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Amtsblatt des Kreises Calw für Altensteig und Umgebung — Heimatzeitung der Kreise Calw und Freudenstadt
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Nummer
18«
Altensteig» Donnerstag» den 11. Juli 191«
8». Jahr,an«
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Bericht eines Avgenzengen
Viele Berichte und Bilder haben das namenlose Flüchtlingselend, das die Kriegserklärung der französischen Regierung vom 3. September 1939 jetzt über das französische Volk brachte, eindrucksvoll geschildert. Die Aufzeichnungen eines Augenzeugen, der in dem Strom der Millionenflüchtlinge- mitten in einer fliehenden Armee, trieb, enthalten die erschütterndste Anklage, die bisher gegen die Folgen der Politik der Kriegshetzer erhoben worden ist.
Mittwoch, den 12. Juni. — Vier Uhr morgens. Ich fitze hier ms einem durchregneten Heuhaufen mitten auf einer Wiese. Wie ich den Wagen in d. ser stockfinsteren Eewitternacht über 209 Meter feldeinwärts gebracht habe, weiß ich überhaupt nicht mehr.
Es gibt also doch einen Gott für schlaftrunkene Autofahrer.
Testern, Dienstag nachmittag, gegen 1 Uhr, habe ich Paris verlassen. Die Ausfahrt aus Paris war furchtbar. An der Porte d'Jtalia begann schon das Drama. Stellenweise können auf dieser herrlichen Straße nach Fontainebleau acht Wagen nebeneinander fahren. Es fuhren zehn, zwölf nebeneinander. Wie, das kann ich nicht erklären. Oft stießen zwei und auch drei Automobile so heftig zusammen, daß sich Kotflügel und Achsen ineinander verbogen rmd die Wagen dann als Zwillinge oder Drillinge die Fahrt gemeinsam fortsetzten.
Jedes Auto glich einem Lastkamel. Oben auf der Wagendecke «ufgebunden: Matratzen, Koffer, Kinderwagen, Fahräder, Klapp- ftühle, Ersatzreifen, Benzinkannen usw. Vorn auf dem Kühler, hinten über dem Wagenkoffer: Körbe, Kisten, mit ganz unnötigen Dingen vollgestopfte Säcke, Nähmaschinen, Spielzeuge, Hunde-, Katzen- und Vogelkäfige und im Innern des Wagens, lebendig begraben in einem Wust von Schachteln, Paketen und Bettdecken: die Menschen, lieber zwei Millionen Einwoh- «eroerlassen so feit zwei Tagen die Hauptstadt. Schon an der Porte d'Jtalia wurde ich von einer Flut von Reileicht 50 090, vielleicht 100 000 Automobilen erfaßt und mit- aejchwemmt. Zwischen 1 llhr nachmittags und 2 llhr nachts, also innerhalb von 13 Stunden, bin ich gut 20 Kilometer vorwärts gekommen. Ich entsinne mich, gegen 9 Uhr abends den Flugplatz von Orly (von Fliegerbomben fast völlig zerstört) passiert zu haben.
Diese Wiese kann nicht weit vom Flugplatz entfernt fein, denn »ach Orly kam ich überhaupt nicht mehr von der Stelle. Es hatte ßch eine wüste Szene abgespielt. Aus der Richtung Paris kamen mehrere hundert schwere Lastwagen, auf denen in Uebereile abmontierte Maschinen aufgetürmt waren. So mutz es ungefähr anssehen, wenn Riesentanks im Rücken angrerfen. Unsere Last- kamele wurden einfach auf die Seite gequetscht oder umgeworfen. 3m selben Augenblick tauchten aus der entgegeHgesetzten Richtung, aus Fontainebleau kommend, eine Menge Militärungstüme auf. Einige Soldaten schrien: „Platz! Ein Lebensmitteltransport!" Platz? Du lieber Himmel! Eher ginge ein Kamel durch «ine hohle Hand. Alles stockte. Lin älterer Offizier tauchte auf, «ückte sein Käppi in das Genick und übernahm den Ordnungsdienst. Wir atmeten erleichtert auf. Rach einer Stunde Ord- «mgsdienst des älteren Offiziers standen, ohne Uebertreibung, über 50 große Lastwagen quer über der Straße, dazwischen eingekeilt einige hundert Privatwagen. Es gab weder ein Vorwärts «ch ein Rückwärts. Das alles schien wie eine Art Ende der Wett. Dazu kam die Nacht.
*
Jetzt entsinne ich mich. So kam ich mit vielen anderen auf diese Wiese. Der Morgen graut. Um mich her eine Art Wallen- steiu-Lager. Soweit ich schauen kann, Automobile. Viele Dutzende mit der Bauchseite nach oben, die vier Räder wie bittende Arme »«gen den milchblassen Himmel hinaufstreckend. Kinder schreien. Männer spucken und fluchen. Nicht weit von mir entfernt sitzt «ine junge Dame mit weißen Handschuhen. Das schwarze Seidenkleidchen, durchnäßt vom Regen und Tau, klebt an der Haut. 3m Halbdunkel erscheint mir ihr Gesicht wie ein streifenbemalter Jndianerkopf. Ich nähere mich. Es ist nur das Rot der Lippen Md das Schwarz der Augenbrauen, die sich infolge der Nässe auf- Ulöst haben und nun über Wangen und Hals herunter tropfen. Eire von hunderttausend Pariserinnen, die gestern überstürzt Modeatelier und Ladentisch verlaßen haben.
Hoffentlich geht es heute vorwärts. Das Schwerste ist übermüden. Ich soll morgen abend in Pau sein, wo mich der Di- «ktor einer bedeutenden Filmgesellschaft erwartet und wohin mir gestern eine Menge wertvolles Filmmaterial verladen haben. Der Morgen ist herrlich. Jetzt steigt die Sonne hoch. Wenn mrr der Wagen schon auf dem festen' Boden der Landstraße stimde.
»Da liegen wir festgenagelt"
Mittwoch, den 12. Juni, abends 9 Uhr. Hier, vor diesem Pappelbaum, stehe ich nun seit vier geschlagenen Stunden. Seit Mute früh 4 Uhr mutz ich etwa 60 Kilometer zurückgelegt habe». 3ch bin aber, soweit ich mich orientieren kann, höchstens 20 Kryometer von einem durchrsgneten Heuhaufen entfernt.
Ich begreife nickt, was um uns herum vor sich geht. Kurz nach k Uhr früh, als ich mit Ach und Krach die Straße von Fontaine- M«a» wieder erreicht hatte, wnrdeu wir von Offiziere» rückwärts auf einen Feldweg verwiese». Dan» begann eine Irrfahrt, -rsnz >»d q«er. bald S Kilometer i» Richtung Orleans, dann Müder nlatt Sb« und Wissen in «mgekehrter Richtung.
Herrliche Taten unserer unvergleichlichen Lllftwaffe
Sin Kreuzer und 4 Handelsschiffe versenkt — 1 Kreuzer und 3 Handelsschiffe schwer
getroffen — 28 britische Fluzzeuge abgeschoffen
DNB Berlin, 1«. Juli. Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:
Unsere schon bei der Niederwerfung Frankreichs erwiesene Ueberlegenheit zur Luft macht sich nunmehr auch gegenüber England immer stärker geltend. Bekanntlich erhöhte ich die gestern durch Sondermeldung mitgeteilte Zahl von i2 Abschüssen während des Tages nach weiteren Lnftkämp- !en auf 28 Abschüsse. Nach bisher vorliegenden Meldungen wurden am Mittwoch erneut alleFlugzeuge einer an- zreifenden Kampfstaffel abgeschoffen. Unsere Flakartillerie zwang die sieben Vriten-Bomber vor Errei- hung ihres Angriffszieles, des Flugplatzes Amiens- 8 liffy, abzudrehen und ihre Bomben ungezielt und vor- jeitig abzuwerfen. Militärischer Schaden wurde infolgeressen nicht angerichtet. Nach Einstellung des Flakfeuers griffen unsere Jäger an und schossen sämtliche Feindbomber ruf dem Rückflug der Reihe nach ab. Eigene Verluste traten iricht ein.
Berlin, 1«. Juli. Das OKW. bibt bekannt:
Soeben werden weitere außerordentliche Erfolge unserer Luftwaffe bekannt, nachdem bereits durch Sondermeldnng ver Abschuß aller sieben Flugzeuge einer britischen Vomben- staffel bei Amiens gemeldet wurde. In der Straße von Dover griffen unsere Kampfflugzeuge heute nachmittag einen stark gesicherten britischen Eeleitzug an und versenkten durch Bombentreffer einen Kreuzer sowie vier Handelsschiffe mit insgesamt 21 «VV BRT. Weiterhin erhielten ein Kreuzer and drei Handelsschiffe mit insgesamt 19 vü« BRT. schwere Treffer, so daß sie teilweise mit starker Schlagseite und brennend liegen blieben. Die den Eeleitzug sichernden feindlichen Jäger wurden in Luftkämpfs verwickelt und hierbei lü von ihnen abgeschossen. Vier eigene Flugzeuge kehrten nicht zurück.
Der Wehrmachtsbericht
Erfolgreiche Angriffe der deutschen Luftwaffe in England 14 Schisse versenkt oder ichwer beschädigt —Treffer auf Flugplätze und Rüstungswerke — 29 britische Flugzeuge abgeschossen
DNB. Berlin, 1«. Juli. Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:
Ein U-Boot meldet die Versenkung von 35 187 BRT. feindlichen Handelsschiffsraumes.
Durch Luftangriffe gegen England wnrden vor der Ost - und SLdkLste ein Borpostenboot sowie drei Handelsschiffe mit einer Gesamttonnage von 26 09« BRT. versenkt. zehn weitere Handelsschiffe schwer beschädigt und teilweise in Brand gefetzt. Treffer in Tanklagern der Flugplätze von Pembroke und Ipswich sowie in den Rüstungs
Wus doch so ein Auro alles leisten kann, wenn es will. Wir waren sicher an die 10 000 Lastkam..e, die den lieben langen Tag diesen Zirkustanz ausführten. Jedesmal, wenn wir eine Landstraße berührten, war sie voller Militärtransporte.
Vor einigen Stunden konnten wir, dank einiger Soldaten, die uns die Einfahrt auf eine Landstraße freigaben, ans dem Käfig herauskommen. Nur einige hundert waren so gottbegnadet. Soweit das Auge sieht, lauter Matratzen und Matratzen. Hier und da inzwischen vier Räder gegen den Himmel.
Ich kenne diese mit alten Pappeln besetzte Strahe. Sie fuhrt über Pathiviers nach Malesherbes, von dort zur Loire in Richtung Orleans oder Sully. Sie stammt aus der napoleonifchsn Zeit und durchschlängelt die Landschaft des Loret, die sich in der Abendsonne in majestätischer Schönheit rings umher ausbreitet. Die Ackerkrume riecht wie frischgebackencs Brot. Ein Schwarm Stare, wie eine in die Luft geworfene Hand voll Lumpen, stiegt über das Kornfeld südwärts. Da liegen wir nun festgenagelt. Rechts eine Schlange FILchtlingsautos, links ei» endloser Militärtransport. Bis wohin reichen Schlang und Transportzng? Rückwärts sicher bis Paris, der Loire zu ohne Zweifel bis Malesherbes, vielleicht gar bis Orleans, zum Kuckuck, vielleicht bis Biarritz oder Pau.
werken von Norwich, Leeds, Tilbnry «nd Swa «- s e a verursachten Brände und Explosionen. lieber dem Kanal kam es mehrfach zu Luftkämpfen zwischen deutsche« und britischen Jägern, bei denen der Gegner starke Verlust« erlitt.
Wie bereits durch Sondermeldung bekanntgegeben wurde, versuchten zwölf britische Bombenflugzeuge des Musters Bristol-Blenheim, den Flugplatz Stavanger-Sola anzufliegen. Sämtliche angreifenden britischen Flugzeuge wnrden vor Erfüllung ihres Auftrages abgeschossen. Verluste an deutschen Flugzeugen sind hierbei nicht eingetreten.
In der letzten Nacht griffen feindliche Flugzeuge wiederum m Holland. Nord- und Westdeutschland nichtmilitärifche Ziele an, ohne wesentlichen Sachschaden anzurichten.
Die Gesamtverluste des Gegners betrugen gestern 29 Flugzeuge, darunter ein Sunderland-Flugboot. 28 Flugzeuge sind im Luftkampf, ein Flugzeug durch Flak abgeschoffen. Drei eigene Flugzeuge werden vermißt.
In der Nacht vom 8. zum 9. Juli wurde, wie nachträglich bekannt wird, ein britisches Flugzeug durch Nachtjäger über der Deutschen Bucht abgeschoffen.
Aussprache beim Führer
Die ungarischen Staatsmänner und Außenminister Graf Ciano beim Führer
DNB München» 10. Juli. Der Führer empfing Mittwoch vormittag in Gegenwart -es Reichsministers des Auswärtige» von Ribbeutrop und in Anwesenheit des seit Sonntag ,de« 2uli, auf Einladung der Reichsregiernng in Deutschland weilenden königlich italienische« Anßenmiuisters Traf Ciano im Führer-«» am Königlichem Platz den auf Einladung der Reichsregierung eiugetroffeneu königlich ungarischen Ministerpräsidenten Graf Teleky und den königlich ungarischen Außenminister Graf Csaki. Die Aussprache fand im Geiste der traditionellen freundschaftlichen Beziehungen zwischen den drei Staaten statt.
Graf Ciano an der Kanalküste Fortsetzung der Reise durch das Operationsgebiet im Weste«
Berlin, ick. Juli. Der königlich italienische Außenminister Gras Ciano setzte mit den Herren seiner Umgebung seine Reise durch das Operationsgebiet im Westen fort. Auf einem Feldflughafer besichtigte Graf Ciano, der selbst einer der ersten Flieger Italiens ist und sich als Flugzeugführer bei der Eroberung Abessiniens hervorragend anszeichnete, deutsche Kampfflugzeuge. Er ließ sich deren Einzelheiten durch Generalleutnant Loerzer eingehend erklären.
Der italienische Außenminister interessierte sich besonders sä, die Berichte seiner deutschen Fliegerkameraden, die eben von der letzten erfolgreichen Flügen gegen England zurückkamen.
Graf Ciano besichtigte ferner die trichterbedeckten Rückzugs- straßen der vernichteten feindlichen Heere aus der Flandern- schiacht und die eindrucksvollen Spuren des feindlichen Zusammenbruchs am Strande der Kanalküste und in den Kanalhäfen In den Städten der Kanalküste und in verschiedenen Orter Rordbelgiens, wo die Fronttruppen und die Zioilbeoölkerun; den hohen italienischen East rasch erkannt hatten, wurden Graj Ciano herzliche Kundgebungen der Freundschaft bereitet.
In diesen Augenblicken hat inan dann plötzlich das Gefühl, dam irgend etwas passieren mutz. Meistens passiert dann auch etwwN So war es auch auf der Straße nach Pithiviers. Von hinten Hers Stimmen, Befehle. Biele drehen schon den Wagen um. JH auch. Die Befehle kommen näher: Es sind Offiziere. Sie fordern uns auf, die ganze Straße sofort freizugeben. W« sollen wir denn hin um Himmelswillen? Es gibt kein Pardo» Alle Lastkamele müssen von dieser Chaussee. Wer die Böschung nicht packt, bleibt eben im Graben liegen, bis der Krieg vorbei ist. Achsen brechen, Reifen platzen; das kracht wi« Kanonenschüsse. Ich komme haarscharf an meiner Pappel vorbei. Nach einer Stunde ist unser Straßenabschnitt frei. Ei» Auto auf zehn ist bei dieser Operation außer Dienst gefetzt. Dnl Unglücklichen packen ans, fetzen sich in das Kornfeld rmd — essen.
Was nun? Wahrscheinlich werden wir die ganze Rächt hier verbringe« muffen. Gewaltige Truppentransporte rücken Hera» Schwere und leichte Geschütze, Infanterie, Maschinengewehre, Feldküchen, Neger, Marokkaner, Fliegerabwehr, Tanks, Sanitätskolonnen... Wohin werden diese Divisionen geleitet? Nach Paris? Die Straße mündet in östlicher und westlicher Richtung auf die großen Zufahrtsstraßen zur Hauptstadt. Man wird atzs