Nr. 1'-'2
Schwarzwälder Tageszeitung
Seite S
Unterredung mit dem Reichsyresseches
Dr. Dietrich: „Die reaktionären Demokratien habe« die Welt in den Krieg gestürzt"
DNB Berlin, 24. Juli. Der amerikanische Staatssekretär des Keußern, Cordell Hüll, hielt über Len amerikanischen Rundfunk eine von Rooscvelt selbst wiederholt angekündigte Rede, die in ihrer demagogischen Verlogenheit und bodenlosen! Heuchelei eine deutliche Antwort erfordert. Das Deutsche Nachrichtenbüro setzte sich unmittelbar nach Vorliegen des umfangreichen Textes mit Reichspressechef Dr. Dietrich in Verbindung, um ihn nach seiner Meinung über die Rede zu befragen.
Auf die Frage: „Was halten Sie von der Hüll-Rede?" antwortete Reichsprcssechef Dr. Dietrich:
„In einem Augenblick in dem die Welt den Atem anhält an- zesichts der Heldentaten und des gigantischen Vormarsches der deutschen Truppen und ihrer Verbündeten in Südrußland, kan« man die Öffentlichkeit mit einer pharisäerhaften Tirade von leeren Worten m dt beeindrucken. Wie alle diese aufgeblasenen Nullen, die unfäl sind, die Probleme der Gegenwart zu meistern, sich im W "enkuckucksheim der Zukunft bewegen, so besaßt sich auch Hüll im größeren Teil seiner Rede mit der Organi< sation der Welt „nach dem Siege der Alliierten". Er erwähnt nur am Rande, daß „für die unmittelbare Zukunft die wichtigste Frage ist, den Krieg zu gewinnen, und zwar, ihn so bald wie möglich und entscheidend zu gewinnen". lieber das praktische Wie schweig er sich aus und beschränkt sich auf die drohende Feststellung, deren offenbarer Zweck es ist, auf uns Eindruck zu machen und den Sowjets neuen Mut einzuflößen: „Unsere Feinde stehen mm mit ihrer bewaffneten Macht in jedem Teil der Welt gegenüber. Wir können diesen Krieg nicht dadurch gewinnen, daß wr an unseren Grenzen stehen unck uns darauf beschränken, einen Angriff abzuwehren. Angriffe aus der Luft, durch Unterseeboote und durch andere Angriffsmittel können nur erfolgreich b kämpft werden, wenn diejenigen, die angegriffen werden, die Wurzel des Angriffs aufsuchen. Wir werden unseren tapferen Alliierten alle uns zur Verfügung stehende Unterstützung zuteil werden lasten. Wir werden aber auch unsere Feinde aufsuchen und sie an jedem Punkt der Erde angreifen. Wir kennen das ungeheure Ausmaß der Aufgabe, die vor uns liegt. Vorübergehende Rückschläge müssen und werden nicht zur Schwachheit oder Entmutigung Anlaß geben."
Die Notwenndigkeit eines Paukenschlages und einer so ein- Mnglichen Aufklärung des amerikanischen Volkes über den Ernst der Lage, wobei Hüll -sogar von einem „Verzweiflungskampf" spricht, ist außerordentlich bezeichnend für die Lethargie der breiten Massen und ihre Interesselosigkeit an Roosevelts Krieg. Im übrigen ist es eine jener Dutzendrcden demokratischer Menschheitsbeglückung, wie sie die Völker Europas von den Heuchlern und Phrasendreschern des Weißen Hauses feit Jahren gewohnt sind. Eine Rede, die heute nach dreijähriger Kriegserfahrung beim Publikum Wirkungen erzielen will, muß! durch Erfolge besiegelt und durch Taten geweiht sein. Die moraltriefenden Reden politischer Jammergeister aber wirken wie! Erabgeiänge einer versinkenden Welt.
Frage: Was sagen Sie zu folgenden Aeußerungen Hulls, in denen er versucht, die USA-Regierung von ihrer Kriegshetze und Kriegsschuld reinzuwaschen?
„Die Negierung der USA. hat sich unablässig bemüht, den Frieden auf der Grundlage der Nichteinmischung zu fördern. Als die Feindseligkeiten ausbrachen und der Krieg erklärt Wurde, machte unsere Regierung jeden ernsthaften Versuch, eine Ausweitung des Konflikts zu vermeiden und dieses Land aus Dem Kriege herauszuhalten."
Antwort des Reichsprestechess: „Ich halte mich an die Tat- lachen. Die reaktionären Demokratien haben die Welt in de» Krieg gestürzt. Es ist ganz unbestreitbar, daß ohne die verbrecherische Hetze des Antreibers Rooseoelt und seiner Kreaturen, zu denen auch Hüll gehört, der deutsch-polnische Konflikt auf den Kontinent lokalisiert und geregelt worden wäre, ohne die Völker einem neuen Weltkrieg zu überantworten. Heute erleben wir nun das widerwärtige Schauspiel, daß die gleichen Kreaturen, die dieses größte Verbrechen aller Zeiten an der Menschheit verübten, die in gemeiner Weise alles taten, um der Menschheit den Frieden zu rauben, jetzt im Namen der Menschlichkeit Moral predigen und die betrogenen Völker aufs neue zu ködern verp
ge oen nieg oer Piurokraten als Voraussetzung für die Sicherheit der ganzen Welt proklamieren.
Man muß diese Heuchelei brandmarken. Der Sieg Englands und Amerikas, die sich dem Bolschewismus verkauft haben, bedeutet für die Völker Europas nicht die Garantie des Friedens, sondern der Verewigung des Krieges und die Sicherheit des Unterganges."
Auf die Frage: „Was sagen Sie zu Hulls Erklärung: „Wir haben jede Provokation vermieden. Wir Amerikaner stehen heute im Kampf, weil wir angegriffen wurden?" entgegnete der Reichspresseches:
„Nein, sie wurden nicht «»provoziert angegrisfen, sondern sie Haben uns und unserer Verbündeten Notwehr unablässig und in unerträglicher Weise herausgefordert. Sie haben sich nicht in offener und ehrlicher, sondern in feiger und hinterlistiger Weise „durch eine Politik der Unterstützung für Großbritannien", wie Hüll selbst sagte — in unseren Kamps eingemischt."
Frage: „Hüll stellt die These auf, daß der aus den Diktaturen geborene extreme Nationalismus in der Vergangenheit das bedeutendste Hindernis gewesen sei, das dem menschlichen Fortschritt im Wege stand. Wie ist Ihre Meinung dazu?"
Antwort: „Nicht der gesunde Selbsterhaltungstrieb und der nationale Lebenswille der jungen emporstrebenden Völker, sondern die Reaktionäre einer gesättigten plutokratischen Welt waren es, die jeden sozialen Fortschritt im Leben der Völker unterdrückt und in ihrem Blut erstickt haben. Auch heute wieder wie einst möchten diese Nutznießer menschlicher Rückständigkeit die Scheiterhaufen für die Kämpfe des sozialen Fortschritts errichten. Gegen sie haben sich die unterdrückten Nationen als die Verfechter der wahren Menschenrechte erhoben. Der Sieg der vereinigten antibolschewistifchcn Nationen wird Europa endlich jene aus nationaler Gerechtigkeit und sozialem Fortschritt aufgebaute natürliche Ordnung der Völker geben, die für immer eine Harmonie ihrer Interessen auf friedlichem Wege gewährleistet."
- Frage: „Was sagen Sie zu Hulls stereotypen Redensarten ' Freiheit, Menschenwürde und Zivilisation?"
Antwort: „Sie sind eine Art politischer Gotteslästerung, wie, Churchill und Roosevelt in das politische Leben eingeführt - den. >Jn ihrer schamlosen Dentagogie vergreifen sich diese ' esiasse einer überlebten Welt an den erhabensten Gefühlen Menschheit. Aber eine Rasse, die die Moral so in den ' mutz gezogen hat wie die angelsächsische, sollte sich nicht er-' en, mit der Waffe der Moral zu kämpsen.
2m Übrigen sollten die Kulturzweige und Parvenues der Vereinigten Staaten, die heute die großen fulturschöpferischen Nationen des europäischen Kontinents begeifern, sich in aller Bescheidenheit erinnern, daß es diese Völker waren, die ihnen die ersten Schritte zur Zivilisation erst beibringen mußten.
Auch heute wieder reicht das geistige Potential der Vereinigten Staaten nicht aus, um die tragenden Ideen einer neuen Welt, um die Kräfte und die Dynamik zu erkennen, welche die großen schöpferischen Bewegungen Europas hervorgebracht habe». Sie haben keine Ahnung von dem Erwachen eines neuen europäischen Geistes. Tie haben sich mit dem alles zerstörenden Bolschewismus gegen diejenige Zivilisation und Kultur verbündet, denen sie ihr eigenes Dasein und ihr Leben verdanken. An dieser Sünde wider den Geist wird auch das heutige Amerika zugrunde gehen." ^ ^
Peruanischer Diplomat gegen AnterwersungspolM
„Der Sieg Deutschlands über den Bolschewismus im Interesse der südamerikanischen Staatenwelt."
DNB Berlin, 24. Juli. Der frühere peruanische Konsul Lesar du Pau, der während einer langen Amtstätigkeit in Hamburg Gelegenheit hatte, Deutschlands Leidenszeit und Zerrüttung zu sehen, aber dann auch den gewaltigen Aufstieg des nationalsozialistischen Deutschlands kennenzulernen, ist nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen nicht nach Peru zurückgekehrt. Als aufrichtiger peruanischer Patriot mißbilligt er die Unterwer- fungspolitik der peruanischen Regierung, die Peru an das internationale Judentum Nordamerikas auslieferte. Aus diesen Gründen hat er sich geweigert, die Rückreise nach Peru anzutreten und den Entschluß gefaßt, dem peruanischen Volk seine Beweggründe bekanntzugeben.
Seine Erklärung hat folgenden Wortlaut: „Am 26. Mai gab der letzte peruanische Geschäftsträger in Berlin, Dr. Miguel Cerro C e b r i a n vor der spanischen Presse eine Erklärung ab, die nicht nur großen Teilen des peruanischen Volkes und mir, sonder« darüber hinaus sicher sehr vielen Südamerikanern aus der Seele gesprochen ist. Mein Landsmann Cerro und ich, die wir uns in Lissabon gemeinsam geweigert haben, die Reise nach AmeÄka anzutreten und die Politik unserer Regierung mißbilligen, sagen nichts Neues, wenn wir in aller Oeffentlichkeit aussprechen, daß- die strikte Neutralität in diesem Kampfe Deutschland» und des neuen Europas gegen den Kommunismus und gegen dt» Machtgier des internationalen Kapitals die gegeben« Haltung für unser Land gewesen wäre. Aber nicht nur wir Peruaner denken so, sondern mit uns fühlen all« nationalbewußten Südamerikaner.
Zu meinem Entschluß, nicht,nach Peru zurück; u-* kehren, hat insbesondere meine Ueberzeugung beigetrage», daß der Kamps Deutschlands gegen den Bolschewismus auch in» Interesse des kulturellen Bestandes der südamerikanischen Staa- , tenwelt siegreich beendet werden muß. Man wird meiner Haltung daher wohl umso mehr Verständnis entgegenbringen können, als auch in Peru der Bolschewismus stets entschieden ab« gelehnt worden ist. Die Vorgänger unserer jetzigen Regierung haben ihn in voller Uebereinstimmung mit unserem Volke erbiw tert bekämpft aus der Erkenntnis heraus, daß der Kommunismus die größte Gefahr für die Kultur und die Zivilisation de» ganzen Welt bedeutet. Und mit dieser Seuche will uns der nordamerikanische Imperialismus infizieren! ^
Nord- und Südamerika haben kulturell^ sprachlich und historisch nicht das geringste gemeinsam. Auf wirtschaftlichem Gebiet ist von jeher Europa und nicht Nordamerika der Hauptabnehmer der peruanischen Landesprodukte gewesen. Wenn die Unterbrechung des normalen Warenverkehrs mit Europa infolge der Kriegsereigniff« dazu geführt hat, daß USA. an die erste Stelle als Abnehmer peruanischer Exportprodukte getreten sind, so kann dies keineswegs als ein Vorteil für die peruanische Wirtschaft gewertet werden.
Ich wünsche von ganzem Herzen, daß die ibero-amerikanische» Staaten ihre volle uneingeschränkte Souveränität wiedererring«» und ihr vor aller Welt bewundertes, stolzes Nationalgefühl bewahren. Meinem Nationalempfinden widerspricht es, wenn amerikanische Truppeneinheiten als angebliche Beschützer auf peruaniAem Boden stehen. „Vor wem sollen sie uns beschützen?" Wenn schon eine Gefahr besteht, droht sie — wie historisch festsieht — bestimmt nicht von Europa. Mir ist bekannt, daß Deutschland niemals politische oder gar militärische Ziele in Südamerika verfolgt hat. Es liegt aber auf der Hand, daß USA. alles daran setzt, sich für die im Pazifik erlittenen politischen , ^nd wirtschaftlichen Verluste an den Reichtümern Südamerikas chadlos zu halten.
Kleine Nachrichten ans aller Welt
Grotzlager der auslandsdeutfchen Jugend. Neichszugenüfuyrer Axmann und Gauleiter Bohle besuchten Freitag in Freiburg r. Br. das Wilhelm-Eustloff-Lager mit 1306 reichsdeutsche« Jungen und Mädeln der Schweiz in Anwesenheit des deutsche» Gesandten in Bern, Dr. Köchern, und des Landesgruppenleiter» Freiherrn von Bibra. In den Ansprachen wurde die enge Kameradschaft zwischen der reichsdeutschen und der auslandsdeutschea Jungend und die vertrauensvolle Zusammenarbeit von. Hitler- Jugend und Auslands-Organisation der NSDAP, betont.
Gedenkfeier in Toledo. Am Jahrestag der Ermotdung der zwei Söhne des Generals Mcscardo, des Verteidigers des Alcazars von Toledo, durch die bolschewistischen Banden vor sechs Jahren, fand in Toledo eine Trauerfeier statt, an der General Moscardo teilnahm.
Regierung des Libanon zurückgetrten. Nach einer Meldungaus Beirut ist die Regierung des Libanon am Donnerstag zurück- zetreten.
In Nordirland sind nach einer Meldung aus Boston wertere- amerikaniche Negertruppen gelandet. Es handelt sich hier angeblich um das größte amerikanische Negertruppenkontingentz' das bisher in Nordirland an Land gegangen ist
l «wLLkk-kccuiLscuurr vvacu vkwac, vLuak EiLrca. vexao/w/L»
! l19. Fortsetzung.)
Jochen hat nichrs dagegen. Er freut sich geradezu, mal herauszukommen. Eigentlich sonderbar. Sonst war er selig, einmal nichts zu sehen und zu hören vom sogenannten Getriebe der Welt. In diesen Tagen aber hat ihn eine merkwürdige Unruhe gepackt. Was kann das sein? Sollte man sich tatsächlich verliebt haben, wie Käthchen meinte? Unsinn! Wenn man schon mal an diese Frau Malten denkt und auch sich erinnert, dätz sie in Warnemünde steckt, so ist das ja Gott sei Dank noch nicht die große Liebe. Bloß das nicht! — Trotzdem — er fährt gern nach Warnemünde. Die Jungs natürlich auch. Mit Wonne! Am nächsten Morgen tuckert also der „Seehund" ihn und die Jungs nach Warnemünde. Es ist eine herrliche Fahrt, voll Sonne und Glanz über dem stillen Meer und erfüllt vom Gesang der jungen Stimmen. In der Tasche hat Jochen jedoch die prosaische Seite des Ausflugs, einen langen Zettel. Es sind viel mehr Besorgungen geworden, als er zunächst geglaubt hatte.
Jochen ist der richtigen Meinung, daß er am schnellsten einkauft, wenn er allein ist.
-,Jhr wartet an der Mole!" ordnet er deshalb an. „Es rann gut zwei Stunden dauern. Meinetwegen tummelt euch, wo lhr mögt! Aber Schlag elf seid ihr da! Verstanden?"
„Jawoll. Elf Uhr an der Mole! Ahoi!"
Die Mole ist breit und mächtig. „Die hält was aus!" sagt Willi und zischt einen scharfen Strahl Spucke über die Mauer weg ins Meer. Er kann es schon ziemlich gut. „Da kann ruhig Windstärke zwölf gegenbollern."
Alfred hält den Zeigefinger in die Höhe. „Leichte Brise ans Nordnordwest. Schütze Stärke drei bis vier. Wollen wir nach vorn auf die Mole gehen?"
Die beiden andern sind natürlich einverstanden. Da gibt es eine Stelle, an der die Mole einen leichten Winkel mldet. Wenn man da nicht fix läuft, bekommt man einen Spritzer von den überkommenden Brechern und ist pudel
naß. Knut und Willi sind flink wie die Windhunde und kommen trocken durch. Alfred Heimbach ist natürlich nicht aus der Ruhe zu bringen und gdht so pomadig an der riskanten Stelle, als sei er auf der Kurpromenade. Das Wasser läuft ihm nachher aus den Stiefeln, aber er verzieht keine Miene.
„Das kann doch einen Seemann nicht.erschüttern!" winkt der verächtlich ab. „Sowas wie ihr? Na, schweigen wir. — Knut ist der erste Steuermann, der wegen 'ner Pfütze Wasser Trabtrab macht."
Inzwischen ist an der Kimmung eine Jacht aufgetaucht. Ein ausnehmend schönes Schiff. Seine weißen Segel stehen hell gegen den wolkenlosen Himmel, der fast schwarz wirkt.
„Das ist 'ne Kiste, Jungs! Seht mal! So müßte unser „Seehund" aussehen!"
„Wie mit 'm Gelbfilter photographiert!" nickt Knut. ,F)ch wette einen Groschen gegen eine Buddel Rum, daß die Kiste Warnemünde anlänft."
„Auf alle Fälle werden mm hier Beobachtungsposten beziehen und die Landemanöver begutachten."
Sie hocken sich alle drei mit der Back gegen die Brise und warten. Die Jacht nähert sich schnell.
Inzwischen hat Jochen eingekauft. Er schleppt zwei Einkaufstaschen, die haben allerlei Gewicht, und dabei hat er noch keine Schollen.
Schollen und Flundern kaust man am besten direkt vom Fischer. Gehen Sie an die Warnow! Da kriegen Sie alles lebendfrisch. So hat Käthchen geraten.
Also wird man nachher ein Stück die Warnow her- unterbnmmeln, dahin, wo die Fischerboote liegen. Zunächst ist noch Zeit, sich schnell zu einer Fleischbrühe in eins der Gasthäuser zu hocken, die mit Terrassen und verglasten Veranden ans den Strom sehen. Als er dann vor seiner dampfenden Tasse sitzt, nimmt er sich eine Zeitung, und schon sieht ihn Renate Maltens Bild an.
„Die berühinte Altistin singt Lieder von Brahms und Schubert", verkündet das Inserat.
Ja, das ist sie. Renate Malten weilt also tatsächlich in Warnemünde. Er fühlt wie sein Herz schneller schlägt. Zu diesem Kurkonzert werde ich gehen, nimmt er sich vor, und wenn ick auch nichts von Musik verstehe. Diese Frau muß ich Wiedersehen.
Er sieht sie schneller wieder, als er ahnt. Denn als er durch die Scheiben nach draußen schaut, steht sie auf der Straße und späht nach rechts und links, als warte sie.
Jetzt blickt sie ans die Uhr und wendet sich dabei nach ihm um.
Ja, sie hat ihn erkannt! Er muß nicht sehr geistreich ausgeschcn haben, denn sie lacht. Sie wird mich für einen Dnmmkopf halten, überlegt er ärgerlich, aber er hat keine Zeit, darüber nachzudenken, denn sie kommt zu chm herein.
„Herr Jochen Matzahn!" begrüßt sic ihn mit strahlen- dem Lächeln und streckt ihm die Hand entgegen. „Also Sie sind'in Warnemünde und brechen kaltherzig Ihr Versprechen, mich zu besuchen? Wie geht es der kleinen Virginia? Ist sie wieder wohlauf?"
„So munter wie Sie, gnädige Frau, und ich! Nochmals vielen Dank für Ihre Liebenswürdigkeit! Sie haben sicher draußen über mein dummes Gesicht gelacht, nicht wahr? Nun, es war auch eine verdammt komisch« Sache. Ich sehe in die Zeitung, wer blickt mich an? Renate Malten. Ich sehe auf die Straße, wer sieht mich an? Renate Malten. Das Original in Lebensgröße. Ein« Frage im Vertrauen: Habe ich sehr blöde ausgeschaut?"
„Es mar zu ertragen. Ich darf mich doch zu Ihnen setzen? Für mein Leben gern hocke ich hier herum und verfolge das Getriebe des >- us. Sehen Sie, da kommt ein Fischkutter herein! Wer jetzt Schollen zum Mittag braten will, kann sie sich noch lebend mit nach Haus nehmen. Es gibt nirgends so gute Schollen wie in den Brat« küchen Warnemündes."
Eigentlich müßte er nun hinanslaufcn und Scholle« kaufen, aber er denkt gar nicht daran. Mag Schollen kaufen wer will! Und bald vergißt er über diesem Zusammensein gänzlich, weshalb er hier sitzt. Herrgott, iß diese Frau schön! Ihre Angen, ihre schlanken, kräftigen Hände und diese Stimme, die wie Musik klingt! El könnte ganz still sitzen und nur znhörcn, wenn sie spricht
„Warum so schweigsam?"
„Wenn Sie so neben mir sitzen, ist mir der Verstand eingefroren, Frau Malten", gesteht er mit einem tiefen Stoßseufzer. „Nehmen Sie mir's nicht übel! Ich bin draus und dran, mich bis über beide Obren in Sie zu verlieben."
Das sagt er mit einem so hilflos drolligen Lächeln, dal Sie ihm nicht böse sein kann. „Sie sind ein Narr", lach» sie leise und sieht in ihr Teeglas. „Ausgerechnet in mich alte Frau wollen Sie sich verlieben? Gehen Sie! Eine« Kerl wie Ihnen laufen doch alle Mädel zwischen siebzehn und fünfundzwanzig nach!"
(Fortsetzung solaU,