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Nr. 152. Amts- und AnzeigebLatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.
Erscheinungsweise: 6mal wöckentlich. Anzeigenpreis: Im Oberamls- bezirr Calw rür die einspaltige Borgiszeile lO Pfg.. aufterdalb desselben 12 Pfg., Reklarnen 22 Pfg. Lchluß für Jm'erarannahule 10 Uhr vormittags. Telefon 9.
Samstag, de» 3 Juli ISIS.
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Italien und das Balkanproblem.
Der Besuch des italienischen Ministerpräsidenten Salandra an der Front und seine Unterredung mit dem König und dem EeneralstabsHes werden in der öffentlichen Meinung viel kommentiert, da man der Zusammenkunft wichtige Beschlüsse zuschreibt. Den Informationen der feindlichen Presse zufolge handelt es sich um die Stellungnahme Italiens zu der Forderung des Dreiverbands, an den Dardanellenoperationen teilzunehmen, die bisher anscheinend von Seiten Italiens abgelehnt worden ist. Wie man hört, soll der italienische Eeneralstabschef sich geweigert haben, die Verantwortung für den Feldzug zu übernehmen, falls die italienischen Streitkräfte zum Zwecke der Beteiligung an irgend welchen Nebenoperationen (Westfront oder Dardanellen) zersplittert würden. Nun ist aber Italien einmal in den Krieg gegangen, hat sich damit mehr oder weniger gebunden, und da die Kriegslage für den nunmehrigen Vierverband recht ungünstig ist, so hat natürlich der Dreiverband seine Aufforderungen an Italien wiederholt, und es hat den Anschein, als werde er unter dem Druck der Verhältnisse jetzt wohl mehr Glück haben. In erster Linie wird es sich wohl darum handeln, daß die Italiener sich an den Dardanellenoperationen beteiligen, wodurch man glaubt, Konstantinopel schneller erobern und dadurch die Türkei lahmlegen zu können. Durch die Verfolgung dieses Ziels will man in erster Linie erreichen, daß die noch neutralen Balkanstaaten Rumänien und Bulgarien sich zu Gunsten der Entente entscheiden, um an der „Verteilung" der Beute teilnehmen zu dürfen, und dann soll natürlich auch für Rußland, das zur Zeit auch in der Klemme ist, die Zuführung für Kriegsmaterialien frei bekommen werden. Das sind Ziele, für die der Dreiverband alles dransetzt, was er an — Versprechungen zu leisten vermag, und da das italienische Heer auf dem Hauptkriegsschauplatz bisher doch herzlich wenig zu leisten im Stande gewesen ist, so wird es den Dreiverbandsmachern vermutlich nicht allzu schwer fallen, nun auch den italienischen Generalstab davon zu überzeugen, daß die gesamte militärische und politische Lage durch ein Eingreifen des italienischen Heeres an den Dardanellen ganz wesentlich zu Gunsten des Vierverbands beeinflußt würde. Durch eine „kleine" Dissonanz war die Erreichung dieser vollständigen „Harmonie" der Gesellschaft für räuberischen Ländererwerb bisher gestört, und zwar durch die voreiligen Aktionen der Serben und Montenegriner in Albanien, die aus „strategischen" Gründen sich der Ländereien an der Adriaküste versichern zu müssen glaubten. Der Dreiverband hat nun aber den Italienern wohl die „sichere Garantie" gegeben, daß die ihnen versprochenen Landesteile auf dem Balkan beim Friedensschluß unbedingt an Italien fallen werden, und er hat nun auch, wie mitgeteilt wird, an Serbien und Montenegro eine Note gerichtet, in der er wahrscheinlich diese beiden Staaten darüber instruiert, wie sie sich zu verhalten haben und daß die Entente die Besetzung der albanischen Gebietsteile nur als ein Provisorium ansehe. Es sind nun zwei Möglichkeiten für die Beurteilung des Kommenden gegeben. Entweder protestieren die beiden Valkanstaaten gegen die Anmaßungen Italiens, oder aber, was nach den heutigen Berichten das Näherliegende ist, man steckt die Note der Ententemächte ein, läßt sie liegen und hilft sich mit der zweideutigen Antwort, daß man die Gebiete nur bis zur „endgültigen Regelung" bei den Friedensverhandlungen besetzt halte. Man braucht aber keine sonderliche Prophetengabe zu haben, um heute schon Voraussagen zu können, daß Italien niemals mit Hilfe der Entente in den Besitz des ihm versprochenen albanischen Gebiets gelangen wird, denn Rußland wird, schon aus recht eigennützigen Gründen, nicht zulassen, daß seine beiden Schützlinge um den Preis geprellt werden, um dessenwillen sie ja allein in den Krieg gezogen sind. Und die Unterstützung der Zentralmachte hat sich Italien verscherzt. Der verräterische Bundesgenosse der Zentralmächte ist also schon
jetzt auf dem besten Wege, den Lohn zu ernten, den er verdient hat. Zu alledem aber ist es doch sehr fraglich, ob die Hoffnungen der Entente, die sich an die Teilnahme Italiens an den Dardanellenoperationen knüpfen, heute sich in dem Maße erfüllen werden, als man in diesen Kreisen es zur Verbesserung der militärischen Lage für notwendig hält. Es sieht nicht so aus, als würden sich die in Betracht kommenden Balkanstaaten durch dieses Manöver einschüchtern lassen, und ob das Eingreifen einer italienischen Armee, sei es a^ den Dardanellen oder an der Westfront, oder gar auf dem Balkankriegsschauplatz von größerer Bedeutung ist, als sie jetzt Lurch die Kriegslage auf dem italeuischen Kriegsschauplatz gekennzeichnet ist, können wir vorerst noch dahingestellt sein lassen. O. 8.
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Ein montenegrinischer Dämpfer.
(WTB.) London, 3. Juli. Wie die „Morning Post" meldet, ist der frühere montenegrinische Premierminister Radowich in London eingetroffen, um Lebensmittel, Waffen, Munition und andere Vorräte für Montenegro zu erhalten. Radowich hat der britischen Regierung bestimmte Zusicherungen gegeben, daß die montenegrinischen Truppenteile albanesisches Gebiet nur aus strategischen Gründen besetzt hätten, namentlich um den Bezug von Vorräten zu sichern. Montenegro plane nicht, Skutavi zu behalten. Es werde bezüglich des albanischen Gebietes die Entscheidung der Mächte achten. Es sei jedoch durch die Angriffe der Albanesen genötigt gewesen, beide Ufer des Bojanflusses zu besetzen.
Italien und Albanien.
(WTB.) Mailand, 2. Juli. Die Besetzung von Skutari macht in römischen politischen Kreisen tiefen Eindruck. Die italienische Presse ist über die Vorstöße der Serben und Montenegriner in Albanien nicht sonderlich erbaut. Sie betont, daß sie vom italienischen Gesichtspunkte aus nicht als strategische Aktion betrachtet werden könnten. Die Angriffe der offiziösen Organe auf Serbien und Montenegro werden immer schärfer. „Eiornale d'Jtalia" beschuldigt Griechenland, der Anstifter dieser rechtswidrigen Besetzung zu sein, weil es nicht mit der italienischen Besetzung der Zwölfinsel- Eruppe einverstanden sei. Die übrige nationale Presse wiederholt, Italien werde keine derartige Besitznahme anerkennen und die Schaffung eines sogenannten fait accompli nicht zulassen.
Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
Die deutsche amtliche Meldung.
(WTB.) Großes Hauptquartier, 2. Juli. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Ein nächtlicher Angriff aus unsere Stellungen westlich von Souchez wurde abgewiesen. Im Westteile der Argonnen hatten Teile der Armee Sr. kaiserlichen Hoheit des Kronprinzen einen schönen Erfolg. Die feindlichen Gräben und Stützpunkte nordwestlich von Le Four de Paris wurden in einer Breite von 3 Kilometer und einer Tiefe von 200—30V Meter von wiirttembergischen und reichsländischen Truppen erstürmt. Die Beute beträgt 25 Offiziere, 1710 Mann gefangen, 18 Maschinengewehre, 40 Minenwerfer, 1 Revolverkanone erbeutet. Die Verluste der Franzosen sind beträchtlich. In den Vogesen nahmen wir aus dem Hilsensirst zwei Werke. Rückeroberungsversuche des Gegners wurden abgewiesen. An Gefangenen fielen 3 Offiziere. 149 Mann in unsere Hand.
Oestlicher Kriegs schauplatz. Südöstlich von Kalwarja wurde dem Feind nach heftigen Kämpfen eine Höhenstellung entrissen. Dabei machten wir 600 Russen zu Gefangenen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz. Nach Erstürmung der Höhen südöstlich von Kurostowice, nördlich von Halicz, sind die Russen aus der ganzen Front in Gegend Mariampol bis nördlich von Fir- lesow zum Rückzug gezwungen worden. General v. Linsingen folgt dem geschlagenen Gegner. Die Beute erhöhte sich bis gestern abend auf 7765 Gefangene, darunter 11 Offiziere und 18 Maschinengewehre. Die Armeen des Generalfeldmarschalls o. Mackensen haben den Gegner westlich von Zamosz unter andauernden Kämpfen über den Labuka-Porabschnitt zu- rückgcdrängt und diesen bereits mit Teilen überschritten. Weiter westlich ist die feindliche Stellung in Linie Turobin-Krasni-Jozefow an der Weichsel erreicht. Vorstellungen bei Stroza und Krasni und diese Orte selbst wurden gestern abend noch genommen. Westlich der Weichsel hatten die Russen unter dem Druck des Angriffs die Brückenkopfstellung bei Talow räumen müssen. Das südliche Kamiennanfer ist vom Feind gesäubert. Die Truppen des Generalobersten v. Woyrsch haben in erfolgreichen Kämpfen die Russen aus ihren Stellungen südöstlich von Sienno und bei Jlza geworfen und dabei etwa 700 Gefangene vom Grenadiercorps gemacht.
Oberste Heeresleitung.
Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.
(WTB.) Wien, 2. Juli. Amtlich wird mitgeteilt vom 2. Juli mittags: Russischer Kriegsschauplatz. In mehrtägigen Kämpfen haben die Verbündedauern an allen Fronten fort.
ten Truppen der Armee Linsingen die Russen aus der sehr starken Enila-Lipa-Stellung abwärts Firlejow geworfen. Der Feind, der in östlicher Richtung zurückgeht und auf der ganzen Front der Armee verfolgt wird, erlitt abermals schwere Verluste. 7785 Mann wurden in diesen Kämpfen gefangen, 18 Maschinengewehre erbeutet. Nördlich anschließend dauern die Kämpfe noch an. Am Dnjestr hat sich nichts Wesentliches ereignet. In Russisch-Polen kämpfen die verbündeten Truppen zwischen Weichsel und Bug mit starken russischen Kräften am Por-Bach und an der Wyznica. Unsere Armeen greifen überall an. Westlich der Weichsel griffen unsere Truppen die feindlichen Stellungen bei Tarlow an. Um 5 Uhr nachmittags wurde ein Stützpunkt nördlich des Ortes erstürmt. In den Abendstunden arbeitete sich die übrige Angriffsfront bis aus Sturmdistanz heran und brach nachts in die russische Stellung ein. Der Feind ging fluchtartig zurück. In der Bersolgung wurde Josefow an der Weichsel genommen. Auch aus den Stellungen südlich Sienno wurden die Russen zuriickge- worsen; 7VV Mann find hierbei gefangen.
Italienischer Kriegsschauplatz. Gestern wiederholte sich der italienische Angriff auf das Plateau Dabcrdo. Nach mehrstündiger Vorbereitung durch schweres Eeschiitzfeuer setzten nachmittags und abends mehrere Jnfantericvorstöße zwischen Sdraussina und Bermig- liano ein. Alle wurden wieder unter großen Verlusten des Feindes abgeschlagen. Vorhergegangene schwächere Angriffe auf einen Teil des Eörzex Brückenkopfes und im Krngcbiet waren gleichfalls zuriickgcwicsen worden. Unsere braven Truppen behaupten nach wie vor die bewährten ursprünglichen Stellungen. Die Gcschiitzkiimpfe
Englisches Urteil über die Kriegslage.
London, 2. Juli. Spenser' Wilkenson schreibt in „Westminster Gazette": Wenn es den Deutschen gelingt, Warschau oder die großen Bahnlinien, die Warschau versorgen, zu nehmen, ernten sie den vollen Vorteil ihrer zentralen Stellung in Europa. Wenn eine starke Offensive im Westen noch nicht möglich ist, so ist doch mit der Möglichkeit eines entscheidenden deutschen Sieges im Osten zu rechnen. In diesem Falle müssen die Alliierten auf deutsche Angriffe im Westen gefaßt sein, denn