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Lchwarzwäldcr Tageszeitung

Seite 3

Aus Stadt und Land

Altensteig, Len 2. Dezember 1939.

Noch drei Wochen ...

Der Weihnachrsmonat hat begonnen. Mit Riesenschritten eilen die Tage dem Fest entgegen, und schon können wir erwartungs­voll sagen: in drei Wochen ist Weihnachten! Advent ist da, und seit der Adventskranz im Zimmer hängt, fühlen wir schon das erste Wehen vorweihnachtlicher Tannendüfte, den ersten Gruß des Weihnachtsbaums.

Ganz besonders die Kinder sind in dieser Zeit von gespannter Erwartung erfüllt. Beim Weihnachtsmann laufen bereits viele Wunschzettel ein, oft sehr mühsam in ungelenker Kinderschrift geschrieben. Es ist nur gut, daß sich Knecht Ruprecht auf das Entziffern schlechter Briefe versteht, weil er im Laufe der Zeit Hebung darin bekommen Hai. Dabei müssen es gar nicht ein­mal geschriebene Wunschzettel sein. Wie kämen sonst die Klein­sten zu ihrem Rechte, die noch gar nicht schreiben können? Der Weihnachtsmann ist sehr hellhörig und er hat seine Augen überall. Die sehen, was ein kleiner Junge oder ein Mädelchen sich wünscht, und er hört sogar das leiseste Wort vom Teddybär oder dergroßen Puppe", das mitten im Traum über die kindlichen Lippen kommt.

Wieder hängt der Adventskalender im Kinderzimmer. Jeder Tag ist durch ein Sternchen oder ein Engelchen oder ein Licht gekennzeichnet, und dazwischen stehen die schönsten alten Weih- nachtslieder und Gedichte und Sprüche. Dann gibt es auch kleine Rechenkünstler, die haben sich eine Tabelle mit vielen ungelen­ken Bleistiftstrichen angelegt, wobei man freilich die vielen Tage bis zum Weihnachtsfest sehr gut muß zählen können. Nun wird an jedem Abend, wenn der Tag zur Neige geht, einer dieser Striche durchkreuzt. Das geht zuerst ganz langsam, aber je mehr Weihnachten näher rückt, umso schneller gehen die Tage dahin.

Noch drei Wochen. Allenthalben sind jetzt die Vorbereitungen zum Fest im Gange. Wer mit Weihnachtshandarbeiten begonnen hat, hält sich jetzt eifriger als bisher dran, und über­all wird an den langen Winterabenden gebastelt. Schon beginnen unsere Kinder, allerlei Weihnachtsgedichte und Vers- lein zu lernen, die am Weihnachtsabend aufgesagt werden sollen »nd in Jugendgruppen studiert man bereits eifrig die Rollen der verschiedensten Volksspiele, die jetzt in der Vorweihiiachts- zeit zur Ausführung komme«.

D "b'chcn. Sie werden im Fluge vorüberaed.«

Amtliche Dienstnachrichten

Ernannt: den Verwaltungspraktikanten Wolfgang Venzing -rm außerplanmäßigen Regierungsinspektor: den Amtsgerichts- eat Dr. Georg Schöpfer in Riedlingen zum Oberamtsrichter iei dem Amtsgericht Schorndorf; den Gerichtsasseflor Karl Seldmacherin Stuttgart zum Staatsanwalt bei der Staats­anwaltschaft Aschaffenburg ernannt; Verwaltungsinspektor vtoll an das Zuchthaus Ludwigsburg versetzt und den Justiz- nspektor Müller bei den Gefängnissen Heilbronn zum Ver- valtungsinspektor ernannt.

Sn, Bereich der Reichsbahndirektion Stuttgart sind die Reichs- »ahntzmtmänner Dore in Innsbruck nach Tübingen und R i t - ^e r in Tübingen nach Innsbruck und der Reichsbahninspektor Raurer in Böblingen nach Tübingen Hbf. versetzt worden.

H3. unermüdlich am Werk

Die Sommerarbeit der HI. wurde erfolgreich abgeschlossen. Altmaterial wurde gesammelt. Allein im Bezirk des Bannes Ml halfen 100 Hitlerjungen und 200 Pimpfe den Bauern Lei der Ernte, die körperliche Ertüchtigung wurde vorwärts ge­trieben, und überall, wo Hilfe not tat, sprang die HZ. ein. Der Beginn der Winterarbeit ist angekündigt. Dieser erneute Einsatz der HI. soll und mutz ein neuer Erfolg werden.

Der Führer des Bannes 401 hat deshalb auf Sonntag, den S. Dezember, die Führer der HI. und des DJ. zu einer Tagung nach Wildberg einberufen und wird dort die Aufgaben be­sprechen; die sich für die deutsche Jugend aus der Zeit heraus ergeben. Der Krieg bringt neue Schwierigkeiten, vordringliche Ziele. Die HI. wird zeigen, daß sie den Ruf dieser großen Zeit gehört und verstanden hat, und daß sie gewillt ist, die ihr gestellten Aufgaben tapfer anzupacken und zu lösen.

Nagold, 1. Dez..(Kameradschaftsaben>d). Eine hier zu Gast weilende Einheit der Wehrmacht veranstaltete gestern im dicht gefüllten Löwensaal einen wohlgelungenen Kameradschaftsabend. Eingangs begrüßte Oberfeldwebel Kuhn die vielen Gäste. OLerfeldmeister und Kompanie­führer Conz entbot allen Anwesenden einen herzlichen Willkommgrub. Er pries die Verbundenheit, die zwischen Bevölkerung und Soldaten besteht, dankte den Nagoldern für ihre große Gastfreundschaft und sprach insbesondere auch der NS.-Frauenschaft den Dank für die Instand­setzung der Soldatenwäsche aus.

Ortsgruppenleiter Ratsch dankte zum Schluß namens der Partei für den schönen Abend, übermittelte Grüße des durch Ortsabwesenheit verhinderten Bürgermeisters Maier «nd feierte die Verbundenheit von Zivil und Wehrmacht. Nach Beendigung des offiziellen Teils der Veranstaltung spielte das unermüdliche Orchester zum Tanze auf, und man verweilte noch einige Stunden in angeregter Unter­haltung,

Herrenberg. 1. Dez. (Landwrrtfchaftss chu le). Die Landwirtschaftsschule hat ihren Unterrichtsbetrieb wieder ausgenommen. Neu aufgenommen wurden 27 Schü­ler und 24 Schülerinnen, außerdem noch 10 di« Oberklasse besuchende Schüler, so daß die Schule von 61 Schülern und Schülerinnen besucht wird (im Vorjahr??). Neben den seitherigen Lehrkräften sind an der Schule noch Frl. Lore Müller und Landwirtschaftsreferendar Max Maier tätig.

Wildbab, 1. Dez. (Vater von fünf Kindern tödlich ver­unglückt). Der 39jährige, von Rutesheim stammende und hier beschäftigte W. Kruse wollte während der Fahrt und ohne Wissen des Fahrzeuglenkers vom Motorlast­wagen steigen. Er geriet unter das ein« Hinterrad und wurde tödlich überfahren. Eine junge Frau und fünf kleine Kinder verloren den Ernährer.

Wildbad, 1. Dez. (Ein Fünfhunderter). Ein junger Mann hatte das Glück, in einer Gastwirtschaft einen 500-Mark-Gewinn aus dem Loskästen des Kriegs­winterhilfswerks zu ziehen.

Neuenbürg, 1. Dez. (91 Jahre alt). Die älteste Einwohnerin der Gemeinde, Frau Christiane Nöck Wwe., beging am Montag ihren 91. Geburtstag. Bis vor kurzem war die hochbetagte noch rüstig; seit einigen Wochen lei­det sie jedoch unter den Folgen eines Schlaganfalls.

Stuttgart, 1. Dez. (W e i h n a ch t s m a r k t.) Nach einem Erlaß des Reichswirtschaftsministeriums sind auch unter deu derzeitigen Verhältnissen die Messen, Jahr- und Kram­märkte möglichst abzuhalten. Der diesjährige Stuttgarter Weihnachtsmarkt wird deshalb vom Sonntag. 17. Dezem­ber, bis Sonntag, 24. Dezember, abgehalten. Er muß aller­dings im Vergleich zu früheren Jahren räumlich und zeitlich etwas eingeschränkt werden. Der Marktplatz kann nicht mit Verkaufsständen belegt werden. In der Hauptsache wird der Markt auf dem Schillerplatz, in der Wilhelm-Murr- Stratze und auf dem Karlsplatz abgehalten. Die festen ver­schließbaren Verkaufsstände (Buden) werden nicht aus­gestellt. Es sind nur offene Verkaufsplätze zugelassen. Mil Eintritt der Dunkelheit wird die Verkaufstätigkeit ein­gestellt.

nsg. Ulm, 1. Dez. (Tagung.) Im Hotel Mohren fand eine Tagung der Amtswalter desDeutschen Handels" in der DAF., Gauwaltung Württemberg-Hohenzollern, statt, lungswalter Trölsch vom Fachamt der Deutsche Handel- 13 Kreise des Oberlandes waren dabei vertreten. Schu- Verlin gab einen umfassenden Bericht über die Größe der Aufgaben, die dem Handel heute obliegen. Bezirksgruppen­leiter Hofmann von der WirtschaftsgruppeEinzelhandel" gab einen Ileberblick über die Organisation der gewerb­lichen Wirtschaft. Zum Schluß sprach Eauamtsleiter Bätzner.

Erbach, Kr. Ulm, 1. Dez. (Es fehlt edas Schutz­gitter.) Ein junger Mann, 18 Jahre alt, hatte sich wegen fahrlässiger Tötung zu verantworten. Der junge Mann war von seiner Firma beauftragt, in Erbach an eine Dresch­maschine eine Strohpresse anzumontieren. Als die Arbeit fertig war, ließ er die Maschine in Betrieb setzen, obwohl an einer Laufwelle noch das Schutzgitter fehlte. Die junge Ehefrau des Bauern kam in die Nähe der in Gang befind­lichen Maschine, wurde von der Laufwelle ersaßt und so schwer verletzt, daß alsbald der Tod eintrat. Der Angeklagte konnte zu seiner Entschuldigung nicht viel Vorbringen. Mit der Versicherung, daß ihm so etwas sicher nicht mehr pas­sieren werde, war es nicht getan. Das Gericht ließ ange­sichts der Jugend des Angeklagten Milde walten und ver­urteilte ihn wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geld­strafe, die er in Raten bezahlen kann.

Meersburg a. V., 1. Dez. (Ausreißer sprang tn den See.) Ein 15 Jahre alter Bursche, der seinen Eltern in Stuttgart nach Entwendung eines Geldbetrags durch- zebrannt war, wurde auf der Straße nach Hagnau von krenzwächtern gestellt. Als er keinen anderen Ausweg mehri sah, stürzte er sich kurzerhand über die Ufermauer in den vodensee. Er ging aber einem gerade mit seinem Boot in »er Nähe weilenden Fischer ins Garn, der ihn den Erenz- wächtern übergab.

-vez. (Tödlicher M torradstürz.) Der 34 Jahre alte Gebhard Sigq o Wiltingen stürzte aus der schlüpfrigen Straße mit sein Motorrad und zog stch einen Schädelbruch zu. Am andc Tag starb er nn Kreiskrankenhaus Riedlingen.

Aichstetten, Kr. Wangen, 1. Dez. (Schwerer Aut ans a l l.) In der Nähe von Aichstetten stieß Käsermeis Ress aus Stemental mit seinem neuen Kraftwagen qea einen parkenden Lastzug. Neff, sein Schwiegervater, sou drei weitere in dem Kraftwagen sitzende Personen erlitt Uhebliche Verletzungen.

Mannheim, 1. Dez. (Tod endet einen Streit.) Lin in den fünfziger Jahren stehender Mannheimer geriet ruf seinem Rad vor einen Vulldogg, der ihm über den Kopf fuhr, so daß der Radler auf der Stelle getötet wurde. Der Verunglückte hatte auf einen Zuruf des Bulldoggführers, vorschriftsmäßig mehr rechts zu fahren, mit Umgucken und Schimpfen reagiert, war dabei vor die Räder des schweren Wagens gekommen und gestürzt.

Pforzheim, 1. Dez. (Auch kleine Verletzungen beachten!) Beim Ackern hatte der Landwirt und Wag­ner August Morlok aus Jspringen sich eine Verletzung am Fuße zugezogen. Da er der Wunde keine Beachtung schenkte, verschlimmerte sie sich so sehr, daß Morlok in hoffnungs­losem Zustand ins Krankenhaus geschafft werden mußte. Dort ist er jetzt seinen Verletzungen erlegen.

Rastatt, 1. Dez. (Auto gegen einen Baum.) Bei Bietigheim geriet ein Personenkraftwagen, der einen Liefer­wagen überholen wollte, ins Schleudern und fuhr gegen einen Baum. Einer der beiden aus Bruchsal stammenden Insassen wurde schwer verletzt.

Baden-Baden» 1. Dez. (Todesfall.) Im 74. Lebens­jahr starb hier in der Villa Wilhelm«, wo sie auch am 26. April 1865 geboren worden war, die ehemalige Herzo­gin Marie von Anhalt, die Witwe des im April 1918 ver­storbenen Herzogs Friedrich V. von Anhalt. Der Vater der Verstorbenen war Prinz Wilhelm von Baden.

Bad Rappenau, 1. Dez. (Verstoß gegen die Be­zugsscheinpflicht) Weil ein Einzelhändler im Ok­tober d. I. einige Pullover und drei Dutzend Paar Strümpfe ohne Bezugsschein verkauft hatte, wurde er durch das Gu- bener Amtsgericht zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.

Riegel (Kaiserstuhl). 1. Dez. Die Anfänge der bekannten Bierbrauerei Meyer und Söhne in Riegel liegen rund 100 Jahre zurück. Ein Vorfahr Der heutigen Inhaber, Sil­vester Meyer, befaßte sich schon 1834 mit der Herstellung von Bier. Sein Sohn Wilhelm Meyer richtete bann eine kleine Brauerei ein. Die Brauerei Riegel stand zu Beginn des Jahres 1914 an zweiter Stelle in Baden, Übertrossen wurde sie lediglich von der Löwenbrauerei in Mannheim. Der mit Unternehmungsgeist und geschäftlichem Weitblick ausgestattete Gründer Wilhelm Meyer schied 1884 aus dem Leben.

Riegel a. K., 1. Dez. In einem Hause in der Silbergnsse brach ein Brand aus. der rasch arößeren Umfang annabm.

Die Feuerlöschpolizei war rasch zur Stelle und es gelang ihr auch, die benachbarten gefährdeten Häuser zu retten. Das Inventar wurde vernichtet, auch kam einiges Vieh m den Flammen um. Durch das Brandunglllck wurden drei Familien betroffen.

Ebnet bei Freiburg, 1. Dez. (93 Jahre alt.) Seinen 93. Geburtstag konnte hier Freiherr von Eayling begehen. Er ist der einzige noch lebende Teilnehmer an dem berühmt gewordenen Patrouillenritt des Grafen Zeppelin.

Hettingen, Kr. Sigmaringen, 1. Dez. (Tragischer Todesfall.) Einige Wochen vor Kriegsausbruch trafen hier aus Amerika zwei Töchter des Landwirts Hermann Eomeringer ein, um nach jahrelanger Abwesenheit ihre alten Eltern zu besuchen. Durch die Kriegsereignisse wurden sie gezwungen, ihren Ferienaufenthalt zu verlängern. Dieser Tage traf nun aus Amerika die Nachricht ein. vag der Ehemann der einen Tochter plötzlich gestorben ist.

Die Wehrmacht erteilt Auskunft

Die Wehrkreisauskunftsstelle V, die sich in Stuttgart, Schiller- stratze S, befindet, sowie die Wehrkreisauskunftsstellen in Aale«, Donaueschingen, Heilbronn, Konstanz, Ludwigsburg, Ravens­burg. Tübingen und Ulm erteilen Auskünfte nur an Wehr­machtsangehörige. Auskünfte an Zivilpersonen werden nicht erteilt. Zivilpersonen wenden sich, wenn es sich um Auskunft über Verluste oder Kriegsgefangene handelt, an die Weh» Machtsauskunftsstelle für Kriegsverluste und Kriegsgefangene, Berlin W. 30, Hohenstaufenstraße 47/48, und, sofern es sich u» Soldaten handelt, die Angehörige in den von der Bevölkerung geräumten Grenzgebieten im Westen haben, sind Anfragen übe« den Verbleib der Angehörigen usw. zu richten an Polizeiprchi- drum (Zentralauskunftsstelle) Berlin N., Alexanderplatz.

Für alle Fragen von Einstellungen, Einberufungen, Muste­rungen, Freiwilligen-Meldungen usw. sind die Wehrbezirks­kommandos bzw. Wehrmeldeämter zuständig.

265 Tote aus derRawalpindi". Wie die englische AdmA ralität jetzt bekannt gibt, sind auf derRawalpindi" 26N Mann, darunter 39 Offiziere, ums Leben gekommen.

Britischer Major in Gefangenschaft indischer Freiheits­kämpfer. Der britische Major, der kürzlich in NordwestinLie«- von indischen Freiheitskämpfern entführt wurde, befindet: sich noch in Gefangenschaft der Waziris. Die englische» Behörden haben sich bisher vergeblich um seine Freilassung! bemüht. Es wurde ihm erlaubt, den englischen Militäi^ behörden in einem Brief mitzuteilen, daß er gesund sek und noch immer gefangen gehalten werde.

Vollstreckung eines Todesurteils. Am 1. Dezember ist der 33 Jahre alte Johann Eichhorn aus Aubing hingerich­tet worden, der durch Urteil des Eondergerichts München vom 30. November 1939 wegen Mordes in vier Fällen zum Tode und zum dauernden Verlust der bürgerlichen Ehren­rechte verurteilt worden ist. Eichhorn hat in den letzten Jahren in der Umgebung Münchens zahlreiche Frauen und Mädchen überfallen und an ihnen Sittlichkeitsverbrechen verübt. In vier Fällen hat er dabei seine Opfer in bestia­lischer Weise ermordet. -

Nur eine Stunde Raft !

Soldaten erleben die Innere Front. Eine KompanKi fährt durch das Industriegebiet '

NSK. Ganz unversehens war unsere LKW.-Kolonne in di«< dunstige Rußluft des Jndustriereviers getaucht. Als wir z»! kurzer Rast in einer nüchternen Straße anhielten, hatte» wi« alle schwarze Stellen im Gesicht.

Da besannen wir uns darauf, daß wir ja eine Stunde Paus« machen sollten und sahen uns kurz um. Oede Häuserfronten, die einst in der Systemzeit hastig errichtet wurden, ohne Rücksicht auf die Menschen, die in den Häusern eine Heimat finde» sollten. Es waren ja nur Arbeiter.

Und das sind ihre Kinder, die in Hellen, staunenden Schare» vor unseren großen Lastkraftwagen stehen und zu uns herauf, sehen. Da krabbelt schon ein Knirps an der Seitenwand hoch.

Onkel kommt ihr aus Polen?" fragte er und wird vo» unseren rauhen Fäusten in den Wagen gehoben. Das ist das Signal. Im Nu sind wir die Soldaten auf unsere»' eigenen Lastkraftwagen nur noch zu Besuch. Es scheint, dast in jedem dieser grauen Häuser fünfzig Kinder wohnen. Die- ganze Straße wimmelt, und es ist ein Krach, wie man ih» sich nur auf einem Volksfest noch toller vorstellen kann.

Es hat Abendverpflegung gegeben, und jetzt wollen alle Kin- der von uns eigenhändig eine Scheibe Kommisbrot mit Lebe» wurst haben und verschlingen sie, nicht aus Heißhunger, son­dern weil es richtiges, echtes Soldatenbrot ist, wie es an der Front gibt. Die ganze Straße veranstaltet ein öffentliches Abendbrot. Wir liefern Kommisbrot die Arbeiterfrauen und die von der Schicht heimkehrenden Männer die Kumpels schaffen heißen Kaffee, Wurst, Butter und sonstige leckere Sache» herbei.

Wir sind von dieser einzigartigen Gemeinschaft derartig gepackt, daß wir nur still staunen können.

Schmutzige Jungenhände streicheln verstohlen unsere Stahl­helme. Mit glänzenden Augen stülpen sich die Vurschxn die viel zu großen Pötte auf die Wuschelhaare und fragen dana ganz ernsthaft, ob sie nicht mal das Gewehr kriegen könnten.

Es ist unglaublich, wie viel man in einer Stunde erlebe» kann.Wann wir wohl wieder so einen Tag kriegen!" sagte ein Junge, als ich ihn vom LKW. lwb und dann wollten st« uns zum Abschied jedem einzeln die Hand drücken. Dabet mochten es mehrere hundert Menschen sein. Aepfel wurde» noch hochgcreicht oder kleine Päckchen mit in Eile zusammen» geoackten lieben Sachen.

Durch ein brausendes, in seiner Begeisterung unbändiger Spalier unbekannter Menschen fuhren wir ab. Und wir wäre» nur eine ganz unbekannte Kompanie.

..Da lohnt es sich wohl an die Front zu gehen . . ." Lachte einer von uns laut, als die Stadt im Dämmern verschwand und nur die hohen Flammen der Grubenwerke in die Nacht lobten.

Wir hatten geglaubt, in eine Gegend zu kommen, die uns in ihrer rußigen Dürftigkeit nichts geben konnte uad hatte» doch auf einer Stunde Rast das Herz Deutschlands schlage» hören, hatten die Front da drinnen erlebt.