Schwarzwälder Tageszeitung
Seite 3
Nr. 91
Französische Drohungen gegen Schweden
Brüssel, 17. April. Nachdem der deutsche Eegenschlag gegen den von den Westmächten geplanten Angriff auf Norwegen und Dänemark erst vor wenigen Tagen das Hinüberziehen Norwegens und Dänemarks auf die Seite Englands und Frankreichs verhindert hat, sucht die französische Presse schon wieder nach einem neuen Opfer ihrer Kriegsausweitungspolitik. Diesmal ist es Schweden, das gegen feine ureigensten Interessen und im Gegensatz zu der von diesem Land immer wieder betonten Neutralitätspolitik mit der englisch-französischen „Freundschaft" beglückt werden soll.
So erklärt der „Petit Dauphinois", dag die Westmächte in Schweden eindringcn müßten, „um die Erzfrage an ihrem Ausgangspunkt zu lösen". „Dspsche de Toulouse" empfiehlt eine französisch-englische Intervention in Schweden. Im „Ordre" fragt Pertinax, ob Schweden begreifen werde, daß seine Sache und die Sache Norwegens ein und dieselbe ieien. Die Westmächte stünden in Skandinavien erst am Beginn ihrer Aufgabe, und die Rolle Schwedens gewinne daher immer größere Bedeutung. Pertinax fordert dann Schweden in verblümter Sprache auf, Norwegen zu Hilfe zu eilen, indem er schreibt, schnelle ausländische Hilfe für Norwegen sei notwendig, „um das Vertrauen in den Ausgang des Kampfes in dem Lande zu erhöhen".
Rumänien sichert die Schiffahrt
Außerordentliche Maßnahmen vorgesehen
Bukarest, 17. April. Der Minister für Marine und Luftfahrt, General Theodorescu, legte dem rumänischen Parlament einen Gesetzentwurf vor über außerordentliche Maßnahmen zur Sicherung der Schiffahrt in den rumänischen Hoheitsgewässern.
Stimmungsbild aus Norwegens Hauptstadt
Deutsche Wachablösung in Oslo
PK.-Sonderbericht von Hans Eiese
ndz. Es gibt in Norwegens Hauptstadt Oslo zurzeit zwei Kategorien von Menschen, die sich mächtig übereinander wundern. Wenn sie sich auf. der Straße begegnen, fliegen staunende Blicke hin und her. Diese beiden Kategorien sind einmal die Norwegerinnen und zum anderen die deutschen Soldaten. Die Norwegerinnen und mit ihnen auch die Norweger staunen über die große Zahl der deutschen Soldaten, und die Soldaten wundern sich über die Mädchen und Frauen, die hier trotz lachenden Sonnenscheins und wahrhaft sommerlich-warmer Witterung noch immer in richtigen „Hosen", langen Männer- und Skihosen, herumlaufen und dabei dicke, wollene Strümpfe tragen, die in allen nur denkbaren Farben schimmern.
Ueberall sieht man diese „buxen"bewehrten Frauen und Mädchen. Sei es in der Stadt, wenn die deutschen Soldaten singend vorbeiziehen, oder am Hasen, wo Tag und Nacht die deutschen Transporter neue Truppen, Kisten, Waffen, Geschütze, Panzerwagen und sonstiges Krieasgerät ausspeien. Niemals herrscht hier Ruhe. Genau so gern lustwandeln die kleinen Oslorinnen nach den Klängen der flotten Militärkapellen, die fast jeden M'ttag vor dem Parlament ein Platzkonzert veranstalt-" wastei das Engellandlied niemals vergessen wird. Ein ganz besonders eindrucksvolles Bild von dem zackigen deutschen Soldatentum aber erhalten die Osloer täglich vor den Toren eines Hotels, wo sich das Divisionsstabsquartier befindet Fast zu keiner Stunde am Tage ist die gegenüberliegende Straßenseite des Hctels unbesetzt. Immer wieder stauen sich die Menschenmassen, die den Betrieb miterleben wollen. Keine Sekunde lang stehen die Türen still. Wagen brausen heran, halten kurz, Offiziere, Ordonnanzen steigen heraus, graue, blaue und schwarze Uniformen quellen durcheinander. Infanterie, Flieger, Panzertruppen, Marineangehörige, alle Waffengattungen sind hier vertreten, die mit Befehlen kommen und gehen.
Die Wachablösung erregt jeden Tag wieder die besondere
Unseres Herrgotts Klückrpilr
Roman von Kurt Riemaa«
13. Fortsetzung
„Einen Bären aufgebunden?" zuckt Heinrich vielsagend dre Achseln. „Liebe Schwägerin, hier liegen Tatsachen vor, dre wir nicht wegleugnen können. Ich kann ja dein Erstaunen begreifen. Es ist bestimmt keine Kleinigkeit, wenn «rnem so mir nichts, dir nichts plötzlich eine Mutter präsentiert wird. Aber da sich die Sache doch bald herumsprechen wird, dachte ich mir, es ist bester, ihr wißt gleich Bescheid. Und zwar gründlich. Fräulein Frowein mag mich berichtigen, wenn ich was Falsches sage!"
„Das ist doch die Höhe!" stößt Ella endlich hervor. „Sie wollen unfern Vater heiraten? Ja, haben Sie sich denn überlegt, was das für uns heißt?"
E * 5 "Scherl eine ganze Familie unglücklich!" schluchzt Gertrud. „Sie haben unfern armen Vater eingefangen und mund uns unglücklich. Oh, ich kann mir das schon gut denken. Sie wollen hier heraus aus dem Dorf und ins warme Nest setzen! Ach, der arme Vater! Ader ich gehe ins Wasser, wenn er uns die Schande antut!"
sagen Sie doch schon, daß das alles Unsinn ist!" nogl Elia zornbebend hervor. „Ich bin Lehrerin wie Sie. A'?,keine fünf Jahre im Alter auseinander und viel- Lell an kein Jahr älter als Gertrud. Das ist doch Wahnsinn, wenn Sie eines Tages daherkämen und sollen""^ "erlangten, daß wir „Mutter" zu Ihnen sagen
rührt Katarina Frowein in ihrem Kaffee und - mk ab und zu ein wenig spöttisch, wie das so ihre Art ist, x".^erse umher und denkt scheinbar gar nicht daran, zu aen Vorwürfen Stellung zu nehmen.
„Eo reden Sie doch schon!" ruft Gertrud unbeherrscht. ,,vo sagen Sie doch schon endlich ein Wort! Ist das wahr, ae mein Mann behauptet, oder ist es gelogen?"
'Äugt denn Ihr Mann sonst?" .
.Unerhört! Das ist eine Beleidigung!"
'r«ttte, nicht ich, sondern Sie haben diese Möglichkeit usgesprochen. Außerdem wäre es nicht verwunderlich, «ver so vorzüglich spioniert, wie es der Herr Woltersdorf »eian hat, dem traue ich auch eine Lüge zu."
Bewunderung der Bevölkerung. Autos und Straßenbahnen werden für kurze Minuten gestoppt und gespannt starrt alles den mit langsamem Schritt herankommenden Soldaten entgegen. Im Exerzierschritt kommen sie an, kurze, hallende Kommandos ertönen. Wie am Bindfaden gezogen schnellen die Gestalten bei den Wendungen auf den Absätzen herum. Die alten Posten rücken ab, die neuen übernehmen die Wache, noch einmal klingt das Echo des Paradeschritts auf dem Pflaster und Sekunden später rollen wieder die Autos, klingen die Straßenbahnen, fluten die Menschen hinweg, um neuen Zuschauermasten Platz zu machen. Marschierende Kompanien, rollende Kolonnen, Parademarsch bei der Wachablösung, klingendes Spiel vor dem Parlament, Posten in Stahlhelmen, auf den Straßen und hoch über uns auf den Dächern, überall deutsche Soldaten.
Das nördliche Norwegen
Die unvergleichlich starke Stellung, die Deutschland im südlichen und mittleren Norwegen besitzt, wird durch einen Vergleich mit dem nördlichen Norwegen deutlich erkennbar. Dieser Nebenkriegsschauplatz, der heute von England ausschließlich aus Prestigegründen in den Vordergrund seiner innerpolitischen Aufpulverungspropaganda gerückt wird, ist von den Norwegern selbst immer als der kärglichste und einsamste Teil ihres Landes bezeichnet worden. Wer ihn betritt, taucht in eine Felseinöde ein, deren steinerne Schrecknis nicht umsonst zur Wiege vieler Heldensagen des Nordens wurde. Hier wohnten seit jeher kaum Menschen, sondern nur die dunklen Schatten der Dämonen und Riesen. Strategisch und wirtschaftlich muß sich jeder Angriffs- und Eroberungsversuch in diesen Felsmassiven von selbst totlaufen. Für den Kampf der deutschen Luftwaffe gegen England sind diese Gebiete durchaus unerheblich. Sie haben eine Bedeutung nur für den spärlichen Verkehr im Norden selbst, vor allem für die norwegischen Heringssischer. Nach der Zerstörung der Bahnlinie von Narvik nach Schweden, deren unvergleichlich große Viadukte heute in Trümmer liegen, kommt auch ein schwedischer Erzexport über die wenigen Häfen hier oben nicht mehr in Frage Diese Breitengrade sind jetzt von der Welt abgeschiedener denn je. Daß die englische Hochseeflotte sich mit ihnen beschäftigen muß, zeigt deutlicher als alles andere die vernichtende Kraft des deutschen Schlages gegen die britischen Okupationsabsichten in. Norwegen. Was England zu fürchten hat, ist die deutsche Anwesenheit in Drontheim, Bergen, Stavanger, Kristian- sand und Oslo. Wer anders spricht, lügt. Auch Herr Cham- berlain kann diese harten Tatsachen der geographischen Wahrheit nicht in ihr Gegenteil umbiegen
Nördlich der alten norwegischen Hauptstadt Drontheim, von der eine schmale Bahnlinie durch die Drontheimer Senke nach Schweden führt, öffnen sich aus einer langen Strecke von fast 800 Kilometern nur kleinere Fsorde Die Berge treten immer steiler an das Meer heran, der Pflanzenwuchs verkümmert zusehends und nur selten noch schaut öas Auge in einer einsamen Bucht im Sommer spärliches Grün. Felsöden, wohin man blickt, die alle Wege abschnei- den. Wie dunkle Gestalten aus dem Totenreich ragen die gewaltigen schwarzen Felsmasten. Unbeschreiblich die vielfache Verschlingung der Küste mit Inseln und Vorgebirgen, öden Felszinnen und kleinen Wasserstraßen. Alles ist unendlich, wild, öde, traurig und nur für den Naturfreund, aber nicht für den Soldaten und Seemann schön.
In dem kleinen Küstenort Namsos endet die Nebenbahn, die von Drontheim zwischen hohen Bergen nach Norden führte. Von hier gibt es nur noch zur See Verbindungsmöglichkeiten weiter in die Nordregion hinaus. Am kleinen Ranenfjord öffnen sich die Fischereigrllnde des Schärenhofs Aasvär. Gegenüber liegt die schroffe Inselgruppe der Sieben Schwestern, eines Massivs von sieben Bergspitzen, die 1000 Meter hoch in die Schneeregion hineinragen und sich unten mit schwarzem Fels ungeheuer jäh in das Meer Hineinstürzen. Bald danach erhebt sich an der Küste das gewaltige Massiv des Svartis. dessen ungeheures Echnee-
„Jch will nach Hause! Laß uns auf der Stelle losfahren!" jammert Gertrud haltlos und macht Miene, einfach davonzulaufeir. Im gleichen Augenblick ist Katarina aufgestanden.
„Bitte. Ich halte Sie nicht. Ich habe Sie ja nicht hergebeten."
„Aber Fräulein Frowein!" mischt sich Heinrich ein, doch sie läßt ihn nicht ausreden.
„Ich stehe hier nicht vor einem Gericht und habe keinen Grund, mich zu verantworten. Ich denke auch nicht daran, Ihnen irgendeine Antwort zu geben, solange Sie in diesem Ton mit mir reden. Ihnen, Frau Gertrud, nehme ich die Erregung nicht übel, aber von Ihnen, liebe Berufskameradin, hätte ich mehr Haltung erwartet; denn wer erziehen will, müßte zunächst einmal sich selbst so erzogen haben, daß er nicht vor einer ungewöhnlichen Situation jedes Maß verliert. Mit dem kleinen Fräulein Eva aber, das bisher so tapfer geschwiegen hat, werde ich mich später einmal gewiß ausgezeichnet verstehen. So. Und nun fahren Sie ruhig nach Hause, wenn die Dinge reif geworden find, sehen wir uns wieder. Ihnen aber, Herr Woltersdorf, würde ich empfehlen, Ihren Schwiegervater so hoch einzuschätzen, daß Sie nicht wagen, hinter seinem Rücken irgend etwas anzuspinnen, das Ihnen später einmal leid tun wird! Guten Tag!"
Ohne sich umzusehen, geht sie davon, ein Quartett gänzlich fassungsloser, aus allen Wolken gefallener Menschen hinter sich zurücklassend.
„Donnerwetter!" Ev' ist die erste, die die Sprache wiederfindet. „Die hat's uns aber gegeben! Junge, Junge, wenn das die andern in der Schule gehört hätten! Ella, dann könntest du zusammenpacken!"
„Alberne Gans!" zischt die Schwester empört. „Es ist unerhört, daß dieses Frauenzimmer es wagt, so mit uns umzuspringen. Aber sie soll uns kennenlernen! Los! Nach Hause! Ich bleibe keine Minute länger hier in diesem Drecknest!"
Die Rückfahrt ist so still, wie die Hinfahrt ausgelassen und fröhlich war. Am allerstillsten aber verhält sich Heinrich P. Woltersdorf. Er ist zu klug, um nicht einzusehen, daß er einen großen Fehler gemacht hat. Er weiß, daß jetzt ein Kampf beginnt, bei dem er sehr leicht den kürzeren ziehen kann. Nein, man wird sich sichern, Gegenminen
lew wie ein großes Leichenrua- yerabhängt. Aus 1200 Meter hoher Fläche erstreckt sich dasselbe 55 Kilometer weit bei e:ner. Breite von 16 Kilometern. Nur hier und da durchbrechen die dunklen Köpfe kahler Felshöhlen die riesige weiße Fläche, die ihre Gletscherzungen oft bis zum Meer hinuntersendet. Dann kommt der Saltenfjord, sehr gefürchtet von den Fischerbooten, da sich hier infolge Verengung der Wasserstraße durch die Ebbe- und Flutbewegung eine gefährliche Strömung, der berüchtigte Saltstrom, bildet. Weiter nordwärts geht es in den Westfjord hinein, a« dessem äußersten Zipfel Narvik liegt. Auch sein Vinnenwasser wurde unter dem Namen Malstrom schon von den Wikingern gefürchtet. Vom offenen Meere wird es durch die Inselkette der Lofoten abgeschlossen, die im Sturmwetter furchtbar und schreckhaft anzusehen sind und deren „versteinerte Bewegung" von den Reisenden oft mit einer drohenden Schlachtordnung verglichen worden ist.
Nördlich von den Lofoten liegt das Städtchen Tromsö am Lyngenfjord, der zu beiden Seiten von 1500 bis 200V Meter hohen Schneebergen umgeben ist. Ihm folgt der nördlichste Ort Norwegens Hammerfest in einer traurigen Oede, die nur durch den Glanz der Mitternachtssonne mit ihrem Farbenzauber einen etwas wärmeren Ton vorgetauschten Lebens erhält.
Wenn sich England dieses Gebiet zum Zielpunkt seiner neuesten „Eroberungen" erkoren hat, so beweist dies nur, ^ie bescheiden die englischen Wünsche auch im Norden älö mählich geworden sind. Für uns Deutsche ist diese Küste nur durch den Heldenkampf unserer tapferen Truppen in Narvik von Bedeutung. Sie haben ihre schwere Aufgabe in den letzten Tagen in dieser weltenfern gelegenen Einödlandschaft Norwegens auf das Großartigste erfüllt. Die geringen Aussichten, die sich Winston Churchill in diese« Kämpfen jenseits des nördlichen Polarkreises eröffneten, sind durch ihren tapferen Widerstand noch kärglicher geworden.
Eommodore Friedrich Bonte
2m Wehrmachtsbericht wird mitgeteilt, daß Kapitän zur v— und Eommodore Friedrich Bonte vor Narvik den Heldentod gefunden hat, eben bei dem heldenmütigen Kampf der Zer- störerbesatzungen bis zum letzten Schuß. Die Verstärkung der Besatzung von Narvik ist jetzt vollzogen durch die Zerstörer» bcsatznngen.
Kapitän zur See und Eommodore Friedrich Bonte wurde am IS. Oktober 1896 in Potsdam als Sohn des kürzlich verstorbene» Marineobergeneralarztes aus Wien, Paul Bonte, geboren. Sei»« Schulzeit verbrachte Bonte vornehmlich in Bremerhaven und Wilhelmshaven und die letzten Schuljahre in Potsdam. Am 1. April 1914 trat er als Seekadett in die Kriegsmarine ei«. Der ersten Seekadettenausbildung an Land folgten unmittelbar nach Beginn des Weltkrieges Bordkommandos auf de» Schlachtkreuzern „Derfflinger", „Lützow" und „Seydlih". Bonte nahm so an den Beschießungen von Scarborough Witby und Lowestoft Parmouth teil, machte das Gefecht auf der Dogger- kank und die Skagerrakschlacht mit. Schon bei Doggerbank wurde er mit dem EK. I ausgezeichnet. An Bord des Linienschiffe» „Markgraf" war Bonte an der Versenkung der Flotte in Scap« Flow beteiligt.
Nach dem Weltkrieg finden wir ihn in verantwortliche« Dienststellungen bei der Heranbildung des Offiziersnachwuchse». Noch dreijähriger Tätigkeit als Kommandant von Torpedobooten machte Bonte als Kadettenoffizier auf dem Kreuzer „Berlin" in den Jahren 1927128 eine längere Auslandsausbildung»» reise mit. Anschließend wurde er zur Admiralstabsausbildun> kommandiert. Die dort erworbenen Kenntnisse konnte der in- zwischen zum Korvettenkavitän beförderte Offizier sogleich wider an Bord, und zwar diesmal im Stabe des Befehlshaber» der Aufklärungsstreitkräfte, verwenden. Mit dem Aufbau dp» deutschen Flotte setzte der Bau und die Indienststellung vo« Zerstörern ein, denen der Eommodore seine ganze Neigung und Beachtung schenkte. Er wurde nun Chef einer Zerstörerdivision.
legen! Und ein alter Plan taucht plötzlich in neuer Gestalt vor seinem Auge auf. Ein Plan, mit dem man den alten Herrn, der da in seiner Heiratswut seinen Töchtern das Erbe wegstehlen will, an einer Stelle packen kann, wo er es am wenigsten erwartet, bei seinem Geschäft.
»
Bin ich wirklich so still und unberührt? Ist wirklich da drinnen alles ruhig? Ach nein! Katarina Frowein macht sich nichts vor. In ihrem Herzen tobt es. Aber sie müßte nicht die Tochter des alten Majors Frowein sein, wenn ihr das jemand anmerken sollte.
Ruhig, als sei nichts geschehen, schließt sie die Schultür hinter sich ab und geht noch auf eine halbe Stunde in die Klasse, um ihren Lehrbericht fertigzuschreiben und die Hefte zu sortieren, die sie morgen braucht. Ja, sie plaudert noch mit Frau Roost, der Reinmachefrau, ganz ruhig, als sei nichts geschehen. Dann ist sie fertig und kann in ihre kleine Wohnung, nebenan über den Flur hinweg, gehen, um sich das Abendessen zu bereiten. — Mechanisch tut sie alle Handgriffe, schneidet Brot in Scheiben, zerteilt Tomaten und streut Pfeffer und Salz darauf. Dann pfeift der kleine Wasserkessel und sie kann den Kaffee aufgießen. So. Nun ist alles, was zu tun ist, getan. Nun haben die Hände Ruhe. Nun kann man auf der Terrasse fitzen, die ihr Vorgänger aus alten Brettern und Balken gezimmert hat, und kann während des Essens den Staren zusehen, die ihrer Brut das letzte Abendfutter bringen. Dabei haben die Gedanken Zeit, spazierenzugehen.
Das also sind Wilhelm Häberleins drei Mädels? Ist sie enttäuscht? Hat sie sich das erste Zusammentreffen anders ausgemalt?
Ach ja! Daß man ihr nicht jubelnd an die Brust fliegen würde, das war ihr gewiß. Sie war darauf vorbereitet, kühle Reserve zu finden, vielleicht auch Mißtrauen. Das hätten die Zeit und ihr offenes, liebebereites Herz überwinden können. Aber heimlich hinkommen, hinter dem Rücken des Vaters, und sie beschimpfen? Nein, das ist eine Enttäuschung. In dieser Tonart wird man nicht mit ihr reden können. Nein, dann bäumt sich der Stolz, der alte Frowein-Stolz in ihr auf und dann... dann ist es eben aus
(Fortsetzung folgt.)