Amtsblatt des Kreises Calw für Altensteig und Umgebung Heimatzeitung der Kreise Calw und Freudenstadt

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Nummer 281

Altensteig, Donnerstag, den 3V. November 1938

62. Jahrs«»«

Die verschärfte englische Blockade

Chamberlain kündigt britischen Verzweislungsschritt an

Der Bericht des OKW.

Berlin. 28. Rov. Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:

Im Westen keine besonderen Ereignisse.

Englische Flugzeuge versuchten wiederum über die Ost- sriesischen Inseln nach Nordwestdeutschland einzufliegen, ohne jedoch die deutsche Küste zu erreichen. Hierbei wurde der Fliegerhorst Borkum angegriffen. Schaden wurde «icht angerichtet.

Wie bereits durch Sondermeldung bekanntgegeben, ist ein britischer schwerer Kreuzer der »London"-Klaffe durch Ka- Pitänleutnant Prien östlich der Shetland-Inseln torpediert «d vernichtet worden.

Stalin fertigt Havas ab

Eine klare Feststellung über die Kriegsschuld

Moskau, 29. Nov. Das französische Havas-Büro ist in einer scharfen Stellungnahme Stalins der Lüge und Fälschung über­führt und aufs schärfste zurückgewiesen worden. Ein Redakteur derPrawda" hat sich, wie der Moskauer Rundfunk meldet, an Stalin mit der Frage gewandt, wie er sich zu der Mitteilung der französischen Havas-Agentur über die Rede Stalins stelle, die er angeblich im Polit-Büro am 19. August gehalten haben soll und in der er angeblich den Gedanken zum Ausdruck ge­bracht habe, daß der Krieg möglichst lange dauern solle, um die kriegführenden Parteien zu erschöpfen.

Auf diese Anfrage hat Stalin folgende Antwort gegeben: Diese Mitteilung der Havas-Agentur ist, wie auch viele andere Ihrer Mitteilungen, eine Lüge. Ich kann natürlich nicht wissen» bk welchem Caf« diese Lüge fabriziert wurde. Doch wie die Herren von der Havas-Agentur auch lügen, sie können nicht leugne», »atz a) Deutschland nicht Frankreich und England über­fallen hat, sondern Frankreich und England Deutschland über­fielen und die Verantwortung für den gegenwärtigen Krieg tragen; b) Deutschland sich nach Eröffnung der Kriegshand­lungen an Frankreich und England mit Friedensvorschliige« wandte und die Sowjetunion die Friedensvorschläge Deutsch­lands offen unterstützte, da sie der Ansicht war und immer noch Ist, daß die baldmöglichst«^ Beendigung des Krieges die Lage aller Länder und Völker von Grund aus erleichtern wird; ej die regierenden Kreise Englands und Frankreichs haben so­wohl die Friedensvorschläge Deutschlands als auch die Versuche der Sowjetunion, eine baldigst mögliche Beendigung des Krie­ges zu erzielen, zurückgewiesen.

Wieder englischer Dampfer vernichtet

Berlin, 29. Nov. Der englische 1000 Tounen-Dampfer »Nubislaw" ist an der Südostküste Englands aus eine Mine gelaufen und in zwei Minute« gesunken. 13 Mann der Be­satzung sind umgekommen, 11 konnten gerettet werden.

Lustkamps über Northumberland

Berlin, 29. Nov. Am Mittwoch fand ei« Luftkampf über der britischen Grafschaft Northumberland zwischen einem deut- scheu Aufklärer und einem englischen Jäger statt.

Der Aufklärer, der in großer Höhe flog, wurde aus einem Wolkenloch heraus von dem Engländer überrascht und erhielt mehrere Treffer, ohne daß er hierdurch irgendwie in seiner Aktionsfähigkeit behindert wurde. Der englische Jäger flog bis auf 50 Meter auf das deutsche Flugzeug heran und wurde von dem MG.-Schützen mit mehreren längeren Feuerstößen ab- gewshrt. Die deutsche Besatzung stellte daraufhin fest. Laß der englische Jäger plötzlich seine an sich günstige Angriffsposition ausgab und seitlich nach unten in die Wolken abkipple. Das deutsche Aufklärungsflugzeug ist', ohne weiteren Angriffen aus- gesetzt zu sein, wohlbehalten in den Heimathafen zurückgekehrt. Ts hat seinen Auftrag voll durchführen können.

Me England die Meere beherrscht

Magna Charta* mich in USA. bleibe«

Washinto«, 29. Nov. Der britische Botschafter in Washington, Sir Lothian, übergab am Dienstag den Originaltext des briti­sche« großen Freiheitsbriefes, dieMagna Charta", in einer luft­dichten Bronzekassette der amerikanische« Kongreßbibliothek, die Ist»sicherheitshalber" bis zum Kriegseude aufbewahren soll. Diese Maßnahme »ntersteicht erneut die große Augst der Eug- llkuder vor der deutsche« Flotte. Sie wollen nicht Gefahr laufe«, daß das für ihre Geschichte bedeutungsvolle Dokument aus dem 2»hr« 1217, das auf einer amerikanischen Ausstellung gezergt wruden war, in deutsche Hände fällt.

London. 29. Nov. Im Unterhaus hielt der englische Minister­präsident Chamberlain eine Rede zur gegenwärtigen Lage. Er sah sich darin zu einem fast verzweifelt anmutenden Appell an dieApsdauer und Vaterlandsliebe" der Englänger gezwun­gen. Angesichts der außerordentlichen deutschen Erfolge war es nur zu selbstverständlich, daß er sich dazu aufraffen mußte, von derStärke unseres Feindes" zu sprechen. Nach heißen Tiraden an die Adresse der Neutralen, vor denen er die britischen See- räubermethoden zu entschuldigen versuchte, teilte er mit, daß der englische Plan zur Verhinderung der deutschen Ausfuhr im Ein­vernehmen mit seinen Alliierten am 1. Dezember in Kraft trete« soll.

Blockade gegen deutschen Export sofort bei Inkrafttreten

Amsterdam, 29. Nov. Die britische Admiralität hat auf funken­telegraphischem Wege allen Schiffen, die sich zur Zeit auf See befinden, Anweisung erteilt, die völkerrechtswidrige Verordnung über die Blockade gegen den deutschen Exportsofort bei Inkraft­treten" in Anwendung zu bringen.

Empörung in Italien

Rom, 29. Nov. Hat schon die Ankündigung ver Verschärfung der antideutschen Blockade in Italien starke Bedenken ausgelöst, wie sich dies auch klar aus den Einwänden von Außenminister Graf Ciano gegenüber dem französischen Botschafter und eng­lischen Geschäftsträger ergab, so werden die jetzt bekannt gewor­denen sogenannten Erläuterungen von Downing Street und dem französischen Blockademinister Pernor als keineswegs stichhaltig oder gar für andere Staaten verpflichtend angesehen. Mit aller Schärfe wendet sichTribüna" gegen Englands Behauptung, für eine gemeinsame Sache" zu kämpfen, für die die anderen Völker Opfer bringen müßten.Wer hat denn", so fragt das angesehene Blatt,Großbritannien gesagt, daß die Nichtkriegführenden über­zeugt sind, daß es sich um einegemeinsame Sache" handelt?"

Oslo: Der Verderber der kleinen Staaten

Oslo, 29. Nov. Zu den rechtsbrecherischen englisch-französische» Vlockadevorschriften hebt dieHandels- und Schiffahrtszeitung" hervor:Man versucht eine Kontrolle in neutralen Häfen ein­zuführen. Die eigenen Behörden des betreffenden Landes wer­den nicht als Urkundenaussteller anerkannt. Es ist nicht genug, daß ein niederländischer oder belgischer Staatsbeamter beschei­nigt, daß die Waren in ihrem eigenen Lande hergestellt- sind, man verlangt, daß seine Glaubwürdigkeit von dem Konsul eines fremden Landes bestätigt wird. Diese Forderung ist eine Krän­kung der Souveränität. Die aufgestellten Vorschriften entspre­chen nicht dem anerkannten Völkerrecht!"

Südamerika: »Eine flagrante Verletzung des Völkerrechts-

Montevideo, 29. Nov. Die in Uruguay und Argentinien um­laufenden Schwarzen Listen der Engländer haben in diesen Ländern große Empörung ausgelöst. So prangert die in Monte­video erscheinende ZeitschriftActualidad Erafica" die englischen Blockademethoden als brutale Gewalt an. Die Schwarzen Listen träfen die Neutralen empfindlich. Sie seien eine flagrante Ver­letzung des Völkerrechts.

Der neue britische Dölkerrechtsbruch

Die Verordnung über die Blockade der deutschen Ausfuhr

Berlin, 29. Nov. Die britische Verordnung (Order in Coun­cil) vom 27. 11. 1939 über wirtschaftliche Vergeltungsmaßnah­men gegen Deutschland, die am 28.11. 1939 veröffentlicht wurde, hat folgenden Wortlaut:

1. Jedes Handelsschiff, das aus einem feindlichen Hafen kommt, mit Einschluß aller Häfen in Gebieten, die unter feind­licher Besetzung oder feindlicher Kontrolle stehen, kann nach dem 4 12. 1939 gezwungen werden, in einem britischen oder alliier­ten Hafen die Waren zu löschen, welche es in einem solchen feindlichen Hafen an Bord genommen hat.

2. Jedes Handelsschiff, das aus eineck anderen als einem feindlichen Hafen nach dem 4. Dezember 1939 ausgefahren ist und Waren an Bord hat, welche feindlichen Ursprungs oder in feindlichem Eigentum sind, ka 'n gezwungen werden, solche Waren in einem britischen oder alliierten Hafen zu löschen.

3. Die auf Grund oben genannter Bestimmungen in einem britischen Hafen gelöschten Waren sollen unter Verwahrung des Prisenhofes gestellt werden und sollen, wenn der Hof die Beschlagnahme der Waren zugunsten Seiner Majestät verfügt, beschlagnahmt oder unter Aufsicht des Hofes verkauft werden. Der Erlös der Waren kommt beim Hof in Gewahrsam. Nach­dem Frieden geschloffen ist.^oll der Hof, der Lage der Umstände nach, beschließen, was mit dem Erlös und den festgehaltenen, aber nicht verkauften Waren geschehen soll. Indessen soll die

^ Auszahlung der Erlöse und die Freigabe der Waren jeoerzeir durch den Prisenhof erfolgen können, wenn

a) der Hof als erwiesen ansteht, daß die Waren vor dem Datum der Verordnung in neutralem Eigentum gewesen sind;

b) der zuständige Beamte (Officer of Crown) die Zustim­mung dazu gibt.

4. Das Verfahren des Prisenhofes, das bisher verfolgt wurde, soll in allen Fällen, die unter diese Verordnung fallen, an­gewandt werden.

5. Nichts in dieser Verordnung kann von Einfluß sein auf andere, von dieser Verordnung unabhängige Bestimmungen, kraft welcher Schiffe oder Waren in Beschlag genommen oder als beschlagnahmt erklärt werden können.

6. Bei Ausführung dieser Verordnung werden unter de« WortenWaren, welche feindlichen Ursprungs sind", die Ware« verstanden, die ihren Ursprung haben in einem Gebiet unter feindlicher Kontrolle oder Besetzung und unter den Worte» Waren, welche feindliches Eigentums sind" alle Waren, welche einer Person in einem solchen Gebiet gehören.

7. Die gerichtlichen Verfahren auf Grund dieser Verordnung können durch alle Prisenhöfe anhängig gemacht werden, die unter die Regeln vom Prisenhof von 1939 fallen.

8. Bei der Ausführung dieser Verordnung gelten die Worte: Britischer Hasen" für alle Häsen, die unter die Rechtsprechung eines Prisenhoses fallen, auf welchen die Regeln vom Prisenhof von 1939 anzuwenden sind.

Dem Wortlaut dieser Verordnung geht eine Präambel mit neun Absätzen voraus, welche der Rechtfertigung und der Dar­stellung des Zweckes der Verordnung dienen soll.

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Von deutscher amtlicher Seite wird dazu erklärt:

Die Ausdehnung des Wirtschaftskrieges aus die Ausfuhrwaren deutscher Herkunft auf neutrale Schiffe mit neutraler Bestim­mung bedeutet einen neuen Bruch des Völkerrechts durch Eng­land. Sie steht im klaren Widerspruch zu anerkannten Grund­sätzen des Völkerechts, insbesondere zu der Pariser Seerechts­deklaration von 1856. Dieser neue Völkerrechtsbruch trifft eben­so die Neutralen wie Deutschland.

Die deutsche Regierung nimmt von det durch England geschaf­fenen neuen Lage Kenntnis und behält sich alle Maßnahmen vsr.

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Rund um das Prisenrecht

Immer wieder werden in letzter Zeit in zahlreichen Veröffent­lichungen Fragen des See- und Handelskrieges behandelt. Hierin tauchen zahlreiche Begriffe und technische Ausdrücke auf, die dem Laien nicht, ohne weiteres verständlich find. Wir erfahren von zuständiger Seite nunmehr nachstehende Begriffserläuterungen, deren Kenntnis der Vertiefung des Verständnisses für den gegen­wärtigen Handelskrieg dient.

Prisen" sind feindliche und neutrale Fahrzeuge und Güter, die in Ausübung des Prisenrechts aufgebracht oder beschlagnahmt morden sind (Art. 3 der PGO.).

Das Priseurecht" umfaßt die Befugnis, feindliche und neutrale Seesahrzeuge anzuhalten und zu durchsuchen, sowie mit diese« Fahrzeugen und mit dem auf ihnen befindlichen Gut nach Maß­gabe der Prisenordnung zu verfahren (Art. 1 der PO.).

Die Anhaltung" umfaßt Sas Verfahren von Aufforderung zum Stoppen bis zur Prüfung der Schiffspapiere einschließlich.! Die Anhaltung führt entweder zur Durchsuchung oder zur Anf-^ brmgung oder zur Entlastung des Schiffes (Art. 56 der PO.).

Die Durchsuchung" besteht in der Befragung von Kapitän, Be­satzung und Fahrgästen sowie in der Untersuchung von Fahrzeug, und Ladung zum Zwecke der Nachprüfung der Papiere und ihrer Angaben auf Richtigkeit und Vollständigkeit (Ar. 56 der PO.).

Die Kursanweisung" ist der Befehl an ein Fahrzeug, sich zur Durchführung derAnhaltung" oder derDurchsuchung" an eine bestimmte Stelle zu begeben (Art. 6« der PO.).

^Die Aufbringung" ist der Vorgang, durch den der zur Aus­übung des Prisenrechts Befugte von dem anhaltenden Fahrzeug zum Zwecke der Einziehung von Fahrzeug oder Ladung oder der Versenkung des Fahrzeuges Besitz ergreift, indem er seine Ve- fehlsgewalt an die Stelle der Vefehlsgewalt des Kapitäns des angehaltenen Fahrzeuges setzt (Art. 64 der PO.).

Die Beschlagnahme" ist der Akt, durch den der zur Ausübung des Prisenrschts Befugte von dem Gut zum Zweck der Ein­ziehung oder Zerstörung Besitz ergreift (Art. 68 der PO.).

»Die Einbringung" ist der rein tatsächliche Vorgang der Ver­bringung des Fahrzeuges in einen Hafen.

»Die Einziehung" des aufgebrachten Fahrzeuges und des be­schlagnahmten Gutes wird durch prisenrechtliches Urteil aus­gesprochen und bewirkt den Uebergang des Eigentums an de« aufgebrachten Schiff oder an der beschlagnahmten Ladung auf den Staat (Art. 80 der PO.).