sparsamste Wirtschaftsführung erübrigte. Fast NvH des gesamten deutschen Volkseinkommens lausen durch »ie Hand der Hausfrau, wie statistisch feststeht. Diese Tatsache ieigi, datz die den Haussrauen in unserem Volkshaushalt üb ragenen Aufgaben besonders verantwortungsvoll und sür oa:- Vobl des ganzen Volkes ausschlaggebend sind, Deutsche Haus- lrau. sei dir stets dessen bewußt und spare!

Beim Schanzen kein einziger Todesfall

Um schweren Schädigungen voczubeugro, wird jedcr Junge, be­vor er zum Schanzen abrückt, durch einen Arzt untersucht, ob er den zu erwartenden Anforderungen überhaupt körperlich gewach­sen ist. Bor allem wird zuerst sür die Sicherheit unserer Jungen gesorgt. Die erste Arbeit jedes Jungen ist, sich ein D>cku»g»loch zn graben, ln dem er bei feindlichen Fliegerangriffen Schutz findet. So ist trotz der Frontnähe und der ungewohnten Aibeit dafür gesorgt, dotz unsere Jungen keine körperlichen Schäden erleiden und nicht unnötig Gefahren ausgesegt find. Daß diese Dorsichts- wvtznohtpea bestens get offen wurden, beweist die Tatsache, datz sich bisher noch kein Junge eine ernstliche körperliche Krankheit zu»og und auch beim Schanzen noch kein einziger. Todessall etn- getr.len ist.

Totenged nkfeier. Am morgigen Sonntag findet nachmittags um 2 Uhr »n der Turnhalle eine Toteng denkfeier der NSDA v-, Ortsgruppe Altevsteig, statt, zu der die Bevö kerung Altensteigs eingeladen ist. Anschließend an die Totengedenkfeter ersolgt die feierliche Vereidigung des Volkssturms A tensteig.

Hallwangen. (3 um Gedächtnis des Dichters Hein­rich Schülf-Zerweck) Seit einigen Tagen b find t sich an der Stirnwand d.s wtederrrstellten Hauses, bei d sien Brand der Dichter Schoff-Zerweck ums Leben kam, eine Erinnerungs­tafel, die davon berichtet, daß hier der vichterph losoph Hen­rich Schäff-Ferweck als Einsiedler mit seinen Gedanken und mit dem Worte rang und daß hier in des Feuers Glut sein Leben virlöjchte. D.r Entwurf der Tafel stammt von Kunstmaler Pro- sisjor Fibus. Berlin, die Ausführung erfolgte durch Holzbtldhauer- metslec Hummer, Rexingell.

. Wenden. (ZumTode vonOberlehrer i. R, Wörner.) Am letz»n Sonntag ist der im Alter von beinahe 83 Iaqren ver­storbene Ooerlehrer i. R. K. Wörner beerdigt worden. Bon 1895 kt» 1929 hat er der hiesigen Schule gedient und seine ebenso schöne wie schwere Berufspfl cht mit aller Hingabe ei füllt. Als Zeichen . rhreneen Gedenkens wurden ihm im Auftrag d s Orislchulr. ts und des B.ziiksschularnls Calw Kränze mit Nachrufen gewidmet. Blumen des Herbstes bedeckten das Grub und dankbar nahm man letzien Abschied von tnin Manne, den man allgemein schätzte. Aus 50 Zuh e Wirksamkeit au der hiesig n Volksschule erstickt sich nun die Tätigkeit des Verstorbenen, dess- > Sohn, Haupil hrer Wörner, sein Werk rvetteifuhrt. Vor 15 Jahren bereits wurde letzterem die Schulstrlle in Wenden übertragen.

Neuwriler. (Arbeitstreue,) Mt seltener Treue st md Frl. CH istiae Gall bei einer hiesigen Familie im Dienst. 44 I ihre lang, bis zu ihrem Tode, war sie imLamm" und in der Familie Ruhle tätig, und allseits g schätzt.

Klosterretchenboch. (Kind tödlich überfahren.) Last- fuhrunternehmer Ernst Wein fuhr am ve>gang'nen Montag ge­gen 9 Uhr mit seinem Las Kraftwagen zunächst vor seinem Haus rückwärts, um dann tn Richtung Baiersbronn einzubiegen. Sein sechsjähriger Lohn, der sich in der Nähe bifund, stellte sich ohne Wissen des Vaters auf das rechte Trittbrett des Wagens. Er fiel plötzlich h> runter und xeriet unter das rechte Hinterrad, das ihm übe, den Ke pf wegg<ng. Der Junge war aus der Stelle tot.

Wellendtngen, Kr. Rottweil. (Vom Baumstamm er­schlagen.) Beim Aushauev von Akazientäumen stürzte Strotzen­wart Stefan Ulmschneider mit einem Stamm die Böschung hin­unter. Dabet wurde der 60 jährige Mann vom Stamm erschlagen.

Ravensburg. (KurzerProzetz mit unwahren Zeugen) Ja einer Strafsache gegen die Tochter seines früheren Aibei'g bers hotte ein Melk.r aus dem Biberocher Bezirk belastende Arg, den gemocht, weshalb er als Z uge geladen wurde. Da er während der Dernehmurg als Lügner entlarvt wurde, erließ der Richter gegen den unwahren Zeugen sofort Hajtbesehl. Er fleht einer strengen Bestrafung entgegen.

Hohenhaslo ch. (DerHerbst beendet) Vergangene Woche wurde das Wewgeschäfl zum Atschlutz gebracht. Zu Beginn der Weinlese gab Bürgermeister Hauber di. neuen Richtlinien des Weinwirtschostsoertandes bek nnt. Der Preis ist unverändert gegenüber dem Voije hr. Die Weinlese war gegenüber dem Vor­jahr ein zeitraubendes und mühsames G schüft. Waren manche Sorten, wie z B, Trollinger, Lemberger und Weitzrieslü g. ziem­lich gesund, so halten doge« en Portugieser und Silvaner du ch die ungünstige Witterung im September staik gelitten und mutzten viel aurgeleien werden. Im ganzen gesehen kann der Wein- gärlncr mit dem Ertre g seiner Weinberge nach Menge und Güte zufrieden sein.

Wvrgin i. A. ,Aus de: Heinsobrt tödlich verun­glückt.) Der 36 Jahre olle verheiratete Mon'eur Fel x Lutz von hier, der fick mit dem Motorrad, von der Aatzenmoniage kom­mend, auf der Heimfahrt befand, geriet in der Dunkelheit bei der Schwatzenmütle von der Etiaße ob. Dabei fuhr er gegen einen eisernen Pjostrn und verunglückte tödlich.

Ratzenried, Kr. Mangen, (Todesstürz von der Treppe) In der Dunkelheit kan der Bauer Georg Schupp von hier durch einen Fehltr tt aus der Treppe so unglücklich zu Fall, daß er ewen komplizierten Lchädelvruch erlitt, der seinen sofortigen Tod zur Folge hatte.

Derwertlose" Knochen

Schon im ersten Weltkrieg war mit Rücksicht auf die be­sondere Bedeutung der rohen Knochen ein allgemeines Ver- geuöungs- und Vernichtungsgebot erlassen worden. Wenn sür die Dauer des gegenwärtigen Krieges ein gleiches Ver­bot erging, so ist öaS nur so erklärlich, denn welche Erzeug­nisse werden aus Knochen gewonnen?

Da ist zunächst das Knochcnfett aus dem wiederum Glyzerin, Olein und Stearin gewonnen wird. Glyzerin bil­det u. a. bei der Herstellung von Sprengstoffen einen wich­tigen Beitrag,- das Olein ist ein wertvolles Hilfsmittel in der Textilherstcllung und wird als Bohröl und Schmier­mittel verwendet,- das Stearin wird zur Kerzenherstellung benötigt. Das Klauenöl, das sich im Fesselgelenk der Rin- der-Unterbeine befindet ist das feinste Schmieröl für Uhren und feinmechanische Instrumente.

Ist das Fett dem Knochen entzogen, so bildet der Kno- chenschrot den Grundstock für die Herstellung von Leim. Das nach der Entfettung abgetrommelte unentleimte Nohmehl ist ein gutes Düngemittel, ebenso phosphorhaltig wie ein aus Knochen gewonnenes Futtermittel, das den Knochenbau der Tiere kräftigt. Schließlich werden aus Knochen kriegs­wichtige Phosphorpräparate und Knochenkohle hcrgestellt,' letzteres dient als Hilfsstoff bei der Zuckerraffinerie und als Arzneimittel.

Auch für uns ist der Knochen nichtwertlos": für die . Ablieferung von insgesamt fünf Kilogramm - die nicht auf einmal erfolgen muß - erhalten wir ein Stück" wertvoller guter.Kernseife, um diese Sammlung eines für die Industrie wertvollen Rohstoffes tatkräftig zu unterstützen. Um die volle Auswertung des Knochens zu gewährleisten, ist für eine trockene, luftige Lagerung zu sorgen. Die Knochen stinken" auch nicht, wenn man sie von anhaftenden Fleisch­teilen und Sehnen, etwa durch Kochen, befreit. Welche Be­deutung der Rohstoffknochen ergibt, erklärt sich schon aus der Tatsache, daß kurz nach Kriegsbeginn durch das Reichs­wirtschaftsministerium ein Sonderbeauftragter für die Er­fassung von Knochen und Horn eingesetzt wurde.

rlmsatzsteuerpslW öes MteUMeWNlnilers

Der Rcichsfinanzhof hat in einer Entscheidung grundsätzliche Aus- fiihrungen über die Umsatzsteuerpflicht des Briefmarkensammlers gemacht, die angesichts der weiten Verbreitung des Sammelns von Briefmarke» von allgemeiner Bedeutung sind. Es handelte sich um die Beschwerd­eines ReichÄiahnbcamtcn, der schon seit seiner Schulzeit Briefmarken sammelte, die Marken nicht nur angekauft, sondern auch einen dauernden Briefmarkentausch getätigt hatte. Zunächst hatte er die Absicht, die vor­handenen Markensammlungen seinen Kindern als Vermögen zuzuwenden. Im Jahre 133!) faßte er aber den Plan, einen großen Teil seiner Samm­lungen unter Ausnutzung der günstigen Preiskonjunktur zu Geld zn machen. Er erzielte Verkaufserlöse von rd, 100 000 RM, die er t» einem Landgut und Schuldverschreibungen des Reiches anlegte. Das Finanzamt zog ihn mit diesen Beträgen zur Umsatzsteuer Heran, da eS in dem Markenverkauf eine gewerbliche Betätigung sah. Auf seine Be­schwerde und den Hinweis, daß er keinen Markenhandcl betrieben, sondern lediglich seine in Mjähriger Sammlertätigkeit aufgebaute Briefmarken­sammlung aufgelöst habe, führt der Rcichsfinanzhof (V 67/43) u. a. ans:

Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, Wendet man diesen Rechtssatz auf das Sammeln von Briefmarken au, so kommt man zu dem Ergebnis, daß jeder ernsthafte Briefmarkensammler, der durch nachhaltigen Tausch von Briefmarke« seine Sammlung zu vergrößern und zu vervollständigen sich bemüht, ei« Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist. Damit ist jeder Briefmarkensammler umsatzsteuerpflichtig, auch wenn er die Briefmarke» nur durch dauernden Tausch erwirbt. Es widcrspäche auch dem Rechts- gcsühl, wenn der berufsmäßioe Sammler Umsatzsteuer hezahlen muh. während der Liebhaber, der sich durch den Markentausch auch am Wirt­schaftsleben beteiligt und sich damit auch vielfach Vermögenswerte schafft» steuerfrei ausgehen soll. Nirgends im Umsatzsteuergesetz ist eine Aus­nahmebestimmung für die Liebhabcrtäkigkeit vorgesehen. Die Forderung auf Steuerfreiheit ist auch nicht dadurch gerechtfertigt, daß bisher vielleicht einige Briefmarkensammler steuerfrei geblieben sind. Die Steuerpslicht entfällt lediglich, wenn die Umsätze unter der Kleinbetragsgrenze der Um» satzsteuerbestimmungcn liegen. Was für den Briefmarkentausch gilt, trifft selbstverständlich auch für den Verkauf von Briefmarken durch Liebhaber­sammler zu.

Auch weiterhin KopsdekleiSimg

In der großen Zahl der Vorschläge für Vereinfachungen, die unter der Feldpostnummer 08 000 eingegangen sind, befand sich auch die An­regung, während des Krieges auf jegliche Kopfbckleidung im Zivilsektor zu verzichten. Man ging davon aus, datz neben der Arbeitszeit und den Arbeitskräften hierbei auch eine Fülle von Textilmaterialien eingespart werden könnten. Dennoch hat man an maßgebender Stelle sich jetzt grundsätzlich sür die Beibehaltung der Kopfbekleidung entschieden. Das ergibt sich aus einer Anordnung des Produktionsbeaustragten für Be­kleidung und Rauchwaren des Ncichsministcrs für Rüstung und Kriegs­produktion, die im Reichsanzeiger vom 28, Oktober veröffentlicht worden ist Sie beruht auf der Erkenntnis, daß die Bevölkerung insbesondere im Winter die Möglichkeit einer Kopfbedeckung behalten soll wobei noch dazu der Textilsektor bei Inanspruchnahme von Hüten auf FellbasiS mehr entlastet wird, als wenn etwa für die Schalwickcl oder Turbane der Frauen Spinnstoffe tn Anspruch genommen werden. Es wird Häher di« Herstellung von Schals, soweit sie nicht aus gewirkten, sondern ge­webten Stoffen erfolgt, verboten. Im übrigen erfolgt für Männer­und Frauenhüte eine kriegsgebotcne Beschränkung der Formen und Farben, Bei den Knaben hat man sich auf eine aus der früheren Schimütze abgeleitete Einheitsform beschränkt, die besonders praktisch erscheint, weil sie "im Winter gleich auch den Ohren- und Nackenschutz ermöglicht. Im Sommer aber tragen die Knaben im allgemeinen ohne- 'in kerne Kopfbedeckung.

auk cisn palcstsn ^

«LLL srv»/

4-5 cm gpc>6 uncl so clsukliclt soll SIS sein, wis

o^gslrilclst.

In cksn poclckommsrn uncl ouk cksn kosin- Ltsigsn mul) clis stortlsitrokl ouck nocbk uncl bsi icblscbtsm kickt gut lsrbcir osin, wenn <lc>5 polcst ocknsll onlcommen ooll.

In clsr /kkrsyclorangoks uncl auf clen pcilcsk- Icortsn irt «lis klsinsrs, kür kriekrsnclung«, gsltsncls korm clsr pootlsikroiil onruwsncls«.

v o toite g

66k!

>4. Fortsetzung.«

Jakob Brandt neigte plötzlich das Antlitz, datz feine Augen nichts anderes mehr sahen als den blank gescheuerten Boden der Küche. Das ewig Mütterliche sprach aus diesem Mädchen. Er wagte den Blick nicht zu heben. Es war kein teuflischer Zauber, der von Anna Maria ausging. Es war das Naturgegebene, das Mütterliche, das ihr ge­genüber jeden Widerstand nutzlos machte. Und dies Mütterliche war es, das der alten Beschlie­ßerin seines Hauses fehlte. Deshalb war die Küche kalt gewesen bei ihr, deshalb spiegelte sie jetzt erst Gemütlichkeit und Leben wider.

Ihr bleibt alle zusammen!" Jakob Brandt hob nicht den Blick. Er mochte den Augen Magdalena Sturznts nicht begegnen.Ich werde für Euren Bruder schon eine Stelle finden. Und Ihr selbst", der Mann rettete sich mit einem schnellen, alles andere überfliegenden Blick in die blauen Augen des Mädchens vor ihm,helft Frau Magdalena Sturzin mein Haus besorgen. So könnt Ihr selbst «uf das Kind achthaben."

Das Mädchen erhob sich nicht, um in Dankbar­keit aus die Knie zu sinken. Es hätte den Schlaf des Kindes gestört. Es machte nur mit der freien Hand eine Bewegung gegen den Mann hin. Die war sanft und voll Gute, so daß es Jakob Brandt war, als sei er nicht der Gebende, sondern der Nehmende.

Magdalena Sturzin rührte an diesem Nach­mittag keinen Finger, um es den Heimatlosen be­quem zu machen. Nur die Truhen gab sie auf Ee- heitz ihres Herrn an, in denen die Fremde Bett­zeug und Wäsche finden konnte. Sie konnte es nicht vergessen, datz das Feuer im Herd unter den Händen des Mädchens anders gewärmt und ge­leuchtet hatte wie unter den eignen.

Jakob Brandt hörte einen leichten Schritt durch

das Haus gehen. Anna Maria richtete sich die Kammer her die man,ihr angewiesen hatte. Als er jedoch wenige Stunden später gegen die Tür klopfte, hörte er nichts anderes mehr als die gleichmäßigen Atemzüge einer Schlafenden. Er schützte den Span mit der Hand, datz er sein Licht nicht allzu neugierig in die Kammer hineinwarf. Er selbst aber gönnte sich einen Blick auf das La­ger, auf dem das Mädchen neben dem Knaben lag. Drüben in der Ecke schlief der Bruder, fest und ungestört mit der Gabe aller Soldaten, zu jeder Gelegenheit und bei größtem Lärm schlafen zu können. Ernst Wittkopp erwachte nicht, als der Bürgermeister neben das Lager der Schwester trat

Jakob Brandt, der seine Jahre hatte dahin­gehen lassen unter der Starrheit der Buchstaben, unter den Disputen mit Gelehrten und Geistlichen über die Fragen des Dogmas, das sich hochmütig über den Glauben des Herzens erhob, wurde inner­lich erschüttert vom Anblick der friedlich Schlafen­den. Als sein Blick über das leicht gerötete Ant­litz wanderte, vorbei an der reinen weißen Stirn, vorbei an dem leichten Oval der Wangen und der bläulichen Ader über dem Nasenansatz, da wußte er plötzlich, datz zum erstenmal das Herz bei ihm über den Verstand gesiegt hatte. Und er war glücklich, datz er vor Jahren nicht die Tochter des verstorbenen ersten Bürgermeisters zum Weib bekam, weil sie wenige Tage vor der Hochzeit an einem hitzigen Fieber starb. Etwas anderes hielt das Schicksal für ihn bereit.

Er legte seine Hand vorsichtig auf den Hellen Scheitel Anna Maria Wittkopps, von dem- das Haar weich und voll auf die Schultern herabflu­tete. Er würde nicht lange fragen und warten. Bald schon sollte sie Hausfrau in seinem Hause sein.

Vorsichtig, damit die ausgetretenen Stufen nicht knarrten, stieg er in sein Arbeitszimmer hin­auf, legte Paprer und Feder zurecht, um Zahlen und Bedingungen, Leistung und Wünsche darzu­legen, für den schwedischen Obristen, den die Stadt als einen Elaubensbruder empfangen wollte. Mochte auch der erste Ratsherr Matthias Vorrei-

- r^.egen Sturm laufen.

Oft hörte Anna Maria in dem einsamen Haus das Huschen der Graugoister, die über Boden und durch Keller tanzten und denen die Erzählungen der alten Magdalena ein schauerlich verfratztes Gesicht verliehen Dem Mädchen aber war es, als seien sie nichts anderes als flinke graue Mäuse, die sich in dem alten Gebälk heimisch fühlten und ihre Herrschaft nicht abtreten wollten, genau so wenig wie dis alte Magdalena Diese hatte Anna Maria untersagt, auf die Mäuse Jagd zu machen, obwohl sie sich in der Vorratskammer eingerichtet hatten, als hätten sie alleiniges Recht auf Mehl und Speck, Wurst und Schinken. Und dabei wa­ren die Zeiten so schlecht, datz es als Unrecht er­schien, den Eraugeistern das Feld zu überlassen.

Anna Maria stützte den Kops 'chwer in die Hände. Das Fenster hatte sie weit geöffnet, so datz das Huschen und Klopsen der Eraugeister. die die alte Beschließerin als ein Gespenst über des jungen Mädchens Leben beängstigend setzen wollte, durch andere Laute übertönt wurde. Man hörte von diesem Kammerfenster aus auf die weite endlose Straße, die aus dem Tal in den Wald und von dort hinausführte in die von Kampf und Weh erfüllte Welt.

Den Wald bätte man in dieser Nacht rauschen hören müssen. Vielleicht auch die Quellen, die aus dem tiefen dunklen Dickicht des Waldes in das frühlingshelle Tal sprudelten. Aber Anna Maria hörte nichts anderes als den undeutlichen fernen Lärm der Trommeln, den sie nun schon all die Tage vernahm, seit die Bewohner aus den um­liegenden Dörfern vor den anrückenden Schweden in die Stadt zu fliehen begonnen hatten.

Ernst Wittkopp hatte sie auch gehört, obwohl die Schwester in steigender Angst die Fenster fest ver­schlossen hielt. Und doch war er eines Tages ver­schwunden. Anna Maria wußte es wohl, er war wieder dem Klang der werbenden Trommeln nachgelaufen. Die Trommeln mit ihrem aben­teuerlichen Trumtrum zogen die männliche Ju­gend in dieser Zeit immer wieder an. 2n ihre erste Kindheitserinnerung waren sie hineinge- klungen. Die Knaben konnten sie nicht vergessen. Sie lauschten und sannen ihnen nach, bis der große Zauber sie eines Tages oesangennahm. Dann hielt sie nichts mehr. Sie !!c>n hinaus, weil ihnen das eingeengte täglich bedrohte Leben

des bürgerlichen und bäuerlichen Alltags mit dem drohenden Gespenst eines gräßlich qualvollen To­des unerträglich erschien. Draußen bei den Sol­daten, bei den Trommeln, gab es noch Aussicht auf Erfolg und Beute, aus Kriegsglück und endlich auch auf eineu ehrlichen Tod nach kraftvollem ver­wegenem Leben.

Ernst Wittkopp war wie die anderen. Er lieg das gesicherte Haus des Bürgermeisters Brandt hinter sich, er schlug die gesicherte Stelle in seinem Haus aus. in dem er als Hilfsiekretarius arbeiten sollte.

Vor den drohenden Beschuldigungen der alten Magdalena und der stummen Anklage des Bür­germeisters wußte Anna Maria keine andere Ent­schuldigung für den Bruder als die:Er kennt nichts anderes. Und die Trommel holt sie alle eines Tages, alle, die jung sind "

Bürgermeister Jakob Brandt schwieg. Er mochte das Mädchen nicht betrüben. Nur datz die Augen der jungen Anna Maria Wittkoppin aus einem lichten wie durchsonntcn Blau dunkel geworden waren seit jenem Morgen, da der Bruder spurlos verschwunden war, das konnte er nicht ohne Vor- ! wurf verwinden. Denn dies leuchtende Blau hatte ! da-- ''aus des Bürgermeisters bell und warm ge-

! Nil

Jakob Brandt kannte das aue Märchen von den Eraugeistern in seinem Haus, das schon mehr als eine Generation die Ammen den Vrandtichen Kindern erzählten. Aber es war dem Mann, als führten die geheimnisvollen Eraugeister jetzt ein weniger tätiges Leben denn all die Jahre vorher. Obwohl für ihn die Verantwortung setzt immer drückender wurd-

Zwar waren oem schwedischen Botjchaster nicht gleich die Regimenter gefolgt. Es mutzte noch ein Gefecht jenseits des Waldes stattgefunden haben. Aber da der Lärm der schwedischen Trommeln jetzt wieder näher heranrückte und eine zwei*- Botschaft an die Stadt ergantzen war, würde es wohl nicht lange dauern, bis dw schwedischen Sol­daten in die Stadt einzogen. Die Tore sollte« geöffnet werden. Die Glocken der Kirchen sollten läuten und von den Altären sollten die Geistlichen von dem Segen sprechen, der mit den Glaubens- brsidern von jenseits des Meeres herbeigekommen war. (Forstetzung,oigt) .