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Schwarzwälder Tageszeitung
Nr. 92
Wiederaufleben der Kampftötigkeit bei Noworossijsk
3« Tunesien 200 britische und nordamerikanische Panzer vom 1. bis IS. April vernichtet
fahrtssttaße durch schwere und schwerste Kampfwagen zu sperren und den Angriff unserer ^-Panzer-Grenadiere aufzuhalten. Da griff ein „Tiger" ein und nahm den Kampf mit den zahlreichen Sowjetpanzern auf. Die Verteidiger schleuderten den Granathagel ihrer Panzerabwehrkanonen, Geschütze und Panzer gegen den deutschen Panzer. Aber Meter für Meter gewann der „Tiger" an Boden. Die Granaten der feindlichen Geschütze prallten an seiner Panzerung ab und Hinterlieben, selbst bei Einschlägen aus nächster Nähe, nur Kratzer und unwesentliche Einbeulungen in den Panzerplatten. Die Stahlwände der Sow- xetpauzer dagegen wurden von den Granaten des „Tiger" selbst auf große Entfernungen glatt durchschlagen. Innerhalb einer halben Stunde hatte der Tiger die feindliche Panzersperre zerschlagen. Acht Sowjetpanzer standen brennend aus der Straße, zahlreiche Panzerabwehrkanonen und andere Geschütze waren außer Gefecht gesetzt. Die Bolschewisten aber hatte panischer Schrecken erfüllt. Wo der „Tiger" sich auch sehen ließ, ergriffen selbst schwerste Sowjetpanzer die Flucht. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, daß der neue deutsche Panzer mit seinen starken, aus hochwertigem Material gefertigten Stahlwänden und der durchschlagenden Feuerkraft seiner weittragenden Kanonen eilt Meisterstück deutscher Waffentechnik ist, das von den Bolschewisten mit Recht gefürchtet wird.
..Unsere größte Gefahr das deutsche U-Boot"
DNB Genf, 18. April. Der Herausgeber der britischen Monatszeitschrift „World Review", Eward Hutton, äußert sich tn einem Kommentar freimütig über die U-Bootgefahr. „Das deutsche U-Boot ist gegenwärtig unsere größte Gefahr", so stellt er dabei u. a. fest. „Die Leistungen der feindlichen U-Boote gehören deshalb zu den wichtigsten Kricgsimchrichten, die allerorts besprochen werden. Solange es uns nicht gelingt, der feindlichen U-Boote Herr zu werden und diese wie bisher die sieben Weltmeere unsicher machen, kann von unserem Endsieg nicht die Rede sein."
Hulton kritisiert dann in scharfen Worten die Taktik des britischen Marineminifters Alexander, der durch einen ununterbrochenen Redeschwall die britische Oeffentlichkeit über den Ernst der Lage hinwegzutauschen versuche. „Er verbietet nicht nur", so meint der Artikelschreiber sarkastisch, „die Veröffentlichung der tatsächlichen Schiffsverluste — was an sich schon ein Fehler ist —, sondern entwirft zur vollkommenen Irreführung der Oeffentlichkeit auch noch rosige Bilder der Lage im Seekrieg. Jede parlamentarische Anfrage über den U-Vootkrieg wird von ihm optimistisch beantwortet. Daneben tut er nirgendwo im Lande den Mund auf, ohne der Bevölkerung den Eindruck zu vermitteln, daß es im Seekrieg gut für England und die USA. steht. Alexander ist in der Tat der größte Versager in der Admiralität."
Buenos Aires, 18. April. Einer Meldung der Zeitung „Pren- fa" zufolge erklärte der frühere USA.-Präsident Hoover vor argentinischen Journalisten, daß den deutschen U-Booten Lei der Entwicklung des Krieges die größte Bedeutung zukäme. England und die USA. könnten nur die Lage beherrschen wenn es ihnen gelimge, diese Gefahr auszuschalten.
Tagesbefehl Antonescus an die Armee DNB Bukarest, 18. April. In einem Tagesbefehl an die gesamte Armee würdigte Marschall Antonescu die besondere Bewährung der au der Kubanfront eingesetzten 19. rumänischen Infanteriedivision im Lause des vergangenen Winters. „In den schweren Verteidigungskämpfen an der Kubanfront im Winter 1942/13", so heißt es in dem Tagesbefehl des rumänischen Staatssührers, „ist , es der 19. Infanteriedivision dank kluger Führung und dank der Tapferkeit ihrer Truppen gelungen, starke feindliche Angriff« zum Scheitern zu dringen, die von zahlreichen Panzern und von der Artillerie aller Kaliber unterstützt waren. Durch entschlossene Gegenstöße warfen die Einheiten der Division den Feind wiederholt bis jenseits seiner Ausgangsstellungen zurück und brachten ihm schwere Verluste bei. Dabei machten sie Gefangene und reiche Beute an Kriegsmaterial."
Erdbeben in Algerien. Durch ein Erdbeben wurde am Freitag eine Anzahl Städte westlich Lonstantine heimgesucht. Bei Mediana gab es drei Tote. Viele Häuser und andere Gebäude wurden beschädigt. Der Eisenbahnverkehr mußte unterbrochen werden.
DNB Aus dem Führerhauptquartier, 18. April. !
Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:
An der Front südlich Noworossijsk lebte die Kampftätigkeit gestern wieder auf. Starke Verbände der Luftwaffe , griffen in wiederholtem Einsatz feindliche Stellungen mit Bomben schweren Kalibers an. An den übrigen Abschnitten der Ostfront wnrden vereinzelte örtliche Angriffe der Sowjets abgewiesen und eigene Späh- und Stoßtruppuntcrnehme» erfolgreich durchgeführt.
Bon der tunesischen Front wird nur beiderseitige Artillerie- und Spähtrupptätigkeit gemeldet. Auf diesem Kriegsschauplatz vernichteten unsere Truppen in den schweren Kämpfen vom 1. bis IS. April über 2VV britische und nordamerikanische Panzer.
ZerstörerflLgzeuge und Flakartillerie schossen gestern im Mittel- meerraum elf feindliche Flugzeuge, darunter sieben schwere Bomber, ab. In der vergangenen Nacht führten deutsche Kampfflugzeuge erneu schweren Angriff gegen den Hafen von Algier.
Ein LSA.-Vomberverband griff gestern die Stadt Bremen rn. Bombeneinschläge in Wohnvierteln verursachten Verluste unter der Bevölkerung. Durch Jagd- und Flakabwehr wurden Teil» des feindliche« Angriffsverbandes vor Erreichen des Zieles »bgedrüngt uud nach bisher vorliegenden Meldungen 2 V viermotorige Bombenflugzeuge abgeschossen. Zwei eigene Jagdflugzeuge gingen im Luftkampf verloren. Auf hoher See und i« KSstenraum der besetzten Westgebiete wurden weiter« elf feindliche Flugzeuge vernichtet.
Bomben auf London
DNB Aus dem Führerhauptquartier, 17. April Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:
Am Kubanbrückenkopf scheiterten die auch gestern erneuerten Angriffe der Sowjets. Während der letzten drei Tage wurden im Abschnitt eines deutschen Armeekorps im Zusammenwirken mit der Luftwaffe Sü Sowjetpanzer vernichtet. An der übrigen Ostfront fanden nur am oberen Doner lebhaftere Kämpfe
DNB Smolensk, 18. April. Am 16. und 17. April weilte eine Abordnung der in Deutschland Kriegsgefangenen polnischen Offiziere, bestehend aus Offizieren aller Rangstufen, im Walde von Katyn, um sich von dem Schicksal ihrer in die Hand der Sowjets gefallenen Kameraden zu überzeugen und nach Rückkehr ins Reich ihren Kameraden zu berichten, wie in Deutschland und wie in der Sowjetunion kriegsgefangene Offiziere behandelt werden. Die kriegsgefangenen Offiziere, die die Reise nach Smolensk antraten, hatten Gelegenheit, selbst Leichen ihrer Kameraden freizulegen und identifizieren zu lassen. Einige von ihnen erkannten dabei Regimentskameraden wieder, von denen sie wußten, daß sie in dis Kriegsgefangenschaft der Sowjets gefallen waren. Die Beweisstücke waren so schlüssig, daß die Offiziere von einer ungeheuren Erregung und Empörung befallen waren und äußerten, daß sie Morde an Kriegsgefangenen niemals für möglich gehalten hätten, es ihnen aber bisher undenkbar erschienen wäre, eaß man sämtliche Offiziere eines Staates, mit denen man nicht einmal im Kriege stand, die man internierte und dann zu Kriegsgefangenen erklärte, einfach ohne jeden Grund umbringt. Der Führer der Abordnung stellte fest, daß die Zahl der im Walde von Katyn erschossenen Offiziere etwa zehn- bis elfmal so groß sei, wie die Zahl der im Polenfsldzug gefallenen Offiziere, die 1967 betragen habe. Die Offiziere äußerten, daß sie als Soldaten Grauen gewöhnt seien, aber einen so grauenhaften Anblick nicht erwartet hätten.
Entrüstung de» polnischen Bevölkerung DNB Krakau, 17. April. Die tiefe Niedergeschlagenheit und Entrüstung der polnischen Bevölkerung über den Masscn- fund im Walde bei Katyn hat durch die Veröffentlichung einer neuen Namensliste in der polnischen Presse einen weiteren Auftrieb erfahren. Die einheitlich in 'schwarzem Trauerrand auf
statt. Hier wehrten Verbände des Heeres und der Waffen-^ mehrere starke Angriffe des Feindes ab.
I« Tunesien verlief der Tag bis aus örtliche Kampftatig- keit in einigen Abschnitten der West- und Siidsront im allgemeinen ruhig. Die Luftwaffe griff feindliche Flugstützpunkte an und erzielte Bombentreffer zwischen «-gestellten Flugzeugen und in Materiallagern. Jäger und Flakartillerie der Luftwaffe schossen im Mittelmeerranm elf feindliche Flugzeuge ab.
In der Nacht zum 18. April kam es im Kanal zwischen Booten der dänischen Küftensicherung und leichten britischen S«e- streitkräften zu einem Gefecht. Ein feiudliches Artillerieschnellboot erlitt so schwere Beschädigungen, daß es als vernichtet an< Zusehen ist. Der Versuch des Feindes, eines unserer Schiffe zn entern, wurde im Nahkampf abgeschlagen. Unsere Boote kehrte» vollzählig in ihre Stützpunkte zurück.
Bei nächtlichen Angriffen feindlicher Flicgerverbände gege« Orte kn Süd- und Südwestdeutschland, daruntei Mannheim und Ludwigshafen, und gegen ostdeutsches Gebiet erlitt der Feind besonders schwere Verluste. Rach bisher vorliegenden unvollständigen Meldungen wurden im Osten zwch im Westen 33 vorwiegend viermotorige Bombe, abgeschossen. Außerdem wurden am gest tt en Tage bei Angriffen gegen die besetzten Westgebiete 13 seindlicheFlug- zeuge vernichtet. Drei eigene Jagdflugzeuge werden vermisst
Schnelle deutsche Kampfflugzeuge warfen in der vergangene» Nacht Bomben schweren Kalibers aus das Gebiet von Groß, London.
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Eichenlaub mit Schwertern für Unterseebootkommandante«
DNB Berlin, 17. April. Der Führer verlieh am 13. April 1S4Z an Kapitänleutnant Wolfgang Lüth, Kommandant eines Unterseebootes, als 29. Soldaten der deutschen Wehrmacht das Eichenlaub mit Schwertern zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes.
Kapitänleutnant Wolfgang Lüth hat als Kommandant eines Unterseebootes bisher 38 feindliche Handelsschiffe mit insgesamt 225 909 BRT. und ein Unterseeboot versenkt sowie zwei Schiff« und einen Zerstörer torpediert. Diese ganz hervorragende Leistung erzielte Lüth dank seiner beispielhaften Energie.
der ersten Seite veröffentlichten Listen der Zeitungen enthalte« Namen der Ermordeten. Die Zeitungen haben sich in den Dienst der weiteren Identifizierung gestellt, indem sie die Bevölkerung auffordern. Auskünfte und Informationen über die Opfer des bolschewistischen Terrors anzubringen. Entsprechend dem Fortschreiten der Jdentifizierungsarbeitcn, die nunmehr von drei am Tatort verbliebenen Mitgliedern des polnischen Roten Kreuzes bzw. des polnischen Hauptausschusses vorgenommen werden, werden weitere Namenslisten laufend veröffentlicht werden.
Gleichzeitig hat die polnische Bevölkerung aus der Presse dt« Rückkehr der zweiten polnischen Delegation erfahren, so daß die bisherigen Feststellungen in den nächsten Tagen eine weiter« Ergänzung erfahren werden. Die Nachricht, daß das internationale Rote Kreuz seine Unterstützung bei der Identifizierung der polnischen Offiziere gewähren wird, hat in der polnischen Bevölkerung eine tiefe Befriedigung ausgelöst. In Lublin, wo der bereits in der ersten Meldung namentlich genannte General Smorawinski gut-bekannt war, hat die Nachricht eine besonders begreifliche Erregung hervorgerufen. Erschütternd wirkte die Nachricht vor allem auf die Frau und die beiden Kinder des Generals.
Ei« deutscher Antrag an das Internationale Rote Kreuz
DNB Berlin, 17. April. Das Deutsche Rote Kreuz hat am 13. und 16. April das Internationale Rote Kreuz gebeten, seine umfassende Hilfe bei der Identifizierung der zwölftausend von den Bolschewisten ermordeten kriegsgefangenen polnischen Offiziere zur Verfügung zu stellen, deren Leichen vor einigen Tagen im Walde von Katyn bei Smolensk aufgefunden wurden. Das Deutsche Rote Kreuz hat durch seinen Präsidenten, Her- noa von Koburg-Gotha. um schnellste Vorschläge gebeten, in
3m Walde von Katyn
Abordnung Kriegsgefangener polnischer Offiziere ans Deutschland bei ihren ermordeten Kameraden
Sie sahen einander an . . .
. Bon Heinrich Litterer
Mißgelaunt stapfte Joede zum Ankerplatz der Boote, warf die Kette los, spannte die Segel und trieb auf See. Daber war-er erst vor einer Stunde zurückgekehrt. Aber seine Mutter, statt sich über den guten Fang zu freuen, empfing ihn mit jenen kalten, grauen Augen, denen er auswich wie ein Tier der Flinte des Jägers. Die Mutter nannte ihn einen schwerfälligen Burschen, dumm genug, das schönste Mädchen im Fischerdorf an einen anderen zu verlieren.
Während das Boot vor dem Winde dahinlief und mit den Wellen schäkerte, dachte Joede über die bösen Worte naH. Und er war eine zu ehrliche Natur, um nicht zu wissen, wre wenig die Mutter gelogen oder übertrieben hatte, denn Annje war Wohl ein schönes Mädchen, das man lieben mochte. Doch fand er bei dieser stillen Betrachtung so wenig wie zuvor je einmal einen Weg, der ihn zu dem Mädchen beführt hatte:, zu ihr, der schlanken, steilgewachsenen Annje mrt den federn-' den Gliedern, blond und kühn und unbefangen, ihn den breiten, kurzbeinigen, plumpen Joede mit dem wirren Kraushaar über dem Schädel und der unsicheren Haltung. Joede kannte seine Schwächen und Fehler; weil nichts imstande schien, ihn darüber hinwegzubringen, beschloß er, endgültig auf Annje zu verzichten, schalt sie und seine Mutter mit lautlosen Worten, warf ihnen weibliche Grausamkeit vor und überließ, die Segel «inziehend, das Boot und sich den Träumen des Meeres und des Himmels.
Ja, Joede fing mit einer Leidenschaft zu träumen an, die ein vollkommenes Vergessen über ihn schickte. Er hatte ein weiches, empfängliches Gemüt und konnte sich in den schönsten Träumen verlieren. Dort geschah ihm kern Leid mehr, dort erlebte er keine Enttäuschung. Aus den kristallklaren Tiefen des Meeres kamen die immer zerrinnenden, sich immer wieder erneuernden Gestalten zu ihm herauf und zeigten sich ohne Scheu dem einsamen Schiffer. Ne hatten keine Worte, aber er verstand auch so, daß sie es nur gut mit chm meinten, er las aus ihren Gebärden Wohlwollen, aus ihren Tänzen Verehrung. Er konnte sich an ihnen nickt satt sehen.
Ihm mußte es daher entgehen, daß er in die Bahn des Fährbootes gekommen war. Es wälzte sich heran, der breite
Steven teilte nüchtern und geschäftig das Wasser, es hatte keine Zeit zu träumen wre Joedes Schifferboot. Auch die Menschen auf ihm träumten nicht. Sie hatten alle Besorgungen zu machen, entweder diesseits oder jenseits: es gab auf einem Fährboot eben alles: den Händler und den Handwerker, das kleine Schulmädchen und den Greis. Doch an einen Aufenthalt auf dem Meer dachte niemand, alle wollten sie weiter. Und als sie den träumenden Schiffer sahen, packte sie ein großes Verlangen, ihn zu wecken und zu Plagen, ihn zu necken und zu foppen, und schon spritzten einige mit schnell eingetauchten Händen nach Joede. Ebenso oder noch schneller waren sie mit kecken Worten bei der Hand.
Joede schreckte auf. Seine spielenden Genossen waren urplötzlich verschwunden, das Boot schlingerte und rollte, weil es keine leitende Hand mehr verspürte. Er sah zu dem Fährboot hinüber. Gesicht um Gesicht schaute er ab. Wie das höhnte, feixte, uzte, troff! Nur weil er ein wenig geträumt hatte... Nur deshalb. Aber auf einmal sah er in ein Paar ernste, schweigende Augen. Die legten sich über ihn wie zwei Fittiche, so daß er beglückt atmen konnte. Sie sahen lange und unverwandt und prüfend einander an: Annje auf dem Fährboo" und Joede auf den Schifferboot. Sie taten es ernst und nieder Gewissenhaftigkeit, die solches verdient, sie nahmen sich gegenseitig ihre Herzen heraus, prüften sie und setzten sie wieder ein. Die Prüfung mußte gut ausgefallen sein. Jetzt lächelten beide; und Joede, der Schiffer, wußte auf einmal, daß er vor Annje und niemandem mehr Angst zu haben brauchte und daß er morgen erwartet wurde.
Flaumkiffen
Von Lor nz Strobl
Eine Gaurednerin war in das kleine Dorf gekommen. Eine Gaurednerin, die als Rotkreuz-Schwester im Einsatz im Osten gestanden und nun vor den Bauersfrauen aus ihrem Erleben berichtete, blutwarn, und aus dem Herzen heraus. Da war kein Wort zu viel, keines zu wenig gesetzt. Das fühlte jede von selber.
Stumm und still saßen die Bauersleute in den Bänken der
«schenke: Maschen, Frauen uno alte Mutter ourchcnnander, wie sie draußen auf ihren Höfen und Aeckern schaffen und Werken. Ihre zerarberteten Hände hielten sie im Schoß gefaltet und lauschten beinahe andächtig der Rcdnerin, denn was die Schwester erzählte, war kein Vortrag oder Bericht, sondern ein Gruß von der Front, ein Gruß vom Bauern, vom Bräutigam, vom Knecht, vom Sohne aus Sialingrad, vom Jlmensee oder wo sie eben gerade standen und kämpften. Durch den Mund der Schwester waren sie alle so lebensnah, die feldgrauen Soldaten aus dem Dorf und der Gemeinde.
Als dann die Schwester ans der Arbeit in den Lazaretten und dem stillen Heldentum der Krieger berichtete, fuhr so manches Tüchlein verstohlen über feuchte Augen.
Niemand hatte es bemerkt, wie während des Vortrages die alte Weber-Mutter sich heimlich zur Hintertür hinausgeschlichen hatte. Ihr Mann war im Weltkrieg vor Verdun geblieben. Recht und schlecht hatte sie sich mit ihren vier Buben durch das Leben geschlagen. Und fünf Enkelsbuben standen schon wieder unter den Soldaten.
Als die Schwester mit dem Treugruß an den Führer die Rede geschlossen, war die Weber-Mutter schon wieder zurück und schob sich durch die Bankreihen zur Rednerin vor. Zwei dicke, pralle Federkissen trug sie unterm Arm.
„Da, Schwester, da... nimm's gleich mit... für unsere Soldaten ... Siebzig Jahr Haus' ich nun auf unserm Gütl. In der Zeit Hab' ich ein jedes Flaumfeder! aufgehoben, das auf der Wiese, auf dem Weg, am Bachanger gelegen war... Darfst es glauben, Vieltausendmal Hab' ich mich gebuckelt in den langen, langen Jahren, bis die beiden Kissen vollgeworden sind. In der guten Stub' Hab ich sie aufgehoben, auf daß in den alten Tagen ich mein Köpfl ein wenig linder betten kunnt... Das ist nun vorbei. Bin die harten Strohkissen gewöhnt. Die verwundeten und kranken Soldaten sollen dafür ein weiches Liegerts haben... Bitt schön, Schwester, nimm's! Sie haben es um uns verdient, und sag ihnen halt... den Soldaten... einen schönen Gruß von der alten Weber-Mutter."
Wunderstill war es in der kleinen Vauernschenke geworden. Viel Leid hatte die Schwester in ihrem Fronteinsatz gesehen. War hart geblieben dabei, weil sie es mußte. Aber vor dem Opfergeist der alten Weber-Mutter — da sind auch ihr die Augen übergelaufen.