Amts- und Anzeigeblatt strr den Oberamtsbezirk Calw.
Nr. 211.
90. Jahrgang.
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Freitag, den 10. September 1315.
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Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
Erfolgreich im Osten und Westen.
Die Verfolgungskämpfe im Zentrum der Ostfront nehmen trotz des zähen Widerstandes des Feindes täglich einen bemerkenswerten Fortgang. Oestlich von Grodno, nördlich des Njemen marschieren unsere Truppen gegen Skidel vor, im Süden des Flußlaufes, östlich von Wolkowisk, wurde der Feind gezwungen, hinter die Zelwianka, einen linken Nebenfluß des Njemen, zurückzugehen. Die an den rechten Flügel der Hinden- burgarmee sich anschließenden Heeresgruppen Prinz Leopold von Bayern und Mackensen haben jetzt den JasrolLaabschnitt in seiner ganzen Ausdehnung von Rushany (Rozana) bis Chomsk erreicht. Auch im Südosten sind gewaltige Fortschritte erzielt worden. Die russische Front nördlich von Olyka ist durchbrochen worden, und der zweite Stützpunkt des wolhynischen Festungsdreiecks, Dubno, ist genommen worden. Durch diesen Erfolg wird nun auch die letzte Festung, Rowno, unmittelbar bedroht, denn unsere Verbündeten greifen nun von Norden und Westen gleichzeitig an. Während am Oberlauf des Sereth unsere Truppen über die russische Grenze vorgestoßen find, haben Heeresverbände der Verbündeten am Mittellauf des Flusses bei Tram- bowla die hier einen Gegenstoß führenden Russen zurückgeschlagen.
Freudige Kunde vernahmen wir gestern wieder von der Westfront. In den Argonnen, in denen besonders auch unsere engeren Landsleute in den letzten Monaten heldenmütige Kämpfe durchgesührt hatten, und jede Gelegenheit zu einer aktiven Defensive benützt hatten, haben unsere tapferen Feldgrauen wieder einmal einen schönen Erfolg erzielt, dessen Umfang schon an der bedeutenden Siegesbeute, 2000 Gefangenen und 48 Maschinengewehren ersichtlich ist. Ein französischer Stützpunkt, der als unbehaglicher Borsprung gegen die deutsche Linie eingestellt worden war, konnte genommen werden, sodaß man jetzt wieder eine parallele Linie mit dem Feinde in dieser Gegend hat. Der französische Bericht mußte sich angesichts der nicht zu verheimlichenden französischen Niederlage zu folgendem verschämten Geständnis aufraffen: „Im Westteil der Argonnen machten die Deutschen Mittwoch vormittag nach einer heftigen Beschießung unter ausgiebigem Gebrauch von Geschossen mit erstickenden Gasen einen von zwei Divisionen unternommenen Angriff. Sie faßten an einigen Stellen in unseren vorgeschobenen Schützengräben Fuß. Infolge unserer heftigen Gegenangriffe scheiterte ein neuer Versuch, unsere F«nt zu LurWrcchen." Die Franzosen glaubten demnach wohl an einen deutschen Durchbruchsversuch großen Stils, aus den sie aber wohl noch eine Zeitlang werden warten müssen. Man könnte eigentlich über diese französische Befürchtung erstaunt sein, denn allerlei geheimnisvolle Andeutungen und Vorbereitungen lassen daraus schließen, daß wieder einmal etwas „Großes" im Westen vorgenommen werden soll. Ob man mit einem Zusammenarbeiten der französische«. englische« und italienischen Heere rechnet? Der Besuch Zoffres an der italienischen Front, der Kriegsrat in Calais, und nicht am wenigsten die italienischen und französischen Truppenansammlungen an der schweizerischen Grenze, über deren Charakter gegenüber der Schweiz man sich eigentlich nicht recht klar werden kann, weisen auf diese Möglichkeiten. Nun, die verbündeten Truppen im Westen und Südwesten find auch aus solche Pläne gefaßt, und werden den kombinierten Angriffen der feindlichen Westmächte ebenso zu begegnen wissen, wie sie es den Einzelangriffen gegenüber bisher kn so meisterhafter Weise getan haben.
0. L.
Die deutsche amtliche Meldung.
(WTB.) Großes Hauptquartier, 9. Sept. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. In den Argonnen brachen gestern nordöstlich von Vienne le Chateau unsere wiirttembergischen und lothringischen Regimenter zum Angriff vor. Die von der Artillerie vortrefflich unterstützte stürmende Infanterie setzte sich auf einer Frontbreite von über 2 Kilometer und einer Tiefe non 3—SVK Meter in den Besitz der feindlichen Stellungen und mehrerer Stützpunkte, darunter des von den Franzosen vielgenannten Werkes Marie Therese. 30 Offiziere, 1998 Mann wurden gefangen genommen. 48 Maschinengewehre, 54 Minenwerfer und 1 Revolverkanone erbeutet.
Während der Nacht von vorgestern zu gestern wurden in London die Docks und die sonstigen Hasenanlagen und deren Umgebung ausgiebig mit Spreng- u. Brandbomben belegt. Die Wirkung war recht befriedigend. Unsere Luftschiffe find trotz heftiger Beschießung ohne jeden Schaden zurückgekehrt. Deutsche Flugzeuggeschwader griffen Nancy an.
Oestlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe des Eeneralfeldmarschalls v. Hindenburg: Bon der Ostsee bis östlich von Olika keine wesentliche Veränderung. Zwischen Zasior und dem Njemen wehrt sich der Gegner hartnäckig. Unsere Truppen nähern sich Kkidel. Südlich des Njemen entzog sich der Feind der Niederlage durch Rückzug hinter die Zelwianka. Auf dem Westuser halten nur noch Nachhuten. Die Heeresgruppe machte 3850 Gefangene und erbeutete 10 Maschinengewehre.
Heeresgruppe de» Eeneralfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern: Auch hier ist die Zelwianka an den meisten Stellen unter Kämpfen mit feindlichen Nachhuten erreicht. Südlich von Rozana ist der Ueber- gang über die Rozanka erzwungen. Oesterreichisch- ungarische Truppen gingen weiter durch den Wald nordöstlich von Sielec vor.
Heeresgruppe des Eeneralfeldmarschalls v. Mak» kensen: Bei Chomsk ist das Nordufer der Jasiolda gewonnen. Durch unser Vorgehen nach Norden gezwungen, räumte der Gegner seine Stellung bei Bereza —Kartuska. Zwischen dem Skorowskisee und dem Dnjepr-Bugkanal haben wir weiter Boden gewonnen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz. Der südlich von Ostrow über den Sereth vordringende Feind ist auf seinem Nordflügel zurückgeworfen.
Oberste Heeresleitung.
Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.
(WTB.) Wien, 9. Sept. Amtliche Mitteilung vom 9. Sept. mittags: Russischer Kriegsschauplatz. Unser Angriff in Wolhynien schreitet fort. Gestern wurde die russische Front nördlich von Olyka durchbrochen. Dubno, der zweite Punkt des wolhynischen Festungsdreiecks, ist genommen. Zn die Stadt ist gestern nachmittag österreichische Landwehr-Kavallerie eingerückt. Die flußaufwärts liegenden Sperrforts find in unserem Besitz. Die Armee des Generals Boehm-Er- molli ist an die obere Zkwa und über Rowo Aleksiniec vorgedrungen. Die russischen Kräfte, die im Raume westlich von Trembowla über den Sereth vorgebrochen find, wurden größtenteils wieder zurückgeworfen. Zn den Kämpfen, die hie« gegen feindliche Ueberzahl statt- fa«d»», griffe« deutsche Eardebataillone unter dem Oberste« von Le« besonders erfolgreich ein. Am uutereu Sereth und am Dnjestr herrschte verhältnismäßig Ruhe. Bei der gestern berichtete« Eroberung der seindliche« Stellungen von Nowosiolika-Kostiukow« hatte i« Kampf zu Fnß die von Feldmarschallentnant Br »der
ma nn geführte Kavallerie hervorragenden Anteil. Von den im Zasiolda-Gebiet kämpfenden österreichisch-ungarischen Streitkräften gewannen Teile die Gegend von Michalin südlich von Rozany.
Italienischer Kriegsschauplatz. Die allgemeine Ruhe hält an. Im Raume von Schluderbach vertrieben unsere Truppen schwächere feindliche Abteilungen, die gegen unsere Popena-Stellung oorfühlten, durch Feuer. Ebenso wurden zwei italienische Kompagnien, die im Paralba-Eebiet einen unserer Stützpunkte angriffen, zurückgeschlagen und feindliche Patrouillen die den Monte Ciadenis ersteigen wollten, abgeschossen.
Erfolgreiche Zeppelinangriffe gegen England.
(WTB.) Berlin. 9. Sept. (Amtlich.) Unsere Ma- rineluftschiffe haben in der Nacht vom 8. auf 9. September den Westteil der City von London, ferner große Fabrikanlagen bei Norwich, sowie die Hasenanlagen und Eisenwerke von Middlesbrough mit gutem Erfolg angegriffen. Starke Explosionen und zahlreiche Brände wurden beobachtet. Die Luftschiffe wurden von den feindlichen Batterien heftig beschossen. Sie find sämtliche wohlbehalten zuriickgekehrt.
Der stello. Chef des Admiralstabs: gez. Behncke.
London, 10. Sept. Das Pressebureau teilt mit: Beim letzten Zeppelinangriff aus die östlichen Grafschaften und den Londoner Bezirk wurden 20 Personen getötet, 14 schwer verwundet und 72 leicht verletzt. Alle find Zivilpersonen mit Ausnahme von 4 Soldaten, von denen einer getötet und 3 verwundet wurden.
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Der Erfolg in den Argonnen.
Genf, 0. Sept. Dem „Lokalanz." wird von hier gemeldet: Nach der Rückkehr in sein Hauptquartier erkundigte sich Ioffre sofort nach dem Stand im Argonnen- Abschnitt. Von den Nachrichten des dortigen Befehlshabers Humbert zeigte sich Ioffre wenig befriedigt. General Humbert konnte, obschon die vorbereitende deutsche Aktion seit mehreren Tagen seine Aufmerksamkeit erregte, nicht verhindern, daß gestern in den ersten Vormittagsstunden einige der stärksten während der letzten Wochen im westlichen Argonnenwalde zum. Schutze der vielgenannten Hauptstützpunkte errichteten französischen Befestigungen von der unwiderstehlich vorstürmenden deutschen Infanterie nach ausreichender artilleristischer Vorbereitung genommen wurden. Alle Versuche Humberts, dem Gegner den Gewinn zn entreißen, blieben erfolglos. Humbert beschränkte sich auf die Trostmeldung an Ioffretz „Es ist den Deutschen nicht gelungen, unsere ganze Front zu durchbrechen."
(WTB.) Berlin, lS. Sept. lieber den neuen siegreichen Angriff wird dem „Berl Tageblatt" unter dem 8. Sept. aus Cornay gemeldet: Die unter der Führung des Generals v. Mudra stehenden Truppen haben heute abermals einen großen Erfolg errungen. Die Zahl der Gefangenen und der eroberten Maschinengervehre wächst von Stunde zu Stunde. Es handelte sich darum, die in unsere Linie bogenförmig vorspringende Stellung des Feindes über Hubertusrücken. Charmebachtal und Houyettemulde, das sogenannte Werk Marie Therese, einzudrücken. Der Feuerangriff war auf 8 Uhr morgens angesetzt, der Sturm auf 1l Uhr.
Die russische Nordarmee.
Berlin. 9. Sept. Die „Nat.-Zeitg." meldet von de» russischen Grenze . In den letzten Tagen wurde der Privateisenbahnverkehr von Petersburg nach dem Westen vollständig gesperrt. Ununterbrochen, besonders nachts, passieren lange Eisenbahnzüge die Stationen der in