Nr. 2S7
SchwarzroWer TLgLLzeüaug
Feind im Fadenkreuz
Die Bedkutung der Schicßmeistrrschaslen des Heeres
In Buschwerk eingehüllt steht seit Stunden der Soldat
am Waldrand und sucht mit brennenden Augen den gegnerischen Eraben ab. Nachts rührt sich dort, nachdem er vor einer Stunde von einem anderen Standpunkt einen feindlichen Scharfschützen abgeschossen hatte. Leise spielt der Wind mit den Blättern. Sie beginnen übrigens schon zu melken. Man muß vorsichtig sein. Ein guter Beobachter wird selbst diese geringfügige Abweichung gegenüber dem anderen Buschwerk ringsum erkennen. Und die Bolschewisten sind verdammt gute Beobachter.
Da sieht ^d» Soldat plötzlich eine ungewdhnte Bewegung in den^WeidenAst am Flutzuser. Er hält den Atem an. Er täuscht sich nicht: Da nimmt ihn einer an! Jetzt kommt es darauf an, wer schneller ist. Ganz ruhig schiebt er seine Wange an den Karabiner. Blickt durch das Zielfernrohr. Im Fadenkreuz kann «r den Gegner ausmachen. Finger an den Abzug. Druckpunkt. Schuß. — Mit dem angelegten Gewehr fällt der Bursche kopfüber in den Fluß. Also um keine Sekunde zu spät abgedrückt. Das nennt man Glück. Und Können natürlich!
2a, sie müssen schießen können, diese Scharfschützen, die eigentlich erst „Kinder dieses Krieges" sind. Gewiß kannte man auch im Weltkriege schon Scharfschützen, aber erst der Ostfeldzug hat ans gezeigt, welche Bedeutung der Scharfschützenausbildung beizumessen ist. So mancher Kamerad hat daran glauben müssen, weil er nicht so schnell und treffsicher schießen konnte wie sein bolschewistischer Gegner.
Das sagten die Teilnehmer an den diesjährigen Schießmeister- schasten des, Ersatzheeres immer wieder, wenn sie von ihren Erlebnissen an der Front sprachen. Sie selbst waren mit schweren Verwundungen in die Heimat gekommen und haben nun' hier angefangen, die Schießleistungen systematisch zu steigern, um den Gegner noch zu übertreffen. Es war schon eine Auslese, die zu den Meisterschaften zusammengekommen war. Ritterkreuzträger, hohe Offiziere, alte Stabsfeldwebel und junge Kämpfer von zwanzig Jahren, die den Eefreitenwinkel auf dem Aermel trugen. Es waren die fünf besten Schützen der Wehrkreise, die nun zur Entscheidung zusammentrafen. Und sie konnten schießen! 146 Ringe von 160 möglichen auf Kopfringscheibe M Meter stehend freihändig, das ist schon eine beachtliche Leistung!
So sehr dieses Ausschießen sportlichen Charakter hatte, so deutlich war doch der Ernst zu spüren, der hinter dieser Veranstaltung stand. Es kam nicht darauf an, nun einfach die besten
Schützen aller Wehrkreise festzustellen, sondern eine Elite von Scharfschützen zusammenzubringen, die in Zukunft den Nachwuchs heranbilden sollte. Jeder Grenadier ein Scharfschütze, das ist eine Parole, die der Krieg aufgestellt hat- Es genügt nicht mehr, einfach schießen und dann und wann auch treffen zu können, sondern es muß schnell geschossen und vor allem sicher getroffen werden. Durch bloßes Geschieße wird heute kein Feind mehr erschüttert, aber durch sauberes Treffen wird er unschädlich gemacht; und darauf kommt es an.
Das Zielfernrohr ist das sichere Hilfsmittel des Scharfschützen. Wie der Jäger liegt der Schütze auf dem Anstand und läßt sich keine Bewegung auf der Feindseite entgehen. Seine Ziele sind vor allem die gegnerischen Scharfschützen, die für dauernde Unruhe sorgen. Um sie aber ausfindig zu machen oder gar zu treffen, muß man selbst sein Handwerk vollendet beherrschen. Denn hier gewinnt nur, wer schneller ist. Um den Bruchteil einer Sekund^ zu spät abgedrückt, kostet das Leben.
Es gab eine Zeit, da bewunderte man den deutschen Grenadier, weil er ein so guter Marschierer war. Heute wird man ihn darüber hinaus noch ob ieiner Schicßkunst bewundern müssen. Denn mehr als je zuvor wjrd heute von ihm die hervorragende Schießleistung verlangt. Das Schießen wird heute erstes Fach. Nicht etwa im Zuge einer allgemeinen Ausbild-ungsreform, sondern einfach aus einer zwingenden Notwendigkeit heraus. Schießen ist das Handwerk des Soldaten, das Mittel des Einzelkämpfers, sich seiner Feinde zu entledigen. Wer also ein hervorragender Schütze ist, hat die größere Chance im Duell Mann gegen Mann.
Die Kriegsmeisterschaften im Schießen haben gezeigt, dag trotz der hervorragenden Leistungen der Teilnehmer noch viel zu tun übrig bleibt. Vor allem kommt cs darauf an, schon unter den neu einrückenden Soldaten Schützen zu haben, die 'geeignet sind, als Scharfschützen ausgebildet zu werden. Denn so wie der Grenadier ein Scharfschütze werden soll, so ist zu wünschen, daß bereits der einrückende Rekrut ein guter Schütze ist. Die herannahende Entscheidung dieses Krieges zwingt uns zu schnellem Händeln. Heimat und Heer haben in gleicher Weise für die Gestellung von Schützen und Scharfschützen zu sorgen. Nur so ist der Vorsprung des Feindes auch in dieser Hinsicht zu überhole^. Ein Vorsprung, der noch vor einem Jahr eindeutig war, jetzt aber schon fast ausgeglichen ist.
Dieser Erfolg genügt jedoch nicht. Wir.wollen und müssen die Feinde überholen! Und das sehr schnell. H. T.
Der Schuhkrieg von Speyer
Ein kulturgeschichtliches Kuriosum aus dem Jahre 117!»
Ein alter, heute nicht zur Debatte stehender Brauch gab fden in Speyer beschäftigten Bäcker- und Müllerffesellen das Recht, einen schwarzen und einen Weißen Schuh zu tragen. Nun veranstalteten die Schneider zu Speyer anläßlich der .Fastnacht des Jahres 1479 einen großen Tanz. .Entweder wollten sie die Bäcker und Müller ärgern, oder hatten sie nur einen Jux vor — jedenfalls erschienen sie auf dem Ball ebenfalls je mit einem schwarzen und einem Weißen Schuh.
, Bäcker- wie Müllergesellen merkten mit Entsetzen, daß in ihr > Heiliges Brauchtum mit frevler Hand von den „Ellenhengsten" .emgcgriffcn worden war, und sie schwuren, dem ersten besten f Schneider, der ihnen in diesem Aufzug begegne, den Weißen Schuh auszuziehen und ihm auf fühlbare Weise begreiflich zu machen, was sich gehöre und was nicht.
Auf dem Roßmarkte hatte nun ein Schneider. das Pech, einigen Bäckergesellen in die Hände zu laufen. Daß er seine ^ gehörige Abreibung bezog, läßt sich denken. Zur Wehr setzen konnte er sich nicht, denn schließlich sind ja viele Hunde des Hasen Tod. Als aber im'Verlauf des Tages auch noch anderen jSchneidergcfellen auf handgreifliche-Art und Weise gezeigt worden war, daß die Bäcker- und Müllergesellen den Weg der Selbsthilfe Leschritten, um ihre Rechte zu wahren, sah sich der Rat der Stadt Speyer veranlaßt, sich ins Mittel zu legen. Den f benachbarten Dörfern wurde die sogenannte Notdurft ungesagt, und nachdem mehrere Mannschaften in die Stadt ge-< zogen worden waren, ließ der Rat die Unruhestifter, 48 an der Zahl, in ihren Häusern ergreifen und sie in die Türme !stecken. Nach Verlauf von fünf Tagen wurden jene, die keine ^Tätlichkeiten an den Schneidergesellen begangen hatten, wieder ifreigelassen. Die Freigelassenen versammelten sich nunmehr in
ihrer Herberge und schwuren feierlichst, nicht eher ein Stück Arbeit anzurühren, bis die übrigen Mitschuldigen auch wieder freigelassen waren.
Die Meister konnten ohne ihre Gesellen nichts anfangen und versuchten sie auf jede Weise freizubekommen. Endlich ließ sich der Rat auf ihre inständigen Ansuchen erweichen. Die Gesellen sollten aber wegen der erlittenen Gefangenschaft Urfehde schwören. „Kaum hatten sie ihre Freiheit erhalten — sagt der Chronist —, als sie auch die Urfehde verweigertem, die Meister wollten sie besänftigen, der Rat drohte, doch es half alles nichts; da es ihnen nicht mehr sicher schien, versteckten sie sich in die Klöster. Dem Rat schien nun das Ding ernsthafter zu werden, er befahl daher, jeden der aufgegriffenen Widerspenstigen auf eine so empfindliche Art zu strafen, daß er an den Schuhkrieg sein Leben lang denken sollte. Dies wirkte. Einer nach dem andern kam aus den Klöstern hervor, und endlich Laten alle Heinrich von Lubstadt die Urfehde zu besiegeln.
Damit hatte der Schuhkrieg von Speyer sein Ende gefunden. Von dieser Zeit an durfte kein Schneider ohne Erlaubnis der Bürger Weiße Schuhe tragen. Es wurde zu gleicher Zeit auch den Müllern und Bäckern oerboten, sich der zweierlei Schuhe zu bedienen. Entweder sollten sie sich für die schwarzen oder die Weißen Schuhe entscheiden. Leider meldet der Chronist nicht, für welche Art von Schuhen sich nunmehr die Bäcker- und Müllergesellen entschieden haben; er setzt nur hinzu, daß alles froh war, daß der ganze .Krieg unblutig verlaufen sei. Und das war schließlich die Hauptsache.
AUr-d -
wartete die Prinzessin und sie lieh Eddas Hand nicht los. nun will ich euch eure Zimmer zeigen!"
Z. Fortsetzung)
„S,ie sind", sagte Diana, dabei Edda bedeutungsvoll anblickend, ob diese sie auch recht verstehe, „eine entfernte Verwandte von mir, nicht wahr, eine geborene Erigoreff, und als solche müssen Sie mich duzen."
„Erigoreff?" sagte zögernd Edda, die begriff, was mit Diana Ralmanskis Rede gemeint war; auch sie hatte die Brauen gerunzelt. „Gibt es auch noch andere Namen?"
„In Unmengen!" Die Prinzessin hielt ihren heiteren Blick wohlgefällig auf Edda geheftet. „Aber, wollt ihr nicht nähertreten?"
Sie ichlang den Arm um Eddas Schultern und geleitete sie so die Treppe hinan, Alexander folgte.
„Darf ich also auch einen anderen Namen wählen?" fragte Edda »ehrend des Gehens.
»Natürlich-das heißt, ich habe schon zu jemand von Ihnen
- von dir gesprochen, Edda!"
„Zu wem?" fragte Alexander hinter ihnen.
, „Zu Fredegard von Platen. Sie begegnete mir, als ich zur Stadt Mr, eure Möbel auszusuchen. Da verkündete ich ihr die Neuigkeit, oaß der Herr auf, von und zu Ralmanski zu heiraten beabsichtigte."
„Wir waren schon verheiratet", antwortete Edda. „Als Ax dir schrieb, waren wir verheiratet. Ich muß also den Namen leider be- l Ä o, ^ ich brauche ihn wohl nie mehr zu hören? Ich heiße
letzt Ralmanski und ich werde nie mehr anders heißen, das weiß ich."
„Du scheinst also diesen Namen nicht zu mögen?" fragte Alexander und dazu lächelte er heiter.
„Nein!" sagte Edda mit einet Härte, die Diana und Alexander «ushorchen ließen. „Mit diesem Namen ist die traurigste Zeit meines Lebens verknüpft."
Alexander schaute erschrocken zu Boden. Diana aber hob ihre "Und und streichelte Eddas Haar.
Ah", sagte sie, „wir werden den Namen nie mehr erwähnen."
usoda schMke sie dankbar an.
-» Aarf ich Diana zu dir sagen?" fragte sie offen. „Du wirst auch wünschen, daß ich eine noch so junge Frau „Mama" nenne." -'m brtte dich sogar darum, meinen Vornamen zu nennen", ant-
Strom ohne Widerstand.
Für den Physiker sind Wärme und Bewegung, gleichbedeutend. Je mehr ein Körper abgekühlt wird, um so langsamer bewegen sich seine kleinsten Bestandteile, die Moleküle und die Atome. Wenn der Kältetod die Materie überfällt, hört der rastlose Tanz gänzlich auf. Dieses Ereignis tritt bei den meisten Metallen ein, wenn die Temperatur tiefer als 257 Grad unter den Gefrierpunkt des Wassers finkt. Bei anderen Stoffen stellt sich der Kältegrad früher ein, beim Diamanten z. B. bei 230 Grad unter Null. Selbst der Zäheste erleidet den'Kältetod, Wenn 273 Grad erreicht sind. In diesem Augenblick erlischt v auch der Widerstand, den die Materie dem einpassierenden elektrischen Strom entgegensetzt. In einem Metallstück von ringförmiger Gestalt würde er nahezu unendlich lange kreisen. Die Technik, die ein Interesse daran hat, eine solche Erkenntnis anszuwerten,. ist bemüht, diesem Zustand der sogenannten „Supraleitfähigkeit" möglichst nahe zu kommen. In diesem Streben hat sie kürzlich bemerkenswerte Fortschritte erzielt. Sie fand, daß die Supraleitfähigkeit um 4 Grad früher eintrat, wenn der Stoff vorher schon einmal bis zur Supraleitfähigkeit abgekühlt worden war und wenn sich trotz der Wiedererwärmung einige supraleitende Bereiche erhalten hatten. Diese winzigen Bezirke wirkten dann gleichsam als Keime. Und sie wurden selbst dann nicht zerstört, wenn eine Erwärmung um hundert Grad erfolgt war. Diese Forschungsergebnisse, die E. Justi unlängst vor einer wissenschaftlichen Gesellschaft vortrug, werden in Fachkreisen als recht verheißungsvoll erachtet.
Ist dein Mnd hösL r
Ei« Ratschlag für jmrge Elter«
Eltern, die über ihr ungeratenes, böses Kind klagen, begegnen uns garnicht so selten. Sie suchen die Gründe für diese „Bösartigkeit" überall — z. B. bei einem eigenbrödleri- schen Urgroßvater oder bei einem etwas mißratenen -Onket
— nur aber nicht da, wo sie in erster Linie zu suchen sind, nämlich: bei sich selbst. Diese Schwierigkeiten treten naturbedingt besonders stark bei dem ersten Kind auf, wenn noch
! keine Erfahrung da ist, wenn unter Erziehung in erster ! Linie die Gewährung aller Wünsche, ein Verzärteln, Ver- ! hätscheln und ewiges Liebkosen verstanden wird. Das Kind ! mit seiner feinen seelischen Beschaffenheit gewöhnt sich natürlich an diesen Zustand und zeigt sich sehr ungnädig und
— wie die Eltern dann sagen — bösartig, wenn eines Tages
die Notwendigkeit eintritt, ihm einen Wunsch zu versagen. Es wäre abwegig, das Kind Sann zu bestrafen. Dieser krt- tische Punkt ist vielmehr ein ernstes Signal, die wahren Ur- fachen des kindlichen Verhaltens zu suchen. Noch ist es nicht: zu spät, bas Kind in eine richtige Beziehung zu seiner Umwelt zu bringen. Dieses verspätete Erkennen des wahre» kindlichen Wesens erschwert die weitere Erziehung natürlich in großem Maße. . Es gehört Geduld und Verständnis dazu, denn oft sitzt die falsche Gewöhnung des Kindes schon recht fest. -
Der leichtere mrö natürlichere Weg ist zweifellos de: daß man das Kind schon vom ersten Tage seines Erden dasems an richtig leitet und führt, sein ureigenes Wesen belauscht, es an Ordnung und Regelmäßigkeit und schon friib an eine Tätigkeit gewöhnt. So braucht es zunächst garnicht zu einer etgeumcysn Erziehung zu kommen. Denn niThl Ser Erzieher soll das Kind entwickeln, es soll sich selbst mit Hilfe seiner eigenen Kräfte entwickeln. Man muß das Leben des Kindes in Stufen betrachten. Die Entwicklung auf dcrSimc des Säuglings ist bereits maßgebend für die Entmistung auf allen folgenden Stufen. Würden das alle jungen Eltern erkennen, so machten sie sich und ihrem Kind (wir sprechen hier natürlich nur von gesunden Kindern aus erbgesimder Familie -und nicht von Kindern, bei denen eine ererbte krankhafte Anlage die Behandlung durch einen Arzt verlangt) das Leben bedeutend leichter, fröhlicher und unbeschwerter. .
So wird die Familie zu einer waren Einheit, in der Vater, Mutter und Kind in einer natürlichen Wechselbeziehung stehen, ö. h. das Kind hat auch eine Aufgabe io- halb der Familie zu erfüllen, nämlich: die Eigenscha,- der Eltern voll zu entwickeln, damit diese wieder bas Klm voll entwickeln können.
In solcher Einheit und Harmonie aufwachsend, kann ein Kind eigentlich nicht „böse" sein. Bösartigkeit entsteht erst durch Mißtrauen und durch Nichterkcnnen des kindlichen , Wesens. Wird das Vertrauen durch falsch gebrauchten elterlichen Einfluß zerstört, so sondern die Eltern dadurch das lind von sich ab -- es wird eigene Wege suchen und ell wirb y'ver sein, das einmal gestörte Vertrauen w':' - m, «Helga:
.Und
In den nächsten Tagen lernte Edda die Schönheit des alten Herrensitzes und seiner Umgebung kennen. Streng und bescheiden für ein Schloß, eher einem reichen Kloster ähnlich lag das schöne Ral- manskow am Anfang eines großen Parkes. Alexander sagte, alle diese Sitze sähen sich hier ähnlich. Aber was außer ihm keiner besaß, gehörte zu Ralmanskow: ein zauberhafter Park. Dieser Park war von einem Vorfahren des jetzigen Herrn in ebenso verschwenderischer wie spielerischer Laune im Geschmack früherer Zeiten angelegt. Es Mb in diesem Park alle Bäume und Sträucher, die nur irgendwie in Deutschland zu leben vermochten, künstliche Inseln waren in die Seen eingebaut, soweit keine natürlichen vorhanden waren. Es gab Urwaldplätze, jähe Wasserfälle, wirkungsvolle Baumgruppen, durch Waldesdickicht geleitete, dahinschäumende Bäche. Die buntesten und wildesten Blumen blühten an den Ufern, Bäume breiteten ihre weitausladenden Aste über die Wasser, alles dies bereitete Ort- voll tiefer, märchenhafter Einsamkeit.
Edda ließ sich von Alexander führen. Er hatte den Arm um ihre Schultern gelegt, und sie lehnte sich an diesen Arm, daß sie wie gleitend dahinschritt. Manchmal schloß sie die Augen, als könne der trunkene Blick nicht alles erfaßen.
„Wenn iDin Vorfahr dies nicht schon in solcher Vollendung ersonnen hätte, würde ich es für dich erdacht haben", sagte Alexander.
„Er muß die Natur sehr geliebt haben, dein Vorfahr", sagte Edda leise.
„Die Natur und — eine Frau!" antwortete Alexander. „Ihr Grabmal liegt irgendwo im Park. Wollen wir es suchen?"
„Sie war so geliebt und starb?" Edda sprach diese Worte, als könne sie den Sinn dieses Schicksals nicht fassen.
„Sie war aus einem fremden Lande, Edda, darum konnte sie hier nicht Wurzel schlagen, trotz aller Liebe. Sie war die zweite Frau des Konstantin Ralmanski!"
Ein alter Gärtner kam vorüber und sie konnten nicht weitersprechen. Alexander begrüßte den Mann und sprach mit ihm, er stellte ihn sogar seiner jungen Frau vor.
„Du mußt dich an ihn wenden, Edda, wenn du besondere Blumen wünschest oder etwas gepflanzt haben nullst. Er kennt alles. Er kann auch alles. Er ist ein wunderlicher Mensch, vor dem ich schon als Knabe Respekt hatte." Alexander sagte es im Weitergehen und sah dem Alten noch einmal nach, der trotz seines sicherlich hohen Alters aufrecht mit seinen schweren Geräten des Weges ging. „Sonderbar, er hat eigentlich nie anders ausgesehen, als jetzt. Er scheint nicht zu altern. Manche behaupten, er besäße die Gabe des ! Hellsehens, übrigens heißt er Mallbub. Ein komischer Name und > darum gut zu behalten."
Aber Edda hörte nur halb zu, ihre Gedanken waren bei der fremden Herrin dieses Parkes.
„Du wolltest mir mehr von ihr erzählen, für die dieser Park geschaffen -wurde.
..Nichtig! Aber ich weiß eher die Sagen um sie als ihre wirkliche Geschichte! Sie war eine Inderin von großer Schönheit. Aus brennender Liebe folgte sie meinem Vorfahr. Er baute ihr das Märchen- wunde: dieses Parks, damit sie die indische, farbenglühende Heimat vergehen lerne. Aber sie hat es wohl nie vermocht. Ein Jahr noch ihrer Eheschließung starb sie. noch nicht zwanzig Jahre alt. Wie konnte man sie auch hierher verpflanzen wollen. Nach ihrem Tode reiste dieser Vorfahre unstet.durch die Welt und kam nie zurück. Ja, er ist verschollen. Edda, wir willen nicht, wo sich sein Grabmal befindet."
„Das ist entsetzlich", jagte Edva, „wenn die Inderin es wüßte, sie könnte im Grabe keine Ruhe gefunden haben." Sie fröstelte, lehnte sich enger an Alexanders Arm. „Wenn ich dich verlassen müßte. Ar. dn-rn dürftest du vrcht verkommen. Niemals! Ich bitte dich'darum':" Er sah ihre glühenden, fieberhaft blitzenden Augen, wollte etwas entgegnen, aber sie sprach schon weiter:
„Ich will d'r nur Glück bringen, Axel, hörst du, nur Glück, kein Leid. Tu dürstest nie zuviel um mich trauern."
Alexander blieb stehen. Er kühlte sich erschreckt und bedrückt.'
„Aber. Edda, wer wird mit solchen Gedanken spielen?" Seine Rede beruhigte sie. Sie lachten beide, packten sich plötzlich an den Händen, lielen ein Stück über den sandigen Weg, bückten sich tief unter den niederhängenden Zweigen einer Rotbuche, taumelten im Bücken sielen einander in die Arme und küßten sich. Keiner von beiden sah, daß der Gärtner, hundert Meter von ihnen entfernt, mi-tlen e'r.s dem Weg stand.
„Da ist w-ever einvial Glück, echtes Glück und echte Liebe, keine bloße " -llebtheit, das sieht man. Das habe ich sechzig Jahre hier
nicht mehr erlebt. Und vor sechzig Jahren kam das Unglück-"
er stand unbeweglich, sah den Liebenden nach, „Gott woll' es verhüten, wpll' es verhüten-"
„Wir wollen Diana^in Raima überraschen!" sagte Alexander an einem Tage. „Bist du nicht neugierig, wie der Witwensitz der Ralmanski aussieht? Diana hat uns sicher längst erwartet." Alexander hatte es sich abgewöhnt, die Prinzessin „Mama" zu nennen und diese war damit einverstanden.
n „Ich freue mich auf den Besuch", sagte Edda, „es ist viel leichter "ls ich dachte, bei euch daheim zu sein. Ich bin es schon."
„Dann können wir auch bald unsere Besuche auf den Lachbargütern ausführen, nicht wahr?" sagte Alexander froh. Edda hatte durchaus nichts einzuwenden.
(Fortsetzung folgt)