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Aus Stadt und Land

Altensteig, den 27. April 1843

Mit neuer Kraft . . .

Die Ostertage liegen hinter uns. Sie sind für die meisten ein« Ausspannung und Erholung im Alltag der Arbeit gewesen, die Wir dankbar hingenommen haben. Und jeder merkt jetzt, w« wir wieder mit beiden Füßen in die Arbeit hineinspringen, wieviel Kraft und Frische zwei oder drei arbeitsfreie Tage schen­ken können. Man ist ausgeruht, man hat in diesen Tagen viel« Stunden in frischer Luft verbracht, und damit ist die letzt« Wintermüdigkeit aus dem Körper verschwunden. Selten haben wir Ostern so spät, so im vollerwachten Frühling feiern könne« wie diesmal dafür waren die Ostertage auch wie ein kleiner Frühlingsurlaub. Wir freuen uns, daß nun, die längsten Tage des Jahres rasch näherrücken und daß nach der Arbeit noch viele Helle Tagesstunden übrig bleiben, an denen man noch ins Freie kann. Dadurch ist alle Arbeit leichter geworden,

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Am 1. Mai Arbeitsruhe wie an Sonntagen

Der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda gibt bekannt: Der diesjährigeNationale Feiertag des deutschen Volkes" wird am 1. Mai begangen. Der Tag, an dem Ar­beitsruhe wie an Sonntagen herrscht, dient aus­schließlich der Entspannung der schaffenden Bevölkerung. Veran­staltungen finden nicht statt, Veflaggung unterbleibt.

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^-Gruppenführer Hofmann Höherer und Polizei­führer Südwest

nsg Stuttgart. Als Nachfolger des für andere Aufgaben vor­gesehene» ^-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei Kaul hat am 21. April ^-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-^, Otto Hofmann, die Dienstgeschäfte des Höhe­ren und Polizeiführers Südwest bei den'Reichsstatthaltern Württemberg und Baden im Wehrkreis V und beim Chef der Zivilverwaltung im Elsaß übernommen.

^-Gruppenführer Hofmann ist am 16. März 1896 in Inns­bruck geboren, verbrachte seine Schulzeit in München, wo er sich auch im Jahr 1914 als Kriegsfreiwilliger meldete. 1929 trat er in die NSDAP, und 1931 in die Schutzstasfel ein. Das Ver« trauen des Reichssührers ^ berief ihn in die verschiedenste« Jührungsstellen, zuletzt als Chef des Rasse- und Siedlungshaupt« amtes FH

Erdstöße auf der Südwestalb

Am Mittwoch, 21. April, wurden um 10.34 und 13.29 Uhr a« den württembergischen Erdbebenwarten Stuttgart, Ravensburg und Meßstetten zwei leichtere Erdbeben ausgezeichnet, dsre« Herdentfernung von Stuttgart rund 55 Kilometer beträgt. Der Herd liegt im Gebiet der südwestlichen Alb zwischen Ebingen und Balingen. Wie aus Balingen berichtet wird, gerieten beim zweiten Erdstoß hängende Gegenstände wie Bilder, Spiegel usw. ins Schwanken.

Wieder ein Erdbeben auf der Siidwestalb

Am Ostersonntag nachmittag um 13.35 Uhr wurde an den -württembergischen Erdbebenwarten Stuttgart, Ravensburg und Meßstetten ein stärkeres Nahbeben ausgezeichnet. In Stuttgart traf die erste Welle um 13. Uhr 35 Minuten 18,2 Se­kunden ein, die zweite rund 7 Sekunden später. Die aus diesem Zeitunterschied berechnete Herdentsernung von Stuttgart beträgt rund 55 Kilometer, und zwar liegt der Herd in südsüdwestlicher Richtung von Stuttgart aus. Das Beben ging also wieder von dem bekannten Herdgebiet Ser Südwestalb aus: sein Herd liegt tm Dreieck EbingenB a l i n g e nO n st m e t t i n g sn. Es ist dasselbe Herdgebiet, von dem auch die beiden sehr starken Erdbeben am 16. November 1911 und 20. Juli 1913 ausgegangen find.

Als unmittelbare Vorbeben sind die beiden schwächeren Beben vom 21. April um 10.34 und 13.29 Uhr zu betrachten. Etwa elf Minuten nach dem Osterbeben, um 13.46 Uhr, hat noch ein schwächeres Nahbeben stattgefunden.

Alle diese Beben sind tektonischen Ursprungs, d. h. sie stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Aufbau der Erdkruste, da einzelne Schollen im ganzen AlpeuaeLiLt immer noch keine Gleichgewichtslage gefunden haben.

Werde Mitglied der NSB.

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Ja", sagte, Gaten achselzuckend,wie macht man das? ich wüßte es auch nicht, mein Junge, und ganz nobel Lird es wohl nicht sein."

Hm. Vielleicht nicht. Nur dieser Zuppke Hot nun das Geld."

Ja, er hat es. Und seine Enkel werden auf unserm alten, schönen Groß-Leitenau aufpiachsen und herrschen", stellte der Alte mit einem schweren Seufzer fest.

Schon, Vater, aber es werden auch deine Enkel sein."

Potz donner ja! Das hätte ich beinah' vergessen! Herrn August Zuppkes Enkel werden auch meine Enkel sein! Sonderbare Zeiten sind das."

Schon steckten viele Tausende Zuppkeschen Geldes im Betrieb-, am Hochzeitstag sollte der Rest der Mitgift über­geben werden. Groß-Leitenau würde damit weiterleben und blühen, wie durch die Jahrhunderte bis heute. Daran klam­merte sich das Herz des alternden Barons, wenn es der Lauf der Ereignisse gqr zu sehr bedrücken wollte. Im Grunde hatte er doch immer nur für das empfangene Erbe gelebt, das er unversehrt weiterleiten mußte an die, die nach ihm kommen würden. Daß es Herrn August Zuppkes Nachkommen sein sollten nein, er wurde und wurde nicht damit fertig.

Als das Festgeläute der Domglocken sich feierlich zum Himmel emporschwang, fuhr der Brautwagen mit dem jungen Paar an der Freitreppe vor. Gefolgt von der langen Reihe der Brautführer und Brautjungfern, geleitete Bodo die Geliebte vor die Stufen des Altars. Er trug die Gala- Uniform seine- früheren Regiments. Den Helm mit dem

Keine Abhaltung von Mitgliederversammlungen. Der Reichs- ministcr der Justiz hat durch Verordnung vom 19. April, die im Reichsgesetzblatt Nr. 43 verkündet ist, angeordnet, daß bei Ver­sicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit und Vereinen des bür­gerlichen Rechts Versammlungen der obersten Vertretung und Mitgliederversammlungen im Jahre 1943 grundsätzlich nicht mehr stattfinden. Für Genossenschaften ermöglicht die Verordnung in solchen Fällen, in denen die Abhaltung von Generalversammlungen für das genossenschaftliche Leben und die Zwecke der Kriegswirtschaft nicht von besonderer Bedeutung ist Mitgliederversammlungen und Vertreterversammlungen auf Grund von Anordnungen der Prüfungsverbände, bei Zentral­genossenschaften der Spitzenverbände, im Jahre 1943 nicht mehr stattfinden zu lassen. Gemeinnützige Wohnungsunternehmen in der Rechtsform des eingetragenen Vereins sind den Genossen­schaften gleichgestellt. Für Vereine und Genossenschaften mit örtlich begrenztem Mitgliederkreis gilt das Verbot der Mit­gliederversammlung nicht. ^

Aufmarsch und Fehde des Bannes Schwarzwald

1000 Pimpfe aus dem ganzen Großkriis Lalw trafen am Frei­tag in Etammhetm ein, um an der Ostersthde gegen den Bann Schönbuch (402) tcilzunehmen. Hier wurden alle Teilnehmer des Bannes Sckwarzwald In Scheunen untrrgebracht, was dank des großen Entgegenkommens der Etamwhetmer Einwohnerschaft möglich war. L.ider konnten die Pimpfe nicht, wie vorgesehen, aus Feldküchen verpflegt werden, da diese infolge der Fliegeran­griffe anderweitig benötigt wurden. Der Mithilfe von BDM-- dels ist es vor allem zu verdanken, daß trotzdem die Iungcns ein gutes und kräftiges Essen erhielten.

Nachdem am Freitag eine Tagesbesprechung der Führer des Bannes 401 auf dem «Folgenberg statig-funden hatte, wurden alle Vorbereitungen zum Beginn der Fehde getioffen, die mit dem /Morgengrauen am Ostersamstag beginnen sollte. Es war jedoch durch dos schlechte Wetter bedingt, nicht möglich, den Komps zu beginnen. Er wurde um einen Tag verschoben und am Samstag fand daiür der große Aufmarsch, an dem auch der Bann Böblin­gen teilnehmen sollte, durch das schleckte Wetter c ber daran ge­hindert wurde, aus dem Marktplatz in Calw statt. Kreisleiter Bätz- ner und Kreispropogandoletter Entenmann richteten an die Pimpfe orfeuernde Worte und wtestn darauf hin, daß das, was heute noch Spiel sti, morgen Ernst sein könne und doß sie hier schon zeigen sollten, daß sie die fürs L.ben notwendige Härte be- j sitzen. Noch dem Vorbeimarsch und Marsch durch Calw rückten die Kampffähnlein wieder nach Stammheim ab.

Am Ostersonntag hatte der Wiitergott mehr Einsicht und die Fehde begann. Nicht wie vorgesehen wurde der Galgenberg vom Bann Böblingen angegriffen, sondern der Bann Schwarz, wald stürmte den Jägerberg. Nach wechselvollen Kämpfen schlu­gen die Echwaezwälder Pimpfe die Böblinger in die Flucht und nahmen den Jägerberg. Damit war der Kampf beendet und als Sieger kehrten die Pempse des Bannes Echwarzwald nach Hause zurück.

Wocheudieusiplan der Hitlerjugend vom 27. 41. 5. 1943

BTM.-WerkClaude und Schönheit" Gruppe 3/401. Heute Dienstag 20 Uhr Turnhalle. Alle Mädel, die zur Reisengymnastik bestimmt sind, müssen unbedingt erscheinen.

BDM Gruppe 3: Mittwoch 20 Uhr Sport für beide Scharen.

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Egenhausen. «Polnischer Gewaltverbrecher fest- gen ommen.) Am Donnerstag wurle von der Landmacht in Zusammenarbeit mit der G,ndarmerie ein seit mehreren Wochen flüchtiger und eifrig gesuchter Pole in Egenhausen festgenommen. Urspiürgltch war der in Egenhausen beschäftigte Landorbe.ter wcg n AibeilsoeiwUgerung festgenommen worden. An mehreren Stellin, wohin er durch Vermittlung des Arbeitsamts kam, vcr- weig«rte er die Arbeit, auch unterhielt er unerlaubte Beziehungen zu deutschen Frauen. Zuletzt brach er aus. einem Ortsgefän'gnis aus und machte ckrie Gegend des oberen Nagoldtales unsicher. Wiederholt brach er in Bauernhäuser ein und holte sich das, was er brauchte. Offenbar wurden ihm auch von seinen Landsleuten Lebensmittel u. a. m. zugestcckt.

Bei der Festnahme leistete er hartnäckigen Widerstand und be­drohte einen Londrrachtmann tätlich. Unter der Bevölkerung des oberen Nogoidtals war natürlicherweise eine Beunruhigung ent­standen. Nachdem der Giwaltverbrecher nun sicher hinter Schloß und Rtegrl stickt,wird sich dir begreifliche Erregung legen. Der Pole wird jitzt der verdienten Strafe entgigengeführt. Er hat wohl seinen Kops verwirkt, zumal ihm außer den angegebene« auch noch or dere Straftaten zur Last gelegt werden.

Ueberberg. (Goldene Hochzeit.) Am Ostersonntag feierte der Bauer Georg Schleeh und Ehefrau Anna geb. Rapp im engsten Kreise ihrer Kinder und Enkel das Fest der Goldenen Hochzeit. Der Lubilar ist 76, die Jubilarin 74 Jahre alt. Beide erfreU'N sich noch verhältnismäßig guter Gesundheit, sind noch täglich mit in Haus und Feld tätig und nahmen auch immer lebhaft Anteil om Geichehen unserer Zeit. Mögen den lieben Eltern und Großeltern noch viele Jahre im Kreise ihrer Familie beschied.n fein und sie das siegreiche Ende des Krieges noch er­leben dürfen.

Nonnevwiß.(G oldeve Hochzeit) Die Eheleute Christian Gauß, Holzbauer und Frau Philippine geb. Haag in Nonnenmiß feierten am Ostrrsonntog das Fest der Goldenen Hock zeit. Der Jubelbräutigam zählt 80, die Braut im goldenen Kranz 72 Jahre. Der Ehe sind 13 Kinder entsprossen, davon sind noch 6 am Leben.

Wildbad. (Vorder Eröffnung der Hauptkurzrit.) Wer in diesen Togen noch Wildbad kommt, mezkt schon bald, daß hier eine ArtGroßreinemachen" im Gange ist. Und das ist kein Wunder. Erfolgt doch mit dem I. Mai die Eröffnung der Haupt- kurzeit. Der in Wtldbad zur Verfügung strhende Raum steht Heuer vor allem nur wirklich kurbedürsttgen Personen zur Ver­fügung, und zwar nur solchen, denen der Arzt eine Kur in Wtld­bad verschrieben hat.

Stuttgart. (Bei Zusammenstoß schwer verletzt.) In der Wolframstraße stießen ein Lastkraftwagen und ein Klein­kraftrad zusammen, wobei beide Fahrzeuge beschädigt wurden. Ein auf dem Sozius des Kraftrads mitfahrender junger Mann wurde vom Rad geschleudert und von einem Hinterrad des Lastwagens überfahren. Er mußte schwerverletzt in ein K -?n- haus verbracht werden.

nsg Hellbraun. (Große Agrarspende.) Gleich allen anderen Volksgenossen opfern auch die Bauern für die NSV. und das WHW. Darüber hinaus tun sie in der Agrarspende noch ein übriges. Diese Sonderspende der Landwirtschaft des Kreises Heilbronn hat für das Kriegs-Winterhilfswerk 1942/43 die stattliche Summe von 83 480,35 RM. ergeben.

Heilbronn. (Tödlich überfahren.) Auf der Straße SchwaigernStetten wollte ein 6 Jahre altes Mädchen vor einem Kraftwagen die Straße überqueren, wurde dabei erfaßt und tödlich überfahren.

Aulendorf, Kr. Ravensburg. (Ehrenpatenschaft, des Führers.) Für das neute Kind des Reichsbahnrottenführers Georg Stegmaier hat der Führer die Ehrenpatenschaft über­nommen.

Schmalegg, Kr. Ravensburg. (Tot aufgefunden.) Der zuletzt a?s Straßenwart tätige Altbauer Martin Keller wurde in der Nähe seines Hauses tot aufgefunden. Ein Schlaganfall hatte den noch rüstigen Mann ereilt.

Mengen, Kr .Saulgau. (In der Ablach ertrunken.) Der 7 Jahre alte Schüler Josef Stehle fiel nachmittags in die Ablach und konnte nur noch als Leiche geborgen werden.

Aus dem Gerichtssaal

Zuchthaus für wucherischen Gastwirt DNB Hagen i. W. Der 52jährige Gast- und Schankwirt Willi Schütz in Hagen hat sich in seiner Wirtschaft erhebliche Preis­überschreitungen zuschulden kommen lasten. Weißwein, den er höchstens für 3 RM. verkaufen durfte, hat er mit 812 RM. verkauft. Rotwein, dessen Verkaufspreis gleichfalls höchstens 3 RM. betrug, verkaufte er mit 8 RM. Auch andere Getränke und Schnaps verkaufte er zu ganz erheblich übersteigerten Prei­sen. Zigaretten, für die er nur 1,70 RM. verlangen durfte, ver­kaufte er zum Preis von 5 RM. Er erzielte hierdurch insgesamt einen unerlaubten Uebergewinn von über 6000 RM. Er wurde, da er aus grobem Eigennutz gehandelt hatte, zugleich wegen einiger anderer Verstöße zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Außerdem wurde ihm auf die Dauer von 5 Jahren die Aus­übung seines Berufes als Gastwirt untersagt.

wehenden Feüerbujch segle er neben sich an die Erde. Und dort vergaß er ihn, als er im Rausch des Glückes fein junges Weib wieder zum wartenden Wagen führte. Im Eilschritt trug ihn der Kirchendiener ihm nach, ein heiterer Ausklang der ernsten Feier. -

Unter den Hochzeitsgästen befand sich auch Brigitte Golm. Sie lebte, seit Gaten sie kurz nach ihrer Scheidung so rasch und entschieden wieder heimgeschickt hatte, still und be­scheiden in ihrer kleinen Wohnung dahin. So verlangte es der Onkel. Allerdings lag diese Wohnung immerhin noch im teuersten Westen Berlins.

Aus den vier Wohltätigkeitskomitees hatte sie austreten müssen. Einesteils befaß sie heute nicht mehr die Mittel, im verlangten Ausmaß anderen wohlzutun, andererseits aber war ihr Name allzuoft und allzu laut in pikanten Histörchen durch die Salons geschleift worden, so daß es für den Ruf jener Komitees jedenfalls wünschenswert erschien, wenn die Gräfin Golm in ihnen nicht mehr genannt wurde. Sie be­suchte auch nicht mehr jede Ausstellung und jedes neue Theaterstück, sie begnügte sich vielmehr aus Gründen der Sparsamkeit mit den Berichten der Tageszeitungen und schützte nach außen ihre von den Aufregungen angegriffene Gesundheit vor.

Das erwies sich übrigens auch als die beste Art, unlieb­same Besucher, die die Neugier trieb, ebenso wie solche, die nach den Geschichten, die höchst amüsant aufgebauscht über sie im Umlauf waren, gern ihrerseits auch einmal ein kleines Abenteuer mit der schönen, jungen Gräfin erlebt hätten. Es gab nämlich genügend Herrchen, Gernegroße und Wichtigtuer, die die liebenswürdigsten Geschichten mit der heute Schutzlosen erlebt zu haben behaupteten, und am lautesten prahlten natürlich diejenigen, denen Brigitte ein­mal auf eine plumpe Annäherung eine kräftige Abfuhr er­teilt hatte.

Zunächst blieb Brigitte, als es still um sie geworden war, viel überflüssige Zeit, mit der sie nichts anzufangen wußte. Denn es ist nun einmal so, daß die genießenden

Menschen oen, ber einmal viel zu geben hatte und plötzlich leer dasteht, sehr schnell vergessen. Sie haben nichts mehr von ihm. Bald aber zeigte es sich, daß Brigitte mit der Sorge für ihren eigenen Haushalt und für ihre eigene Garderobe viel Zeit verbrauchte, denn eine Zofe zu halten, überstieg in gleicher Weife ihre Geldmittel, wie aller andere gewohnte Luxus. Kostbare Kleidungsstücke besaß sie von früher her genügend, um für jede Gelegenheit einen passen­den Anzug zufammenstellen zu können, nur fehlten eben diese Gelegenheiten.

Da trug ihr eines Tages die Einladung zu Bodos Hoch­zeit eine solche ersehnte Gelegenheit ins Haus. Sie er­schrak. Wie war das doch gewesen damals? Bodos ruhiges, ausgeglichenes Wesen hatte ihr nach dem häßlichen Ende ihres trubulösen Berliner Lebens jo innig wohlgetan, daß ihre einstige Liebe zu ihm von neuem aufgeflammt war. Ehe sie sich aber vergewissern konnte, ob auch er sie noch immer liebe, schickte der Onkel sie fort. Je mehr sie sich jetzt dahinein vertiefte, um so verschobener sah sie die Dinge, bis sich in ihr der Glaube festfetzte, daß er ein Opfer seines Vaters und dessen geldlüsterner Heiratspläne geworden fei.

Als sie nun heute, neben Gaten sitzend, der Trauung beiwohnte, konnte sie den in letzter Zeit so oft gerufenen Bildern nicht widerstehen. Heute dachte sie mehr denn je an jene Tage. Erinnerungsgeladen kamen all' die süßen Stun­den zu ihr und füllten ihr ganzes Denken aus. Sie sah Bodos Augen liebevoll über ihrem Gesicht und glaubte feinen Kuß zu fühlen. Sie atmete tief. Jener dort liebte ja sie, und nicht das fremde, reiche Mädchen an feiner Seite!

Immer weiter begab sich ihr Herz auf Irrwege. Mit brennenden Augen sah sie hinüber zu Bodo. Hätte sie damals den Lockungen des üppigen Lebens bei den schwerreichen Leuten widerstanden, hätte sie sich nicht Hals über Kopf in jenen feudalen Lebemann verliebt, der dann ihr Mann ge­worden war, so wäre sie nun Bodos Frau statt jener auf­geblasenen, studierten Tochter eines reichen Kohlenhändlers!

(Fortsetzung folgt.)