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Nr. 175. - Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.

Erscheinungsweise: 6mas wöchentlich. Anzeigenpreis: Im OberamtS- bezirk Calw für die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg.. außerhalb desselben 12 Pfg.. Reklamen 25 Pfg. Schluß sür Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon 0.

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Freitag, de« 3V Juli ISIS.

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Anklagemalerial gegen die Politik der Ententemächte.

DieNorddeutsche Allgemeine Zeitung" begann gestern in einer Sonderbeilage mit der Veröffentlichung von den in Brüssel Vorgefundenen Berichten der belgi­schen Vertreter in Berlin, London und Paris an den Minister des Aeußern in Brüssel aus den Zähren 1905 bis l914. Unter der ÜberschriftAus belgischen Archi­ven" bemerkt dieNordd. Allgem. Ztg." hierzu: Die Archive der belgischen Regierung förderten bereits Do­kumente von geschichtlicher Beedutung zutage. Erneute Nachforschungen führten zum Auffinden weiteren wert­vollen Materials, nämlich der Berichte der belgischen Gesandten im Auslande an die belgische Regierung. Die Instruktionen an die Gesandten wurden nicht aufgefun­den. Die belgische Regierung scheint sie mit sich fortge­führt zu haben, ebenso wie die auf die belgische Neu­tralität bezüglichen Fascikel. Die ausgefundenen ge- sandtschastlichen Berichte bieten ein ungewöhnliches Interesse als Quellenmaterial für die Vorgeschichte des Krieges. Ihre Bedeutung liegt darin, daß sie geschrie­ben sind von den Vertretern eines Staates, der an der großen Weltpolitik nur mittelbar und sozusagen als Zuschauer beteiligt war. Die Berichte können daher Anspruch erheben, als eine objektive diplomatische Dar­stellung der internationalen Politik vor dem Ausbruch des Krieges zu gelten. Zieht man die Sympathien des ganz dem französischen Einfluß verfallenen belgischen Volkes für die Westmächte in Betracht und die Sympa­thien, die ihren Ausdruck fanden in der feindseligen Haltung, welche die gesamte belgische Presse Deutschland gegenüber stets eingenommen hat, so ist es umso bemer­kenswerter, daß die Berichterstattung der belgischen Ge­sandten Anklagematerial gegen die Politik der Entene- mächte enthält, wie es vernichtender kaum gedacht wer­den kann. Wir werden fortlaufend zunächst eine An­zahl von Berichten der belgischen Gesandten in Berlin, London und Paris aus den Jahren 1905 bis 1914 ver­öffentlichen, in welchen in der denkbar prägnantesten Form hervortritt, daß es die 1904 von England einge­leitete, gegen Deutschland gerichtete Ententepolitik war, welche tiefe Spaltungen in Europa hervorries und schließlich zum gegenwärtigen Kriege führten. Die eng­lische Regierung als Triebfeder und König Eduard VII als Bannerträger der auf die Isolierung Deutschlands gerichteten Bestrebungen der Entente bilden ein immer wiederkehrendes Thema der Berichte. Am 16. Januar 1914 erstattete der Gesandte Baron Euillaume seiner Regierung einen Bericht, in dem sich folgende Stelle be­findet: Ich hatte schon die Ehre, Ihnen zu berichten, daß es die Herren Poincare, Millerand und ihre Freunde gewesen sind, die die nationalistische, militärische und chauvinistische Politik erfunden und befolgt haben, deren Wiedererstehen wir sestgestellt haben. Sie bildet eine Gefahr für Europa und für Belgien. Es ist, als ob Euillaume die Ereignisse voransahnte, die nur ein hal­bes Jahr später eintraten und in so verhängnisvoller Weise in die Geschicke Belgiens eingegriffen haben.

Die Sonderbeilage enthält eine Reihe von Berich­ten aus dem Jahre 1905. Das Jahr 1905 war das Jahr der russischen Revolution, des mffisch-japanischen Krie­ges und der marokkanischen Krisis, die durch die Aben- reurerpolitik DelcassLs hervorgerusen wurde. Es stand in allen Fragen der großen Politik unter der Nachwir­kung des englisch-französischen Vertrages vom 8. April 1904, der zu der sogenannten Entente cordiale Eng­lands und Frankreichs führte. Es war das Jahr des zweiten englisch-japanischen Bündnisses, das wie die Entente von dem kurz vor Jahresfrist zurücktretenden Ministerium Balsour-Landsdowne unterzeichnet war. dem das liberale Kabinett Campbell-Bannermann-Grey folgte. Die auswärtige Politik beider Kabinette war die König Eduards VII und ging darauf aus,, nach der Vernichtung der ruffischen Flotte durch das verbündete Japan unter Ausnutzung der französisch-russischen Alli­anz eine Brücke zu einer ruffisch-englischen Verständi­gung zu schlagen. Das kaum verschleierte Ziel war,

eine große antideutsche Kombination zu schaffen, ein Werkzeug, das wenn Tag und Stunde günstig war, zur Vernichtung der aufstrebenden Kraft Deutschlands die­nen sollte. Parallel ging diesen Anschlägen die Tätig­keit der deutsch-feindlichen Presse, die ihren Mittelpunkt in London hatte und bemüht war, die gegen Deutsch­land gerichtete Tendenz zur herrschenden in der öffent­lichen Meinung Englands zu machen. Sie fand ein Echo in Frankreich und bald auch in Rußland und verstand in der Folgezeit alle Schachzüge der gegen uns gerich­teten Politik des englischen Kabinetts erst einzuleiten und dann als nationale Notwendigkeiten zu rechtfer­tigen. Die Befürchtungen, welche diese Wühlpolitik Englands Hervorrufen müßte, wurden von den Vertre­tern Belgiens rechtzeitig erkannt und mit Sorge ver­folgt. Graf Lalaing, der belgische Gesandte in London, Baron Greindl, der ausgezeichnete Vertreter Belgiens in Berlin und Herr A. Leghait, der den Brüsseler Hof in Paris vertrat, wiesen mit gleicher Aufmerksamkeit auf die Gefahren der sich vorbereitenden Entwicklung in ihren Berichten hin. Am 7. Februar spricht sich La­laing dahin aus, daß die Feindseligkeit Englands auf Neid uud Furcht vor den Zukunftsmöglichkeiten zurück- zusühren sei und daß die Agitation der Presse und die drohende Rede des Admirals Lee an das englische Pub­likum zu der chauvinistischen Vorstellung führte, daß Deutschland überhaupt kein Recht habe, seine Flotte zu vermehren.

Wenige Tage danach gibt Greindl diesen Gedanken noch schärferen Ausdruck und weist aus den rein defen­siven Charakter der deutschen Kriegsmarine hin. Die wahre Ursache des Haffes der Engländer gegen Deutsch­land sei die Eifersucht, welche die außerordentliche Ent­wickelung der deutschen Handelsflotte und des Handels und der Industrie Deutschlands hervorgerufen haben. Ein wesentlches Motiv zu der Entente mit Frankreich sei für England der Wunsch gewesen, freie Hand gegen Deutschland zu haben. Greindl verfolgt mit Sorge die Kampagne der englischen Presse und der englischen Fi­nanz, um Rußland gegen Deutschland zu gewinnen, und sieht eine Kombination entstehen, die ihm gefährlich scheint. Der von Deutschland geführte Dreibund habe uns dreißig Jahre Frieden gegeben, jetzt sei er durch den Zustand der Zersetzung geschwächt, in dem sich Oester­reich-Ungarn befinde. Die neue Tripel-Entente, Frank reich, England und Rußland werde den Dreibund nicht ersetzen, sondern vielmehr die Ursache steter Beunruhi­gung sein. Die Entente sei unwahrscheinlich «gewesen, aber Rußland Haffe Deutschland als Nachbarn, dessen Zivilisation der barbarische Stolz der Russen als De­mütigung empfinde. Im Oktober wirft er die Frage auf, ob wohl die Leute, die sich in England stellten, als fürchteten sie eine deutsche Invasion die doch unmög­lich sei aufrichtig seien und seine Befürchtung ist, daß sie den Konflikt herbeizuführen suchen, um die Kriegs- und Handelsflotte und damit den ganzen aus­wärtigen Handel Deutschlands zu vernichten. Das würde, schreibt er, den Ueberlieferungen der englischen Politik durchaus entsprechen.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsche amtliche Meldung.

WTB. Großes Hauptquartier» 29. Juli. (Amt­lich.) Westlicher Kriegsschauplatz. In Flandern schoß unsere Artillerie einen auf dem Furmeslanal liegenden Prahm in den Grund» auf dem ein schweres Schiffsgeschütz eingebaut war. Westlich von Souchez wurde ein französischer Angriff abgewiesen. Bei Eioenchy in den Argonnen und bei Vauquois sprengten wir mit Erfolg Minen. Französische Sprengungen in der Champagne ver­liefen ergebnislos.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Nördlich des Njeme« ist die Lage unverändert. Nordöstlich von Suwalki, beiderseits der nach Olita führende« Bah« besetzten «asere Trnppe« einen Teil der feindliche«

Stellungen. Sie machten dabei 29LV Gefangene und erbeuteten 2 Maschinengewehre. Sester« und in der Nacht ans heute wiederholten die Russen ihre Angriffe gegen unsere Front südlich des Narew und südlich von Nafielsk. Alle Vorstöße scheiterten unter schweren feindlichen Verlusten. Westlich von Nowo Seorgijewsk, auf dem südlichen Ufer der Weichsel, nah« eine halbe deutsche Kompagnie bei eine« Ueberfall 128 Russen gefangen. In der Ge­gend südwestlich von Sora Kalwarja versuchte« die Raffen in der Nacht vo« 27. zvm 28. Juli nach Weste« vorzudringen. Sie wurden gestern an gegriffen und zurückgeworfe».

Südöstlicher Kriegsschauplatz. Die Lage bei den deutschen Truppen ist im Allgemeinen un­verändert.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(WTB.) Wien, 29. Juli. Amtliche Mitteilung vom 29. Juli, mittags. Russischer Kriegsschau­platz. An der Grenze zwischen der Bukowina und Beffarabien überfielen kroatische Landwehr und unga­rischer Landsturm eine stark ausgebaute russische Stel­lung. Der Feind wurde vollständig überrascht und flüch­tete nach einem blutigen Handgemenge, das ihn 17V Tote kostete» aus seinen Berschanzungen. Oestlich Kamionka- Strumilowa nahmen unsere Truppen einen Oberstleut­nant, 7 Offiziere und SVO Mann gefangen. Bei Lokal wurden erneut heftige Angriffe des Gegners zurückge­wiesen. Sonst ist die Lage an der Nordostfront unver­ändert.

Italienischer Kriegsschauplatz. An der küstenländischen Front unternahmen die Italiener nur am Plateaurand bei Sdrauffina und bei Vermegliano erfolglose Vorstöße .Im Vorfeld des Brückenkopfes von Eörz räumte der Gegner seine Sturmstellungen und ging in jene Linie zurück, die er vor der Schlacht inne hatte. An der Kärntner Grenze Artilleriekämpfe und Geplänkel. Im Tiroler Grenzgebiet wurde ein feind­liches Bataillon bei Marce im Etschtal zuriickgcworfen, eine italienische Kompagnie im Gebiete der Tofana zersprengt.

Ruhe vor der Entscheidung.

(WTB.) Berlin. 30. Juli. DasVerl. Tagebl." meldet aus Kopenhagen:Rjetsch" erfährt aus russischen Generalstabskreisen, daß die nächsten Tage aus dem pol­nischen Kriegsschauplatz nur vorbereitende Gefechte bringen würden, da beide Parteien alle Kräfte für die Entscheidungsschlacht an der Narew- und Buglinie ver­sammelten. Für wen diese Entscheidung fallen werde, lasse sich nicht Voraussagen. Weiter' wird berichtet, daß die Verhaftungen von in Rußland wohnenden Schweden als Spione sich mehren.

Zur Kriegslage im Westen und Osten.

(WTB.) Bern, 29. Juli. Stegemann schreibt im Bund" zur Kriegslage im Westen u. a.: lieber Souchez scheinen die deutschen Linien wieder vorgeschoben und nicht nur der Kirchhof und die Reste der Zuckerfabrik, sondern auch weiter vorgeschobene Punkte wieder ge­wonnen zu sein. Die deutsche Meldung vom 28. Juli läßt erkennen, daß die ungeheuren Anstrengungen der Franzosen hier und die schweren Opfer, welche sie in heldenhaftem Ansturm immer wieder brachten, voll ständig umsonst gewesen sind, wenn man nicht mit fran­zösischen Kritikern annehmen will, daß ohne den Vor­stoß Ppern gefallen wäre. Aus französischen Armee­befehlen wird jetzt bekannt, daß z. B. das franMsische 70. Infanterieregiment außerordentlich gelitten hat, dessen 3. Bataillon bei dem Angriff neun Zehntel seines Bestandes auf dem Platze ließ. Wenn auch einzelne Einheiten im Stellungskrieg stark zu leiden pflegen, so ist die Vernichtung eines Bataillons doch in diesem Fall wahrscheinlich typisch für die Kämpfe zwischen Arras und Souchez, wo die Franzosen beinahe zwei Armee­korps verloren haben sollen. Damit wäre der örtliche Erfolg allerdings weit überbezahlt, selbst wenn deutsch