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M. 176. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.

Erscheinungsweise: 6mal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im Oberamts­bezirk Calw für die einspaltige VorgiSzeile 10 Pfg.» außerhalb desselben 12Pfg.. Reklamen 25 Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefons.

Samstag» de« 31. Juli ISIS

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Ne WeWel zwischen Warschan und ZmuMd Sderfchritteu. Lublin besetzt

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die militärische und politische Lage.

Zwei Nachrichten von hochbedeutsamer Tragweite kommen vom Osten. Einmal meldet der deutsche Tages­bericht, datz die Truppen des Generalobersten v. Woyrsch die Weichsel bei Kozienice, also dicht nordwestlich von Jwangorod, überschritten haben, wodurch einerseits diese Festung nun auch im Norden bedroht wird, an­dererseits aber auch die Grundlage zur Weiterentwick­lung der Operationen im Süden Warschaus gegeben ist. Man kann sich denken, welchen Wert die Nüssen auf die natürliche Vefestigungslinie der Weichsel gelegt haben, umso bedeutungsvoller ist nun die Durchbrechung dieser Front. In Anlehnung an diese Operationen find auch die Truppen des Erzherzogs Ferdinand, die dicht östlich der Weichsel, südwestlich von Lublin standen, vorgegangen, und haben, wie uns heute morgen mit der letzten Post gemeldet wurde, Lublin besetzt. Gleich­zeitig sind auch die Heere Mackensens, die an der Bahn­linie LublinCholm westlich des Wieprz standen, durch die russische Front gebrochen, und haben damit die Russen wahrscheinlich gezwungen, über den Wieprz zurückzugehen. Auch direkt westlich des Bug sind unsere Truppen aus der Gegend Krasnostaw mit Erfolg vor- gestotzen, sodatz nun, wie die verbündeten Heereslei­tungen zu berichten wissen, die ganze russische Front zwischen Weichsel und Bug zum Weichen gebracht wurde. Die Bedeutung dieser Nachricht wird uns erst in vollem Umfange klar, wenn wir beachten, datz die Russen aus dieser Front alles eingesetzt hatten, was sie noch an Kerntruppen zur Verfügung hatten. Die russische Presse wußte zu melden, es sei auch der besähigste General des russischen Heeres zur Leitung der Operationen be­stellt worden, über seine Persönlichkeit wurde ein geheimnisvoller Schleier gebreitet, und man sprach bereits davon, datz in wenigen Wochen dieser Anonymus der berühmteste Feldherr des Krieges sein werde. Wahrscheinlich gedachte die russische Heeresleitung hier einen großen Durchbruch zu versuchen, in der Absicht, die Verbündeten von ihren Plänen abzulenken und wieder auf galizischen Boden zu gelangen. Zweifellos sind die russischen Vorstotzversuche am Bug, namentlich bei Sokal, in Zusammenhang mit diesen Plänen zu bringen, denn wenn es der russischen Armee zwischen Weichsel und Bug gelungen wäre, die Mackensenschen Heere zum Rückzug zu zwingen, dann hätten diese durch die östliche Flankierung in große Gefahr geraten kön­nen. Aber der Flankenschutz der Weichsel-Vugarmee hat gehalten und damit ist die letzte Hoffnung der Russen, Warschau zu schützen, zuschanden geworden. Die feindliche Presse bereitet auch schon auf die Räu­mung der polnischen Festung und damit Polens vor, wobei man sich die Mühe giebt, an Prestigemomenten zu retten, was noch zu retten ist. Recht offen ist wie­der die englische Presse, deren objektive Schilderung der Lage schon beinahe einen schadenfrohen Beigeschmack für die Alliierten haben mutz. Wie die neutralen Blät­ter, so ziehen auch die englischen führenden Zeitungen den Gedanken in den Bereich ihrer Erörterungen, datz die Belowsche Armee in ihrem Vormarsch am Njemen soweit kommen könnte, datz sie mindestens die nördlich der ins Innere Rußlands von Polen aus führenden beiden Bahnlinien abschneiden könnte, so datz zum Rücktransport des russischen Millionenheeres nur die Bahn JwangorodBrest vorerst noch frei wäre. Es be­steht also nach englischer und neutraler Anschauung die Gefahr, datz die russische Hauptmacht nicht mehr recht­zeitig den großartigen Einschlietzungsbewegungen des ganzen polnischen Festungsgürtels entschlüpfen könnte, was natürlich aus eine vollständige Katastrophe des russischen Heeres hinauslaufen würde, der gegenüber Sedan ein Kinderspiel sei, sagen sie im Ausland. Man ist sich in den leitenden Kreisen unserer Feinde natürlich des Ernstes der Lage bewußt und da man sich anders nicht zu helfen weiß, werden nun die Japaner wieder um Hilfe angefleht, sowohl von russischer als auch von französischer Seite, wobei man besonders auf

letztgenannten Seite nicht verfehlt, den Engländern eins ans Bein zu geben, da nur sie angeblich wegen ihrer chinesischen und amerikanischen Politik die Schuld tragen, daß Japan nicht intervenieren will. In Lon­don aber haben die Herren Asquith und Churchill jetzt ganz schlechte Tage und wohl auch Rächte, denn die maßgebenden Kreise sind natürlich über den schlechten Abschluß der militärischen Jahresbilanz unterrichtet, und wälzen nun die Verantwortung aus das Kabinett ab. Es mutz mit der englischen Angst schon weit ge­kommen sein, wenn jetzt auch die Liberalen die Ein­führung der allgemeinen Wehrpflicht fordern. Die Munitionsfabrikation muß auch immer für den schlech­ten Gang der Dinge herhalten und so haben die beiden obengenannten Minister in der letzten Sitzung des Unterhauses sich die schönsten Verbalinjurien an den Kopf werfen lasten müssen, worin die Dummheit noch eine durchaus untergeordnete Rolle spielt. Die Herren Kollegen in Paris und Petersburg haben vielleicht jetzt so eine kleine Vorahnung, was ihnen bevorsteht, wenn einmal das Kartenhaus ihres Schwindels zu­sammenbricht. Einstweilen wird aber überall noch auf einen ungewöhnlichen Glückssall gehofft, der die ganze Sachlage ändern könnte, etwa nach der Richtung, datz doch noch irgend ein Dummer sich finden könnte, der den Alliierten aus der Patsche Hilst. Der Zeitpunkt ist aber wohl nicht mehr allzu weit, wo auch diese Herren einsehen werden, datz ihre Zukunftsbilder nur eine trügerische Fata Morgana waren.

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Die deutsche amtliche Meldung.

(WTB.j Erohes Hauptquartier, 3V. Juli. (Amt­lich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Bei Per­thes in der Champagne wurden von beiden Seiten Minen gesprengt, wobei wir einen französischen Flan­kierungsgraben nordwestlich des Ortes stürmten. Im Priesterwald brach ein französischer Angriff beiderseits Croix des Carmes im Feuer der Infanterie und Ar­tillerie vor unseren Hindernissen zusammen. In den Bogesen griff der Feind gestern nachmittag erneut die Linie LingekopfBarrenkopf an. Die Nahkämpfc um den Besitz der Stellungen find noch nicht abgeschlossen. Zwei englische Flieger mutzten nahe der Küste aus dem Master niedergehen und wurden gefangen genommen.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Die Lage ist im Allgemeinen unverändert.

Südöstlicher Kriegsschauplatz. Trup­pen der Armee des Generalobersten v. Woyrsch haben am frühen Morgen des 28. Juli den Weichselübergang zwischen Pilizamündung und Kozienica an mehreren Stellen erzwungen. Aus dem östlichen User wird ge­kämpft. Gestern haben die verbündeten Armeen des Eeneralfeldmarschalls v. Mackensen die Offensive wie­der ausgenommen. Westlich des Wieprz durchbrachen deutsche Truppen die russische Stellung. Sie erreichten am Abend die Linie PiaskiBiskupica und die Bahn östlich davon. Viele Tausend Gefangene und 3 Ge­schütze fielen in unsere Hand. Dieser Erfolg, sowie die Borstöße österreichisch-ungarischer und deutscher Truppen dicht östlich der Weichsel, prentzischer Eardetruppen bei Krupe, nordöstlich von Krasnitaw und anderer deut­scher Truppen in der Gegend von Wojslawicc haben die russische Front zwischen Weichsel und Bug zum Wanken gebracht. Heute früh räumten die Russen auf der gan­zen Linie, sie halten nur noch nördlich von Grubicszow.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(WTB.j Wien. 30. Juli. Amtliche Mitteilung vom 30. Juli, mittags: Russischer Kriegsschau­platz. Nach einer mehrtägigen Pause sind gestern zwischen der Weichsel und dem Bug die Perbündeten wieder an der ganzen Front zum Angriff übergegangen. Westlich des Wieprz bis in die Gegend von Chmiel wurde der Feind in einer Frontbrcite von mehr als 25 Kilometern durchbrochen. Das österreichisch-unga­rische 17. Korps nahm nördlich Chmiel nach fünfmali­gem Sturm die russischen Stellungen. Deutsche Trup­

pen erkämpften abends die Linie Piaski-Bikupice und die Bahn östlich davon. Auch bei Kowola und Belsyce nordöstlich von Krasnostaw und Wojslavice drangen die verbündeten Heere in die feindlichen Linien ein. Heute früh traten die Russen an der ganzen Front den Rückzug an, wobei sie alle Anfiedlungen verwüsten und selbst das Getreide auf den Feldern verbrennen. Unsere Verfolgung ist im Gange. Nordwestlich von Jwangorod und beiderseits der Radomkamündung wurde am 28. Juli früh unter schweren Kämpfen an mehreren Stel­len der Uebergang über die Weichsel erzwungen. Deut­sche und österreichisch-ungarische Pioniere fanden unter den schwierigsten Verhältnissen Gelegenheit, wieder Beweise hervorragender Tüchtigkeit und opfermutigen Pflichtgefühls zu geben. Am oberen Bug gingen die Verteidiger des Brückenkopfes von Sokal an /der Siid- front vor den Angriffen überlegener Kräfte um einige hundert Meter zurück und wiesen dort weitere feind­liche Angriffe ab. Sonst ist die Lage in Ostgalizien un­verändert.

Italienischer Kriegsschauplatz. Die im Görzischen am Plateaurand noch andauernden italieni­schen Angriffe find vereinzelte vergebliche Vorstöße feindlicher Abteilungen, die sich gegen die vorspringen­den Stützpunkte unserer Stellungen richten. So versuch­ten östlich Sagrado und bei Redipuglia italienische Truppen weiter Raum zu gewinnen. Sie wurden durch­weg abgewiesen. Besonders um den Monte Sei Bufi. der fest n unserem Besitz ist, mühte sich der Feind ver- gejhens. An den anderen Teilen der Front im jSird- wcsten hat sich nichts Wesentliches ereignet. Am Pla­teau von Cormons wurde in den letzten Tagen ein italienischer Flieger durch Volltreffer einer Ballonab­wehrkanone abgeschossen. Pilot und Beobachter wur­den unter den brennenden Trümmern des Flugzeugs tot aufgefunden.

(WTB.) Wien, 31. Juli. Amtlich wird verlaut­bart am 30. Juli, abends 8 Uhr: Unsere Kavallerie ist heute kurz nach Mittag in Lublin eingerückt.

Der Stellvertreter des Chefs des Eeneralstabs: von Höfer, Feldmarschalleutnant.

Neue Taten der österreichischen Flotte.

Die Italiener hatten kürzlich auf dem von uns militärisch nicht besetzten Eiland Pclagosa eine Funlen­station errichtet. Am 28. Juli wurden die Stations­gebäude derselben von einer Gruppe unserer Torpedo- jüger durch Geschützfeuer zerstört und der Gittermast umgelegt. Hieran anschließend wurden zur Feststellung des Umfangs der feindlichen Besatzung ein kleines Landungsdctachement unserer Torpedosahrzeuge zu einer scharfen Rekognoszierung auf das Eiland gesandt. Dieses drang, ungeachtet des heftigen Widerstandes, über den feindlichen Schützengraben bis zu den stark besetzten, betonierten Verteidigungsanlagen der Ita­liener vor und brachte diesen, unterstützt durch das Ar­tilleriefeuer aus unseren Fahrzeugen, bedeutende Ver­luste bei. So fielen u. a. der Kommandant der ita­lienischen Besatzung und ein zweiter Offizier. Nach der erfolgreichen Rekognoszierung kehrte unser Detachement trotz der großen llebcrmacht des Gegners ohne erhebliche Verluste aus die Fahrzeuge zurück. Feindliche Unter­seeboote lancierten vergebens mehrere Torpedos gegen unsere Einheiten. Flottenkommando.

Bor der Räumung Warschaus.

Haag, 30. Juli. Der Sonderberichterstatter der Times" meldet, wie wir demLokalanz." entnehmen, am 21. Juli aus Warschau, die Lage sei dort äußerst kritisch. Es seien schwere Kämpfe in der Nähe von Bijotschewo südlich Warschau im Gange. Während der Korrespondent sein Telegramm schließt, ist der Donner der schweren Geschütze in den Straßen Warschaus hör­bar. Man halte das Artilleriefeuer für das Vorspiel zu einem starken Jnfanterieangrifs. Die Ankunft vieler Verwundeter überzeugt die Bevölkerung, datz der Stand der Dinge sehr unbefriedigend sei und datz man mit dem Aufgeben Warschaus rechnen müsse. Derselbe