Nr. 173.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

90. Jahrgang.

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Amerika.

^ Die Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten sind seit dem Bekanntwerden der Note des Präsidenten Wilson wieder stark in das Interesse der öffentlichen Meinung gerückt. Die Note aus Washington trägt einen so scharfen Charakter, -daß es gerechtfertigt erscheint, sich über die Lage klar zu werden, die eventuell eintreten könnte, falls in nächster Zeit, was den nachstehenden Meldungen zufolge nicht ausgeschlossen ist, wieder einmal ein abenteuerlustiger oder bezahlter Amerikaner auf einem englischen Handelsschiff in der Kriegszone zu Schaden kommen sollte. Nach dem bisherigen Ver­halten der Regierung der Vereinigten Staaten, so­wohl in der Frage der allerdings nicht formell aber doch tatsächlich unneutralen Kriegsmaterialliefe­rungen als auch hinsichtlich ihrer nachgiebigen Hal­tung den englischen Völkerrechtsverletzungen gegen­über, müssen wir uns von dieser Seite aus auf alles gefaßt machen, denn es ist zu bedenken, daß diese Regierung nicht nur eine starke Presse hinter sich Hat, sondern vor allem auch die in Amerika allge­waltigen Männer der großen Trust- und Finanz­organisationen, die ebenso wie die englischen In­dustrie- und Handelskreise die Konkurrenz Deutsch­lands auf dem Weltmarkt mit Neid und Mißgunst verfolgt haben, und die bei einem deutschen Sieg mit einem noch stärkeren Wettbewerb, namentlich in Südamerika zu rechnen hätten. Dazu kommt, daß diese Kreise fast durchweg englischer Abkunft sind, oder doch durch verwandtschaftliche Beziehungen mit England verbunden sind, ein Faktor, der nicht un­terschätzt werden darf. Man hat überhaupt den Ein­druck, wie wenn England es verstanden habe, ohne Aufsehen den ganzen Beamtenappavat der Vereinig­ten Staaten nach einer rein englischen Anschauungs­weise zu orientieren, denn sonst wäre die offenkun­dige Uninteressiertheit der Washingtoner Kreise an der sog. Monroedoktrin namentlich Kanada gegen­über nicht verständlich. Die Amerikaner mußten sich ihre Unabhängigkeit von England erst erkämpfen, und heute, wo sie Gelegenheit hätten, dem von Herrn Wilson so oft im Mund geführten Recht der Frei­heit der Meere Geltung zu verschaffen, da unterstützt die amerikanische Regierung indirekt dasselbe Eng­land, das sich die Herrschaft über die Meere anmaßt, das durch den Besitz Kanadas die Ansprüche der Ame­rikaner auf Alleinherrschaft in Amerika durchkreuzt, und das gerade im jetzigen Krege den ganzen neu­tralen Verkehr mit rücksichtsloser Willkür behandelt Angesichts dieser offensichtlichen Parteinahme der Regierung der Vereinigten Staaten zu Gunsten Eng­lands wird es uns eine gewisse Beruhigung gerväh ren, wenn wir hören, wie die Deutsch-Amerikaner den englischen Machenschaften und der Haltung ihrer Regierung entgegentreten. Sie haben in ganz Nord amerika eine großartige Agitation gegen die Muni- tonsausfuhr und gegen die Kriegshetzereien durch geführt, deren Erfolg selbst von einem so englisch ge sinnten Präsidenten wie Wilson es ist, nicht ohne Weiteres wird übersehen werden können. Es wurde ein deutsch-amerikanischer Nationalbund gegründet der alle Kräfte einsetzt, die Hoffnungen unserer Feinde bezüglich Amerikas zu vereiteln. Wir wissen unfern Brüdern überm Ozean, um deren Heimat liches Gefühl wir uns leider bisher nur wenig ge kümmert haben, innigen Dank, daß sie im Kamp um unsere Existenz so treu zu uns stehen, und wir hoffen, daß nach dem Krieg die Beziehungen zwischen

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dem Mutterland und den Ausgewanderten sich enger gestalten möchten, als das bisher der Fall war. Der vom deutsch-amerikanischen Nationalbund veröffent­lichte Aufruf, der uns in freundlicher Werse von einem unserer Leser zur Verfügung gestellt wurde, wird sicherlich weite Kreise interessieren, weshalb wir ihn hier folgen lassen:

Ein Aufruf der Deutsch-Amerikaner.

Deutsch-Amerikanische! Mitbürger! Seit dem Ausbruch des Krieges, den unser deutsches Vaterland gegen eine Uebermacht von Feinden zu bestehen hat und in dem das geeinte Volk Opfer bringen und An­strengungen machen muß, wie noch nie zuvor ein Volk, sind unserer .alten Heimat neue Feinde er­wachsen, gegen die nur wir sie schützen können. Und das sind Feinde, die nicht nur Deutschland bedrohen, sondern in demselben Maße auch uns als amerika­nische Bürger. Diese Feinde sind: Schmähung, Ge­hässigkeit gegen alles Deutsche, und vor allem wieder­holte Bestrebungen, die Bundes-Regierung zu Hand­lungen zu bewegen, d?e alle gegen Neutralität ver­stoßen, ja sogar wenn möglich die Vereinigten Staa­ten in einen Krieg gegen Deutschland und seinen Verbündeten zu stürzen. Gewiß ist ein guter Teil dieser feindseligen Bestrebungen auf fremden Ein­fluß Neid und Mißgunst, und auf Unwissenheit zu­rückzuführen aber wir müssen uns auch selbst sagen, so beschämend es für uns klingen mag, daß es vor allem unsere eigene Schuld ist, daß diese Angriffe auf unser altes Vaterland überhaupt gemacht werden können.

Seid stolz auf eure deutsche Abstammung.

Der Engländer, der Ire, der Schotte, der Fran­zose bleibt, wo er sich auch ansiedelt, seinem Heimat- ande getreu, und wenn ihre alte Heimat ange­griffen wird, so verteidigen sie dieselben mit Wort und Schrift; dev Deutsche aber, sei es aus Gleich­giltigkeit, sei es aus Gutmütigkeit, die ihm aber oft genug als Feigheit ausgelegt wird, hat in der Ver­gangenheit in der Regel nicht nur jede Verleumd­ung seines Volkes und Landes über sich ergehen lassen, sondern in nicht wenigen Fällen hat er selbst mitgeholfen, ohne dabei zu bedenken, daß er damit nicht nur schlecht an seinem Volke handelt, sondern auch sich selbst den größten Schaden zufiigt. Woher kommt es denn, daß wir vielen Deutsch-Amerikaner in den Vereinigten Staaten, wir, die man, wenn es gerade patzt,unsere besten Bürger" nennt, wir, die fast 200 000 Mann ins Feld stellten, als es sich um die Existenz der Union handelte, wir, deren fleißige Arbeit in hervorragendem Maße zu der gegenwär­tigen Machtstellung der Bereinigten Staaten beige­tragen hat; woher kommt es, fragen wir, daß wir es bis jetzt hinnehmen müssen, daß unser altes Vaterland, und damit auch wir selbst, in den Schmutz gezogen wird? Oder heißt das nichtin den Schmutz ziehen", wenn man unseren Volksgenossen vorwirst, sie seien Räuber, Diebe und Schänder, wenn ein amerikanischer Geistlicher öffentlich das Oberhaupt der deutschen Nation Mörder und Totschläger zu nen­nen wagt? Zeigt das nicht, daß solche Leute uns amerikanische Bürger deutscher Abstammung verach­ten, und glauben, es fehle uns an Mut und Ent­schlossenheit, unsere Stellung als amerikanische Bür­ger geltend zu machen? Schon sind wie gesagt, Stim­men laut geworden, die darauf hinarbeiten, daß unsere Regierung sich mit an dem Krieg gegen Deutschland beteiligen solle, gegen das Land, das nie mit den Vereinigten Staaten im Unfrieden gelebt

hat, das der Union so viele tapfere Krieger, so viele geistige und materielle Kräfte geliefert hat, das Land, dessen Söhne zur Rettung der Union so viel beigetragen haben!

Unsere Pflicht der Union und der alten Heimat gegenüber.

Wenn wir zugeben, daß die deutschfeindlichen Kräfte noch weiter ihr verderbliches Wesen treiben und die neutralen Elemente unter unseren amerika­nischen Mitbürgern verhetzen, so machen wir uns des Verrates schuldig, nicht nur an den Vereinigten Staa­ten, sondern auch an denen, die einst ihr Leben für die Union gelassen haben, an unfern Kindern und Nachkommen, des Verrates an den amerikanischen Idealen, die uns das Land, dessen Bürger wir ge­worden sind, teuer machen, des Verrates an all den Bestrebungen, die Vereinigten Staaten von Amerika zum Führer unter den Nationen in den Werken des Friedens und der Kultur zu machen. und wir werden zu Verrätern an den geheiligten Ueberliefe- rungen und an der Liebe und Treue, die wir der deutschen Heimat schulden. Noch ist es, Gott sei es gedankt, nicht so weit gekommen. Die freiwilligen Beiträge beweisen, daß die Not der Heimat uns allen ans Herz greift und daß der gute Wille bei uns be­steht; aber der gute Wille muß sich zur festen Tat umwandeln, damit wir den Stammesgenossen über dem Weltmeer, dem alten Vaterlande helfen, die Feinde von ihm abzuwehren, die ihm jetzt erwachsen sind. Das aber können wir nur erreichen, wenn wir uns fest zusammenschließen und uns einig den An­griffen entgegenstellen, die nicht nur unser altes Vaterland, sondern zu gleicher Zeit auch die Union und damit uns und unsere Kinder, schwer bedrohen; an uns ist es zu zeigen, daß wir als Bürger der Ver­einigten Staaten deren Ueberlieferungen und Ideale Hochhalten, daß wir alles daran zu setzen bereit sind, daß die jahrhundertelange, enge Freundschaft zwi­schen Amerika und Deutschland, zwischen dem deut­schen Reiche und der Union nicht zu Schaden komme, sondern im vollsten Maße aufrecht erhalten bleibe, als Ilnteriisiank siiv Kl?

als Unterpfand für die dauernde Größe der Vereinig­ten Staaten, und zum Schutze der alten deutschen Heimat.

Der deutsch-amerikanische Nationalbund.

Jetzt ist die Stunde gekommen, wo der deutsch- amerikanische Nationalbund mit seinen zweieinhalb Millionen stimmberechtigter Mitglieder der großen Aufgabe gerecht werden soll, die ihm bei seiner Gründung gestellt worden ist, ein starker Hort des Deutschtums, eine Bürgschaft für die dauernd freund­schaftlichen Beziehungen zwischen den Bereinigten Staaten und Deutschland zu sein, ein Verband, der uns Deutsch-Amerikanern die ehrenvolle und geach­tete Stellung sichert, die uns von Rechtens zukommt. Heute, wo es sich darum handelt, der alten Heimat in der Todesnot die Treue zu bewähren, wo unser einiges, tatkräftiges Zusammenhalten so viel dazu beitragen kann, unseren bedrängten Volksgenossen neuen Mut und neue Kraft zu verleihen, heute rich­ten wir an euch alle die dringende Bitte, daß ihr euch, ohne Unterschied des Berufes oder der Partei, nur daran erinnert, daß ihr deutsches Blut seid, da­mit wir, einig wie die Stamnresgenossen in der alten Heimat, die feindlichen Umtriebe zu Richte machen. Der Zentralverband von Boston und Umgebung hat bei dem deutsch-amerikanischen Nationalbund den Antrag gestellt, überall in den Vereinigten Staaten wo deutsche Herzen für die alte Heimat schlagen, Ver­sammlungen abzuhalten. In der in Symphonq-Hall