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Schwarzwälder Tageszeitung

Nr. 205

Der Dritte mit 200 Abschüssen

Hauplmaun Günther Rall vernichtet seinen 200. Gegner

Von Kriegsberichter Jupp M il l l e r - Ma r e i n Jaadslieger Hauptmaim Rall, Träger des Ritterkreuzes » Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub und Führer seiner Jagd-

^?i^und Major Philipp der dritte Jager, der die,e hohe ?n^r Kriegsgeschichte unvergleichliche Zahl der Siege erreichte.

E Es ist gegen 1^9 Uhr vormittags als eine ME 109, die

schnelle

deutsche Jagdmaschine, in elegantem Schwung über das

-wer Baracke dahinfegt, in der der Gruppenstab unrer- iit Die Tragflächen beginnen kurz und energisch zu das Flugzeug tanzt m der klaren sonnener- Luft. Es spricht zu denen, die drunten stehen und die KÄfo cmporrecken. und die brausende, tanzend beredte Ma- Ickine wird gut verstanden. Hauptmann Rall hat den 199. und M Gegner erledigt und damit seine Siegeszahl erreicht, die von unvergänglicher Leistung spricht. 2m nächsten Augenblick sM die MT 109 die Räder auf den Boden und rollt naher.

Und dies ist also Haupimann Rall. der Kämpfer, der m,t Major Graf und Major Philipp nun zum Dreigestirn der erfolgreichsten Jagdflieger der Welt gehört. Er klet­tert aus der Maschine, um auf den Schultern seiner jungen Kameraden zu landen, die es verstanden haben, irgend woher Numen aufzutreiben. Junge Begeisterung formte einen großen Blumenkranz um die festliche Zahl 200 und im Augenblick scheint es, als sei der Jagdflieger, der in 200 Luftkämpfen Sie­ger blieb' geradewegs aus klarer Höhe inmitten von Dust und Wüten gelandet. Aber das Flugzeug hat Treffer heimgebracht. Treffer in der linken Tragfläche und im Leitwerk.

Natürlich ist Hauptmann Günther Rall selber jung. Sein Por­trät ein gebläutes, schmales, helläugiges Gesicht eine mittel­große schlanke Gestalt. Er hat die Augen von Männern, die in die Ferne zu sehen gewohnt sind, und einen Mund, der gern lacht. Aber seien wir offen: Hauptmawn Rall hat einmal ein Wagnis auf sich genommen, das gewiß soviel wie ein Opfer zählte. Er, der nach 38 Luftsiegen notlanden mußte und mit schweren Wunden und einer Rückgratverletzung in einem Wie­ner Lazarett darnieder lag, kehrte nach dreiviertel Jahren zu seiner Gruppe zurück. Er wollte fliegen, nichts als fliegen, flie­gen wie vorher. Aber war er eigentlich das, was die Aerzte, wenn sie streng urteilen, fliegeriauglich nennen? Der damalige Oberleutnant Rall war, so erzählen seine jungen Kameraten, ein anderer geworden, Ernster, bewußter, ganz bewußt vor allem in kämperischer Konzentration. Und diese Eigenschaft mußte seinen Kameraden umso mehr auffallen, als sie wohl sahen, daß es ihm anfangs Schwierigkeiten machte, den gewohnten Platz am Steuerknüppel zu erklettern, körperliche Schwierigkeiten. Ob er aber fliegertauglich war? Nun, er hat in unerbittlicher Folge Gegner auf Gegner vom Himmet heruntergeholt und nun seinen 200. Luftsieg erkämpft. Denn wo immer sich Schwer­punkte der kämpferischen Ereinisse bilden, war und ist Haupt­mann Rall dabei. Immer an der Spitze seiner Gruppe, immer zäh am Feind, immer aber fern vom Scheinwerferlicht der Ocffentlichkeit, so daß man die verschworene Gemeinschaft sei­ner Kameraden mit Fug und Recht dienamenlose Gruppe" Mimen könnte.

Dies freilich ändert nichts daran, daß aus derselben namen­losen Gruppe, der Hauptmann Rall seit ihrer Gründung an- gehbrt, nicht weniger als 1? Ritterkreuzträger hervorgegangen W, unter ihnen Major Graf, der einst über Stalingrad sei­nen 200. Luftsieg erstritt. Es ist die erfolgreichste Jagdflieger- -rrtppe der deutschen Luftwaffe, da sie mit nahezu 3000 Ab­schüssen weitaus an der Spitzt sämtlicher Jagdgruppen steht!. Alle diese Tapferen und zugleich Bescheidenen aber wollen nichts anderes als fliegen. Sie fliegen Geleitschutz, für Stukas und Kampfmaschinen, fliegen Tiefangriffe, fliegen von der frühesten Morgenstunde bis zur Abenddämmerung. Und ihr Lohn ist, wenn der Befehl kommt:Freie Jagd!"

Heute aber, da Hauptmann Rall den 200. Gegner in die Tiefe schickte, ist zugleich mit dem Besuch der Lustslottenchefs sine festliche Freude eingekehrt in der Baracke, wenn freilich auch an diesem Tage die Flugzeuge der Gruppe starten, fliegen und landen zu neuen Starts. Der Kommandeur selbst aber hat an diesem Tage nicht nur die Muße, sondern gar die Pflicht, Miickzudenken an die vergangenen Ereignisse: Hauptmann Rall, der im Jahre 1918 zu Eaggenau im Kreis Rastalt als Eobn eines Kaufmanns geboren wurde und sich nach dem

Abiturientenexamen für das Soldatentum und die Fliegerei entschloß, erhielt während erfolgreichster heißer Kämpfe im Osten nach 82 Abschüssen, 72 Tiefangriffen und 300 Feindflü­gen am 8. September 1912 das Ritterkreuz und wenig später, nämlich am 27. Oktober 1912 das Eichenlaub, nachdem er die Zahl seiner Abschüsse auf 100 erhöht hatte. Aber das sind nur Torten, nur Zahlen. Wie sah die Wirklichkeit seiner Kämpfe

Hauptmann Rall spricht wenig von sich selbst und wenig von seinen Taten.Wie ich den Gegner traf?". Seine Antwort lautet:Ich setzte mich hinter ihn und schoß ihn ab".

War es auch heute so, als Sie den 199. und 200. erledigten?" So ungefähr. Ich flog eine Viertelstunde im Raum, als ich zwei feindliche Jäger entdeckte. Ich nahm sie an. Mein Gegner ging in eine Linkskurve. Ich folgte, kurvte schärfer ein, setzte mich hinter ihn und schoß. Er brannte".

And der andere?"Der andere flog davon. Doch nur we­nige Augenblicke, später tauchten vier Jäger hinter mir auf, gleich vier. Als ich diesmal angriff, kurvte eine der Jagdma­schinen auf mich ein. Ich spürte die Treffer, die mein Flugzeug abbekam. Ich gewann die bessere Position. Ich schoß. Der Geg- iwr ging brennend in die Tiefe, der 200".

Der 200. Ob man sich da noch zu erinnern weiß, wie der erste Abschuß gelang?Den ersten Abschuß", sagt Hauptmann Rall,vergißt man nie und nimmer. Es war im Westen über Metz. Wir waren ein Schwarm blutjunger Hasen und sollten d eutschen Kamp'maschinell Jagdschutz geben. In der Ferne sahen wir heran sichende Maschinen, klein wie Pünktchen. So harmlos war ihr Anblick, daß wir dachten, es seien eigene. Endlich erkannten wir die Kokarden. Es durchfuhr uns wie ein elektrischer S> :g. Drauf! Wir wußten damals noch wenig vom Kurvenkampf md vielleicht auch wenig voll fliegerischem Geschick. Immerhin vor meinem Maschinengewehr ging eine Cutis in Brand au Der erste Abschuß! Man vergißt ihn nie."

Hauptmann Rall ckt leicht die Arme. Jetzt wirkt er jung, jung, wie er ist mi. seinen 23 Jahren Er schaut die Treffer in seinem Flugzeug an und lacht.

Der Anfang einer Epoche des Fortschritts Rede des türkische» Ministerpräsidenten DRV Ankara, 1. Sept. Anläßlich eines Besuches der Inter­nationalen Messe in Izmir hielt der türkische Ministerpräsident Saracogln am 21. Jahrestag des Sieges von Dumlupinar ein« bedeutsame Rede ,in der er den damals errungenen Sieg al» einen nicht nur militärischen bezeichnest.Seine Größe besteht darin", so sührte der Ministerpräsident aus,daß er für di« türkische Nation ein Regime des Rückschritts abschloß und ein« Epoche des Fortschritts eröffnest. Fremde Kapitulationen has­ten durch Schuld der osmanischen Dynastie Eingang in da» türkische Land gefunden, in allen Domänen des nationalen Le­bens saßen Fremde, und zwar mit so weitgehenden Vollmachten, daß man türkischerseits gezwungen war, ausländische Verwal­tungen um Genehmigungen anzugehen, den Tabak zu rauche», der auf dem eigenen Boden wuchs. Eine unmißverständlich« Anspielung des Ministerpräsidenten auf das ehemalige bri­tisch-französische Tabakmonopol.Während die Fremden,,, so fuhr der Ministerpräsident fort,nichts anderes erwartest», als den Tod der türkischen Nation", rief eines Tages di« Stimme Atatiirks: Die türkische Nation lebt und wird leben! Damit begann der Kampf in allen Winkeln unseres Vater­landes und der Schlachtruf hieß Izmir, wo wir dann auch nach dem Kriege bei Dumluoinar die Fremden ins Meer warfen. Dieser Sieg allein genügst jedoch nicht. Die drei andere« Feinde mußten ebenfalls besiegt werden: Die osmanrsche Dy­nastie wurde hinweggefeqt, die Kapitulationen aufgehoben und der Fanatismus bekämpft. So öffnest der militärische Sieg vor 21 Jahren den Wea zu einer neuen Epoche des Fort­schritts". Ministerpräsident Saracoglu schloß mit einer hohen Anerkennung der türkischen Armee, die in diesen 21 Jahren auf einen Stand gebracht worden sei, den Freund wie Feind zu würdigen wisse.

Ritterkreuzträger vom Feindflug nicht zurückgekehrt DNB Berlin, 1. Sept. Von einem Feindflug kehrte der Ober­feldwebel Edmund Rotzma n n, Flugzeugführer in einem Jagd­geschwader, nicht zurück. Als schneidiger, erfolgreicher Jagdflieger hatte er sich das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes erworben und kürzlich an der Ostfront den 93. Luftsieg errungen.

Niederlage der Terrorbomber

Ein ernevler Luftangriff auf die Relchshauptstadt von der deutschen Abwehr zerschlagen

DRV .... 1. Sept. (PK.) Unsere Feinde haben ein Propa­gandaschlagwort geprägt, auf das sie besonders stolz sind: Sie sl^en nämlich, Deutschland hätte zwar starke Mauern um Europa gezogen, es hätte aber vergessen, diesem soliden Haus auch ein Dach aufzusctzen. so daß die von Osten vergeblich be- rannst Festung von der Luft her aufzurollen sei. Der Bau des gewaltigen Abwehrhauscs hat unsere Kräfte ohne Zweifel stark angespannt, und es mußte an einer Stelle , ganz besonders gut ausgebaut werden, an der Stelle nämlich, wo das Urtter- menschentum des Bolschewismus den Bestand der gesamten Kultur gefährdete. So konnte es einer skrupellosen Kriegfüh­rung gelingen, den Terror gegen die Zivilbevölkerung zu einer beträchtlichen Heftigkeit zu steigern. Aber wenn die Engländer sich eingebildet hatten, diese Entwicklung würde ungehemmt weitergehen, so haben sie sich gewaltig getäuscht. Auf dem Dach werden Ziegel gelegt, die Abwehr wird von Angriff zu An­griff stärker und erfolgreicher.

Hatten die Terrorflieger bei dem Angriff auf Berlin in der vergangenen Woche nicht weniger als 62 viermotorige Bom­ber verloren, so gelang es ihnen auch in der Nacht zum 1. Sep­tember nicht, die Reichshauptstadt im geschlossenen Verband an­zufliegen. Bereits auf dem Anflug wurde ein großer Teil von den deutschen Nachtjägern abgedrängt uird zu planlosen Bom­benwürfen gezwungen, wobei meist freies Feld getroffen wurde. Soweit die Viermotorigen in großer Höhe bis Berlin durch­stoßen konnten, wurden sie dort von einer außerordentlich hef­tigen Abwehr empfangen. Nachtjäger, Flak und Scheinwerfer arbeiteten dabei vortrefflich zusammen, so,daß ein erheblicher Prozentsatz dec Terrormaschinen bei diesem Angriff abgcschossen wurden.

Obwohl ein Wolkenschleier die Angreifer begünstigte, gelang ihnen an keiner Stelle ein geschlossener Bombenwurf. Die Schä­den an Wohnhäusern und öffentlichen Gebäuden u. a. wurde ein Krankenhaus getroffen wurden von einzelnen Svrena-

bomben oder Brandbombenbündeln hervorgerufen. Eindeutig weist alles darauf hin. daß der heftige Empfang, der den Terrorbombern zuteil wurde, ihnen alle Lust nahm, sich noch tiefer in das Abwehrnetz zu wagen. Dennoch haben dik Eng­länder den bedeutenden Verlust von wieder 190 Mann fliegen­den Personals zu beklagen, ein Verlust, der in keinem Verhält­nis zu dem Ergebnis des Angriffs steht, so schmerzlich für die betroffenen Volksgenossen auch die Vernichtung ihres Eigentums ist. Die Niederlage der britischen Terrorflieger in der Nacht zum 1. September ist jedenfalls nicht im gerincnstv. in Zweikel zu ziehen.

Verschlechterung der Wirtschaftslage in Französisch-Marokko DRV Lissabon, 1. Sept. Der Eeneralresident in Französisch- Marokko, Puaux, mußte in einer Rede vor Pressevertretern zu­geben, daß sich die Wirtschaftslage Französisch-Marokkos seit der englisch-nordamerikanischen Besetzung in katastrophaler Weise verschlechtert habe. Die größten Schwierigkeiten bereite rm Augenblichder völlige Mangel an elektrischer Energie, die Stau­werke seien völlig ausgetrocknet. Nicht nur Haushaltungen und die Privatwirtschaft seien durch sehr weitgehende St.rombeschrän- kungen betroffen, sondern auch kriegswichtige Betriebe müßten eingeschränkt werden. Es erwies sich als notwendig, den Güter­verkehr und sogar Militärtransporte auf der elektrifizierten Eisenbahn nach Algier erheblich einzuschränken. Infolge des Ab­zugs einer großen Anzahl von Waggons nach Tunesien und Algerien sei der Eisenbahnverkehr in Marokko nahezu zum Still­stand gekommen. Diese Maßnahme habe verhängnisvolle Wir­kungen auf die gesamte Versorgungslage ausgeübt. Puaux kün­digte dann eine weitere Verknappung der wesentlichsten Nah­rungsmittel an, die infolge der ungünstigen Ernteergebnisse in Französisch-Marokko und der erhöhten Lieferungen nach England eingetreten ist. Französisch-Marokko sei bisher gezwungen ge­wesen, große Mengen von Mehl, Fischkonserven und Frisch­gemüse nach England zu liefern

Oie Kinlier vom Oollingerkoi

kioman von ^oris Lckmiritskssg

i ksctikLsctiutr! o-si Qusklen-VsiLag. KönigrbrüUc tSvr. orsseisni

S71

Loch. Ich habx dich gequält mit meinem Kleinmut und mit .»einen Zweifeln. Ich bin undankbar va hast du recht. Wir mulfen alle Opfer bringen in üisseni großen Ringen. Mein Opfer lf> noch lange nicht bas jchwerste. Ich habe mein Augenlicht be­sten, ich bin in meinen Bewegungen nur behindert und habe noch viele Berufsmöglichkeiten. Wenn ich auch nlchi mehr als Koloal dem Vaterlande dienen kann, fo doch auf andere Art. Und vor allen Dingen ich habe dich, meine Lotte."

Wenn du das alles nur einsiehst" krlofi

ilüsterle sie glücklich und

Und dann überließen sie sich dem Glück de- Sichwiederfindens, und es war eine Welle ganz still im Zimmer.

. schritte und ein vernehmliches Räuspern vor der Tür schreckte K endlich auf.

»Es scheint den Eltern zu lange zu dauern" lächelte Reinhard. «Kommt nur herein!" ries er. als lein Vater vorsichtig die r-ur ottnete und ins Zimmer spähte.

»Ist denn nun alles in Ordnung!" forschte der alte Herr, »riann will ich auch gleich Sie Mutier rufen "

dak, brauchten beide nur den Sohn an Zusehen. um zu wissen, Lotte das erhoffte Wunder vollbracht palte. Froh und be­im schloß Frau Lohfe das junge Mädchen in die Arme.

"^ny du nun wirklich unsere liebe Tochter werden willst, brr rechE" doch auch jetztdu" zueinander sagen. Ist es

bi bejahte und wurde nun auch von ihrem Schwiegervater

Kit,» genommen Er gab seiner Freude besondere herz-

Esdruck Ob er nicht gleich gesagt habe, das sei eine airoiegerknchter nach seinem Geschmack erinnerte er Reinhard. A ^ 'onnke dieser mit gutem Gewissen bestätigen. Er hatte M N bemerkt, daß Lotte die Herzen seiner Eltern, besonders aber aines Vaters, im Sturm erobert hatte.

kamen ein paar wunderschöne Tage Lotte war sehr Troß der unbewohnten Umgebung fühlte sie sich' wohl in

diesem Hause. Sie war jung und anpassungsfähig und bewegte sich unbefangen und ungezwungen, was ihr immer wieder die stille Anerkennung ihrer Schwiegermutter eintrug. Wenn ihr uuvg quvjichsanl husch ihuu tzuj srj qun avm guisat svm>» tpiizalcu bedurfte es nur einer unmerklichen Anleitung Frau Lohses. Kein Wunder, daß Reinhards Eltern mit jedem Tage mehr seine Wahl billigten

Natürlich war man bemüht, ihr während der kurzen Zeit ihres Aufenthaltes möglichst viel von den Zerstreuungen zu bieten? die auf dem Lande fehlen, wie Kino und Theater. Reinhard be­gleitete sie trotz seiner Behinderung jedesmal, da sie ohne ihn nicht eine Stunde sein wollte Auch das war ein Fortschritt, denn vor­her war er ständig zu Hause gewesen, da er. wie er sagst, seine Krücken nicht spazterensühren wollte.

Einmal wollte es der Zufall? daß sie im Theater jenes Mäd­chen trafen, dessen Verbindung mit Reinhard seine Eltern ge­wünscht hatten. Es befand sich in Begleitung seiner Eltern und sah erstaunt aus Lotte. Da nahm Frau Lohse in verständlicher Muttereitelkeil die Gelegenheit wahr, sich Genugtuung zu ver­schaffen für die herzlose und oberflächliche Abweisung des Mädchens.

Sie stellte Lotte in liebenswürdigen Worten als ihr zu­künftiges Schwiegertöchlerchen vor und verfehlte auch nicht, wie beiläufig zu erwähnen, daß die Beziehungen zwischen den beiden schon fast zwei Jahre währten. Damit wollte sie zu verstehen geben, daß in Wirklichkeit nicht Reinhard der Verschmähte sei, sondern das Mädchen

Da Lotte vollkommen ahnungslos war, gab sie sich frei und unbefangen, wie es ihre Art war. Sie konnte mit ihrer reizenden Erscheinung und ihrem natürlichen Wesen nur den besten Eindruck machen, wie Frau Lohse mit Befriedigung bei sich feststellte. Sie iah auch, daß die Wirkung nicht ausblieb und die Mienen ihrer Bekannten unverkennbare Betrosfenheit zeigten.

Erst später, als sie wieder zu Hause waren, erzählte Rein­hard ihr. was es mit dieser Vorstellung auf sich gehabt hatte. Er tat es mit verstecktem Schmunzeln, denn er hatte die Absicht seiner Mutter wohl, durchschaut.

Lotte war nachträglich noch ein wenig betroffen und bemühte sich, das Gesicht der einstigen Nebenbuhlerin in ihr Gedächtnis zurückzurusen und Vergleiche zwischen sich und jener anzustellen, worüber Reinhard herzlich lachte.

Im übrigen nahm Lotte alles Neue und Schöne dankbar in sich auf. Aber am liebsten waren ihr doch die Stunden, die sie ab­seits vom kauten Getriebe allein mit Reinhard im stillen Wohn­

zimmer verbrachte. Dann saßen sie eng aneinander geschmiegt, sprachen von ihrer. Liebe und schmiedeten Zukunstspläne.

Zu Weihnachten hoffte Reinhard wieder zu Hause zu sein, und dann wollte er gemeinsam mit seinen Eltern ttine Braut be­suchen. Ganz still und schlicht und der Zeit entsprechend sollte dann die Verlobung im engsten Kreise gefeiert werden. Gerd und Herbert Lohmann konnten nicht dabei sein und vielleicht würde auch Lila nicht mehr daran teilnehmen könen. denn sie erwartet« zu diesem Zeitpunkt ihr Kindchen

Am fünften Tage oon Lottes Ausenthalt saßen alle nach dem Mittagessen im Wohnzimmer zusammen. Lohse. der gern gut. fragte Lotte gerade genußsüchtig, ob es als Verlobungsschmous wohl Gänsebraten geben würde was sie nicht für ausgeschlossen hielt. als der Fernsprecher in der Diele schrillte.

Lohse erhob sich und meinte, es würde wohl ein Anruf für ih» aus dem Betriebe fein.

Das stellte sich aber als ein Irrtum heraus, denn als « wieder hereinkam, sagte er:

Ein Ferngespräch für dich. Lotte Deine Schwester ist a» Apparat,"

Lotte sah ihn erschrocken an.

Lisa? Ist denn etwas passiert?"

Aber es braucht ja nicht gerade etwas passiert sein", wollt« Frau Lohse beruhigen.

Aber Lotte schien es nicht zu hören.

Mit ihr selbst kann ja wohl nichts sein", sagte sie geistes­abwesend,und oon Gerd ist doch Nachricht gekommen, wie Mutter schrieb. Ob Herbert mein Gott Herbert"

Ihre zögernden Schritte beschleunigten sich jäh, während sie aus oem Zimmer ging. Die Zurückbleibenden sahen sich mit be» iorgtsn Blicken an.

Ich glaube tatsächlich, es ist keine gute Nachricht", sagte Lohse bedrückt.Frau Lohmanns Stimme klang so erregt."

Sie lauschten, konnten aber durch die geschlossene Tür nichts verstehen. Da erhob Frau Lohse sich beunruhigt und folgte ihr. die Tür hinter sich offen lassend.

Lotte hatte gerade den Hörer aufgelegt und lehnte an der Wand, kraftlos, mit hängenden Schultern, ohne eine Spur von Farbe in den Wangen.

Mit wenigen Lchritten war Frau Lohse neben ihr und um­faßte sie in größter Besorgnis.

Lotte was ist?"

Ein trockener, würgender, jammervoller Laut.

Gerd ist vermißt."

(Fortsetzung folgt.) .