Amtliche Bekanntmachung.

Verfügung des Ministeriums des Innern, betreffend übermäßige Preissteigerung.

I. In Nr. 97 des Reichs-Eesetzbl. hat der Reichs­kanzler folgende Verordnungen des Bundesrats bekannt gegeben:

Bekanntmachung gegen übermäßige Preissteigerung.

Vom 23. Juli 1915 (RGBl. E. 467).

Der Bundesral hat auf Grund des 8 3 des Gesetzes über die Ermächtigung des Vundesrats zu wirtschaft­lichen Maßnahmen usw. vom 4. August 1914 (Reichs- Eesetzbl. S. 327) folgende Verordnung erlassen:

8 1 -

Werden Gegenstände des täglichen Bedarfs, insbe­sondere Nahrungs- und Futtermittel aller Art sowie rohe Naturerzeugnisse, Heiz- und Leuchtstoffe, die vom Eigentümer zur Veräußerung erzeugt oder erworben sind, zurückgehalten, so kann das Eigentum an ihnen durch Anordnung der Landeszentralbehörde oder der von ihr bezeichneten Behörde auf eine in der Anord­nung zu bezeichnende Person übertragen werden.

Die Anordnung ist an den Besitzer der Gegenstände zu richten; das Eigentum geht über, sobald die An­ordnung dem Besitzer zugeht.

8 2 .

Der Uebernahmepreis wird unter Berücksichtigung des Einkaufspreises und der Güte und Verwertbarkeit der Gegenstände von der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung von Sachverständigen endgültig festge­setzt. Sie bestimmt darüber, wer die baren Auslagen des Verfahrens zu tragen hat.

Einkaufspreise auf Grund von Verträgen, die in den letzten 2 Wochen vor der Bekanntgabe der Enteig­nungsanordnung an den Besitzer oder vorher in der Ab­sicht geschlossen worden sind, einen höheren Uebernahme­preis zu erzielen, werden bei Feststellung des Preises nicht berücksichtigt.

Die Preisfestsetzung durch die höhere Verwaltungs­behörde bedarf der Bestätigung der Landeszentralbe­hörde, sofern der festgesetzte Uebernahmepreis fünf vom. Hundert des Einkaufspreises übersteigt.

Bei den nach dem 23. Juli 1915 aus dem Ausland eingeführten Gegenständen ist als Mindestpreis der Einkaufspreis im Ausland und ein Zuschlag zuzubilli­gen, der unter Berücksichtigung der mit der Einführung verbundenen Kosten und Gefahren zu bemessen ist.

Der Uebernahmepreis ist bar zu bezahlen.

8 3 -

Darüber, ob die Voraussetzungen für die Anord­nung (8 1) vorliegen, und über alle sonstigen Streitig­keiten, die sich bei den Enteignungsverfahren ergeben, entscheidet, wenn die Anordnung durch die Landeszen­

tralbehörde ergeht, diese, im übrigen die höhere Ver­waltungsbehörde endgültig.

8 4 .

Die Landeszentralbehörden erlassen die Bestim­mungen zur Ausführung dieser Verordnung. Sie be­stimmen, wer als höhere Verwaltungsbehörde im Sinne der ZK 2, 3 anzusehen ist.

Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geld­strafe bis zu zehntausend Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft:

1. wer für Gegenstände des täglichen Bedarfs, ins­besondere für Nahrungs- und Futtermittel aller Art, für rohe Naturerzeugnisse, Heiz- und Leuchtstoffe sowie für Gegenstände des Kriegsbedarfs Preise fordert, die unter Berücksichtigung der gesamten Verhältnisse, ins­besondere der Marktlage, einen übermäßigen Gewinn enthalten, oder solche Preise sich oder einem anderen gewähren oder versprechen läßt;

2. wer Gegenstände der unter Nr. 1 bezeichneten Art, die von ihm zur Veräußerung erzeugt oder erwor­ben sind, zurückhält, um durch ihre Veräußerung einen übermäßigen Gewinn zu erzielen;

3. wer, um den Preis für Gegenstände der unter Nr. 1 bezeichneten Art zu steigern, Vorräte vernichtet, ihre Erzeugung oder den Handel mit ihnen einschränkt oder andere unlautere Machenschaften vornimmt;

! 4. wer an einer Verabredung oder Verbindung teil­

nimmt, die eine Handlung der in Nr. 1 bis 3 bezeich­neten Art zum Zwecke hat.

Neben der Strafe kann auf Einziehung der Vorräte erkannt werden, auf die sich die strafbare Handlung be­zieht, ohne Unterschied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht. Ferner kann angeordnet werden, daß die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich be­kanntzumachen sei.

8 6 .

Die Verordnung tritt mit dem Tage der Verkün­dung in Kraft.

Der Reichskanzler bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens.

II. Zu dieser Bundesratsverordnung werden folgende Ausführungsbestimmungen erlassen:

8 1 .

(1) Zuständig zur Anordnung der Eigentumsüber­tragung nach 8 1 der Verordnung (Enteignungsbehör­den) sind die Oberämter und das Stadtschultheißenamt Stutgart.

(2) Die Oberämter können die ihnen nach Absatz 1 zustehende Befugnis für Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern allgemein oder für einzelne Fälle in wider­ruflicher Weise dem Ortsvorsteher übertragen, soweit es sich nicht um Gegenstände handelt, welche zum Ver­trieb im Großhandel bestimmt sind.

(3) Oertlich zuständig ist diejenige Behörde, in deren Bezirk sich die zu überlastenden Gegenstände be­finden.

8 2 . ' '

(1) Wird die Enteignungsanordnung vom Orts­vorsteher erlasten (8 1 Abs. 2 der Ausführungsbestim­mungen), so ist höhere Verwaltungsbehörde im Sinn der 88 2 und 3 der Verordnung das Oberamt.

(2) Wird die Enteignungsanordnung vom Ober- omt oder vom Ctadtschultheißenamt Stuttgart erlasten (8 1 Abs.1 der Ausführungsbestimmungen), so kommen die nach 8 2 Abs. 1 und 8 3 der Verordnung zu erlas­senden Verfügungen zunächst diesen Behörden zu. Ihre Verfügung ist endgültig, wenn nicht binnen einer Woche nach der Eröffnung beim Oberamt oder beim Stadt­schultheißenamt Stuttgart von einem der Beteiligten schriflich Einsprache erhoben wird. Wird rechtzeitig Ein­sprache erhoben, so entscheidet, wenn es sich um gewerb­liche Unternehmer handelt, die Zentralstelle für Ge­werbe und Handel, wenn es sich um landwirtschaftliche Unternehmer handelt, die Zentralstelle für die Land­wirtschaft endgültig.

(3) Bestehen Zweifel darüber, welche Zentralstelle zuständig ist, oder beanstandet einer der Beteiligten vor Zustellung der Entscheidung die Zuständigkeit der zunächst mit der Angelegenheit befaßten Zentralstelle, so bestimmt das Ministerium des Innern, welche Zen­tralstelle zu entscheiden hat.

8 3.

(1) Vor der Festsetzung des Uebernahmepreises sind geeignete unparteiische Sachverständige zu hören.

(2) Das Gutachten der Sachverständigen ist schrift­lich zu erstatten oder in seinen wesentlichen Teilen in eine amtliche Niederschrift aufzunehmen. Falls über die Festsetzung infolge der Einsprache eines Beteiligten gemäß 8 2 Abs. 2 der Ausführungsbestimmungen eine der beiden Zentralstellen zu entscheiden hat, ist die Aeußerung der Sachverständigen dieser Stelle vorzu­legen. Dieser bleibt es überlasten, nochmals Sachver­ständige zu hören oder sich mit der Aeußerung der ober­amtlichen Sachverständigen zu begnügen.

Stuttgart, den 5. August 1915.

Fleischhauer.

Vorstehende Verfügung bringe ich hiemit zur all­gemeinen Kenntnis.

Die Gemeindebehörden werden sodann noch auf den zur Ausführung obiger Bestimmungen gegebenen Erlaß des K. Ministeriums des Innern vom 5. ds. Mts., wel­cher imCtaatsanzeiger" Nr. 183 veröffentlicht ist, zur genauen Nachachtung hingewiesen.

Calw, den 10. August 1915.

K. Oberamt: Binder.

Schweden und Rußland.

Kopenhagen, 11. Aug. LautBerlingske Ti- dende" behandelt derTemps" die wichtige Frage einer Abtretung der vlandsinkeln an Schweden, und erinnert dabei an Jswolsky's Erklärung bei Ab­schluß des Ostseevertrags, daß Rußland nicht die Ab­sicht habe, die Alandsinseln zu befestigen und an Sassonows Erklärung, daß Rußland seine freund­schaftlichen Beziehungen zu Schweden zu bewahren wünsche. DerTemps" warnt Schweden davor, sich durch deutsche Theorien e infangen zu lasten.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsche amtliche Meldung.

(WTB.) Großes Hauptquartier. 11. August. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Nördlich von Souchez wurde ein französischer Hand- granatenangrifs abgeschlagen. Bei Courcy, nörd­lich von Reims, versuchten die Franzosen den von ihnen vor unserer Front gesprengten Trichter zu be­setzen. Sie wurden daran gehindert. Der Trichter wurde von uns in Besitz genommen. Unsere Infan­terie wies am späten Abend einen Angriff am Linge- kopf ab.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Heeres­gruppe des Generalfeldmarschalls o. Hinden- burg: Schwache Vorstöße, die die Russen in den letz­ten Tagen längs der Straße RigaMitau machten, wurden leicht abgewiesen. Sonst nördlich des Njemen keine Veränderung. Ein Angriff starker russischer Truppen aus Kowno heraus scheiterte. Die Zahl der dort seit dem 8. August gefangenen Russen erhöhte sich auf 2116, die der Maschinengewehre auf 16. Oest- lich von Lomsha dringen unsere Truppen gegen die BobrNarewlinie vor. Der Gegner hält noch den Brückenkopf bei Wizna. Südlich von Lomsha weicht die ganze russische Front. Die stark ausgebaute Czer- wonqBor-Stellung konnte vom Feind nicht gehal­ten werden. Unsere verfolgenden Armeen über­schritten den Czerwony und dringen östlich desselben vor. Der Bahnknotenpunkt südöstlich von Ostrow wurde genommen. Oestlich von Nowo Eeorgijewsk wurde das vom Feinde geräumte Fort Benjaminow besetzt. Die Festungen Nowo Georgijewsk und Brest- Litowsk wurden von unseren Luftschiffen mit Bom­be» belegt.

Heeresgruppe des Eeneralfeldmarschalls Prinz Leopold vonBayern: Die verbündeten Trup­

pen erreichten in scharfer Verfolgung mit linkem Flü­gel die Gegend von Kaluczyn. Auf dem rechten Flü­gel stürmte die Armee des Generalobersten v. Woyrsch heute die feindlichen Nachhutstellungen beiderseits Jedlanka (westlich von Lukow). Es wurden über 1600 Gefangene gemacht.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v.Mak- kensen: Die verbündeten Truppen sind im Angriff gegen die feindlichen Stellungen hinter den Abschnit­ten der Bystryca (südwestlich von Nadzyn) und der Tysmienica (westlich von Karczow), sowie an der Linie OstrowUchrusk. Am oberen Bug und an der Zlota Lipa ist die Lage unverändert.

Während die Russen auf ihrem langen Rückzüge aus Galizien und dem eigentl. Polen die Wohnstät­ten und Erntefrüchte überall in sinnlosester Weise zu vernichten suchten, was ihnen allerdings bei der Eile, mit der sie sich bewegen mußten, vielfach nur lücken­haft gelang, haben sie ihre Tätigkeit jetzt, wo sie in nicht mehr von rein polnischer oder ruthenischer Be­völkerung bewohnte Gegenden gelangen, eingestellt.

Oberste Heeresleitung.

Erfolge unserer Flotte in der nördlichen Ostsee.

(WTB.) Berlin. (Amtlich.) Am 10. August griffen unsere Ostseestreitkräfte die in der Einfahrt zu dem Alandsarchipel fliegend befestigte Schären­insel Utö an. Sie zwangen durch ihr Feuer die in der Einfahrt stehenden russischen Streitkräfte, unter ihnen einen Panzerkreuzer der Damakaroffklasse zum Rück­zug und brachten die feindlichen Küstenbatterien durch eine Anzahl guter Treffer zum Schweigen. Am glei­chen Tage trieb ein deutscher Kreuzer russische Tor­pedoboote, die sich bei Zerel im Eingang vom Riga­ischen Meerbusen gezeigt hatten» .in diesen zurück. Auf einem feindlichen Torpedobootszerstörer wurde ein Brand beobachtet. Unsere Schiffe wurden wiederholt von feindlichen Unterseebooten angegriffen. Sämt­liche auf sie abgeschossenen Torpedos gingen fehl. Un­sere Schiffe erlitten weder Beschädigungen noch Ver­luste.

Der Geist unserer Seeleute.

(WTB.) Berlin. 11. Aug. Nach kühnem Durch­bruch durch die feindlichen Bewachungsftreitkräfte hat S. M. HilfsschiffMeteor" an verschiedenen Stellen der britischen Küste Minen geworfen und sodann Handelskrieg geführt. Zn der Nacht vom 7. > zum 8. August stieß er südöstlich der Orkneyinseln auf

den britischen HilfskreuzerThe Ramsey", griff ihn an und vernichtete ihn. wobei er 40 Mann der Be­satzung, darunter 4 Offiziere, retten konnte. Am fol­genden Tage wurde er von 4 britischen Kreuzern ge­stellt. Da ein Kampf aussichtslos und ein Entkom­men unmöglich war. versenkte der Kommandant sein Schiff, naivem die Besatzung, die englischen Gefange­nen und die Mannschaft eines als Prise versenkten Seglers geborgen worden waren. Die gesamte Be­satzung desMeteor" hat wohlbehalten einen deut­schen Hafen erreicht. (Anm.Meteor" war ein als Minenschiff ausgerüsteter Handelsdampser mittlerer Größe.)

Der stellv. Chef des Admiralstabs: gez. Vehncke.

(WTB.) Esbjerg, 11. Aug. Ritzaus Bureau meldet: Ueber das Schicksal des dänischen Schoners Jason" wird berichtet: Der Schoner wurde von einem deutschen Hilfskreuzer ein gutes Stück von der Küste entfernt in der Nordsee in Brand gesteckt und in den Grund gebohrt. DemEsbjerg Avis" zufolge war der Schoner mit Grubenhölzern und Schwellen von Schweden nach England unterwegs. Die gerettete 5 Mann starke Besatzung des Schoners erzählte, daß der HilfskreuzerMeteor" einem Kauffahrteischiff glich. Die Besatzung erhielt 5 Minuten Zeit zum Ver­lassen des Schoners. Die Leute trafen an Bord des Hilfskreuzers englische Marinesoldaten, die der Be­satzung des englischen PatrouillenbootesRamsey" angehörten. Die Engländer erzählten den dänischen Seeleuten, daß sie denMeteor" am Sonntag getrof­fen hätten. 65 Mann derRamsey" sollen ertrunken sein. 43 von ihnen wurden an Bord desMeteor" gebracht. Später wurde derMeteor" von englischen Kriegsschiffen verfogt. Als der Hilfskreuzer die Un­möglichkeit, zu entkommen, einsah. hielt er ein schwe- üisches Schiff an und setzte die Dänen und die Eng­länder, sowie einen Teil der deutschen Besatzung an dessen Bord über, worauf derMeteor" zum Sinken gebracht wurde. Das schwedische Schiff setzte seinen Kurs nach Esbjerg fort. Später wurden die 6 Dänen in ein Boot gesetzt, worauf das schwedische Schiff, dem Vernehmen nach, in südlicher Richtung, weiterfuhr. Augenblicklich wird ein Verhör abgehalten.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(WTB.) Wien. 11. Aug. Amtliche Mitteilung vom 11. Aug. mittags: Russischer Kriegs­schauplatz. Die über den Wieprz vorgedrungenen österreichisch-ungarischen Truppen vertrieben gestern