Das BöMergemisch am Don
- Im Nordostwinkel des Schwarzen Meeres, von der Krim- ^lbinsel und dem Vorgelände des Kaukasus im Westen und Osten begrenzt, dehnt sich das überaus flache AsowscheMeer Mi 37 605 Quadratkilometern aus. Es ist nur durch die ganz enge Lwche von Kertsch, mit der Festung Kertsch auf der westlichen, mit der Halbinsel Taman und der gleichnamigen Stadt auf der Hlichen Seite, mit dem Schwarzen Meer verbunden,
> Das Asowsche Meer zeigt überall die Tendenz, zu versanden. Mne Tiefe beträgt nur 14 bis 3 ^ Meter. Auf der Reede der ^tadt Taganrog herrscht dieser unglaublich niedrige Wasserstand, l das; größere Schiffe 30 Kilometer vom Lande ankern müssen. Der Teil des Asowschen Meeres, der durch die schmale Landzunge von Arabat als „Faules Meer" oder „Siwasch" fast völlig vom ^Etlichen Asowschen Meer abgetrennt wird und nur durch tie Meerenge von Eenitschek noch mit ihm verbunden ist, ist bereits völlig verlandet. An der Donmündung schiebt sich seit Jahrhunderten immer weiter ein sumpfiges Delta vor, so daß der Don verschiedene Mündungsarme hat, die immer wieder ihren Lauf verlegen. Früher mag die Mündung Lev' Mow am Don gelegen haben, wo der jetzige Hauptarm liegt; setzt liegt Rostow bereits etwa 50 Kilometer von der Mündung Entfernt. Auch die Ostufer des Asowschen Meeres bestehen aus einer sumpfigen Seelandschaft mit vielen kleinen Flußläufen. Dort liegt im Norden nahe vom Don die Festung Asow, die dem ranzen Meer seinen Namen gab. Aber auch Asow, das 17 500 Einwohner im Jahre 1926 hatte, ist durch die Verlandung in seiner Bedeutung immer mehr zurückgegangen. Nur das Norduser ies Asowschen Dreiecks hat eine einigermaßen feste Beschaffenheit, obwohl auch dort Strandseen und tief einschneidende Limane, oor allem der von Utliuk, dort liegen.
An Flüssen ergießen sich eine ganze Reihe in dieses Meer: der Salgir aus der Krimhalbinsel, die Molotschnaja, die einen groben See vor der Einmündung bildet, und der Kalmius und Mssa im Norden, endlich der zuletzt vielverzweigte Don im Mdostwinkel und, an der Ostseite, neben unzähligen kleinen Nußläufen der große Kuban, der aber eigentlich nicht mehr in das Asowsche Meer selbst, sondern in eine Bucht der Taman- Halbinsel mündet.
Bon bedeutenderen Städten liegen an dem Nordufer Berdinask, Mariupol und Taganrog. Trotz des bedeutenden Hinterlandes des Donezbeckens sind diese Städte alle durch die Wasserverhält- aisse des Asowschen Meeres in ihrer Entwicklung gehemmt. Am Lstufer liegen jetzt keine bedeutenderen Städte außer dem bereits genannten Asow. Die Tenriukbucht schließt im Osten das Asowsche Meer ab.
Das Asowsche Meer wurde im Altertum Maiotis benannt und schon die Römer bezeichneten es als „Sumpf Maiotis". Das bohoranische Reich, das unter einheimischen Fürsten schon 480 bis 438 v. Ehr. blühte, trat dann infolge der vielen griechischen Kolonien ab 438 mit Athen in Beziehung und hatte eine Reihe von Archonten und Königen, bis es 114 v. Ehr. an König Mi- Ihridates von Pontus abgetreten wurde, da es sonst dem Ansturm der Skythen erlegen wäre. Von 63 v. Ehr. ab geriet auch dieses Reich, wie Pontus selbst, unter die Römerherrschaft, hielt sich aber noch relativ selbständig bis zu den Stürmen der Völkerwanderung. Um 250 brandeten dort die Goten an, von denen die Ostgoten zum Teil in der Krim seßhaft wurden, während der Hauchtet! nach Westen zog. Im 4. Jahrhundert brachen die Hunnen dort ein.
Au den Armen des Don lag im Altertum die Stadt Tanais, die in den letzten Jahrhunderten vor und nach Ehr. mehrfach zerstört wurde. Sie wurde zuerst am nördlichen, das zweitemal an dem südlichen Arm des Don erbaut. Dieses Tanais, an das noch na Mittelalter der Name „Tana" einer venezianischen Kolonie erinnert, lag 15 Kilometer nördlich von Asow, auf welches der Name Tana überging. Auch der Don trug im Altertum den Namen Tanais. Es war eine Mischbevölkerung vdn Skythen und Kriechen, welche Tanais bewohnte und auch die Kultur kann nur als eine Art barbarisierte griechische Kultur bezeichnet werden. Damals lag noch am Ostufer des Asowschen Meeres die lebhafte Handelsstadt Phanagoria.
Rastlos sind die Völker an den Ufern des Asowschen Meeres rinhergezogen. Immer neue Ströme fluteten von Westen heran and ebenso von Osten durch die Kaspische Völkerpforte und auch asm Kaukasus herab. Die Hunnen wurden bereits erwähnt, auch die Chasaren siedelten sich dort an, die Osser rückten vom Kaukasus zum Teil in die Ebene am Asowschen Meer, obwohl am Don und seinem linken Nebenfluß Man nt sch nur unfruchtbare
Steppen liegen, die mit Mühe für Viehzucht und Pferdezucht von den heutigen dortigen Donkosaken benutzt werden. Außer den Nogaiern der Nogaischen Steppe, welche mit dem letzten Zipfel das Asowmeer berührt, sitzen noch heute Tataren und Bulgaren an den Küsten, als Neste jener einstigen Wanderungen. Der gewaltige Donstrom führte die Völker, die aus der Kaspischen Völkerpforte brachen, zu den Ufern des Asowschen Meeres und die Schätze der Krim, wo in Kassa (Feodosia) Genuesen im Mittelalter saßen, lockten immer wieder Europäer wie einst die Barbaren an diese Ufer. Zudem ist das Asowsche Meer im Gegensatz zum Schwarzen Meer außerordentlich fischreich.
Von der Zeit Peters des Großen ab wurde bereits dieser Winkel am Asowschen Meer zum Zankapfel zwischen Russen und Türken. Erst im Jahre 1739 wurden die User des Asowschen Meeres dem Zarenreich einverleibt, bis aus die User der Krim, welche damals noch einem Tatarcn-Khan unterstanden.
Staatsakt für Generaloberst Ritter von Schobert
München, 23. Sept Der Führer und Oberste Befehlshaber der Wehrmacht hatte für Dienstag einen Staatsakt in München angeordnet, in der Stadt des früheren Wirkens Ritter von Scho- öerts als Kommandierender General. Stätte des Staatsaktes war der Platz zwischen dem Heeresmuseum mit den Zeugen and Trophäen der ruhmreichen einstigen bayerischen Armee, aus der der. General hervorgegangen ist, und dem Grabmal des Unbekannten Soldaten. Gegenüber den besonders geladenen Ehrengästen haben die Hinterbliebenen des Generalobersten, die Witwe mit ihren Kindern, Platz gefunden. Nach dem Trauermarsch würdigte Generaloberst Fromm Leven und Sterben dieses großen deutschen Soldaten. „Wie er als junger Offizier gewesen, so blieb er auch, so hoch er stieg: Stets Führer und Kamerad zugleich. Sein letzter Weg zur Truppe galt der Vorbereitung jenes großen Sieges im Süden der Sowjetunion, der unseren Feinden allen zu ihrem Schrecken neu bewies, daß deutsches Heldentum und deutsche Führungskunst unüberwindlich sind. Auch hieran hat Generaloberst Ritter von Schobert sein gemessenes Verdienst. Der Tod aus dem Schlachtfeld war eine schöne Erfüllung eines reichen Soldatenlebens." Generaloberst Fromm schloß: „Wie Du uns gelehrt, sei unser Gelöbnis an Dich: In soldatischer Haltung und nimmermüde zu kämpfen, wie Du es getan, für den Führer, für Deutschland!" Unter präsentiertem Gewehr und bei gesenkten Fahnen dröhnen dann noch einmal die Salven der Geschütze. Generaloberst Fromm sprach den Hinterbliebenen das Beileid des Führers aus.
An einem Heldengrab
Am Heldsngrabe des Armee-Oberbefehlshabers Generaloberst Ritter von Schobert
Von Kriegsberichter A. Haas
DNV —, 22. Sept. (PK.) Auf einem vorgeschobenen Divisionsgefechtsstand hat der Oberbefehlshaber einer Armee, Generaloberst Ritter von Schober, zusammen mit seinem treuen Piloten, Hauptmann Suwelai, den Heldentod gefunden. Nach ruhmvollen Siegen über die bolschewistischen Armeen ist der Heerführer selbst mit angetreten zum letzten Appell der Tausende, die sür die Zukunft Großdcutschlands gefallen sind. Er hat das Schicksal mancher seiner Soldaten geteilt. Fern der Heimat, auf dem Boden, den seine Regimenter und Divisionen im siegreichen Vorwärtsdringen vom Bolschewismus befreit haben, an den Usern eines mächtigen Stromes, in einem Hain von Silberpappeln und Linden haben Pioniere ihm Grabmal und letzte Ruhestätte bereitet. In eine vom Eisernen Kreuz gekrönte Mauer aus weißem Sandstein sind die zwei Eranitblöcke eingefügt, die seinen und seines Flugzeugführers Namen tragen.
Hinter den mit der Reichskriegsflagge bedeckten Särgen steht die eherne Mauer der Trauerparade, und das Viereck vor dem Grabmal ist gebildet von Generalen und Offizieren aller Wehr- machttcile Eroßdeutschlands und seiner Verbündeten sowie den Unteroffizieren und Mannschaften des Armeestabes. Im Grün des Haines leuchten die Uniformen von Heer, Kriegsmarine und Luftwaffe im Verein mit denen rumänischer Generäle und Offiziere.
Nach den Worten des Wehrmachtspfarrers spricht der Oberbefehlshaber des Heeres, Eeneralfeldmarschall von Brauch i t s ch, und legt, während die Trauerparade präsentiert, einen Kranz des Führers und Obersten Befehlshabers der Wehrmacht und einen Kranz des Oberkommandos des Heeres vor den beiden Särgen nieder. Dann trat der von der Front herbeigerufene
älteste Sohn des gefallenen Armeeoberbefehlshabers, Unteroffizier Schobert, an das Grab. Zum letzten Male erwies er seinem Vater in soldatisch fester Haltung die militärische Ehrenbezeugung. Ein rumänischer General sprach für die rumänische Armee, die in Generaloberst Ritter von Schobert ihren großen Freund' verloren habe. Der Staatssührer und Marschall Rumäniens, Antonescu, würdigte in rumänischer Sprache die Persönlichkeit des Gefallenen, legte einen in den Farben Rumänien» gehaltenen Kranz nieder und schmückte den Sarg mit einem Ordensband.
Während in langer Reihe Generale und Offiziere an die GraL-^ statte herantreten, kreisen in den Lüften mit dem Donnern ihrer Motore Flugzeuge über der letzten Ruhestätte der beiden Gefallenen. Unter den Salutschüssen einer Batterie und dem Abschiedsliede vom guten Kameraden senkten sich die Särge in die Erde hinab.
Kleine Nachrichten ans aller Well
Ernennungen in der Reichskanzlei. Der Führer hat cml Vorschlag des Reichsministers und Chefs der Reichskanzlei den Ministerialrat Dr. Hans Ficker zum Reichskabinettsraj in der Reichskanzlei und den Regierungsrat Dr. Gottfried Boley zum Oberregierungsrat in der Reichskanzlei ernannt!
Einsatz der Erzieherschaft beim Berufserziehungswe^l Der Reichswalter des NSLV., Gauleiter Fritz Wächtle* * richtete an die deutschen Erzieher und Erzieherinnen eine» Appell, der die gesamte Erzieherschaft Großdeutschlands zu» Einsatz beim Verufserziehungswerk auffordert.
Bottai Ehrendoktor der Technischen Hochschule Berlin. De, zur Zeit in Berlin weilende italienische Minister für natio, nale Erziehung, Giuseppe Bottai, erhielt in der Technische* Hochschule Berlin in Anerkennung seiner technisch-wisse» schriftlichen Verdienste um die Ausbildung der Ingenieur« in feierlicher Promotion durch den Rektor Professor Dr Storm die Würde des Doktor-Ingenieurs ehrenhalber ver> liehen.
Sowjetischer Oberbefehlshaber tot aufgefunden. Deutsch*
Soldaten, die in diesen Tagen einen Bunker in den BefefÜ- gungsanlagen vor Leningrad eroberten, fanden hier de» Oberbefehlshaber der 42. Sowjet-Armee tot auf.
Reichsmarschall Eöring an Kommodore Woldenga. Der Reichsmarschall und Oberbefehlshaber der Luftwaffe hat dem an der Ostfront kämpfenden Jagdgeschwader unter Führung des Ritterkreuzträgers Kommodore Woldenga ei» Anerkennungsschreiben anläßlich des 700. Luftsieges übermittelt.
In Bilbao lief am Montag der spanische Dampfer „Calo» Sotelo" von Stapel. Dem Akt wohnten der Minister für öffentliche Arbeiten und der Finanzminister bei. Das neue Schiff, ein Tanker, hat eine Raumverdrängung von 1637s Vruttoregistertonnen.
Todes- und Zuchthausstrafen gegen Kommunisten iu Paris.
Der Staatsgerichtshof zur Unterdrückung kommunistischer Umtriebe hat 4 Kommunisten zum Tode verurteilt. 13 Kommunisten, darunter 4 Frauen, wurden zu Zuchthausstrafe» zwischen 5 und lebenslänglicher Freiheitsberaubung verurteilt; 21 weitere wegen kommunistischer Umtriebe angeklagtri Personen, darunter 7 Frauen, wurden zu Gefängnisstraf« zwischen 1 und 4 Jahren, sowie zu Geldstrafen verurteilt.
, Heftiges Erdbeben. Die Istanbuler Erdbebenwarte Hab ein starkes Erdbeben in 740 Kilometer Entfernung vo»s Istanbul verzeichnet, dessen Mittelpunkt sich vermutlich kr östlichen Anatolien hefindet.
Orkan über Louisiana. Tie Bevölkerung der niedrig gele- !enen südöstlichen Gebiete von Louisiana (USA.) ist einem -ewaltigen Orkan ausgesetzt und muß nach einer in „Nya Oagligt Allehanda" wiedergegebenen United-Pretz-Meldung ms Neu-Orleans evakuiert werden. Militär- und Ziviö »ehörden haben die Bevölkerung aufgefordert, ihre Wohn- iätten zu verlassen. Die Schiffahrt habe auf gewissen Linien wllig eingestellt werden müssen.
Vesichtigungsreise Marschalls Petaiu. Staatschef Mar- schall Pötain, der sich zur Zeit auf einer Befichtigungsreist in den Departements Savoyen und Ober-Savoyen befinde^ hielt in Chambery eine Ansprache, in der er erneut die Grundlagen des neuen französischen Staates umriß und zahlreiche Reformen auf konstitutionellem, sozialem und wirtschaftlichem Gebiet ankündiate.
-anstomsn vom gsmsinlsmsn ^inlstr in Krieg u.firisclsn von Slse Uung-l. inrlsmnnn
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Wie sehr Holger den Rat des erfahrenen und mit den Bodenverhältnissen Kraiensees ganz vertrauten Mannes ent- vehrt, empfindet er erst, als es Frühling wird. Jetzt ist er M alles selber verantwortlich und muß Entscheidungen »essen, die er früher mit Brennert besprochen hatte. Unerwartet hilft ihm die Mutter.
Sie kennt die Ertragfähigkeit jeder Wiese, jeden Ackers, vie weiß, Wjx er gedüngt werden muß, und welche Frucht »m besten auf ihm gedeiht.
Wie in den Jahren, als Holger in Berlin studierte und Üe sich mit Brennert in die Außenwirtschaft teilte, nimmt sie me Arbeit wieder da auf, wo sie sie aus den Händen ge- hatte, als der Sohn nach Hause kam. Sie ist froh,
^ sie es kann und daß Holger es zuläßt. ^
Frühling und Sommer sehen sie an der Seite ihres , «gen über die Felder gehen, und bei .'genwetter stapft . »hohk" Stiefeln, den Kragen ihres Mantels hoch- ! M^ZEn, durch die Ställe, immer wach und aufmerk' im.
1 «btztgeht ihrem scharfen Blick, und was sie sieht, be- ipncht sie am Abend mit Holger.
Krgt.
»Wird es dir auch nicht zuviel?" fragt er einmal be-
Elisabeth lacht ihn aus frohen Augen an.
»Ich bin glücklich, daß ich dir nützen kann."
. ri"' die Mutter hilft ihm mehr als er geglaubt hat, scherzend meint er, daß er höllisch aufpassen müsse, da- bl ^ sich nicht in ihrer Gegenwart vor den .Leuten
»Mit dem Viehhändler wurdest du bis jetzt stets besser >>.',^^.ich", sagt er heiter, „wenn er mich schon fast waekrreat hat. wird er klein und häßlich, wenn du
kommst und die Verhandlungen weiterführst. Ich sehe, daß ich noch allerhand von dir lernen kann."
Sie zieht seinen Kopf zu sich herab und küßt ihn auf beide Augen.
„Noch ein Vierteljahr, und du brauchst mich nicht mehr, Holger."
Sie hatte recht.
Als die Ernte unter Dach ist — sie ist so gut in diesem Jahr, daß Holger tut, als sei es sein persönliches Verdienst — gibt es nichts mehr, was ihn noch unsicher machen könnte. Auch der Viehhändler weiß jetzt, daß der junge Herr Hagen ein Dickkopf ist und den Wert feiner Kühe und Schweine genau kennt.
Sorgen gibt es jedoch immer noch genug in Kraiensee.
Auch Neimann hat sie, und als Holger eines Abends nach Boginnen kommt, setzen sich die drei Männer zusammen und tauschen ihre Gedanken aus.
Es sind nicht jene Mühseligkeiten, die der ostpreußische Landwirt wie eine doppelt gebürdete Last zu tragen hat, die ihnen Kopf und Herz schwer machen. Weit mehr quält sie eine andere Sorge.
Hinter der nahen Grenze lauert der Pole.
Er ist ein unruhiger und unberechenbarer Nachbar.
„Daß wir so wehrlos sind!" sagt Reimann. „Daß die hohen Herren in Berlin die Gefahr nicht sehen wollen! Aber Ostpreußen, diese kleine Insel, bleibt ein Stiefkind, und es sollte mich nicht wundern, wenn man uns eines Tages preisgibt, kampflos, ohne einen Schwertstreich."
Mutter Lene sitzt dabei. Die Hände, die nicht müßig sein können und ein Strickzeug halten, zittern. Immer wenn die Männer von der drohenden Polengefahr sprechen, überfällt sie die Angst, daß der Krieg wieder von neuem über die Heimat Hereinbrechen könne. Hier im Grenzland kennen sie den Polen besser als drinnen im Reich. Sie wissen, was sie von ihm zu erwarten haben.
Holger ist ausgestanden.
„Ja", sagt er, „es ist höchste Zeit, Vater Reimann. Wir müssen uns selbst schützen, wenn uns der Pole nicht wie die Maus in der Falle fangen soll." — Er gibt Rei
mann und Fritz einen Wink mit den Augen. Sie verstehen ihn und begleiten ihn hinaus, als er sich von Mutter Lene verabschiedet hat.
Draußen erzählt er ihnen, daß er gestern in der Stadt gewesen sei und gehört habe, daß es sich überall zu rühren beginne.
Reimann nickt.
Auch er hat schon davon gehört und mit Fritz besprochen, daß sie hier ebenfalls nicht länger müßig sein dürften.
„Fahren Sie nach Thorfelden, Herr Holger, und reden Sie mit Hübner. Er war Hauptmann wie Ihr Vater, und wenn er die Sache in die Hand nimmt, wird auch was daraus. Sagen Sie . ihm, daß der alte Reimann und sein Sohn die ersten sind, die sich melden."
„Und ich und meine Leute werden auch nicht fehlen", sagt Holger.
Er reitet noch am gleichen Abend nach Thorfelden hinüber, und zwei Wochen später tritt eins Gruppe von hundert Männern auf der entlegenen, ringsum von Wald geschützten Heidefläche an, die Hübner zum Ubungsgelände bestimmt hat.
So heimlich, wie diese Bildung der Schutzwehr begonnen hatte, so heimlich wird sie fortgesetzt.
Hat der Pole von diesem versteckten Treiben in d«r ostpreußischen Grenzorten Wind bekommen?
Ahnt er, daß die Männer wach und nicht gewillt sind, sich kampflos überrumpeln zu lassen?
*
Zwei Jahre gehen darüber hin.
Der Pole rührt sich nicht. Er droht nur großsprecherisch mit dem Maul.
Im Schatten dieser Drohung, die keiner leicht n imm t » ackert und sät der Bauer, arbeitet der Städter urst> handelt der Kaufmann. Mancher vermag die Spannung und Unsicherheit nicht länger zu ertragen, verkauft Haus und Grund und zieht ins Reich. Es sind nicht die Besten, die es tun, und die Zurückbleibenden sprechen verächtlich von denen, die leichten Herzens die gefährdete HeiMat im Stich liehe».
lSorueüuna wlau