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Schwarzrvälder Tageszeitung

Nr. 151

kann. Die Täler zwischen Liesen Erhebungen sind ebenso ge­waltig befestigt. llebcrall liegen Kasematten zerstreut, die sich nur 20 bis 25 Zentimeter über den Boden erheben. Sie wurden aus Beton gebaut und mit mächtigen Metallplatten bedeckt, über die wiederum Beton gelegt wurde. Sie widerstehen dem stärksten Bombardement und es gehört zu den schwierigsten Ope­rationen des Krieges, sie zu erstürmen. Zu diesen gewaltigen Befestigungssystemcn gehören schließlich noch die minierten Grä­ben. Die Eröffnung des Feuers, das sie zur Explosion bringt, geschieht durch eine elektrische Anlage, die nur der politische Kommissar kennt, der die entsprechende Einheit überwacht. Der Feind verfolgt damit ein doppeltes Ziel. Er hält die Sowjets ^est auf ihrem Posten unter der ständigen Drohung, sie in die Luft zu schleudern, wenn sie den Kampf einstellen wollen, und gleichzeitig diejenigen zu vernichten, die die Gräben besetzen (wollen." Hinter den knappen Sätzen der OKW.-Berichte ver­bergen sich also ganz einmalige und großartige Leistungen, und die Hoffnung ist berechtigt, daß diese im Rüden Sewastopols genau so ihre Früchte tragen werden, wie Lei den bisher mw» eroberten Teilen der Festung.

Der Kampf um Sewastopol

Uebergang durch das Tschornajatal erzwungen Stel­lungsabschnitt auf den beherrschenden Sapunhöhen gestürmt

DNB Berlin, 30. Juni. Wie das Oberkommando der Wehr­macht zu den Kämpfen im Festungsgebiet von Sewastopol er­gänzend mitteilt, fielen in dem am Ostende der Sewernajabucht gelegenen Ort Eajtani 450 Gefangene und eine große Ma­terialbeute in die Hand der deutschen und rumänischen Truppen. In scharfem Nachstoß wurde in der Morgendämmerung des 28. Juni entlang einer Eisenbahnlinie der Uebergang durch das Tschornajatal erzwungen. Dieses Tal ist eine von stark befestigten Steilhängen begrenzte Senke, die sich vom Ostrand der Sewernajabucht in südostwärtiger Richtung durch das Festungsgelände hinzieht. Nachdem dieses Tal kämpfend durchschritten war, drangen die Angriffstruppen in einen wei­teren Ort ein und säuberten dort in heftigen Straßenkämpfen Haus um Haus vom Feind. Ein vom Nordteil dieses Ortes bis zuletzt feuernder Eeschiitzbunker wurde im Sturm genommen.

Einen weiteren Erfolg errang eine andere Ängrisssgruppe, die einen Stellungsabschnitt der im inneren Festungsgürtel lie­genden Sapunhöhen stürmte. Diese Höhen sind ein steil anstei­gender, die gesamte Umgebung des Ost- und Südostteils der Festung beherrschender Höhenzug von etwa 8 Kilometer Länge, der schon vor seinem letzten Ausbau mit modernsten Festungs­anlagen als säst uneinnehmbar galt. Der Einbrurch in diese Höhenstellungen ist ein gemeinsamer Erfolg der Angrissstruppen und der schweren Artillerie, die mit gut gezieltem Vernich­tungsfeuer die Festungsanlagen dieser Höhe seit Tagen wirksam beschoß. Die Größe der Aufgabe, die im Kampf um Sewastopol der Infanterie und den Pionieren gestellt ist, zeigt sich daraus, daß beispielsweise «ine einzige deutsche Kampfgruppe an einem Tage 2V feindliche Bunker mit ihren Zwischenstellungea, Minen­sperren und Hindernissen überwand.

Die Luftwaffe unterstützte die Kämpfe des Heeres durch zahlreiche Angriffe von Kampf- und Sturzkampfflugzeugen gegen Panzerwerke, eingebaute Batteriestellungen, Bunker und Feld­stellungen. Auch der feindliche Nachschub auf den viel gewun­denen Höhenstraßen im Südosten der Stadt wurde mit Bomben belegt und dabei zahlreiche Kolonnen zersprengt. Die Bom­ben rissen Felsstücke von den Bergwänden, zwi­schen denen diese Straßen hindurchführen und machten dadurch die Straßen für den Feind unbenützbar.

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Einbruch in den inneren SestungsgSrtel

DNB Berlin, 30. Juni. Wie das Oberkommando der Wehr­wacht zu den weiteren Erfolgen der deutschen und rumänischen Gruppen vor Sewastopol miiteilt, erzwangen deutsche In­fanterie-Regimenter in der Nacht zum 29. Juni von Norden her den Uebergang über die etwa 800 Meter breite Ssewer- stajabucht. Nachdem schon am Tage zuvor die an der Lan­dung beteiligten Truppen ihre Bereitstellungsräume an der Allste eingenommen hatten, wurden sie innerhalb einer halben Stunde, vom Feinde unbemerkt, an das Südufer der Bucht vbergesetzt. Gegen Mitternacht hatten Pioniere die Ssewernaja- hucht eingenebelt, so daß die ersten deutschen Stoßtrupps un­beobachtet abstoßen und kurz darauf Brückenköpfe am Südufer bilden konnten. Ihnen folgte die Infanterie Welle auf Welle, während Geschütze aller Kaliber und die zum Erdbeschuß ein­gesetzten schweren Flakbatterien wirksamen Feuerschutz gaben. So wuchtig und pausenlos war dieses Feuer, daß die Besatzungen her Bolschewisten in den Küstenbefestigungen niedergehalteir wurden und ihre Abwehr lahmgelegt wurde. Die nach und nach gelandeten deutschen Truppen warfen die Reste des FMdes aus ihren Stellungen heraus, stürzten die an der Landungsstelle aufsteigende Höhe bis zum Kamm hinauf und brachen in den inneren Festungsgürtel ein. Durch verzweifelte Gegenangriffe versuchte der Feind erfolglos das Vordringen der deutschen Truppen, dle in dem inneren Verteidigungsring von Sewasto­pol Fuß gefaßt haben, aufzuhalten.

Auch am südlichen Angriffsflügel ging der Angriff der deut­schen und rumänischen Truppen weiter. Der Einbruch in die Befestigungen der Sapunhöhe wurde durch Aufrollen weiterer Stellungen von Norden nach Süden erweitert. Der Angriff mußte unter außerordentlich schwierigen Geländeverhältnissen Schluchten und Steilhänge begünstigten die Abwehrkämpfe des Feindes und gegen verbissenen Widerstand der Bolsche­wisten vorgetragen werden.

Starke Kampffliegcrverbände zerschlugen den feindlichen Widerstand vor allem im Süden und Südosten der Stadt.

Luftwaffe vomöardiert Murmansk und Kola-Ducht

DNB Berlin, 30. Juni. Zu dem Angriff deutscher Kampf- mnd Sturzkampfflugzeuge auf Murmansk und gegen Schiffsziele in der Kolabucht teilt das Oberkommando der Wehrmacht noch mit: Kurz nach 11» Uhr durchbrachen deutsche Flugzeuge am Montag im Sturz die Sperre der feindlichen Flakbatterien und der Schiffsflak im Hafen von Murmansk. Bomben schweren Ka­libers richtten in den durch die Angriffe der letzten Wochen nachhaltig beschädigten Kaianlagen erneut gößere Zerstörungen an. Zahlreiche Lagerschuppen und Verlade­einrichtungen im nördlichen und südlichen Teil des Hafens ge­rieten in Brand. In den frühen Nachmittagsstunden bombar­dierten deutsche Kampfflugzeuge in der Kolabucht ankernde Han­delsschiffe. Gegenüber den Dockanlagen von Rosta hatten zwei Frachter von je 6000 BRT. festaemacht. Zuerst erhielt das etwas nördlich liegend- Schiff einen Bombentreffer am Heck. Im Schiffsinnern entstanden Explosionen, nach denen das Schiff mit dem Heck unter Master sank. Kurz darauf detonierten zwei Bonn ben schweren Kalibers auf dem Heck und an der Bordwand de4 weiter südlich ankernden Dampfers. Aus dem schwer beschädig.

len Frachtschiff schlugen dichte Branbwolken, die es schnell ein« hüllten. Während dieser Luftangriffe auf Murmansk und di« Schiffsziele belegten weitere deutsche Kampfflugzeuge dev Flugplatz Murmaschi erneut mit Bomben schweren Ka< libers. An den Flugplatzrändern entstanden zwischen den abge> stellten Flugzeugen mehrere Brände. Außerdem wurden Explo­sionen in den Munitions- und Treibstofflagern beobachtet, Deutsche Jäger verwickelten nach dem Abflug der Kampfflug­zeuge feindliche Jagdflugzeuge in Luftkämpfe, bei denen drei Hurricane und ein Curtis nach kurzem Feuerwechsel durch di< deutschen Jagdflieger abgeschossen wurden.. Außerdem verlöre» die Sowjets an der Eismeerfront gestern noch vier weitere Flug­zeuge, zwei davon stürzten nach Flakvolltrefern in der Näln eines deutschen Flugplatzes ab.

33 872 Gefangene aus dem Wolchow-Kessel DNB Berlin, 30. Juni. Wie das Oberkommando der Wehr­macht mitteilt, wurden bei Säuberungsaktionen im Gebiet des früheren Malchow-Kessels versprengte bolschewistische Gruppen aufgerieben und gefangen genommen, so daß sich die Zahl der Gefangenen aus dieser Kesselschlacht bisher auf 33 872 erhöht hat.

Bei einem feindlichen Panzerangriff gegen die deutschen Brückenkopfstellungen ostwärts des Wolchow vernichtete die In­fanterie fünf feindliche Panzer, während, wie gemeldet, 16 feind­liche Panzer den Vombenvolltreffern der Luftwaffe zum Opfer fielen. Acht weitere Panzer wurden scbwer beschädigt.

Die Kesselschlacht am Wolchow

Das Ende einer bolschewistischen Restarmee

Von Kriegsberichter Lamberg Höing

Der Wehrmachtsbericht meldete die Zerschlagung des großen Wolchowkessels. In tagelangen, erbit­terten Kämpfen wurden die bolschewistischen Divi­sionen, die Leningrad entsetzen wollten, in der Sumpfhölle am Wolchow vernichtet.

DNB 30. Juni. (PK.) Dies ist Las Ende einer bolschewisti­schen Armee, das Ende der 2. Stotzarmee, die Stalin in den Kampf warf, um Leningrad aus der Umklammerung zu lösen, ein Ende so grauenhaft und so vollständig, wie wir es im Osten noch nicht sahen.

In den erstarrten Nächten des Winters, Zm Schneetreiben, und wann immer sie vorgetrieben wurden von den Pistolen der Kommissare, kamen sie durch den Schnee watend auf uns zu, in unförmig dicke Pelze gehüllt. Unsere ME. schossen sie zusammen. Dann wieder brachen überraschend im Schutz der Panzer mo­dern ausgerüstete Schi-Bataillone in unsere Reihen. Bei 40 Grad Kälte wurden sie im Kampf Mann gegen Mann mit Handgranate und Pistole niedergemacht. Unerschöpflich an Zahl kamen sie wieder, fünf, sieben und zwölf Mann in 24 Stunden, wir sahen ihre breitwangigen, platten Gesichter, ihre kohlschwar­zen Äugen unter den schrägen hängenden Lidern, sie kamen und 'starben, diese Zehntausende von.K irgisen, Mongolen und Kasaken. Sie brachen durch, unsere vorgeschobenen Stütz­punkte gaben einen Raum frei, der auf der Karte die Form einer dickbäuchigen Flasche annahm. Durch den dünnen Hals strömten sie nach dem Kesseß, versuchten weiter zu stoßen. Wir (nannten es:Der Kessel kocht über", wenn sie in den folgenden Monaten auf allen Seiten den bedrängten Raum dehnen woll­ten. Aber nur soweit kam es. Was dann folgte, war der Gang in den Tod, der ganze Kessel war nichts als eine Einzige blutende Wunde für die bolschewistische Stoßarmee, die in ihr Schicksal gerannt war. Dann wurde ein eiserner Korken in den Flaschenhals gedrückt, der brodelnde Kessel war herme­tisch geschlossen.

Der Kessel wird reif. HHM'

Es kam der Frühling und ließ die Schneeverwehungen schmel­zen, es kam die Zeit, wo die Stiefel im Morast der Wolchow- Sümpse steckenblieben, wo die lehmigen Nachschubwege glatt wie Schmierseife wurden, wo acht Pferde einen einzigen Ver­pflegungswagen durch den Schlamm zogen und zuletzt die Män­ner selbst auf ihren gebeugten Rücken-Munition und Verpfle­gung zu den vorderen Sicherungen schleppten, kilometerweit. Nie fehlte es an Munition, nie an der heißen Erbsensuppe. Die Infanteristen, die den Feind im Auge hinter den ME's lagen, hielten den Ring, ließen nicht locker. Es kam die (brennende Junisonne, es kamen die Mücken mit ihrem Hellen Surren. Unsere Gesichter verschwanden hinter den grüne» Schleiern, die über unseren Stahlhelmen hingen und das Rau­schen zu einer Geschicklichkeitsübung machten.

^ Dann war es soweit. Zugmaschinen, Lastkraftwagen und Ge­ländekübel tauchten auf..Es rollt wieder", war uns«, Svruch. Das verwickelte Bild des Nachschubs pulsierte wiede, auf den Wegen, die wieder so etwas wie normale Fahrbahnen waren, Geschütze polterten nach vorn, ein Stahlkranz wartender Münder drohte gegen den Kessel. Noch schwiegen sie, noch sta­pelten sich weiter die runden langen Körbe mit ihrer schlum­mernden tödlichen Kraft, aber die Züge und Gruppen, die schon so lange hinter den flachen, mit Birkenzweigen getarnten Erd­haufen liegend, die verzweifelten Ausbrüche des Feindes blutig erstickten, spürten die erregende Atmosphäre des Vor­marsches, der sich in ihrem Rücken entwickelte. Siesühlten es täglich stärker, daß ihre Zeit gekommen war, und der bläuliche Waldsaum mit den Hellen Strichen der Birken, den sie schon wochenlang angestarrt hatten, in jeder Stunde das Ziel ihres Angriffs werden konnte.Der Kessel ist reif", war das Thema ihrer Unterhaltung.

Stukas erscheinen.

Urplötzlich heult es in der bleichen Helle der nördlichen Nächte hoch über uns hinweg, fern klingt das Knallen der Abschüsse hinterher, Blitze treffen den Waldrand. Wir sehen schwarze Fahnen aufzuäen, der Waldsaum verschwindet hinter einem dunklen Vorhang, in dem es unablässig rot aufblitzt. Das Krachen der krepierenden Geschosse rollt dumpf herüber. Jetzt entdecken wir auch den Aufklärer, der über dem Wald kreist, und in seiner Nähe die schwarzen wolligen Kugeln der feind­lichen Flak. Wir-liegen und warten, der Leutnant kniet neben dem ME., das Glas vor den Augen. Zögernd, wie ein unge­wisses, ängstliches Tasten komint Antwort aus der bebenden Hölle des Kessels. Verloren und einzeln kommt es pfeifend heran, läßt uns das Gesicht automatisch ins Gras pressen, vor und hinter uns wachsen schwarze Pinien empor, die langlam im Winde verwehen. Es steckt keine Kraft dahinter, kein Plan, sie streuen auf gut Glück die Stellungen ab. Sie sind völlig überrascht und wissen nicht, woher der Ängriff kommen wird.

Der Leutnant legt sich auf den Rücken, schaut auf die Uhr und sucht den blassen wolkenlosen Himmel ab, der von der noch un­sichtbaren Sonne den ersten bläulichen Glanz erhält.Die Stukas kommen", ruft er laut. Unsere Äugen sind am Himmel, wir suchen, einer hat sie gefunden und zeigt aufgeregt nach oben. Alle leben jetzt die gestaffelte Phalanx unserer flie-

genven Artillerie klein und fern wie eine geordnete Schar grauer Zugvögel unter der Heller werdenden Himmelsglocks schweben. Begeisterung erfüllt uns. Wir beobachten das Wachsen der dünnen Striche. Das leise Summen schwillt drohender an, dann brausen sie rechts an uns vorbei. Sie sind über dem Wald, ihre starke gleichbleibende Formierung ist eine furchtbare Drohung. Flakwolken stehen wie eine hilflose Antwort weit abseits ihrer Bahn. Sie wenden, kreisen langsam wie spähende Falken über dem Feind, ihr metallisches Gefieder glänzt in den ersten Strah­len der Morgensonne, die ein riesig rotes Rad halb über den Horizont gestiegen ist.

Einer der Bomber löst sich aus der Ordnung, fällt wie ein steiler Strich auf den Wald, fällt immer tiefer. Deutlich hören wir den wachsenden, an den Nerven ziehenden Heulton, ein win­ziger Punkt fällt aus dem Rumpf der stürzenden Maschine. Wie erleichtert schwebt das Flugzeug waagerecht weiter, steigt schräg wieder empor, sucht kurvend den Anschluß an die kreisenden Ge­fährten. Drei, vier Maschinen fallen jetzt zugleich vom Himmel, die anderen suchen ruhig und unerbittlich ihre Ziele. Achtmal stürzt jede Maschine, die platzenden Bomben schicken dumpfe Grüße herüber und die Erde, auf der wir liegen zittert..

Der deutsche Angriff.

Fertig machen", ruft der Leutnant. Längst »chon sind wir be­reit, alle spüren diese gestaute Spannung des ersten Angriffs nach langen Wochen der Äbwehr, die sich löst, als der Leutnant aufspringt und alles Bewegung, Sprung und Lauf wird. Wir wissen, daß in dieser Sekunde mit uns derweiteKreisder Kameraden mit geballter Kraft zur Mitte stößt, jetzt mit uns über das Niemandsland zwischen den Fron­ten flutet und in die feindliche Stellung bricht. Sie werden aus ihren Löchern gejagt, Handgranaten fliegen durch die Schieß­scharten der Bunker, Bolschewisten, die sich ergeben, werden flüch­tig durchsucht und nach hinten gewiesen. Wir stoßen auf eine Feldbahn. Zwei Lokomotiven sind durch eine Bombe vom Gleis geworfen. Eine ganze Waggonreihe steht verlassen da, di« Wa­gen brennen schwelend ab. Auf den anderen liegen Verwundete, die kläglich wimmern, ihre ausgemergelten Köpfe sind erhoben, die Todesangst in ihren Augen springt einen an. Wir durch­queren eine Stelle,^ wo Hunderte von verwundeten Bolsche­wisten zusammengetraffen sind, sie liegen neben Toten im mo­dernden Sumpfwasser, keiner ist bei ihnen geblieben. Der süß­liche Geruch der Verwesung läßt uns einen Augenblick stocken. Tote zählen nichts, Verwundete zählen nichts . . . Der Kom­missar ließ sie zurück.

Verwundete tagelang ohne Pflege, Verwundete ohne Aerzte und ohne Sanitätspersonal dem Ungewissen überlassen. Wir fühlen ein Erschrecken in uns aufsteigen, das zum Haß wird. Wir sehen mitgeschleppte Frauen und Kinder, die das Schicksal des Kessels teilen mußten, zwi­schen den Toten und Sterbenden. Die ganze Qual der gepeinig­ten Kreatur steht in ihren Augen und auf den bebenden Lippen. Die Birkenbäume sind mannshoch entschält, die Totenkopjgesich- ter mit den erloschenen Blicken geben Auskunft: Birkenrinde ist lagelang die einzige Nahrung gewesen und eine braune Brühe, die sie aus ölig glitzernden Lachen schöpfen.

Wir hasten vorbei an diesen Bildern ohne Vergleich, die auf unser Herz fallen wie Steine. Der Leutnant ordnet uns neu, es gehl weiter in das Dickicht, ohne Erbarmen setzen wir ihnen nach. Dann stehen wir auf der Schneide, die das Ziel des ersten Argrifsstages ist. sichern unseren Äbschnitt gegen Las WalLstüch in bas die Reste der zerschlagenen Stoßarmee zusammengetrie- ben sind.

Stunden marschierten wir zurück, stolpern über die Bohlen der Feldbahn, auf oer schon die flachen Loren mit Eßtübeln uno MG.-Munition von unseren Infanteristen geschoben werden, überholen zahllose Gefangene. Viele kriechen entkräftet aus allen Vieren aus dem Höllenwald in die Richtung, die man ihnen zeigte.

Dis Sonne wirft schräge Schatten, als wir verschwitzt mit nassen schmerzenden Füßen unseren Wagen finden. Wir fahren über dis staubige Slraße, die sich in wilden Kurven durch die Landschaft windet. Vor uns erkennen wir zwei, drei Kilometer entfernt, eine vieltausendfüßige braune Schlange, die den Weg emlangkriecht, ohne Äufang aus einem verreckten Tal sichtbar wird, sich wie ein schmutziges Band über einen Hügel schiebt und jenseits ohne Ende in einer Senke verschwindet.

Langsam fahren wir an dem Eiendszug der Gefangenen vor­bei, die noch ihr Leben aus dem zerschlagenen Kessel retteten. Verhungerte Reste einer bolschewistischen Stoßarmee, Trümmer einer Hosfnung, die in Tod und Gefangenschaft endete.

Mngs um Marsa Mmru»i

Das Kampfgelände des neuen Rommel-Sieges

i Mit dem gewaltigen unaufhaltsamen Vorstoß der deutschen und italienischen Truppen über die Grenze der Cyrenaika bis tief hinein in ägyptisches Gebiet wurde die Libysche Wüsten­platte und der Raum um Marsa Matruk zum neuen Schauplatz einer großen Wüstenschlacht. Die Libysche Wüstenplatte ist ein Hochplateau, das südlich des schmalen Küsteustreifens liegt, dessen niedrige Hügel allmählich zu dem Hochplateau von 200 bis 500 Meter Höhe aufsteigem Dicht an der Küste läuft eine Küsten­bahnlinie, die von Sollum nach Älexanvria führt. Hier liegt auf halber Strecke Marsa Matruk, dem sich östlich der Golf Bu-Schaifa und an ihn wiederum östlich der Golf von Kanais und der Araber-Golf anschließen, an Lessen östlichem Punkte Alexandria liegt. Die Libyghe Wüstenplatte dehnt sich als kahles, meist felsiges Hochland, etwa 200 Kilometer weit nach Süden aus und wird hier von dem tiefgelegenen Sumps- gebiet der Salzwüste begrenzt, die den Namen Kattara- Depression" trägt. Weiter westlich davon taucht aus der Weite des Wllstengebietes die große Oase Siwa auf. Nach Süden geht dann das Gebiet der Libyschen Wüste in das der eigentlichen Sahara über, deren nordöstlichen Teil es bildet.

Die in diesen Tagen niedergekämpfte neue Verteidigungslinie der Engländer, die Wavell-Linie, wie sie früher die Eng­länder nannten, erstreckt sich von Marsa Matruk in etwa 70Kil» meter Länge nach Süden bis Kattara, wo sich das Hochland zur sogenannten Kattara-Senke neigt, einer an Salzseen und Sümpfen reichen Niederung. Durch die Kattara-Senke führt vonl Osten eine der großen Wüstenstraßen nach Südwesten zur Oas^ Siwa. Am Nordrande der Salzwüste berührt die Straße die Oase Gura, die als Kreuzungspunkt zweier großer Verbindungs­straßen von Bedeutung ist.

Welche Entfernungen in den letzten Tagen von den deutsche» und italienischen Truppen zurückgelegt worden sind, läßt sich an einigen Vergleichen ermessen. Die Entfernung von den Äus« gangsstellungen westlich Tobruk bis zum jetzigen Kampfraum um Marsa Matruk beträgt rund 500 Kilometer, was etwa der Entfernung BerlinDüsseldorf entspricht. Die Küstenlinie vo» Marsa Matruk bis Alexandria mißt etwa 300 Kilometer.

Der^ Kampfraum südlich ^von Marsa Matruk trägt vollständig!