antwortung für die Fortsetzung des Elends ab, das Europa und die Welt erfüllt. Es soll nicht heißen, wir wollten den Krieg unnötig verlängern, weil wir dieses oder jenes Faustpfand noch erobern wollten. Ich kann auch heute nicht auf die Einzelheiten eingehen. Ihnen nicht sagen, welche Saran- tie» die Kaiserliche Regierung z. B. in der belgische« Frage fordern, welche Machtgrundlagen sie für diese Garantien als nötig erachtet, aber eins müssen unsere Feinde sich selbst sagen: Je länger, je erbitterter sie den Krieg gegen uns führen, umso mehr wachsen die notwendigen Garantien. Wollen unsere Feinde für alle Zukunft eine Kluft zwischen Deutschland und der übrigen Welt aufrichten, so dürfen sie sich nicht wundern, daß auch wir unsere Zukunft danach einrichten. Weder im Osten noch im Westen dürfen unsere Feinde von heute Einfallstore besitzen. Es ist ja bekannt, daß Frankreich seine Anleihen an Rußland nur unter der Bedingung gegeben hat, daß Rußland die polnischen Festungen und Eisenbahnen gegen uns ausbaute, und ebenso bekannt ist, daß England und Frankreich Belgien als ihr Aufmarschgebiet betrachteten. Dagegen müssen wir uns politisch und militärisch, wir muffen uns auch unsere wirtschaftliche Entfaltung sichern. Ueber die Mittel zu diesem Zweck müssen wir uns völlige Freiheit unserer Entschließungen wahren. Nicht um fremde Völker zu unterjoche», kämpfen wir diesen uns aufgedrungenen Kamps, sondern zum Schutze unseres Lebens und unserer Freiheit! Dieser Krieg kann nur mit einem Frieden beendigt werden, der uns nach menschlichem Ermessen Sicherheit gegen seine Wiederkehr bietet. Darin sind wir alle einig. Das ist unsere Stärke und soll sie bleiben. f
Die Besprechung der Interpellation.
Abg. Spahn (Z.): Ich habe namens der bürgerlichen Parteien zu erklären: Die Beendigung des Krieges wird yon uns allen gewünscht. Wir sind dabei voll Bewunderung und Dankbarkeit für unsere Heere und ihren Siegeszug. Wir zollen tiefe Bewunderung auch den österreichisch-ungarischen türkischen und bulgarischen Verbündeten. Wir vertrauen auch auf die nicht zu erschütternde wirtschaftliche Kraft unseres Landes. (Lebh. Beifall.) Darauf wird ein Bertag- ungsantrag eingebracht. (Ungeheurer Lärm bei den Soz., der minutenlang andauert.) Schließlich erhält das Wort Abg. Haase (Soz.) zur Geschäftsordnung, nach ihm die Abg. Payer (Fr. V.)> Ledebour (Soz.), der sich einen Ordnungsruf holt, da er von „schnödem Rechtsbruch" der Geschäftsordnung spricht, Landsberg (Soz.), Scheidemann (Soz.), Baffermann (Natl.), Schultz (Rp.) und Liebknecht (Soz.). Die Aussprache ergibt, daß Abgeordneter Landsberg sich als erster zum Wort gemeldet hat, sich aber hatte streichen lassen. Dadurch wurde Abg. Dr. Spahn an die Spitze der Rednerliste gestellt. Abg. Schultz (Rpt.) beantragt Wiedereröffnung ^er Besprechung. Abg. Landsberg (Soz.): Ich hoffe, daß niemand mehr an diesen Vorfall denkt, wenn wir den Saal verlassen. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.) Wenn ein Zeitpunkt geeignet ist, an die Vorbereitung des Friedens zu , en-en, so ist es der jetzige. Man kann selbstverständlich nicht ocm einem Staatsmann verlangen, daß er flötet, während dec andere die schwersten Geschütze auffährt. Grundsätzlich aber hat sich der Reichskanzler zum Friedensschlüsse bereit erklärt. Natürlich kann dies nur ein ehrenvoller Friede sein. (Lebhafter Beifall.) Wir wollen nicht einkreisen und nicht eingekreist werden. Wenn wir in der Hoffnung auf Frieden wieder getäuscht werden, wenn die Gegner es auf die Vernichtung der deutschen Wehrkraft und Annexionen auf Kosten Deutschlands abgesehen haben, so müssen sie sich überzeugen, daß unser Ruf nach Frieden nicht heroorgegangrn ist aus Sorge um den Ausgang des Krieges. Wer das Messer «n- sttzt, um ein Stück vom Körper des deutschen Volkes zu schneiden, der wird das zur Verteidigung bereite deutsche Volk treffen, das ihm das Messer aus der Hand schlägt. (Anhaltender brausender Beifall. Händeklatschen aus allen Seiten des Hauses.)
Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
Die deutsche amtliche Meldung.
(WTB.) Großes Hauptquartier. 9 Dez Amtlich. Westlicher Kriegsschauplatz. Lebhafte Artilleriekämpfe an verschiedenen Stellen der Front, besonders in Flandern und in der Gegend der Höhe 193 nordöstlich von Sonain. Ein französisches Flugzeug wurde südlich von Vapaume zur Landung gezwungen. Die Insassen sind gefangen genommen.
Oestlicher Kriegsschauplatz. Abgesehen von einzelnen Patrouillengefechten ist nichts zu berichten.
Balkankriegsschauplatz. Die Kämpfe südlich von Plevlje, südlich von Sienica und bei Ipek werden mit gutem Erfolg fortgesetzt. Doakova, De- bra. Struga und Ochrida sind von bulgarischen Truppen besetzt. Die Kämpfe am Wardar find in günstigem Fortschreiten.
Oberste Heeresleitung.
Der österrejchisch-ungarische Tagesbericht.
(WTB.) Wien, 9 Dez Amtliche Mitteilung vom 9. Dezember mittags:
Russischer Kriegsschauplatz. Keine wesentlichen Ereignisse.
Italienischer Kriegsschauplatz. Die vergeblichen Angriffsuuternehmungen der Ztaliener gegen einzelne Abschnitte unserer Front im Görzischen dauern fort. Solche Angriffe wurden bei Os- lavija, am Monte San Michele und bei San Martina abgeschlagen. Bei Dolje (nordwestlich von Tol- mein) verbesserten unsere Truppen ihre Stellung durch Eroberung eines feindlichen Grabenstückes. In Siidtirol beschießt die italienische Artillerie einzelne Stellungen in unseren befestigten Räumen von Lar- daro und Riva.
Südöstlicher Kriegsschauplatz. Auf den Höhen südöstlich von Plevlje wurden montenegrinische Banden zersprengt. Zm Grenzgebiet nördlich von Berane haben wir den linken Flügel -der Montenegriner zum Weichen gezwungen. Auch die Kämpfe gegen den rechten Flügel des Feindes verlaufen erfolgreich. Auf den Höhen westlich von Ipek warfen wir serbische Nachhuten. Die Zahl der gestern eingebrachten Gefangenen beträgt 3 Offiziere und etwa 1909 Mann.
Eines unserer Unterseeboote hat am 7. Dezember vormittags im Dringols einen albanischen Motorsegler. auf dem sich 30 serbische Militiirflüchtlinge mit Gewehren, 1 Geschützen und Munition befanden, fcstgsnommen und nach Cattaro rinzebracht.
Der Rückzug der Cntentetruppen auf dem Balkan.
(WTB.) Athen, 9, Dez. Reuters Berichterstatter erfährt aus amtlicher griechischer Quelle, daß die englisch-französischen Truppen den Rückzug in der Richtung nach der griechischen Grenze fortgesetzt haben.
Die englischen Vorbereitungen in Aegypten.
Budapest, 9. Dez. Aus Malta gelangte, wie der „Nat.- Zeitg." von hier berichtet wird, folgende Meldung nach Saloniki: Die Engländer sandten starte Truppen nach West- ägqpten, wo sich eine ernste Bewegung unter den Eingeborenen bemerkbar gemacht hatte. Erst in den jüngsten Tagen erfuhren die Engländer von der Bewegung in Telelkabir. daraufhin sind iM V00 Man» Engländer und Franzosen zu- sommengezogen worden und Befestigungen an den gefährdeten Punkten erbaut worden. Riesige Mengen Baumaterial wurden mit viel Munition nach Westägypten gesandt.
Veränderungen an der italienischen Front.
Wien. 9. Dez. Das „Deutsche Volksblatt" meldet über Basel: Hinter der italienischen Front haben große Umgruppierungen begonnen.
Zürich, 9. Dez. Die Blätter melden aus Mailand, daß eine vorläufige Einstellung der italienischen Operationen begonnen habe. Der „Ccrriere della Sera" gibt in einem zwei Spalten langen Artikel zu, daß der Stillstand der italienischen Operationen notwendig geworden sei und er entschuldigt ihn damit, daß auch auf den übrigen Kriegsschauplätzen der Entente ein Stillstand der Operationen eingesetzt habe.
Bür dem Ende
der italienischen Tripolisherrschaft.
(WTB.) Konstantinopel, 9. Dez. Wie die Blätter aus vertrauenswürdiger Quelle erfahren, halten gut organisierte Streitkrüfte der Senussen und der tripolitanischen Eingeborenen das ganze Bilajet Tripolis besetzt. Sie haben ihr Hauptquartier in Suk-el-Dschema, Stunde von der Stadt Tripolis, errichtet und sind auch in die Kasa Syrt eingedrungen. Bei den Kümpfen in dieser Kasa verloren die Italiener K0VV Mann an Toten und ließen sehr viel Waffen und Munition in den Händen der Eingeborenen.
Der O-Bootkrieg.
(MTV.) Washington, 10. Dez. (Reuter.) Der Kreuzer „Desmoins" bestätigt in einer Meldung, daß ein großes österreichisch-ungarisches Unterseeboot am Sonntag im östlichen Mittelmeer den amerikanischen Tankdampfer «Pet- rolic" beschossen und einen Mann der Besatzung leicht verletzt habe. — Nach einer weiteren Meldung ist der Dampfer entkommen. Jedenfalls hat er auf Anruf des Unterseeboots nicht angehalten, sondern ist geflohen. Da es sich um einen Tankdampfer handelte, hatte das Unterseeboot sicher ein äußerst lebhaftes Interesse daran zu erfahren, für wen und wohin die Ladung bestimmt war.)
London, 9. Dez. (Reuter.) Einem Lioydtele- gramin zufolge wurde der italienische Dampfer „Di- mis" und das Handelsschiff „Pietri Lofaro" versenkt. Die Besatzungen wurden gerettet.
Die BalLanlage.
Immer noch Verhandlungen.
(WTB.) Athen, 9. Dez. Die Agence Havas meldet: Rhallis wird init Geneneral Sarrail die Einzelheiten der Lage erörtern. Hierauf werden amt
liche Besprechungen zwschen der griechischen und der französischen Militärkommisfion stattfinden. In berufenen Kreisen ist man überzeugt, daß ein befriedigendes Ergebnis erzielt werden wird.
Ein bulgarischer Vorschlag an Griechenland.
Berlin, 9. Dez. Der Kriegsberichterstatter des „Lokalanzeigers"meldet aus Sofia unterm 8. Dezember: Die bulgarische Regierung schlägt der griechischen vor, es solle, wie bei der bulgarischen Mobilisierung eine neutrale Zone an der bulgarisch- serbischen Grenze hevgestellt wurde, dasselbe jetzt unter den gleichen Bedingungen an der griechischen Grenze, d. h. in Mazedonien, geschehen. Darnach wären dann beide Staaten verpflichtet, auf Flinten- schußweite der Grenze fernzubleil en. Man darf annehmen, daß Griechenland den wahren Sinn dieses Vorschlags zu würdigen weiß und ihm daher zustimmt. Die letzte Phase des Balkankriegs würde sich dann auf die kriegerische Entscheidung zwischen den Cntentetruppen und den Truppen der Zentralmüchte beschränken, wobei Griechenland die gleiche Neutralität, die es der Entente zugebilligt hat, den Zentralmöchten zubilligen würde. Wie und ob es dann Partei ergreift, hinge lediglich vom eigenen, freien Selbstbestimmungsrechte ab.
Der bulgarische Ministerpräsident zur Lage.
Wien, 9. Dez. Der Sonderberichterstatter des „Neuen Wiener Journals" in Sofia wurde von dem Ministerpräsidenten Radoslawow empfangen, der zu ihm laut Uebermitt- lung an die „Deutsche Tageszeitg." folgendes sagte: Meiner Ansicht nach ist noch nicht die Entscheidung da» da die Ententetruppen ständig Nachschübe erhalten und die Abfichten der Entente jedenfalls zu weitgehende sind, als daß sie sie so rasch aufgeden könnten. Die Enteutetruppen stehen allerdings davor, völlig auf griechisches Gebiet gedrängt zu werden und ich meine, daß dadurch Griechenland zu einer Entscheidung gedrängt wird. Unser Sieg ist gewiß, denn der Vierbund verfügt gegenwärtig auf dem Balkan über eine Million Mann, wogegen die Entente unmöglich aufkommen kann. ,
Das nationale Ideal Rumäniens.
(WTB.) Bukarest, 9. Dez. „Zium" veröffentlicht eine Kundgebung zur Gründung einer Liga der nationalen Einheit, die u. a. von Majorescu, Stere Lion, Prinz Stirbey und Badarau unterzeichnet ist. Die Kundgebung weist darauf hin, daß das nationale Ideal in der Einigung aller Rumänen besteht und wendet sich in dieser Auffassung gegen die hier herrschende russenfreundliche Strömung. Zur Verwirklichung des nationalen Ideals müsse man der tatsächlichen politischen Lage Rechnung tragen. Da die Eroberung Siebenbürgens heute unmöglich sei, wünschen die Unterzeichneten ein Eingreifen behufs Erwerbung der Bukowina und ganz Bessarabiens, damit Rumänien sich auf diese Art die Donaumündungen und die Freiheit des Meeres sichert.
Die serbische Regierung und der Fürstenmord von Serajewo.
Wien, 9. Dez. Nach Meldungen aus Sofia beschloß die bulgarische Regierung die Veröffentlichung der von den bulgarischen politischen Beamten in Risch Vorgefundenen Dokumente aus dem serbischen Staatsarchiv über die aktive Teilnahme der amtlichen serbischen Regierung an dem Fürstenmord in Serajewo.
Der ungarische Ministerpräsident über Haltung Griechenlands und Rumäniens.
Budapest. 9. Dez. (Abgeordnetenhaus.) Ministerpräsident Graf Tisza äußerte sich folgendermaßen über die Balkanverhältnisse: Sicherlich erwartet das Haus nicht, daß ich mich jetzt mit der griechischen Frage eingehend befasse, da Griechenland augenblicklich mit Schwierigkeiten kämpft, auf die jede Regierungserklärung nur störend wirken könnte. Wir müssen in vollem Maße Griechenlands jetzige schwierige Lage berücksichtigen. Andererseits müssen wir den Ereignissen eine solche Richtung geben, daß Griechenland in der Friedenszeit die Stellung einnehmen kann, die ihm naturgemäß gebührt. (Lebh. Zustimmung.) Andererseits, glaube ich. kann man den Anschluß Bulgariens an das zentraleuro- päischc Bündnis auch in Rumänien ohne jedes Bedenken aufnehmen. Ich glaube, die große Mehrheit der ungarischen öffentlichen Meinung und ich jedenfalls haben die natürliche Orientierung Rumäniens so beurteilt, daß Rumänien gegenüber der drohenden größten Gefahr, der russischen Expansion, die Wahrheit seiner Interessen und die Bürgschaften seiner Sicherheit im Bündnis mit der Monarchie und Deutschand suchen müsse. Das ist auch die zur ileberlieferung gewordene Politik der großen rumänischen Staatsmänner gewesen und war vor allem die Politik des Müßten Staatsmannes, der bis-