Amtliche Bekanntmachung.
Seine Majestät der Deutsche Kaiser haben laut „Statsanzeiger" Nr. 178 folgenden Aufruf erlassen: >
An das deutsche BolL!
Ein Jahr ist verflossen, seitdem ich das deutsche Volk zu den Waffen rufen mutzte. Eine unerhört blutige Zeit kam über Europa und die Welt. Vor Gott und der Geschichte ist mein Gewissen rein. Ich habe den Krieg nicht gewollt. Nach Vorbereitungen eines ganzen Jahrzehnts glaubte der Verband der Mächte, denen Deutschland zu grotz geworden war, den Augenblick gekommen, um das in gerechter Sache treu zu seinem österreichisch-ungarischen Bundesgenossen stehende Reich zu demütigen oder in einem übermächtigen Ringen zu erdrücken.
Nicht Eroberungslust hat uns. wie ich schon vor einem Jahre verkündete, in den Krieg getrieben. Als in den Augusttagen alle Waffenfähigen zu den Fahnen eilten und die Truppen hinauszogen in den Verteidigungskampf, fühlte jeder Deutsche auf dem Erdball nach dem einmütigen Beispiel des Reichstags, datz tür die höchsten Güter der Nation, ihr Leben und ihre Freiheit gejochten werden mutzte. Was uns bevorstand, wenn es fremder Gewalt gelang, das Geschick unseres Volkes und Europas zu bestimmen, das haben die Drangsale meiner lieben Provinz Ostpreußen gezeigt. Durch das Bewußtsein des aufgedrungenen Kampfes war das Wunder vollbracht: der politische Meinungsstreit verstummte; alte Gegner
tion, 68A der Textilindustrie, insgesamt aber 43A! der gesamten Industrie Frankreichs sind von den! deutschen Truppen in Besitz genommen oder liegen! im Kampfgebiet. Italien aber hat seine Kriegsrüstung nur durch die Hilfe Englands erhalten kön-! neu, und die letzten Tage haben uns ja erst gezeigt,' wie kläglich die innere Anleihe der italienischen Regierung Fiasko gemacht hat.
Deutschland aber steht trotz aller Versuche, es durch Abschneiden von aller Zufuhr wirtschaftlich auszupumpen, heute Dank seiner von» jedem einzelnen Volksgenossen unterstützten großartigen Organifa- tionsarbeit auf allen Gebieten des staatlichen und volkswirtschaftlichen Lebens so gefestigt da, datz es ruhig der nächsten Zeit entgegensehen kann, denn wir wollen uns heute am Jahrestage des Kriegs- beginns keiner Täuschung hingeben, daß der Frieden etwa schon in nahe Zukunft gerückt sei. Unsre Feinde, vor allem England, werden, trotzdem ihre militärische Niederlage dicht vor der Entscheidung steht, nicht beigeben, solange sie auch nur die geringste Hoffnung haben, datz sich das Schicksal auf diese oder jene Weise ändern könnte. Dazu sind die persönlichen Geschicke der Staatsmänner dieser Staaten zu sehr mit dem Ergebnis des Krieges verbunden, als daß diese nicht versuchen wollten, alles dranzusetzen, das über ihren Häuptern schwebende Verhängnis vielleicht doch noch abzuwenden, und solange diese für den Krieg verantwortlichen Persönlichkeiten noch am Ruder sind, ist zu erwarten, datz sie ruhig die Existenz ihrer Völker aufs Spiel setzen, solange noch Aussicht besteht, ihre eigene Existenz zu retten.
Wir werden aber warten und aushalten, denn wir müssen es. Das deutsche Volk ist nicht in diesen fürchterlichen Krieg gezogen aus Raubgier, den sonst hätte es die mancherlei Gelegenheiten der vergangenen Jahre, den russisch-japanischen Krieg, den Burenkrieg, in dem Frankreich und Rußland eine Intervention gegen England angestrebt hatten, nicht vorübergehen lassen, es sind ihm von seinen mißgünstigen und fiir ihre weiteren Raübzüge fürchtenden Feinden die Waffen in die Hand gepreßt worden, und trotz aller Verleumdungen und Schmähungen ist es heute für jeden, dessen Blick nicht durch feindliche Beeinflussungen verschleiert ist, klar, datz das deutsche Volk um nichts Geringeres kämpft, als um die Kulturgüter, deren Erringung der Bierverband in niedrigster Fälschung der Tatsachen auf seine gefälschte Flagge geschrieben hat, um die Freiheit der Völker, die von den Vierverbandsmächten unterdrückt und ausgefaugt werden, um die Freiheit der Meere und des Handels die England den andern nur gnädigst gestatten wollte, um Recht und Gerechtigkeit im Verkehr der Völker untereinander, und, — was nicht der bedeutungsloseste seiner Kriegsziele ist, — um Erhaltung seiner Kultur. Die deutsche Kultur war und ist keine Scheinkultur, wie sie anderwärts für alle Zwecke feil dalag, sie geht, wie das auf allen Cinzel- gebieten, für uns vorteilhaft, für unsere Feinde zum Nachteil sich erwiesen hat, darauf aus, wirkliche bleibende Werte sowohl in rein menschlicher als auch in materieller Beziehung zu schaffen. Das deutsche Volk hat auf Grund seiner kulturellen Entwicklung auch den Beweis erbracht, daß es Dank seiner immer noch hohen sittlichen Kraft, seiner ungeminderten Arbeitsfähigkeit, seinem durch Disziplin gewonnenen Orga-
finqen an, sich zu verstehen und zu achten; der Geist treuer Gemeinschaft erfüllte alle Volksgenossen.
Voll Dank dürfen wir heute sagen: Gott war mituns. Die feindlichen Heere, die sich vermaßen, in wenigen Monaten in Berlin einzuziehen, sind mit wuchtigen Schlägen im Westen und Osten weit zurückgetrieben. Zahllose Schlachtfelder in den verschiedensten Teilen Europas, Seegefechte an nahen und fernsten Gestaden bezeugen, was deutscher Ingrimm in der Notwehr und deutsche Kriegskunst vermögen. Keine Vergewaltigung völkerrechtlicher Satzungen durch unsere Feinde war imstande, die wirtschaftlichen Grundlagen unserer Kriegführung zu erschüttern. Staat und Gemeinden, Landwirtschaft, Gewerbefleitz und Handel. Wissenschaft und Technik wetteiferten, die Kriegsnöte zu lindern. Verständnisvoll für notwendige Eingriffe in den freien Warenverkehr, ganz hingegeben der Sorge für die Brüder im Felde, spannte die Bevölkerung daheim all' ihre Kräfte an zur Abwehr der gemeinsamen Gefahr.
Mit tiefer Dankbarkeit gedenkt heute und immerdar das Vaterland seiner Kämpfer, derer, die todesmutig dem Feind die Stirne bieten, derer, die wund oder krank zurückkehrten, derer, vor allem, die in fremder Erde oder auf dem Grund des Meoes vom Kampfe ausruhen. Mit den Müttern und Vätern, den Witwen und Waisen empfinde ich den Schmerz um die Lieben, die fürs Vaterland starben. ,
Innere Stärke und einheitlicher nationaler Willen im Geiste der Schöpfer des Reiches verbürgen den Sieg. Die Deiche, die sie in der Voraussicht er
richteten, daß wir noch einmal zu verteidigen hätten, was wir 1870 errangen, haben der größten Sturmflut der Weltgeschichte getrotzt. Nach den beispiellosen Beweisen von persönlicher Tüchtigkeit und nationaler Lebenskraft hege ich die frohe Zuversicht, datz das deutsche Volk die im Kriege erlebten Läuterungen treu bewahren, auf erprobten alten und auf vertrauensvoll betretenen neuen Bahnen weiter in Bildung und Gesittung rüstig oorwärtsschreiten wird.
Großes Erleben macht ehrfürchtig und im Herzen fest. In heroischen Taten und Leiden harren wir ohne Wanken aus, bis der Friede kommt, ein Friede, der uns die notwendigen militärischen, politischen und wirtschaftlichen Sicherheiten für die Zukunft bietet und die Bedingungen erfüllt zur ungehemmten Entfaltung unserer schaffenden Kräfte in der Heimat und auf den freien Meeren.
So werden wir den großen Kamps für deutsches Recht und Freiheit, wie lange er auch dauern mag, in Ehren bestehen und vor Gott, der unsere Waffen weiter segnen wolle, des Sieges würdig sein Großes Hauptquartier. 31. Juli 1915.
Wilhelm 1 N
Die Herren Ortsvorsteher
werden höherer Weisung gemäß veranlaßt, obigen Aufruf sofort durch Anschlag am Rathaus ufw. zur allgemeinen Kenntnis zu bringen.
Calw, den 2. Aug. 1915.
K. Oberamt: Binder.
nisationstalent dazu berufen ist, die wahre Kultur den andern Nationen oorzuhalten, die infolge seit langem singerissener Trägheit und Zügellosigkeit in allen Dingen zum großen Teil nur eine Flitterkultur lebten, deren wahres Gesicht sich gerade heute in abscheulicher Fratzenhaftigkeit zeigt. Gewiß, auch unser Volk hatte infolge des ungeahnten Aufblühens teilweise schon gewisse Züge von Entartung angenommen, aber wir hoffen, daß die seelischen Wirkungen dieses Krieges sich ausgleichend bemerkbar machen möchten, denn das größte Ziel des deutschen Volkes, der Welt den deutschen Geist von Wahrheit, Recht, Freiheit und menschlicher Gesittung verständlich zu machen, wird nur zu erreichen sein, wenn wir alle sittlichen und materiellen Kräfte anspannen.
O. 8.
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Das erste Kriegsjahr in Zahlen.
(WTB.) Berlin. 31. Juli. Die Redaktion des WTB. stellt den Zeitungen die nachstehenden Zahlen zur Verfügung:
1. Die Zentralmächte haben bisher an feind, lichem Gebiet besetzt:
Belgien . . 29000 Quadratkilometer
Frankreich. . 21000 Quadratkilometer
Rußland . . 130000 Quadratkilometer
im ganzen: 180000 Quadratkilometer
Der Feind hat besetzt:
Elsaß . . . 1050 Quadratkilometer
Galizien . . 10000 Quadratkilometer
im ganzen 11050 Quadratkilometer
2. Die Gesamtzahl der Kriegsgefangenen be.
trug mit Ablauf des ersten Kriegsjahres:
In deutschen Gefangenenlagern und
Lazaretten. 898869
Als Arbeiter beschäftigt.40 OM
In den letzten Wochen gefangen und noch unterwegs zu den Gefangenenlagern . 120 OM
In Deutschland im ganzen. 1058869
In Oesterreich-Ungarn im ganzen etwa 636634
Das ergibt eine Gesamtzahl von rund 1695400
An kriegs gefangenen Rüsten befinden sich darunter in Deutschland: 5M0 Offiziere, 720 000 Unter- Offiziere und Mannschaften; in Oesterreich-Ungarn: 3190 Offiziere, 610000 Unteroffiziere und Mannschaften, davon ein großer Teil durch deutsche Truppen gefangen genommen. Die Gesamtzahl der kriegs- gefangenen Rüsten beträgt: 8790 Offiziere, 1330000 Unteroffiziere und Mannschaften.
3. An Kriegsbeute waren in deutschen Sammelstellen bis zum Juni gesammelt: 5834 erbeutete Geschütze. 1656 erbeutete Maschinengewehre. Ein großer Teil der erbeuteten Geschütze und Maschinengewehre ist aber nicht zurückgeschafft, sondern blieb bei den Truppen zur Verwendung gegen den Feind. Genaue Zahlen darüber fehlen. Im ganzen kann man mit einer Kriegsbeute von 7000—8000 Geschützen und 2000—30M Maschinengewehre rechnen.
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Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
Die deutschen amtlichen Meldungen.
(WTB.) Großes Hauptquartier, 31. Juli. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Gestern früh erstürmten wir die bei unfern Angriffen auf Hooge, östlich von Ppern am 3. Juni noch in englischer Hand gebliebenen Häuser am Westrand des Ortes, sowie einen Stützpunkt südlich der Straße nach Ppern. Nachmittags und nachts wurden Gegenangriffe des Feindes zurückgeschlagen. Wir eroberten 4 Maschinengewehre, 5 Minenwerfer und nahmen einige Engländer gefangen. Die in den Gräben des Feindes gesundene Zahl Toter beweist seine großen blutigen Verluste. Der Feind griff bei Souchez abermals erfolglos mit Handgranaten an. Die erbitterten Kämpfe auf der Linie Lingekopf— Barrenkopf in den Vogesen sind zu einem Stillstand gekommen. Die Franzosen halten einen Teil unserer Stellung am Lingekopf noch besetzt. Schratzmänne und Barrenkopf sind nach vorübergehendem Verlust wieder in unserer Hand. Als Vergeltung auf die mehrfachen Bombenabwürfe der Franzosen auf Channy-Tergnier und andere Orte hinter unserer Aisnefront wurde der Bahnhof Compitgne beschossen. Auf Angriffe französischer Flugzeuggeschwader» die gestern auf Pfalzburg. Zabern, nördlich Hagenau und auf Freibnrg Bomben warfen, antworteten nachmittags unsere Geschwader mit Bombenabwürfen auf die Vahnhofanlagen von St. Dis und den Flughafen bei Nancy. Der durch die feindlichen Flieger angerichtete Schaden ist unwesentlich. Ein französisches Flugzeug wurde bei Freiburg durch unsere Abwehrgeschütze heruntergeschossen.
Oe stlicher Kregsschauplatz. Nordwestlich von Lomsha und an der Bahn nördlich von Go- worowo, östlich von Rozan geht unser Angriff vorwärts. Gestern wurden 1890 Rnssen gefangen, 3 Maschinengewehre erbeutet.
Südöstlicher Kriegsschauplatz. Die auf das rechte Weichselufer Lbergegangenen Truppen des Generalobersten v. Woyrsch dringen unter hartnäckigen Kämpfen nach Osten vor. Alle Gegenangriffe eiligst herangeführter russischer Verstärkungen scheiterten völlig. Die Zahl der Gefangenen ist auf 7 Offiziere (darunter ein Regimentskommandeur) und 1800 Mann gestiegen. Den in der Verfolgung begriffenen verbündeten Armeen des Generalfeldmarschalls v. Mackensen scheint der Gegner in der ungefähren Linie Nowe—Alexandrin— an der Weichselhöhe — nördlich Lublin (das gestern nachmittag besetzt wurde) — dicht südlich Cholm erneut Widerstand leisten zu wollen. Der Feind wird überall angegriffen. Während der Kämpfe der deutschen Truppen bei Biskupice—Piaski am 30. Juli sind 4930 Gefangene gemacht, 5 Geschütze und 8 Maschinengewehre erbeutet worden.
(WTB.) Großes Hauptquartier, 1. August. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Ein englischer Angriff gegen unsere neue Stellung bei Hooge brach völlig zusammen; ebensowenig Erfolg hatten nächtliche Vorstöße der Franzosen gegen Souchez. In den Argonnen heftiges Artilleriegefecht. Am späten Abend wurden unsere Stellungen auf dem Reichsackerkopf in den Vogesen angegriffen; der Feind wurde zurückgeschlagen. Die Tätigkeit in der