Die englische HandelsdiLtatrrr über die Neutralen.
(WTB.) Stockholm. 29. Juni. Die schwedische Presse zeigt sich beunruhigt über England» Plan betreffend eine sichere Kontrolle des schwedischen Handels. Nach allem zu urteilen beabsichtigt England nach holländischem Muster die Schaffung eines großen kapital- starken Zmporttrusts für die skandinavischen Länder, der ein vollständiges Monopol für die ganze Einfuhr erhalten und dessen Tätigkeit von englischen Vertrauensmännern kontrolliert werden soll, während der betreffende Staat für die übernommenen Verpflichtungen der Geschäftshäuser des Landes, insbesondere diejenige, keine Waren nach englandfeindlichen Staaten auszuführen, zu garantieren hätte. Während England in Dänemark und Norwegen seinem Ziele nahe scheint, stößt es in Schweden auf größere Schwierigkeiten. „Nya Dagligt" behauptet in einem Leitartikel den Plan als durchaus unannehmbar und als Eingriff in Schwedens Unabhängigkeit, wodurch das ganze Eeschäftsleben unter englische Oberhoheit gebracht werden würde. Das Blatt fordert Rückgrat und festhalten am Recht und an der Unabhängigkeit des Landes.
(WTB.) London, 29. Juni. „Morning Post" meldet aus Washington: England muß sich darauf vorbereiten. daß die Forderung auf Erleichterung der Blockade Deutschlands von Amerika erhoben wird. Die an England zu richtende Note ist nur aufgeschoben. Ein Druck wird auf das Staatsdepartement ausgeübt, die Note möglichst energisch zu halten, und das Recht der Neutralen zu betonen, Güter aus Deutschland zu beziehen. — Amerikanische Importeure sandten gestern eine Abordnung nach Washington, um dem Staatssekretär ihre Beschwerden zu unterbreiten. Sie sagten ihm, daß die britische Beschränkung der deutschen Einfuhr ihnen schwere Verluste gebracht habe. Sie forderten freie Schiffahrt mit kontvebandefreien Gütern nach und von Deutschland durch neutrale Länder. Die britische Blok- kade könne nicht als rechtmäßig betrachtet werden, da sie nicht effektiv sei, denn Schweden könne den Verkehr mit Deutschland unterhalten. Entweder müsse die unterschiedliche Behandlung Schwedens aufhören, oder die Amerikaner müßten dieselben Rechte genießen. Die Importeure teilten nach ihrem Besuch im Staatsdepartement mit, daß Staatssekretär Lanfing erklärt habe, der Präsident und er seien entschlossen, die Importeure zu unterstützen, damit sie ihre Rechte gemäß dem Völkerrecht und den Staatsverträgen geltend machen könnten.
(WTB.) London, 29. Juni. „Times" meldet aus Newyork: Eine Abordnung amerikanischer Importeure hat sich bei dem Staatssekretär darüber beschwert, daß deutsche Güter im Werte von 10 Millionen Sterling in Rotterdam liegen, deren Ausfuhr nach Amerika England verbietet, obwohl sie nicht Bannware sind.
(WTB.) London, 29. Juni. Das Reutersche Bureau vernimmt aus verläßlicher Quelle aus Zürich, daß die in Bern geführten diplomatischen Verhandlungen wegen eines llebereinkommens mit den Alliierten über die Errichtung eines schweizerischen Einfuhrtrustes zu einer Regelung der Einzelheiten geführt habe. Die Ernennung der Direktoren wird der Bundesregierung überlassen bleiben.
(WTB.) Berlin, 30. Juni. Die dänischen Baumwollspinnereien erklärten, wie dem „Berl. Tagebl." aus Kopenhagen berichtet wird, daß die dänischen Baumwollspinnereien in den nächsten Tagen ihre Betriebe einstcllen müssen, falls England sein Ausfuhrverbot für Baumwolle und Baumwollgarne aufrecht erhalte. Dänemark habe keinerlei Reserve an Baumwolle. Mit der Stillegung de« dänischen Baumwollindustrie werden 70 000 Arbeiter brotlos.
Sine Zurückweisung englischer Heuchelei durch die deutsche Regierung.
(WTB.) Berlin, 29. Juni. (Amtlich.) Der englische Munitionsminister Lloyd George hat am Schluß seiner vom Unterhaus mit Beifall aufgenommenen Rede am 24. Juni Ausführungen gemacht, die als unerhörte Heuchelei und Verdrehung der Tatsachen die schärfste Zurückweisung verdienen. Er hat gesagt: „Deutschland hatte sich zweifellos auf den Krieg vorbereitet. Es hat Kriegsmaterial angehäuft. Bis es fertig war, stand es mit jedermann auf bestem Fuß. Wir alle erinnern uns der großen Balkankrisis. Nichts konnte freundlicher sein, als die Haltung Deutschlands. Nichts konnte nachgiebiger, bescheidener und anspruchsloser sein. Es hieß immer: „Nach Ihnen". Deutschland drängte sich gar nicht vor. Es hatte ein freundliches Lächeln für Frankreich. Es behandelte Rußland als Freund und Bruder. Es glättete alle Empfindlichkeiten Oesterreichs, es spazierte Arm in Arm mit England durch die Kanzleien Europas. Wir dachten wirklich, daß endlich die Aera des Friedens und des Einvernehmens aufgegangen sei. Gerade in diesem Moment aber verfertigte und kaufte Deutschland heimlich ungeheure Vorräte an Kriegsmaterial, um seine Nachbarn im Schlafe zu überfallen und zu ermorden. Wenn ein solches Ränkespiel unter den Nationen Erfolge hat, wird die ganze Basis auf der sich internationale Einvernehmen aufbauen, in den Staub sinken. Es liegt im Interesse des Friedens, daß dies nicht geschieht."
Lloyd George kann das politische Urterl der Versammlung, zu der er sprach, nicht hoch eingeschätzt haben. Weiß man in England nicht, daß durch die englische Ententepolitik das Wiedererwachen des französische« Chauvinismus und die Zügellosigkeit des russischen Panslavismus befördert und daher Deutschland zu dau
ernder Steigerung seiner militärische« Rüstungen gezwungen wurde? Weiß man nicht, daß die deutsche Heeresverwaltung an die gesetzliche Etatsbewilligung gebunden ist und, daß die vom deutschen Reichstag über die Verwendung der bewilligten Gelder ausgeiibte Kontrolle darüber viel eingehender und strenger ist, als jene, welche das englische Parlament ausiibt. Ist es nicht selbstverständliche Pflicht, daß die Heeresverwaltung innerhalb der gesetzlichen Grenzen gewissenhaft für Schlagfertigkeit sorgt. War nicht auch ebenso England bestrebt, seine Flotte jederzeit schlagfertig zu haben. Wie kann Lloyd George es wagen, den Deutschland aufgezwungenen Krieg als wohlüberlegten lleberfall zu bezeichnen, wo ihm bekannt sein muß, in welchem Umfange wir versuchten, England vom Krieg fernzuhalten. Wenn Deutschland wirklich große Mengen an Kriegsmaterial und Munition vor dem Kriege aufgestapelt hätte, würde es dann am Anfang des Krieges an Munitionsmangel gelitten haben, wie es der Fall war und wie es wohl auch Lloyd George bekannt sein dürfte. Allerdings hat Deutschland diesem Mangel schnell und gründlich in aller Stille beseitigt ohne einen Munitionsminister, ohne hetzerische und von Lügen strotzende Reden.
Bon nuferen Feinden.
Französische Anständigkeit.
Die über Italien gesandten deutschen Postpakete nach Spanien wurden, obwohl sie auf neutralen Dampfern verladen waren, von der französischen Behörde beschlagnahmt und nach Nizza verbracht. Auf ihre Reklamation wurden den spanischen Staatsangehörigen ! Postpakete ausgeliefert. Wie man uns von ernsthafter j Seite mitteilt, forderte der französische Konsul in Bar- > celona aber von den spanischen Firmen die Unterzeichnung eines Schriftstückes mit der Erklärung, daß diese Firmen keine Angestellten von deutscher oder österreichischer Herkunft in ihren Diensten hätten. Nur die Firmen. welche dieses Schriftstück Unterzeichneten, bekamen die Pakete ausgeliefert, allen anderen wurden sie verweigert. So „hochherzig" führt Frankreich den Krieg!
Die gastlichen Franzosen.
(WTB.) Lyon, 30. Juni. „Progres" meldet: Eine halbamtliche Note, die in Paris ausgegeben wurde, besagt: Die militärpflichtigen Angehörigen der verbündeten Staaten werden aufgefordert, ihrer Militärpflicht zu genügen, andernfalls sie eventuell ersucht werden, das befestigte Lager Paris zu verlaßen, wo ihre Anwesenheit mehrfach peinlich empfunden wurde. Es soll ihnen freistehen, sich in einer Provinz außerhalb der Armeezone niederzulassen oder Frankreich zu verlaßen.
Französische Freiheit.
(WTB.) Paris, 29. Juni. Der „Temps" meldet aus Madrid: Die Minderheitsparteien der Linken treten demnächst zusammen, um die Frage der Aufhebung der konstitutionellen Sicherheiten zu erörtern. Die Parteien der Linken sind zu diesem Schritt genötigt, weil die Regierung das Vcrsammlungsverbot für radikale und republikanische Sozialisten aufrecht erhielt in der Befürchtung, daß in den Versammlungen die Frage der Neutralität gegen die Kriegsparteien besprochen wird.
Rätselhafte Brände.
London, 29. Juni. Eine Anzahl Brände ist wieder zu verzeichnen, deren Ursachen zum Teil unaufgeklärt sind. Ein Feuer, das KO 000 Pfund Schaden verursachte, brach, wie schon gemeldet, im Hafen von Glasgow aus und zwar in einem Schuppen des Clide Navigation T-rusts, der mit großen Mengen von Flachs und Korn ^ angefüllt war. Ein anderer Brand ereignete sich nach j der „Frkf. Ztg." in den großen Stapelplätzen für Früchte ? bei dem Stadthaus in Glasgow. Ferner brach ein Brand ! aus in der Schiffswerft von Barking (Essex), wo eine I Fabrik für Rettungsgürtel niederbrannte und in Stansted, wo große Malzlager zu Grunde gingen. Schließ- i lich gab es noch ein Feuer in Bradford, wo die Port- ! landspinnerei niederbrannte und ein großer Vorrat an Wolle, der für Uniformen bestimmt war, vernichtet wurde.
Die Neutralen.
Rumänien.
Köln, 29. Juni. Die „Köln. Zeitung" meldet aus Zürich: Die „Zür. Post" berichtete bereits vor einigen Tagen, daß zwischen Rumänien und den Zentralmächten ein neues besonderes Abkommen abgeschlossen worden sei. Das rumänische Blatt „Diminiatza" berichtet, die Verhandlungen Rumäniens mit dem Vierverband seien an der Unnachgiebigkeit Rußlands gescheitert, das sich der Aufteilung des Banats und der Zuteilung von Czernowitz an Rumänien widersetzt habe. Aus Bukarest wird berichtet, König Ferdinand habe einem österreichischen General eine Audienz gewährt, der dem König ein Handschreiben des Kaisers Franz Joseph überbracht habe. Weiter meldet die „Köln. Zeitung" von der italienischen Grenze: Der „Secolo" bestätigt, daß die Bedingung Rumäniens, nach eigenem Ermeßen sein Eingreifen in den Krieg zu bestimmen, zum Bruch der Verhandlungen mit dem Vierverband führten. Der russische Gesandte habe diese Bedingung, die namentlich der Ee- neralstab aufstellte, für unannehmbar erklärt. Es wird versichert, daß eine neue Note Rußlands in den nächsten Wochen erwartet werde, doch sei anzunehmen, daß Bra- tianu die Entscheidung bis zur Beendigung der Ernte hinhalte, in der Hoffnung, inzwischen die Ereigniße in Galizien heranreifen zu sehen.
Bulgarien.
Köln, 29. Juni. Laut der „Köln. Zeitung" berichtet die „Stampa" aus Sofia, der Bieroerband habe der Regierung eine neue Note überreichen laßen, welche die für Bulgarien in Aussicht genommenen Kriegsentschädigungen genau festlege. Die rußenfreundlichen Blätter in Sofia besprechen begeistert die kommende Vergrößerung Bulgariens. Die der Regierung nahestehenden Blätter verhalten sich sehr zurückhaltend. In amtlichen politischen Kreisen herrscht die Ansicht vor, daß Bulgarien das Angebot des Vierverbandes nicht annehmen wird.
Englische Wühlarbeit in Schweden.
Stockholm, 27. Juni. Die englischen Wahlkonsuln schwedischer Staatsangehörigkeit in schwedischer Staatsangehörigkeit in schwedischen Provinzstädten erhielten von ihrer Vorgesetzten englischen Behörde verfängliche Fragebogen zugestellt, worin sie beispielsweise über die schwedischen Trnppenver- teilungen und ähnliche die Landesverteidigung gefährdende Fragen um Auskunft ersucht wurden. Teils ließen die Gefragten die Bogen leer zurückgehen, teils schickten sie der englischen Behörde ihr Patent mit dem Bemerken zurück, daß sie fürderhin auf die Ehre, englischer Konsul zu sein, verzichten. — In letzter Zeit mehren sich die unlauteren Versuche der Hintermänner der Ententepolitik, das schwedische Zeitungswesen zu beeinflußen. Auf die in russischen Blättern erschienene Verleumdung, die schwedische Preße sei von den Deutschen gekauft, folgte unmittelbar ein in großem Stil unternommener englischer Bestechungsversuch. Eine englische Firma, die das amtliche Papier des englischen Handelsministeriums mit eingeprägtem Stempel „boarä ot traäe" benutzen darf, überschwemmt die schwedischen Zeitungsverlage mit einem Zirkular, worin selbstloserweise das Airgebot gemacht wird, in England hergestellte schwedisch geschriebene Leitartikel zu liefern und für den Abdruck sogar noch Jnseratengebühr zu bezahlen.
Aus Stadt und Land.
Cal», den 30. Juni 1918
Das Eiserne Kreuz.
Dem Andreas Ohngemach von Altbulach, im Landwehrregiment 119, wurde das Eiserne Kreuz verliehen, er wurde auch gleichzeitig zum Gefreiten befördert.
Verlustliste für den Oberamtsöezirk Calw.
Aus der amtlichen preußischen Verlustliste 240.
Infanterie.Regiment Nr. 111.
Ers.-Res. Philipp Proß, Ottenbronn, gef.
R eferve»Infa«terie.Regi«eut Nr. 206.
Gefr. Fritz Wiedmaier, Wildberg OA. Nagold, l. verw.
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 238.
Utffz. Christian Beckh, Hirsau, s. verw.
Eine Anerkennung für die Schützenvereine.
Das K. Kriegsministerium hat an den Landesschützenmeister folgendes Schreiben erlaßen: Aus den mir mitgeteilten Berichten, Schießlisten und sonstigen Akten der württembergischen Schlltzenvereine, welche zurückfolgen, habe ich mit großer Befriedigung ersehen, daß die außerordentliche Tätigkeit, welche die Schützenvereine seit Kriegsbeginn der Förderung der Schießfertigkeit unserer militärpflichtigen Jugend zugewendet habep, gute Früchte geiragen hat. Die weitere Ausbildung der Rekruten im Schießen bei der Truppe ist hierdurch wesentlich leichtert und beschleunigt worden. Indem ich die bisherigen Leistungen der Vereine aufs dankbarste anerkenne, gebe ich mich der Hoffnung hin, daß es gelingen wird, für diese Bestrebungen immer weitere Kreise zu erwärmen. Das Kriegsministerium wird auch künftighin die Arbeit der Schützenvereine, soweit es in seinen Mitteln steht, fördern und unterstützen.
Aus diesem Schreiben geht zur Genüge hervor, wie hoch auch in den höchsten Kreisen nunmehr die Ausbildung der militärpflichtigen Jugend im Schießen und besonders bei den Schützengesellschaften gewürdigt wird. Dank der unermüdlichen Tätigkeit des Herrn Kassiers, Kaufm. Beißer, ist auch von der Schützengesellschaft Calw diese Ausbildung in meistermäßiger Weise in die Hand genommen worden und hat vorzügliche Früchte getragen, wie von allen bis jetzt einberufenen Kriegsfreiwilligen und Landsturmpflichtigen bestätigt wird. An den regelmäßig Sonntag Vor- und Nachmittags stattfindenden Üebungen können sich sämtliche militärpflichtigen jungen Männer beteiligen, die der unausgebildeten Landsturmabteilung oder der Jugendwehr Calw angehören und deren Hebungen regelmäßig besuchen. Voraussetzung ist ein Ausweis des Vorsitzenden der Lalwer Jugendwehr bezw. der Besitz des Jugendwehrbandes, das zu den Üebungen anzulegen ist. Von nicht zu unterschätzendem Wert für Militär-