Scile 3

Nr. 243

Die Wolga

DNB Berlin, 16. Okt. Bei den Nachrichten, daß deutsche Trup­pen bereits an der Wolga kämpfen, muß man sich vor Augen halten, daß es sich vorerst um den Oberlauf des Riesen­stromes handelt, der mit seiner Länge von 3694 Kilometern Len Rhein fast dreimal übertrifft. Verglichen mit der Wolga ist sogar noch der nächstgroße Fluß diesseits des Ural, der 2150 Kilometer lange Dnjepr, klein zu nennen.

Die Wolga erreicht bereits vor Twer, dem heutigen Kalinin, eine Breite von 130 Meter bei etwa 2 Meter Tiefe und nimmt M Kilometer weiter ostwärts von dieser Stadt den Kanal auf, der von Süden her Moskau mit der Wolga verbindet. Dann wendet sich der ständig anschwellende Strom noch weiter nach Norden, als wenn er sich einen Ausweg zum Weißen Meer bah­nen wolle. Zwischen Steilhängen biegt er dann aber kurz vor Äybinsk wieder scharf nach Osten ein, um nun in einem großen Logen, vorbei an Jaroslawmyin, Eorkij und Samara, dem heu­tigen Kuibyschew, in der Richtung nach Süden einzuschwenken.

Das Wesentliche an der Wolga ist, daß sie auf dieser Strecke die große Verkehrsachse der Sowjetunion von Norden nach Süden bildet. Man hat auch versucht, den Oberlauf für größere Schiffe zugänglich zu machen, doch war dieser Plan nicht in vollem Umfange zur Verwirklichung gelangt, als der Krieg ausbrach.

Die Seewege nach der Sowjetunion

Von den Meeren abgeriegelt

NSK. Die strategische Lage der sowjetischen Seewege ist sehr ungünstig. Nirgends stößt die russische Küste an das offene Meer, überall an abgeschlossene Nebenmeere oder an Randmeere, die durch andere Mächte blockiert werden können. Im Weltkrieg be­herrschte die deutsche Flotte die Ostsee und blockierte dort erfolg­reich die russische Schiffahrt. Seit der Skagerrakschlacht konnten die Engländer nicht mehr wagen, durch die Ostsee hindurch, den russischen Freunden zu Hilfe zu eilen. Das Schwarze Meer wird ron den Meerengen abgeschlossen. Hier konnte die deutsch-tür­kische Verteidigung die englischen Angriffe bei Eallipoli unter schwersten Verlusten der Briten erfolgreich Zurückschlagen. Auch hier blieb also ein Durchbruch versagt.

Heute ist die Lage ähnlich wie im Weltkrieg. Die Ostsee ist wiederum für den sowjetischen Schiffsverkehr unbenutzbar ge­macht Die Murmanbahn ist durch deutsche und finnische Flieger schon an mehreren Stellen unterbrochen worden. Deut­sche See- und Luftstreitkräfte stören im nördlichen Eismeer überdies den sowjetischen Seehandel. Auch hier also ist die Sow­jetunion von ihrem westlichen Bundesgenossen abgeschlossen.

Der Weg durch die Meerengen und durch das Schwarze Meer ist für die Briten seit dem Verlust Griechenlands ver­schlossen. Die vereinigten Streitkrsifte der Achsenmächte haben durch die Besetzung der griechischen Inseln und Kretas praktisch die britische Flotte aus der Aegäis verdrängt. Heute erkennt man erst die ganze Bedeutung der Eroberung Kretas, weil da­mit den Briten der Zugang zu den türkischen Meerengen und damit ins Schwarze Meer versperrt wurde. Die Herrschaft der Achsenmächte im Äegäischen Meer bedeutet gleichzeitig die Kon­trolle über die Meerengen und die Abjchließung des Schwarzen Meeres. Auch hier also kann England Moskau nicht zu Hilfe eilen.

Der noch bleibende Weg über die Sibirische Bahn ist lang und beschwerlich. Für britisches Kiregsmaterial kommt er über­haupt nicht in Betracht, weil der Schiffsraum fehlt, um die Waren erst nach Wladiwostok zu befördern. Für amerikanische Waffenlieferungen ist der Weg über Wladiwostok freilich der gegebene, aber er hat, abgesehen von den Mängeln der Bahn, den Nachteil, daß er durch japanische Gewässer hindurchführt.

Zur Entlastung des sibirischen Weges suchten London und Moskau nach einer neuen Verbindung untereinander, um den Sowjetwiderstand zu verlängern. Der brutale lleberfall der bei­denGroßräuber des Meeres und der Steppe", wie der eng­lische Geograph Mackinder England und Rußland nannte, auf 2ran kam daher nicht überraschend. Er ist das Eingeständnis

MM

vk»escii->rec.orLLcnorr ounc« vckrt§c,oLx/tk E>5ren.tvck0/w

12 . Fortsetzung.»

Auch der zweite Sohn, den die Mutter nicht dem Him­mel vermacht hatte wie den Erstgeborenen, war früh vom Moorhof abgcwandert. Ein Prachtbnrsch war der Stefan gewesen, rank nnd sehnig, aber auch damals schon den vollen Fässern zugetan den gleichen Fässern, die er heute über Land zu den Wirten fuhr. Jeden Sonntag hatte er vom Vater Geld gefordert. Breitbeinig war er m der Stube gestanden, das moorbraune Gesicht voll Trotz. Meist hatte der Vater schweigend gegeben. Einmal war die Walp dabei in ein jähes Mitleid verfallen, als stü die Hände des Vaters gesehen hatte, ein paar Geldstücke aus dem Beutel kramend. Auch Hände können sorgen­voll dreinschauen, hatte die Walp gedacht. Und diese zer- m beiteten Hände mit den breitgestoßenen Fingerkuppen, mese Hände mit den schwarzen Rillen und Nagelrändern, me wieder ganz zu einem Stück Natur geworden waren, vauh und hart wie Baumrinde, hatten ein wenig ge- Zütert. Die Walp hatte es deutlich gesehen. Angst hatten vufe Hände vor dem Sohn gehabt, den sie nicht mehr zu- A stellen konnten,- denn alles, was sie gaben, war oem L-tefan zu wenig.

Emen Moorhof muß man trockenlegen, den dar man nicht mit Bier begießen, er schwimmt ohnehin z» hatte der Vater einmal in seiner stille» Ä» gesagt. Aber achselznckend war der Sohn gegangen ^ eines Tages für in» in er ging, hatte der Moor n»i!»5E^"en Blick und kein Wort mehr an den Fahnen inl» gen verschwendet. Der Sohn war auf der Birken .lEgewandert, weit, bis zu jenem fernblaue» Osten, der die Erde vom Himmel schied, ähnliö des Meeres. Nach einer Weile war de hmterdrein gegangen, aber nur bis zur siebente» geblieb ^ Totenbrett trug. Dort war er stehen

verloren?" hatte die Walp gefragt, die eine, sie Grunfutter dem Haus zuschob. Der Vater hakt nur angesehen und nichts gesagt. Hatte sie angesehei

Lchwarzuimde. Lag«szert«»g

üer britischen Ohnmacht im östlichen Mittelmeer und an den Meerengen. Da man dort nicht durchkonnte, wählte man den Weg über Iran, um an diesem schwachen Punkt die nötige Ver­bindung herzustellen, wobei man gleichzeitig vorteilhaft dis Hand auf das iranische Oel legen konnte. Das unmittelbare An­griffsziel war die t r a n s i r a n i s ch e Bahn, die den Hafen Vender-Schahpur am Persischen Golf und den Hafen Bender- Schah am Südostufer des Kaspischen Meeres verbindet. Außer­dem besteht noch eine Bahn von der sowjetischen Kaukasusgrenze nach Täbris. Die Linie zwischen Täbris und Teheran ist dagegen noch nicht fertiggestellt. Wenn auch eine gewisse Verkehrsmög­lichkeit auf der eingleisigen transiranischen Bahn zwischen Eng­land. und der Sowjetunion besteht, so kann sie doch nicht als ein ausreichender Ersatz für die verschlossenen Verkehrswege ange­sehen werden. Die zweimalige Umladung, die notig ist, trägt nicht dazu bei, den Verkehr zu erleichtern.

Neben Alexandrien wird nun auch Bender-Schahpur zum Stapelplatz und Versorgungszentrum der britischen Streitkräfts im Nahen Osten. Die Gewässer um Arabien erhalten damit eine steigende Bedeutung. Die Verlängerung der Trans­portwege wird im übrigen eine weitere Verschärfung der Lritisch-amerikcknischen Schiffsraumknappheit mit sich bringen. Der Vorstoß über Iran kann uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß das ganze Mittelmeer für die normale Handelsschiffahrt der Angelsachsen verschlossen, der Suezkanal ausgeschaltet und ein neuer Umweg nötig geworden ist. Die deutsche Strategie zwingt England zu diesen krummen Wegen und Notbehelfen. Auch die Notbrücke über das vergewaltigte Iran wird Moskau vor der völligen Niederlage nicht retten. RDS.

Der italienische Wehrmachtsbericht

Britisches U-Boot versenkt

DNB Rom, 16. Okt. Der italienische Wehrmachtsbericht vom Donnerstag hat folgenden 'Wortlaut:

Das Hauptquartier der Wehrmacht gibt bekannt:

In Nordafrika Gefechte an der Tobrukfront, die für un­sere Truppen günstig verliefen. Motorisierte feindliche Einhei­ten wurden von unserer Artillerie unter Feuer gnommen. Die Luftwaffe bombardierte Befestigungen und Barackenlager von Tobruk.

In Ostafrika wurde ein Ueberrumpelungsversuch gegen unsere Stellungen von Ualag (Gondarj) glatt abgewiesen. Der Feind erlitt beträchtliche Verluste. Abteilungen der Stellung von Culquabert verstreuten feindliche Trupps, die versuchten, sich unseren Wasserversorgungsanlagen zu nähern, um sie zu be­schädigen, und fügten dem Feind Verluste zu.

Im Mittelmeer wurde ein britisches U-Boot von unseren U-Vootjiigern versenkt.

Britische..Slrafexpedilionen" in Syrien

Ankara, 16. Okt. Aus dem Aufstandsgebiet in Nord- ostsyrien kommen Meldungen über britische Strafexpedi­tionen gegen Ortschaften, deren Bevölkerung den Aufständi­schen Unterschlupf und Hilfe gewährte und sich den britischen Requisitionen durch Verstecken der Eetreidevorräte zu widersetzen suchte. Vor dem britischen Terror flüchtete ein großer Terl der männlichen Bevölkerung der betroffenen Ortschaften über die irakische Grenze in die weiten Gebiete der dortigen Schammer- Stämme, um Unterschlupf zu finden.

Die Südeuphrat st ämme des Irak befinden sich von neuem im Aufstand. Der britische Botschafter in Bagdad hat, um die Stämmezur Ruhe" zu bringen^ ihre Notabsln in eine Falle gelockt und als Geiseln nach Bagdad bringen lassen. Zur Unterdrückung des Aufstandes wurden zehn britische Voinber ein­gesetzt, die die Dörfer und Städte bombardierten.

Nach einer weiteren Meldung ist der britische Hauptmann I. F. Witian, der irn Sindobad-Hotel in Bagdad amtierte, mit Wunden bedeckt tot am Tigris-Ufer aufgefunden worden. Die Untersuchung läuft zur Zeit noch.

.. -. . .. . . . > »

15g 900 Litauer nach Sibirien verschleppt

Neuyork, 16. Okt.Neuyork Journal American" setzt die Be­schreibung der Zustände in Litauen unter bolschewistischer Herr­schaft fort. Besonders hebt die Zeitung hervor, daß 150 000 Li­tauer. darunter Kind-er von zwei Jahren an aufwärts, nach Sibirien verschleppt wurden. Stalin sei darauf aus gewesen, das katholische Litauen dem gottlosen Kommunismus preiszugeben. Die Ehemänner habe man verschleppt und unmündige Kinder; ihrem Schicksal überlassen. Unter den Verschleppten seien zahl-! reiche Geistliche. Sie seien in Waggons verladen worden, deren Türen und Luftklappen vernagelt wurden. Man habe das Verlassen der Waggons unmöglich gemacht und de«. Gefangenen selbst das Trinkwasser vorenthalten. Hunderte seien» auf dem Transport nach Sibirien gestorben. Selbst Kinder habes man verschleppt, während die Eltern in Gefängnisse eingesperrti wurden. Dieses Schicksal hätten auch drei Kinder des litauische»' Generals Rastikis erlitten.

Kleirre Nachrichte« aus aller Welt

Chef der USA.-Luftrvaffe in England. Nach einer Mel­dung des englischen Nachrichtendienstes ist der Chef der USÄ.-Luftwaffe, Generalmajor Butt, in Großbritannien eingetroffen.

Australien legt Minensperren aus. Wie United Preß »neidet, gab die australische Regierung bekannt, daß sämt­liche Einfahrten des großen Barriere-Riffs vom Arlingto» Riff bis Neuguinea miniert worden seien. Zwei weitere Minenfelder seien westlich der Donnerstag-Insel gelegt worden.

Todesurteil an einem Feldpostmarder vollstreckt. Der

1882 in Neuteich sNetzekreis) geborene Otto Fritz, den das Sondergericht in Berlin als Volksschädling zum.Tode ver­urteilt hat, ist hingerichtet worden. Fritz hat fortgesetzt Post­sendungen, von denen der überwiegende Teil Feldpostsen­dungen waren, unterschlagen.

Ungarrsch-bulgarisches Kulturabkommen. Der Austausch der Ratifikationsurkunden des ungarisch-bulgarischen Kul­turabkommens fand zwischen Ministerpräsident Filoff und dem ungarischen Außenminister Roman im Vudapester Nationalmuseum statt.

ZI. zeigt deutschen Sport in Madrid. Zu einem große», Erfolg gestalteten sich die Vorführungen der zurzeit inj Madrid weilenden Sportgruppe der HI. im Theater ColcH»! seum am Dienstag abend. Die Vorführungen zeigten ei« glanzvolles Bild von turnerischen Darbietungen, Tänzen de« Eymnastik-Mädelgruppe und Rollschuhlauf. Die Spielscha« der HI. sorgte für den musikalischen Rahmen.

Das Wintersemester beginnt am 18. November. De^

Reichserziehungsminister hat die Dauer des Unterrichts^ betriebes an den deutschen wissenschaftlichen Hochschulen i« Winterhalbjahr 1941/42 neuerdings derart geregelt, daM die Vorlesungen und Hebungen am Dienstag, 18. Novem­ber, beginnen und am Samstag, 12. März 1942, enden. Die! Einschreibungen finden in der Zeit vom 20. Oktober bis 25. November statt.

Neichsverrvaltungsschule Pirna. Die erste Reichsverwal­tungsschule Eroßdeutschlands in Pirna nimmt jetzt ihr« Tätigkeit auf, die darin besteht, den Anwärtern für den ge-» hobenen Dienst in einein während des Krieges dreimona­tigen, später fünfmonatigen Kursus ihre letzte Ausbildung zu geben.

Arias in den Händen der Polizei. Nach einer Meldung der USA.-Nachrichtenagentur Associated Preß aus Cristobo« I Panamakanal) befindet sich der auf Geheiß der Vereinig­ten Staaten beseitigte bisherige Präsident der Republik Panama, Arias, nunmehr in den Händen der panamestsche» Polizei. Die panamestschs Regierung hat also prompt de« Befehl des Weißen Hauses ausgeführt und einen Man» unschädlich gemacht, der nicht nach der Pfeife des Herrn i» Washington tanzen wollte. '

vom Scheitel bis zur Sohle, wägend und prüfend, daß dce Walp ganz erschrocken an sich selber hinunterschante. Sie war damals zum erstenmal im Saft gestanden wie ein junger Baum, hatte zum erstenmal ihre »vachsende Kraft verspürt, war sich bewußt geworden ihrer stämmigen Beine, ihrer regsame»» Hände, hatte im vollen Segen ihres schöne»», gesunden Körpers geatmet. Spielend hatte sic den Karren geschoben, Wind im Haar, auf der Zunge noch den Nanchgeschmack eines Moorfeuers. Der Vater hatte i»n Betrachten gesehen, daß sein Kind fröhlich »var.

Da »var er pfeifend ins Haus gegangen und hatte am Abend die Arbeit de-, kommenden Tages »nit üer Walp besprochen. vuü dasWalp! Walp!" hatte sich seither immer öfter in» Mund des Bauern gervölbt, es war Losung auf dem Hof»»»» Moor ge »vor den.

Diese Losung galt noch immer. Auch heute noch, da man den Moorbanern begraben hatte, diesen Kämpfer auf einem vorgeschobenen Posten, auf einem Streifen Land, das er den» Moor abgetrotzt nnd iinmer wieder verteidigt hatte. Klar und deutlich hatte er seinen Willen kundgetan: »»»eine alleinige Erbin ist meine Tochter, die Walp...

Walp! Walp!" Und sie, die Trägerin dieses mit soviel Müh und Kampf belasteten Namens, stand mitten in» Hausflur, einsam, verloren lächelnd, und lauschte dem Nachhall einer Stimme, die sie nun nie mehr hören sollte.

Dann holte sie aufseufzend eine Schaufel Glut ans dem Küchenherd und »»»achte Feuer in der große»», kalten Stube, die mit vier breiten Fenstern auf die Birkenstraße hinausschaute. Wohl war es Sommer, aber »venn es etliche Tage geregnet hatte, fiel gern Schnee in den Bergen. Hob sich das Gewölk, so sah inan den weißen Schimmer in» Süden, die schneeige Alpenburg über den» bräunlichen Moor.

Die Walp setzte der» großen Suppentvpf anfs Feuer. Die übliche Suppe des Moorhofes quirlte leise darin: gelbe, seimige Erbsensuppe mit grobgeschnittenen Kräu- tcln aus dem Wurzgarten, dann ein Ranken Speck, schwarz wie die Hölle, aber im Abschnitt rosig, nnd ein Kranz saftglänzendcr Würste. Ein feiertägliches Essen. Der Bater hatte sich immer schmunzelnd davor gesetzt.

Dann holte die Walp zwei mächtige Krüge Braunbier aus den» Keller. Als sie die wackeligen Stufen wieder heransstieg, träte»» die Geschwister eben ins Hans. Ihr Herzschlag setzte aus. Und sie wußte plötzlich, daß ihre ganzeGeschäftigkeitnur dazu gedient hatte, die schwelende Angst in ihrer Brust »nit Äsche zu bedecken.

So stand sie jetzt vor dem geistliche»» Herrn Bruder: Georg »vie eine arme Sünderin, die sich nicht in de» Beichtstuhl traut. Stand schamrot vor Steffen, dem Bier­kutscher, der wie ein Rotz schnaubte und sie anstarrte mit triefenden Augen, aus denen Bier zu tropfen schien. Stand vor Elis, dieser jungen, dummen, oft üavongejag- tcn Magd, die auf der»» letzten Dienstplatz Leibwäsche ge­maust hatte, wie eine blntübergossene Nüscherin, die man in der Milchkammer beim Nahmablccker» erwischt hatte. So stand die Walp vor der» Geschwister»» in der großen» kalten Stube, die immer noch nicht warm werden wollte. Stand und wußtc nicht, wohii» mit den Händen.

Die abgeschenerte Ofenbank hatte einst ihre gemein­samen Kinderspiele gesehen. In die Tischplatte, »nit einem Taschenmesser eingclerbt, stand »»och die alte, schmeichel­hafte Stilübung: der Steffen ist ein Esel!, die aus der Hand des damals zehnfährigen Herrn Kooperators stammte. Ar» den» Eisenbeschlag der Truhe in der Ecke hatte sich die Elis ein tiefes Loch in den Flachskopf ge­fallen. Und dort in jenen» Polsterstuhl, nahe beim Ose«, hatte jahrelang die Mutter gesessen, das früh verschrum­pelte Hausgeistl, schweren Wehdam in den Gliedern, aber doch »nit guten Äugen alle bewachend, die in der Stube ein- und ausgingen. Walp hätte viel darum gegeben, wenn das stille Gesicht aus der Dämmerung des Ofen­winkels aufgetancht wäre, vorn Feuer rötlich'angestrahlt: Brav sein, Kinder! Tnt's nicht raufen!"

Aber gegen den Lärm, der bald darauf die Stube füllte, wäre auch die Mutter nimmer anfgekommen. Der Sturm war plötzlich losgebrochen, hatte init einein Schlag alle Mäuler aufgerissen, aller angefammelte Haß und Zorn wollte »nit einen» einzigen Atemzug über die Lippen. Doch der gröhlende Baß des Bierkutschers, die spitze Fistel der Elis, die sich kreischend überschlug, duckten sich sofort, als der Kooperator zu sprechen begann. Er stand vor dem schiveren Eichentisch, beide Hände darauf gestützt wie auf die Brüstung der Kanzel, seine breiten Schultern schienen das harte, schwarze Tuch der geistlichen Kleidung sprengen zu wollen und für einen Augenblick mußte die Walp denken, daß diese Schultern gut in die hinterlassenen derben Leinerchemdeu des Vaters gepaßt hätten. Alle drei Geschwister schauten jetzt ans diesen Bruder, ans seine hohe Gestalt, seine mächtige Stirn unter dem blon­den Haaransatz, ans diesen Mund, üer etwas zu voll wftckte über d-nn prachtvoll gemeißelten Kinn. Die Walp hatte ihren Bruder Georg lange nicht mehr gesehen.

i^ortsetzimg tolgtH