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Nr. 281.
Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.
90. Jahrgang.
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»rzi Reklamen
Mittwoch, den 1. Dezember 1915.
Ve-»g-preiS: In der Stadl mit Lrägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, Post» bezugSpretS für den OrtL- und NachbarortSverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mr. ILO. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 4L Pstz.
AißMdmüiihe AOMWW der Ztilleia m SW.
Italien.
Wie der österreichisch-unqarffche Tagesbericht meldet, wenden die Italiener a-m Isonzo. vom Tol- meiner Brückenkopf bis zur Mündung in die Adria. alle verfügbaren Kräfte auf, um diese Offensive wenigstens zu einem, wenn auch nur geringen, tatsächlichen Erfolg zu führen. Besonders am Tol- meincr Stützpunkt wurden die stärksten artilleristischen Anstrengungen gemacht und Angriff um Angriff angesetzt. In womöglich noch erhöhtem Grade aber haben auch gestern die Italiener wieder versucht, nordwestlich von Görz weiter vorzudringen, also hier gewissermatzen eine Flankenbedrohunq der Görzer Verteidigung zu erreichen. Dadorn-a mutz aber sebst zugeben, dätz dem Feinde diese Absicht nicht ge- lang. Natürlich wird dieser wiederholte Mitzerfolg damit entschuldigt, datz der Gegner betnutende Verstärkungen erhalten habe, und dadurch in der Lage gewesen sei, heftige Gegenangriffe zu unternehmen, die aber — selbstverständlich nach Nahkamps alle abgewiesen wurden.
Zur Parlamentseröffnung hat es also den Italienern nicht gereicht, die ersehnte Eroberung von Görz melden zu können. Aber selbst wenn infolge der russischen Taktik der sinnlosen Opferung Tausender von Menschenleben unsere Bundesgenossen sich veranlaßt sehen sollten, das zerschossene Görz dem Feinde zu überlassen, so wird das zu erwartende Freudengeheul der Entcntepresse nichts an der Tatsache ändern, datz die österreich-ungarische Front nach wie vor einen festen Wall bildet gegen das Andringen des hinterlistigen vormaligen Bundesgenossen, ebenso wie auch im Westen unsere heldenmütigen Feldgrauen treue Wacht halten. Wenn wir ihrer täglich sich überstürzenden neuen Ereignissen nicht möglich ist, so wißen wir doch ganz genau jenes stille Heldentum zu schätzen, das da im Schützengraben zu jeder Stunde sich zeigt, und es bedurfte nicht erst der wackeren Worte des bayerischen Kronprinzen, um uns die Taten unseres Westheeres in Erinnerung zu bringen.
Mit anhaltender Spannung sehen nun die En- tentegenotzen der Erklärung der italienischen Re- gierung»entgegen, die bezüglich der einzuschlaoenden Schritte auf dem Balkan vor dein Parlament erwartet wird. Es verlautet, datz Kitchener nicht viel erreicht habe, denn bislang habe sich Cadorna mit Händen und Füßen gegen eine Mitwirkung Italiens an der Balkanexpedition gesträubt, was angesichts des flauen Fortgangs der italienischen Operationen an der Haupfront nicht weiter zu verwundern ist. Aber auch politische Gründe, worauf wir schon des öftern hingewiesen haben, dürften die italienische Negierung zu ihrer zögernden Haltmrg veranlaßt haben. Die Italiener scheinen begründete Besorgnis zu haben, daß Griechenland einer Einmischung Italiens auf dem Balkan nicht ruhig zusehen würde, und jetzt auch noch das griechische Heer auf die ohnehin nicht rosig gebetteter! Ententetruppen loszu- lasscn, das erscheint wohl selbst auch den Ententestrategen etwas zu problematisch. Die Ententepretze aber sähe eine Beteiligung Italiens zu gern, und sie hetzt daher ohne Unterbrechung nach dieser Richtung, indem sie den Italienern die Schädigung ihrer Interetzen so recht drastisch vor Augen führt, die dadurch eintreten könnte, wenn bei einem Balkansieg der Zentralmächte Albanien unter Bulgarien und Griechenland verteilt würde. Italien müsse unbedingt sein Interessengebiet besetzen. Namentlich liegt es den Herrschaften auch kmran. datz Italien
aus seinem Zwitterverhältnis zu Deutschland endlich heraustritt, und Farbe bekennt, denn der jetzige Zustand läßt für die „Freunde" Italiens immer noch gewisse Möglichkeiten offen, denen man gern begegnen möchte. Wir glauben aber, datz die Tagung des Parlaments die Neugierigen nicht sonderlich befriedigen wird, denn erstens wird das Parlament, selbst wenn seine Mitglieder auch anderer Meinung geworden sein sollten, im Interesse des nationalen Egoismus und in Furcht vor den Politikern der Straße seine Kritik auf ein Mindestmaß beschränken, abgesehen von den unabhängigen Sozialisten, und zweitens werden die offiziellen Ministerreden so gehalten sein, datz der Außenstehende über die zukünftigen Maßnahmen der italienischen Regierung ebenso klug wie vorher ist. wenn es natürlich auch nicht an vielsagenden Andeutungen fehlen dürfte.
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Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
Die deutsche amtliche Meldung.
WTB. Großes Haa-t quartier, 30. November. Amtlich. Westlicher Kriegsschauplatz: Tie GefechtStStigkeit ist auf Artillerie- und Mineukiimpfe a« verschiedene« Stellen der Front beschränkt.
Oestlicher Kriegsschauplatz: Die Lage ist unverändert. Gin deutsches Flugzcuggeschwader griff die Bahnanlagen von Ljacaowttschi (südwestlich von varanowitschi) an.
valkankriegSschauplatz: Bet Rudnik (südwestlich von Mitrowitza) wurden feindliche Kräfte von Teilen der Armee des Generals von Koevetz zuröck- gewvrfrn. Hier und westlich der Sitnica wurden von Truppen der Armee des Generals v. Gaüwitz zusammen etwa 1000 Gefangene gemacht. Bulgarische Kräfte haben am 28. November Prizren genommen. Sie brachten über 3000 Gefangene und 8 Geschütze ein.
Oberste Heeresleitung.
Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.
(WTB.) Wien, 30. Nov. Amtliche Mitteilung vom 30. November mittags:
Russischer Kriegsschauplatz. Nichts Neues.
Italienischer Kriegsschauplatz. Es zeigt sich immer mehr, datz die Italiener in diesen Tagen, koste es was es wolle, am Isonzo. wenn möglich bei Görz, einen Erfolg erzwingen wollen. Gestern waren ihre Angriffe gegen die ganze Front zwischen Tolmein und dem Meere, mit besonderer Heftigkeit aber gegen unsere beiden Brückenköpfe und den Nordteil der Hochfläche von Doberdo gerichtet. Norstötze gegen unsere Vergstellungen nördlich von Tolmein brachen bald zusammen. Der Tol- meiner Brückenkopf stand nachmittags unter Trommelfeuer. Hierauf folgten 3 starke Angriffe auf den nördlichen, mehrere schwächere auf den südlichen Abschnitt; alle wurden unter größten Verlusten des Feindes abgeschlagen. Ebenso erfolglos waren mehrere Angriffsversuche am Plava. Vor dem Görzer Brückenkopf find sehr starke italienische Kräfte aller Fronten zusammengezogen. Zum Angriff schritt der Feind gestern nur bei Oslawija. Er wurde znrück- geschlagen. Nur ein schmales Frontstück wurde etwas zurückgenommen. Görz erhielt nachts wieder etwa 100 schwere Bomben in das Stadtinnere. Im schnitt der Hochfläche von Doberdo setzten nach v ftündiger Artillerievorbereitung Angriffe von be derer Wucht und Zähigkeit gegen den Monte San
Michele und den Raum von San Martina ein. Auf dem Monte San Michele schlug das Budapester Hon- vedinfanterieregiment Nr. 1 acht Massenstürme blutig ab. San Martina wurde dreimal in dichten Massen angegriffen; hier behauptete das Nagyvar- dar Honvedinfanterieregiment Nr. 4 in erbittertem Handgemenge seine Stellungen. Auch südwestlich des Ortes wurde ein feindlicher Angriff abgewieseu.
Südöstlicher Kriegsschauplatz. Südwestlich von Priboj warfen wir die Montenegriner gegen Plevlje zurück. An der montenegrinisthen Grenze südwestlich von Mitrovica überfielen österreichisch-ungarische Truppen eine serbische Nachhut und nahmen ihr 210 Gefangene ab. Die Bulgaren nähern sich dem Becken von Prizrend.
Die Kämpfe auf dem Balkan
Awcki«, SV. Nov. Der „Lokal-Anz." meldet aus dem kriegspressequartier: Immer deutlicher stellt es sich heraus, daß die Schlacht auf dem Amselfelde auch für die österreichisch-ungarischen Truppen den Schlußpunkt der Hauptopera- tronen auf dem serbischen Kriegsschauplätze darstellte, die sich nun allmählich in kleinere Verfolgungskämpfe auflösen. Vom serbischen Heer sind nach Verlust von insgesamt ISO Als Gefangenen und rund IVVüVV Toten und Verwundeten nur noch etwa 70 000 Mann verblieben, die meist ihrer gesamten Artillerie beraubt, in viele Kolonnen versprengt sind und nach verschiedenen Richtungen flüchten muhten. Ein Teil hat im Norden des Sandschak Anschluß an die Montenegriner gefunden, ein anderer kämpft -in Mazedonien gegen die Bulgaren, die Mittelkolonne, an Zahl die stärkste, aber auch die am schwersten mitgenommene, flutet unter un säglichen Mühen und Strapazen in die eisstarrenden albanischen Berge zurück, lleberläufer sagen aus, daß die Sterblichkeit unter den mitgeschleppten Verwundeten — es sind ihrer mehr als 30 000 Mann — in entsetzlichem Mähe zu- nimmt, da es überall am nötigsten fehlt. Es ist klar, bah die Kampfkraft des serbischen Heeres, dem im Verlauf einer achtwöchigen Offensive 540 Geschütze genommen wurden, auf Skull gesunken ist und deshalb die verfolgenden Truppen, die bisher iin ganzen geringe Verluste erlitten haben, nicht unnötigen Anstrengungen ausgesetzt werden. Eigentliche Känrpfe finden nur an der Nord- und Ostgrenze Montenegros statt, wo der Metalkasattel überschritten und di« Vorrückung gegen Plevlje auch von Priboj ausgenommen wurde. Dagegen wurde die Vorrückung gegen das Becken von Jpek, das die Serben wohl über kurz oder lang ohnehin aufgeben müssen, bedeutend verlangsamt. Die Bulgaren sind weiter südlich vorgedrungen und haben den albanischen Grenzfluß Drin bereits überschritten.
Paris, 30. Nov. Aus Saloniki wird nach der „Deutsch. Tageszeitg." gemeldet, daß die bulgarische Offensive gegen Monastir in den letzten Tagen große Fortschritte gemacht hat. Die Serben waren gezwungen, von Kruschevo nördlich von Monastir eine Schlacht anzunehmen, welche für sie einen ungünstigen Verlauf nahm. Die Bulgaren zogen in Kru- schcvo ein und bleiben in der Verfolgung der Serbe». Mo- nastir wurde bereits geräumt. Der Verkehr Monastir-Sa- loniki ist unterbrochen Man erwartet stündlich den Fall Monastirs.
Köln. 30. Nov. Laut der „Köln. Zeitg." erfahren die „Times" aus Saloniki: Es wird gemeldet, daß die auf Monastir vorrückcnden Bulgaren durch österreichisch-ungarische Truppen verstärkt worden sind. Das serbische Heer, dessen Hauptteil wiederum durch den llebertritt nach Albanien der Gefangennahme entgangen sein muß, hält die Straße nach Skutari und Durazzo. Es wäre jedoch nutzlos, die bedrohliche Tatsache zu verschleiern, daß mit Ausnahme des -rbietsteiles, den die Franzosen und Engländer besetzt halten, das ganz« serbische Königreich in einem oder zwei Tagen unter den Füßen der Eroberer liegen wird.