Schwarz äidec Tsgesseirung

2

Nr,

Auf vorgeschobener Bastion

Generalfeldmarschall Model an die Verteidiger der Knstenplätze

Als vorgeschobene Bastionen gegen den zum General­sturm gegen unser Vaterland angetretenen Feind kämpfen, wie Generalfeldmarschall Model in einem Funkspruch an die Besatzungen anssprach, auch die Verteidiger der Küsten­stützpunkte am Atlantik und am Kanal für die Zukunft un­seres Volkes. Von ihrem Heldentum hängt es mit ab, ob wir die Zeit gewinnen, die wir brauchen, um die geballte Kraft des gesamten deutschen Volkes zur Verteidigung des Reiches voll zum Einsatz zu bringen. Wie zuvor das Herz der gan- zen Nation für die Kämpfer von St. Malo, Brest und Vou- logne schlug, so gehört es jetzt den Männern von Calars, Dünkirchen und vom Cap Gris Nez, von Lorient, St. Nazaire und von den Festungsbezirken von La Ro- chelle und an der Gironde.

Zur Stunde sind unsere Augen vor allem ckuf die Ver­teidiger von Calais gerichtet, die seit Montag mittag in schwerstem Kampf steheni Schon am Vorabend hatte der Feind mit einigen hundert Flugzeugen mehrere Stunden lang die Verteidigungsanlagen und insbesondere die Ma- rineküstenbattcrien bombardiert. In den Vormittagsstunden gingen pausenlos schwere Luftangriffe und heftige Feuer- Lberfälle aus die Stadt, den Hasen und die Verteidigungs­werke nieder. Starke Infanterie- und Panzerkolonnen schoben sich hinter dem Feuervorhang gegen unsere Gefechts­vorposten vor. Im östlichen Vorfeld scheiterte der Ansturm bereits an der Hauptkampflinie. Km westlichen TI' drn>-' oer Gegner reoocy unsere Gefell,rsvvrpoiren erwas zuruu. Der Angriff, der sich hier vor allem gegen unsere Artillerie­stellungen bei Cap Gris Nez richtete, blieb ohne Einfluß auf die Gcfechtstätigkeit unserer Batterien, die mehrere Stunden lang süöenglische Hafenstädte beschossen. Andere Geschütze zersprengten feindliche Infanterie- und Panzerbercitstellnn- gen und wehrten gemeinsam mit Flakbatterien der Luftwaffe die immer wieder anfliegenden Bomber ab. Der erste Tag des Großangriffs brachte dem Feind somit nur einen bedeu­tungslosen Gcländegewinn, der in keinem Verhältnis zu sei­nen schweren Verlusten steht. Das Festungsbereich von Dünkirchen wnröe bisher von dem neuen Angriff im Pas de Calais nicht erfaßt.

Seit nunmehr 58 Tagen führen die Besatzungen von St. Nazaire, Lorient, La Nochelle und unsere Stützpunkte an der Girondemünbung einen überaus aktiven Abwehrkampf. Durch fortgesetzte Feuerüberfälle auch im weiteren Vorfeld stören sie den Aufmarsch des Feindes und soweit dieser zu Angriffen übergeht, schlugen sie ihn je­desmal energisch zurück. Immer wieder gelingt es ihnen durch Feuerüberfälle feindliche Bereitstellungen zu zerspren­gen nnd durch Späh- und Stoßtruppunternchmen dem Geg­ner die Initiative zu nehmen. Die Schiffsbesatzungen wur- j den für den Jnfanteriekampf umgeschult die Artillerister j sind zu Panzerjägern und Grenadieren geworden. Als dic ! Belagerer daher am Montag im südlichen Vorfeld von St Nazaire und an drei Stellen die Hauptkampflinie von Lo­rient angriffen, mußten siS aus ihren blutigen Verlusten er­kennen, daß die Verteidiger der Atlantikstützpunkte entschlos­sen sind, dem Beispiel der Helden von St. Malo und Brei zu folgen.

Der Freiheitskampf der Philippinen

Eine Erklärung der Reichsregierung

Der Entschluß der philippinischen Regierung, gegen USA und England ihr Recht auf Selbständigkeit und Freiheit mit der Waffe zu verteidigen, wird von der RetchSregie- rung mit Genugtuung begrüßt.

Japan als Beschützer der freien Völker im großostasia­tischen Raum hat der philippinischen Regierung alle Hilfe in ihrem von der USA ansgezwungenen Kampf zugesagt. Von dem Glauben an den Endsieg durchdrungen, ist die Reichsregierung überzeugt, daß der im Bund mit Japan auf­genommene Kampf des philippinischen Volkes um seine be­drohte Freiheit dazu beitragen wird, die brutalen imperiali­stischen Weltherrschaftspläne unserer gemeinsamen Feinde zunichte zu machen.

Thorez wieder in Frankreich

Wie die britische Exchange-Agentur meldet, ist der fran­zösische Kommunistenftthrer Thorez aus Moskau nach Paris zurückgekehrt und nahm hier unverzüglich seine Tätigkeit alsG e n e r a l s e k r e t 8 r b e r K o m m u n i st i- schenParteiFrankreichs" wieder auf. De Gaulle hatte- sich einige Zeit gegen seine Rückkehr ablehnend ver­halten, mußte sich aber jetzt der Entscheidung Moskaus fügen.

Der Stabschef der SA in einem U-Bovt-Stützpunkt. In einem U-Boot-Stützpnnkt sprach der Stabschef der SA Schep- mann zu Soldaten der Kriegsmarine und zu Männern des -Reiibsarbeitsoienstes und der SA.

I. englische LuftlanSedivision hei Arnheim restlos vernichtet

Harte Kämpfe beiderseits Eindhoven und i« Hauptkampffeld von Calais Planmäßiger Verlauf der Absetzbewegungen zwischen Dnna und dem Rigaer Meerbusen

<lub Ans dem Führerhanptquartier, 27. September. Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:

Im Raum Arnheim wurde am 28. September der letzte Widerstand der eingeschlossenen 1. englischen Luftlande- divisio» gebrochen. In zehntägige» erbitterte« Kämpfen ge­lang es damit den schnell zusammengerasste« Kräfte» aller Wehrmachtteile «nter Führung des Kommandierende« Gene­rals eines ü - Panzerkorps, si - Obergruppenführer und General der Waffen-ti Bittrich, eine englische Elite­division trotz zähester Gegenwehr und Verstärkung durch weitere Landung ans der Lnft restlos z« vernichten. Alle, Versuche des Feindes, vüu Süden her die cingeschloffeue Division z« entsetze», scheiterte« unter hohen blntigcn Ver­lusten. Insgesamt wurde» 8 4 5 8 Gefangene eiugebracht, Tausende Toter festgestellt, 38 Pauzerabwchrgeschntze weitere Geschütze und zahlreiche Waffe» und 258 Kraftfahr­zeuge erbeutet. Außerdem wurde« 1888 Lastensegler vernichtet oder erbeutet und über 188 Flugzeuge ab- geschofse«.

Im Raum beiderseits Eindhoven halten die harten Kämpfe mit de« aus der Luft versorgt nnd weiter verstärk­ten englische« Verbände» au. Nördlich nnd östlich Nim­wegen wnrden Angriffe des Feindes abgewiese«.

An der gesamte« Front von Aachen bis südlich Metz kam es bei stellenweise heftigem beiderseitige» Artille- riefener nur zu örtliche« Kampfhandlungen. Ein über die Mosel «ach Westen tief in das feindliche Hinterland ein- gedrnngener eigener Stoßtrupp sprengte ei« amerikanisches Mnuitionsdepot in die Lnft. Nördlich Nancy brache« feind­liche Angriffe in unserem Feuer zusammen.

Bei und südlich Chatean-Salins nahmen unsere Panzerverbände in zügigem Angriff mehrere Ortschaften und schlosse» damit eine dort »och vorhandene Frontlückr.

Die 7. amerikanische Armee hat auch gestern östlich der obere« Mosel im Raum von Epinal und Remiremvnt ihre Angriffe fortgesetzt. Gegen unsere zäh kämpfende» und immer wieder znm Gegenstoß antretendcu Truppen konnte der Feind nur geringe örtliche Erfolge erzielen.

Im Hauptkampsfeld von Calais, das ebenso wie Stadt und Hafen weiterhin unter starkem Artillericseuer und rollenden Bombenangriffe« liegt, dauern die schweren Kämpfe a«. Die anderen Stützpunkte an der Kanal- und Atlantikküfte melden erfolgreiche örtliche Kampftätigkeit.

Fernkampfbatterien der Kriegsmarine griffe« auch ge­stern mit guter Wirkung in die Landkämpfe am Pas de Calais' ein und setzten trotz schwerster feindlicher Luftangriffe den Beschuß der südenglischen Hafenstädte fort.

DasV 1"-Störungsse«er lag auch gestern aus London.

In Mittelitallen daner« die feindliche« Trotz» »«griffe nordöstlich Fiorenznola und an der Adria« Front an. Der angcstrebte Durchbruch wurde wieder««» in erbitterten Kämpfen verh-rdcrt. Gegen einen Einbruch nordöstlich Fiorenznola sind Gegenmaßnahmen im Gange. Im Abschnitt eines Korps an der Adria-Front wnrden von» 23. bis 25. September insgesamt 72 feindliche Panzerkamps» wagen veruichtet.

An der nngarisch-rnmänischen Grenze sind i« Raum von Szeged, Gyula und Groß-Wardst» heilige Angriffs- nnd Abwehrkämpsc mit vvrdringendc« feindlichen Krästeyruppe« im Gange.

Am Eisernen Tor südwestlich Orsowa vereitelte» unsere Trnppe« durch Gegenangriffe einen sowjetische» Um« sassungsversr.ch.

Beiderseits Thorenbnrg nnd südlich Neumarkt scheiterten auch gestern alle Angriffe der Sowjets. An de« Hängen der Waldkarpate» setzten sich deutsche «no ungarische Trnppe« befehlsgemäß in die vorbereitete» Berg« stellnngen ab.

An der slowakischen Nordost grenze drückte» die Sowejts weiter gegen die Beskides-Pässe. vor. Heftige Angriffe wurden hier abgewiese«, einige Einbrüche abgeriegelt.

Der Kamps gegen die Ansstandsbewegnng i» Warscha » macht weiter gute Fortschritte. Bei S « da « e « und südlich der Memel blieben bolschewistische Vorstöße erfolglos.

Unsere Absetzbewegungen zwischen der Düna nnd de« Rigaer Meerbusen verlause» weiter planmäßig. Nach», truppen schlugen zahlreiche feindliche Angriffe ab:

Bei der Abwehr eines Angriffs sowjetischer Flugzeugs 1 ans das Hafengeviet von Vadsö brachte« deutsche Jäger Flugzeuge znm Absturz.

Kampfflugzeuge schossen am 25. September im Scegebiet - der Fischer-Halbinsel ein sowjetisches Schnellboot i« Brand.

Feindliche Fliegerverbände führten Terrorangrisfe gegen das westliche Reichsgebiet, vor allem auf die StädtS , Osnabrück, Bre «neu nnd Hamm. In der vergange» ^ ne« Nacht griffen schnslle britische Verbände Frankfurt a. M. und Karlsruhe an. Deutsche Jäger nnd Fläkartil- lerie der Luftwaffe schossen über dein Reichsgebiet und dem holländischen Rann« 3 3 feindliche Flugzeuge ab. ^

Besonders ausgezeichnet

Ergänzend zum WehrmachtScricht wird gemeldet: In der Abwehrschlacht bei Krosno zeichnete sich Oberst Schlegel, Kommandeur eines Grenadier-Regiments, durch beispielhafte Tapferkeit ans.

Schnell fortschreitende Bolschewisiernnq des Landes Kornnrnnistenhorden mit SorvreternSlemen

Die Sowjets haben eS eilig, Bulgarien bis in den letz­ten Winkel zu bolschewisieren und vollendete Tatsachen zu schaffen, ehe sie sich mit bulgarischen Abordnungen über -einen Wasfenstillstanösvertrag unterhalten. Um das Land nach außen hin völlig abzuschließcn, ist über Presse und Rundfunk in Bulgarien s chürfste Zensur verhängt mor­gen. Auch Berichte der Auslandsjournalisten, die über den Sender Sofia zur Verlesung gebracht werden sollen, werden vorher vom sowjetischen Oberkommando zensiert. Im Lande wächst indessen d i e V'e rhaftungswelle immer weiter an. Es hat sich heransgestellt, daß Agenten Moskaus seit Jahr und Tag Listen vorbereitet haben, nach denen jetzt Männer und Frauen aller Bevölkernngskreise verhaftet nnd in die Gefängnisse geworfen werden, wo sie mit streng­sten Strafen, wenn nicht mir dein Todesurteil, zn rechnen haben.

Wahrend der bulgarische Regierungschef Georgiess nnd seine Helfershelfer entschieden in Abrede stellen, daß Bul­garien völlig dem sowjetischen Einfluß unterworfen sei, gibt ein Bericht öeS Balkan-Korrespondenten vonSvenska Dagblaöet" ein aufschlußreiches Bild darüber, wie «veit die Bolschewisierung Bulgariens und die Besetzung durch Sow­jettruppen bereits gediehen ist. Der Korrespondent schildert, wie ihn überall in ununterbrochener Folge motorisierte Zowjetüivisionen mit schweren und schwersten Waffen be­gegnet seien, die sich über das ganze Land verteilen und überall Quartiere beziehen. Mit ihnen ist eine Flut von Sowjrtagenten, NKWD-Angehö eigen und jüdischen Presse- Leuten in das Land gekommen. Das größte Hotel, in Sofia ist voll mit Vertretern der Sowjetprcffe. Die Kommunisten, von denen der größte Teil durch dis Sowjets aus den

Gefängnissen geholt ist, und das ganze lichtscheue Gesindel, das bisher in Hast saß, beherrschen die Straßen der Städte, und treiben sich überall auf den Dörfern herum, wo sie regelrechte Banden bilden, die die Sowjetembleme tragen. Die Marionetteu-Negierung Georgiess verfügt über keiner­lei Machtmittel und hat die staatliche Souveränität Bul­gariens an die Somjetrussen abtreten müssen.

Dis bulgarischen Finanzen treiben dem völli­gen Zusammenbruch entgegen. Das bestätigt eine Unterredung, die der Finanzminister Ser moskauhörigen bulgarischen Regierung, Stojanoff, einem Korrcsponöen en vonSvenska Dagblaöet" gewährte. Stojanoff hält die neue finanzielle Belastung für untragbar, zumal da der Zwangskurs des Sowjetrnbels eine Entwertung der bulga­rischen Währung zur Folge hat. Das Finanzdefizit wird auf etwa 80 Milliarden bulgarische Lewa berechnet. Da für die Ausgaben für die Sowjettruppen keinerlei Deckung be­steht, ist dem bulgarischen Volk die Inflation sicher.

Faschistische Kampsgruppe» im Feindgebiet am Werk "

Zahlreiche Faschisten haben sich, wieCorriere della Sera" meldet, iin feiudbcsetzten Italien wieder zusamm m- gefunben, um Kampfgruppen zu bilden, die den fremden Eindringlingen Abbruch zu tun suchen. So wurden südlich von Pescara eine gerade von den englischen Baukompanicn wieöerhergestellte Eisenbahn- und Straßenbrücke, die über das Flüßchen Arielli führt und die bei StellnngS-' kämpfen im Frühjahr dieses Jahres vollständig zerstört worden «var, von einer faschistischen Kampfgruppe völlig zerstört. Im Bruchteil einer Sekunde ging bas Werk vieler Arbeitswochen wieder in Trümmer.

Fahrt auf der Via Emilia.

Weltgeschichte zwischen Rimini und der Po-Ebene. .

Von Kriegsberichter Martin Wiebe l.

(PK) Wie lange blieb uns dieser leichte, heitere Rausch, Sieses freizügige Schalten mit der Ferne verwehrt! Wie oft Mußten wir den Tiber und den Arno queren, welche Unzahl von Kurven und Serpentinen zwang mühsam über Pässe und Gebirgsketten, wenn die geräumigen Täler und Flußbetten sich verengten und der Apennin immer neue Barrieren entgegen­stellte, bis schließlich über dem Quellgebiet dieser Flüsse der un­stete Wind der Wasserscheide kreuzte, die letzten Staubfahnen rn langgezogenen Tälern aufwirbelten. Und nun Plötzlich Hunderte von Kilometer auf einer glatten, schnurgeraden Straße. Ein schwarzglänzendes, breites Band, dessen un­gehemmter Fluß einem unbekannten Ziel entgegenträgt.

Fahrt durch ein unendliches, flimmerndes, grünes Revier. Die Straße durchschneidet es, quer zu Füßen des hügelig ab- kallenden Gebirges, wie mit dem Lineal gezogen. Nach der Enge der Bergfalten das weitgedehnte Tuch der Ebene, mit dem üpprg ausladenden Straßensaum. Durch wappengeschmückte, mittel- dlterliche Stadttore, zwischen den im Motorenlärm dröhnen­den Engpässen schattiger Laubengänge, die in Rot und Braun leuchtend vor der Heftigkeit des südlichen Lichts und der süd­lichen Unwetter schützen, an gitterbewehrten Palastfronten mit den schweren Fensterstürzen der machtfreudigen Renaissance vorbei, an Dörfern und immer neuen weißen Gehöften vor­über und an Villen, die sich hinter den dunklen Kulissen der Pinien und Zypressen wie in. vornehmer Reserviertheit dem stürmischen Sog der Straße entziehen wollen, der kein Halt Veboten scheint: so zieht die Bia Emilia, das Gebirge von der Ebene säuberlich scheidend, in geometrischer Reinheit die südliche Grenze der Po-Ebene.

Unsere Fernfahrer, Kuriere und Munitionskolonnen, be- stmders der Adriafront, kennen sie schon seit Jahren. Sie reihen sich als die letzten dem Strom der Heerfahrten an, die in einer swei'tausendjährigen Geschichte sich von ihm nach Norden oder Süden tragen ließen. Seitdem der römische Konsul Marcus Aemilius Lepidus die Straße im Jahre 187 v. u. Zr. angelegt hatte, bestimmt ihr Lauf das Gesicht der Landschaft. Sie ist

eine römische Erfindung, und streckenweise hat sie noch ihren ursprünglichen Riß. So aber ist dieses Gesetz wie verhüllt von mannshohen Maisstauden, wahren Wäldern von Sonnen­blumen. Dann wieder begleiten fruchtschwere Kürbisplantagen und rotprangende Tomatengehänges der nimmermüde Tanz der Weingirlandcn..die sich unabsehbar dehnende Strecke. Der zähe Oelbaum und sein karger Boden fehlen freilich hier, und das bezeichnet wohl am deutlichsten den inneren Abstand zu den älteren und feierlicheren Landschaften Latiums, Umbriens and der Toskana.

Die uralte Fruchtbarkeit wurde dem Boden unter dem harten Griff des Siedlers abgcrrmgen, Kolonne und Eigen­tümer von heute haben keine leichtere Arbeit. Kanäle und Flußregulierungen lassen wie in den Sumpf- und Rodungs- zebieten der reatiner Ebene Umbriens oder in dem einst fieber- oerseuchten Fuciner Becken- der, Abruzzen den unzerstörbaren römischen Sinn für Regel Und Ordnung erkennen.

Diese straffe, mathematische Planung hat auch die Städte in ihren Bann gezwungen. Die großen, von Rom ausgehenden Konsularstraßen, die Salaria, die Flaminia, die Appia und die Cassia, folgen den Befehlen ihrer militärischen Gründer nicht weniger als die Emilia. Aber immer wieder müssen sie die Städte auf ihren burggekrönten Felsen abseits lassen. Die Emilia hat sich ihre eigenen Städte geschaffen. Bis in die Zeit des Augustus reichen die Gründungen von römischen Sied- ln'zey und Gemeinden, die mit der Anlage der Straße, oft durch die Weiterentwicklung etruskischer Städte, entstanden sind.

In Rimini, wo die 240 Kilometer lange Strecke beginnt, in Forli, Faenza, Jmola, Bologna, Modena, Reggio, Parma uuo Piacenza, wo der Po das Ende der Straße bezeichnet, decken sich die von Südost nach Nordwest gerichteten Hauptstraßen mit oer Via Emilia. Viele dieser Städte lassen noch deutlich ihre ursprüngliche Struktur als Lager der Kohorten und Legionen erkennen: das befestigte Viereck, das castrum, seine innere An­lage mit der Hauptsache, dem sogenannten decumanus, der die Richtung zu den Schwesterstädten angibt, und mit dem so­genannten cardo maximns, der senkrecht zu ihm als Mittel­weg das Lager durchzog, sie bilden cm Koordinatensystem, dessen Strenge freilich nur noch selten die engen Wohnquartiere der Städte gliedert. Aber nicht zuletzt in den Namen, in Ariminum,

Forum Livii, Favcntia/ Bonoma, Mulma. Negmm, Parma und Placentia ist die römische Wurzel noch blühender Städte aufgedeckt. Rimini, das als Endpunkt der älteren Via Flaminia schon lange vor der Emilia angelegt irmrds, empfand das römische Vorbild als so verpflichtend, daß die verschiedenen Stadtteile Namen von Stadtvierteln der Urbs übernahmen. Hier an der Nahtstelle der beiden Konsularstraßen errichtete man dem Augustus für seine wcitschanende Ueberholung des gesamten Reichsstraßennctzes den ersten jener großen Triumph­bogen, mit denen in der Folgezeit die Kaiser in Rom wie in der Provinz geehrt wnrden.

Von allem, was in zwei Jahrtausenden die Landschaft be­rührt und umgesiciltet hat, der Sturz des Jn"-:r'"ms. die Fremdherrschaften der Völkerwanderung?',eit, die C.'walt- cegrme machiyungrrger Lokalyerren, der Ausdehnungsdrang der oberitalienischen Stadtstaaten, die Geschlechterfehden der Städte, der Guelfen und Ghibellinen, die Machtkämpfe zwischen der Kirche nnd den heraufkommenden europäischen Mächten wurde die Straße nicht entscheidend berührt. In Krieg und Frieden ist sie sich gleich geblieben, dienendes Glied wild­wechselnder geschichtlicher Ansprüche, die ihre Städte durch Tyrannen, Bünde, kunstbeflissene Höfe oder Stadthalter frem­der Herren an Bürger und Bauern stellten. Welch weitgedehn­ter Bogen vermochte sich über der Sehne der Bia Emilia zu spannen! Große geschichtliche Entscheidungen reiften uyd fielen rn ihm. Cäsar überschritt unweit Riminis den Rubikon, als er den Verfassungsbruch und den Bürgerkrieg gegen Pompeius wagte. Sein alea jacta est schwingt in den letzten Bürger­kriegen des endenden Weltreiches weiter, in dem Teilkaisertum des nahen Ravenna, spielt hinüber in das Bergland von Parma zum Canossagang Heinrichs IV. Das blutige Morden der Malatesta und anderer Gewaltmenschen, mit denen Dante sein Inferno bevölkert, findet darin seinen Platz, und schließlich querte der flüchtige Garibaldi mit der Schar der letzten Ge­treuen nochmals den Rubikon, zu neuen Ufern.

Wer heute der Via Emilia folgt, tut es mit aller nur möglichen Eile. Die Weißen Meilensteine fliegen in den weni­gen Stunden eines Vormittags vorüber. Ueber ihnen ragen immer wieder die strohumwundenen Stangen empor, die em Deckungsloch anzeigen. Sie sind in allem Rausch der Schnellig­keit ein ständig wiederholtes Memento des Krieges.