Frage kommenden Bahnen. So weit wahrnehmbar, sind die Züge besonders mit Artilleriematerial beladen. Auch zahlreiche Jnfanteriekörper wurden zur kurländischen Front abgeschoben. Zn Petersburg nimmt man an, daß die verhältnismäßig in gutem Verband stehenden Truppen der Rordarmee zunächst feste Defensivste!, lungen einnehmen werden, um dann im geeigneten Augenblick zur Offensive überzugehen. Neuerdings trafen mit der transsibirischen Eisenbahn zahlreiche Ee- schütztransporte in Moskau ein, die sofort nach Minsk weiterbefördert wurden. Es handelt sich in der Hauptsache um Geschütze schwersten Kalibers und Vallonab- wehrkanonen. Es ließ sich nicht feststellen, ob die Transporte aus Wladiwostok oder aus Japan kamen.
Das Abflauen der italienischen Offensive.
Frankfurt, 9. Sept. Aus Lugano wird der „Franks. Zeitung" gemeldet: Der Stillstand der italienischen Offensive im Sextenertal wird vom „Corriere della Sera" in einer Anwandlung von Aufrichtigkeit damit erklärt, daß sich die österreichischen Verteidigungswerke gegen die Angriffe viel stärker erwiesen hätten, als selbst nach langen Beobachtungen angenommen worden sei. Die Fortsetzung des Angriffs würde nur ein un, nutzes Opfer bedeuten. Infolgedessen trete eine Pause ein und es werde die Belagerungstaktik angeordnet.
Berlin, 9. Sept. Aus dem k. und k. Kriegspressequartier wird der „Nationalzeitung" gemeldet: Die Angriffe der Italiener an der Jsonzofront haben in den letzten Tagen nicht nur an Heftigkeit, sondern auch an Einheitlichkeit nachgelassen. Nachdem sich auch der Tol- meiner Abschnitt als undurchbrechbar erwiesen hat, löst sich nun die italienische Offensive in kleine Einzelunternehmungen auf, in sogenannte methodische, d. h. belagerungsmäßige Angriffe mit schrittweiser Annäherung in Zickzack-Linie. Auch die Heftigkeit des Artilleriefeuers hat sich gemäßigt, wenngleich auf italienischer Seite noch immer überreichlich Munition verbraucht wird.
Der Seekrieg.
Deutsche V-Boote ander Westküste Fra nkreichs.
(WTB.) Basel, 9. Sept. Nach einer Pariser Meldung des „Corriere della Sera" macht die Tatsache, daß die deutschen Tauchboote jetzt auch im Bereiche der französischen Schiffahrtslinien operieren, in Marinekreisen großen Eindruck. Bisher seien sie nur bis zur Insel Queßant gekommen, aber nun tauchen sie auch im Atlantischen Ozean bis zur Eirondemündung auf, wo sie bereits drei Dampfer versenkt hätten.
(WTB.) Bordeaux. 9. Sept. (Agence Havas.) Der Dampfer „Bordeaux" hatte Saffi am 2. Sept. verlaßen und befand sich am 7. Sept. um 5 Uhr morgens 18 Meilen vom Kab Coubre, als ein Kanonenschuß auf ihn abgefeuert wurde. Der Kapitän befahl, mit Volldampf weiter zu fahren, aber das Unterseeboot setzte das Feuer fort, wobei der ^Dampfer von drei Granaten getroffen wurde. Das Unterseeboot manövrierte, um das Schiff von der Seite zu faßen und eine Granate drang unter der Waßerlinie ein. Der Dampfer „Bordeaux" begann sich nach Steuerbord zu legen. Der Kapitän ließ jetzt drei Rettungsboote zu Waßer, worin die Besatzung Platz nahm. Das Unterseeboot näherte sich und stellte sich quer vor den Dampfer, den es dann torpedierte. Das Schiff neigte sich nach Backbord über und ging unter, da es ein ungeheures Leck erhalten hatte. Das Unterseeboot blieb an der Stelle, bis der Dampfer „Bordeaux" untergegangen war und verschwand sodann nach Norden. Das Unterseeboot hatte keine Flagge gehißt, war grau angestrichen und hatte weder ein Abzeichen noch eine Nummer. Die Besatzung des Dampfers die die größte Kaltblütigem gezeigt hatte, wurde von einem anderen Dampfer ausgenommen und in Royan gelandet.
Englische Seekriegführung.
(WTB.) London, 9. Sept. „Daily News" meldet aus Plymouth: Der Kapitän eines mit Geschützen bewaffneten Fischdampfers wurde vom Kriegsgericht zur Dienstentlaßung verurteilt, weil er nicht die äußerste Anstrengung gemacht hatte, sein Schiff gegen ein Unterseeboot in Aktion zu bringen. Der Fischdampfer befand sich auf Patrouille, als er Schüße hörte. Er fuhr acht Meilen in der Richtung des Eeschützfeuers und sichtete einen Dampfer, ein Unterseeboot und drei mit der Bemannung des Dampfers besetzte Rettungsboote. Der Kapitän des Fischdampfers wollte die Boote ins Schlepptau nehmen, wurde aber von den Znsaßen gebeten, wegzufahren, damit nicht das Feuer des Unterseebootes sie selbst treffe. Der Fischdampfer änderte den Kurs und kehrte- nach einer halben Stunde zurück. Er fand den Dampfer gesunken. Das Unterseeboot war verschwunden. (Wir wollen angesichts der verschiedent- lichen Feststellungen bewaffneter Handelsdampfer sehen, was die amerikanische Regierung bezüglich der letzten Torpedierungen zu sagen weiß.)
Amtliche Bekanntmachungen.
An die Herren Ortsvorsteher!
Der in Vollzug des oderamtlichen Erlaßes vom 31. Aug. 1915 — Calwer Tagblatt Nr. 202 —, betreffend
Verfügung der Landesgetreidestelle und der Landesfuttermittelstelle über die Anzeige ausgedroschenen Getreides vom 27. Aug. 1915, auf 10. Sept. ds. Is. zu erstatten gewesene Bericht ist erst auf 20. September ds. Is. eiuzusenden.
Auteruehmerkarten, sowie Vordrucke zu Anzeigen der gedroschenen Getreidemengen gehen den Schultheißen» ämtern noch im Laufe dieser Woche zu.
Talw, den 10. September 1915. _ K. Oberamt: Binder.
K. Oberamt Cal».
Auf die im „Staatsanzeiger" Nr. 210 erschienene Bekanntmachung des K. stellv. Generalkommandos des XIll. (K. W.) Armeekorps vom 7. ds. Mts., betreffend
Umbildung oder Verarbeitung von Beutestücken und Munitionsteilen,
werden die beteiligten Kreise hiemit hingewiesen.
Der „Staatsanzeiger" kann bei den Herren Ortsvorstehern eingesehen werden.
Den 9. September 1915.
Regierungsrat Binder.
Maul- und Klauenseuche.
In Bondorf, OA. Herrenberg, ist die Maul» und Klauen» seuche erloschen.
Die oberamtlicheu Anordnungen vom 14. Angust 1915 — Calwer Tagblatt Nr. 189 — sind aufgehoben.
Calw, den 8. September 1915.
K. Oberamk: Binder.
Bulgarien.
(WTB.) Wien, 9. Sept. Die Südslawische Korrespondenz meldet aus Sofia: Das Organ der bulgarischen Regierung, „Narodni Prava", veröffentlicht eine Erklärung über die Lage, die in politischen Kreisen das größte Aufsehen erregt und sehr lebhaft erörtert wird. Es heißt darin: Sobald alle Mittel einer friedlichen Verständigung versagen, sieht sich ein Staat, der eine nationale Selbstbestimmung erreichen will, gezwungen, die bewaffnete Macht anzuwenden. Für die bulgarische Oeffentlichkeit wird es immer klarer, daß unsere ehemaligen Verbündeten um nichts in der Welt aufhören werden, das unglückliche Mazedonien zu knechten, solange die bulgarische Macht nicht zu Worte kommt. Der bulgarischen Regierung, die alle Mittel, selbst jenes der direkten Einmischung der Ententemächte zur Erreichung einer Verständigung unter den Balkanstaaten erschöpfte, bleibt nur noch übrig, sichere und wirksame Mittel zu suchen, um die nationalen bulgarischen Ideale, für die Tausende geopfert wurden, zu verwirklichen. Die „Südslawische Korrespondenz" meldet aus Sofia: Das Regierungsorgan „Echo de Bulgarie" veröffentlicht folgende Mitteilung: Der bulgarische Gesandte in Nisch, Tschapraschikow, unternahm bei der serbischen Regierung eine Demarche, um wegen der unwürdigen Sprache und Angriffe verschiedener Organe der serbischen Presse gegen die Person des Königs von Bulgarien Vorstellungen zu erheben.
Bulgarische Zuversicht.
(WTB.) Sofia, 9. Sept. Nach Meldungen hiesiger Blätter hat sich Ministerpräsident Radoslawow einer Abordnung von Sobranjemitgliedern gegenüber dahin geäußert, daß die Beziehungen Bulgariens zur Türkei ausgezeichnete seien. Bulgarien sei faktisch bereits im Besitz der Bahnlinie nach Dedeagatsch. Die türkisch-bulgarische Grenze verlaufe entlang dem Tundscha- fluß bis Karagatsch, das Bulgarien zufalle, dann bis Ioflu, 2 Kilometer östlich der Maritza von Toflu bis Enos am linken Maritzaufer. Die Stellung des Ministeriums sei sehr fest. Es rechne auf die Vaterlandsliebe seiner politischen Gegner, insbesondere die Bauern- bündler, und beabsichtige nicht, die Sobranje aufzulösen. Radoslawow glaubt nicht an ein gemeinsames Vorgehen Serbiens, Rumäniens und Griechenlands gegen Bulgarien. Falls Bulgarien kämpfen müße, werde es dies nur auf einer Front zu tun zu brauchen.
Bulgarische Manöver.
Mailand, 9. Sept. Der „Sera" erfährt aus Rom, daß große Manöver des valgarischen Heeres begonnen haben, die sich nvweit der serbische« und der griechischen Grenze abspielen.
Amerika.
Der Fall Dumba.
(WTB.) London, 9. Sept. (Reuter.) „Newyork Tribüne" erklärt: Als Botschafter Dumba seiner Regierung vorschlug, österreichisch-ungarische Untertanen dazu zu bewegen, ihr« Arbeit in den Munitionsfabriken ein
zustellen, hatte Graf Bernstorss bereits eine ähnliche Arbeit unter den Deutschen begonnen. Vor mehr als Monatsfrist erhielten die deutschen Munitionsarbeiter Mitteilung, daß eine derartige Arbeit das deutsche Gesetz verletze und die, die damit fortfahren würden, die Folgen zu tragen hätten, während denen, die davon abließen, geholfen werden würde. Zn den Zeitungen des ganzen Landes wurden Anzeigen veröffentlicht, in denen die Deutschen aufgefordert wurden, solche Arbeitsstätten zu verlaßen und ihnen, wenn sie die Arbeit niederlegen, Geld und gute Stellen in „friedlichen Industrien" versprochen wurden. — Hätten die Herren Engländer im gegebenen Fall wohl anders gehandelt?
Wilson bei Lansing.
(WTB.) London, 9. Sept. Das „Reutersche Bureau" meldet aus Washington: Präsident Wilson besuchte gestern das Staatsdepartement, wo er eine Unterredung mit Lansing hatte. Zn Regierungskreisen wird dem Besuch, der nicht vorher angekündigt worden war, besondere Wichtigkeit beigelegt. Es bestehe dafür kein Präzedenzfall außer dem Besuche, den Mc Kinley dem Staatssekretär Hay abstattete. (Man merkt die Absicht Reuters und — lächelt.)
Eine deutsche Erklärung zum „Arabic"-Fall.
Rotterdam, 9. Sept. Die „United Preß" meldet laut „Lokalanz.", daß die deutsche Note an die Vereinigten Staaten über die Versenkung des Dampfers „Arabic" sich auf die Erklärung des deutschen U-Voots- kommandanten beruft, daß er Grund gehabt habe zu der Befürchtung, die „Arabic" würde sein Boot ramme«. Deshalb habe er in Selbstverteidigung das Torpedo gegen ffe abgeschoßen.
Ausbau der amerikanischen Flotte.
Berlin, 9. Sept. Aus Kopenhagen wird der „Nationalzeitung" gemeldet: Der Korrespondent der „Daliy News" in Washington meldet, daß in einer Konferenz zwischen Wilson, dem Marineminister und dem Kriegsminister ein nationales Berteidigungsprogramm ausgestellt wurde, das die Bereinigten Staaten in die erste Reihe der großen Seemächte stellen soll. Man will die amerikanische Flotte auf die gleiche Höhe mit der englischen bringen. Der Marineminister machte den Vorschlag, 2V neue Dreadnoughts, eine große Anzahl Kreuzer und eine Menge großer Unterseeboote zu bauen.
Don unseren Feinden.
Die Verblendung der englischen Arbeiterschaft.
(WTB.) London, 9. Sept. Der Gewerkschaftskongreß in Bristol hat mit 600 gegen 7 Stimmen eine Resolution angenommen, in der er sich verpflichtet, die Regierung so viel wie möglich zu unterstützen, um den Krieg mit Erfolg fortsetzen zu können. Das Mitglied des Unterhauses, Seddon, erklärte, der Krieg sei gerecht, wenn auch nur 10 Prozent der Berichte über die Unmenschlichkeit, Habsucht und Zerstörungswut der Deutschen wahr seien. Kapitalistisch sei der Krieg nicht.
(WTB.) London, 9. Sept. (Reuter.) Die Versammlung des Sozialistisch-Nationalen Verteidigungsausschußes in Bristol nahm eine Entschließung an, worin die unloyalen Umtriebe der kleinen nichtrepräsentativen Gruppe pazifistischer Fanatiker verurteilt und alle Friedensvorschläge zurückgewiesen werden, durch die nicht die Freiheit Belgiens, Nordfrankreichs, Elsaß-Lothringens (?) und Polens hergestellt wird. Das Mitglied des Unterhauses, Hodge, der den Vorsitz führte, sagte, Ramsay Macdonald habe erklärt, daß trotz allem Geschehenen eine Abordnung zur internationalen sozialistischen Konferenz nach dem Kontinent entsendet werden sollte. Seiner Ansicht nach sollten die Gewerkschaften derartige Mitglieder aus der Partei ausschließen.
Was sagt Herr Liebknecht zu seinen englischen Genossen? Diese Herren haben es ruhig mit ihrem internationalen Arbeitergewißen vereinbaren können, daß ihre Regierung die Burenrepubliken unter Anwendung schändlichster Mittel unterjochte, daß sie Aegypten annektierte und ganz Indien unter Gewaltherrschaft hält. Sie haben auch nichts gegen die Schändlichkeit der Regierung ihres Bundesgenossen einzuwenden, von der sie wißen, daß sie alle fremdsprachigen Elemente und die Juden in gemeinster Weise behandelt. „Der Krieg ist gerecht." Unter diesem scheinheiligen Schlagwort haben die Engländer seit Jahrhunderten ihre Raubzüge und ihre Unterdrückungspolitik geführt, und wie wir sehen, ist diese Heuchelei nicht nur ein Erundzug der englischen Diplomatie, sondern eine angeborene politische Eigenschaft des ganzen englischen Volkes, die wir mit allen Mitteln zu bekämpfen haben werden. (Die Schrift!.)
Der Gewerkschaftskongreß gegen die Wehrpflicht.
(WTB.) London, 9. Sept. Die gestrige Debatte im Gewerkschaftskongreß in Bristol über die Wehrpflicht dauerte 114 Stunden. Die Redner sprachen sich einstim-