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Amtsblatt des Kreises Calw für Altensteig und Umgebung Heimatzeitung der Kreise Calw und Freudenstadt

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Nummer 274

Altensteig, Mittwoch, den 22. November 1938

82. Jahrgang

Aufdeckung des Münchener Attentats

Der Attentäter verhaftet! Aufklärung der Hintermänner des Verbrechens?

Eine sensationelle Verhaftung

Große Erfolge

des deutschen Handelskrieges

Nasklärungsflüge über England und Frankreich Geringe Fronttätigkeit im Westen

verlin, 21. Nov. Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekennt:

3m Westen an einzelnen Stellen der Front geringe Spähtrupptätigkeit und schwaches Artilleriefeuer.

Die deutsche Luftwaffe setzte am 28. November ihre Aufklärung gegen die feindlichen Staaten fort. In England wurden Scapa Flow, Schottland und Südengland, in Frankreich der Raum nördlich Paris aufgeklärt.

Trotz feindlicher Abwehr führten die Flugzeuge ihre Auf­träge planmäßig durch.

In den Monaten September und Oktober haben deutsche Ueberwasserstreitkräfte gemeinsam mit Luftstreitkräften in der Ost- und Nordsee mehrere hundert Handelsschiffe auf Bannware un­tersucht. Während sehr zahlreiche Schiffe unmittelbar »ach der Untersuchung in See freigelassen werden konnten, ba sie keine Bannware an Bord hatten, find insgesamt 127 Schiffe mit 248 4S5 Bruttoregistertonnen in deutsche Häfen gur genaueren Untersuchung eingebracht worden. Soweit nicht Schiff und Ladung der Beschlagnahme verfiel, wurde« sie wieder freigelassen.

Flieger über Engm ^ rmd Frankreich

London, 21. Nov. Heber dem Weichbild Londons, über Essex und Südkent wurden am Montag Flieger gesichtet.

Paris, 21. Nov. In Lyon und im Rhonetal wurde am Mon­tagvormittag 9.5S Uhr bis 1ÜLÜ Uhr Fliegeralarm gegeben. Puch in der Normandie heulten um 18.25 Uhr die Sirenen. Um L11V Uhr erfolgte das Entwarnungssignal.

Amsterdam, 21. Nov. Die unter sehr ungünstigen Witterungs- Verhältnissen vorgenommenen Flüge, deutscher Aufklärer vom Freitag und Samstag über englischem Gebiet zwingen selbst bas englische Fachurteil zu entsprechender Anerkennung der flie­gerischen Leistung als Piloten und der Materialprobe. In den letzten Wochen sind fast täglich deutsche Aufklärer über Shet­land und dem äußersten Norden der britischen Inseln gesichtet morden, ohne daß diese, wie die englischen Berichte zugeben, «nsthaft belästigt werden konnten. Auch am Samstag wurde ein deutscher Aufklärer wiederum über Shetland gesehen. Es war, wie die englische Presse feststellt, der sechste Besuch über dieser nördlichen Insel innerhalb von zwei Wochen. Zu ungefähr der gleichen Zeit brachten deutsche Aufklärer zum ersten Male die englische Lustabwehr über Nordwestengland in Aktion. Die Alarmsirenen wurden in 13 Städten von Nordwales, Cheshire and Lancashire, über denen deutsche Aufklärer in voller Ruhe ihren Weg nahmen, in Tätigkeit gesetzt. Die Flak eröffnete ein wütendes Feuer, das aber, wie der amtliche englische Bericht feststellt, ergebnislos blieb. Auch über Manchester wurden nach dieser Meldung feindliche Aufklärer gesichtet. DemNews Chro- nicke" kommt diese erhöhte Aufklärungstätigkeit der deutschen Luftwaffe über so weit verstreute Gebiete Englands äußerst «gemütlich und unheilschwanger vor. Man dürfe nicht ver­gessen, so meint das Blatt, daß diese deutschen Flüge, die einen nicht zu bezweifelnden Wagemut verraten. Vorboten von höchst imauLeuehme» Asberraschungen sein könnte«.

Starke Beunruhigung in England

Amsterdam, 22. Nov. Die Tatsache, daß deutsche Flugzeuge im Lause des Montag nicht nur über den südlichen Grafschaften Englands, sondern auch über London und den Orkneys gewesen sind, hat in der englischen Oesfentlichkeit starkes Aussehen er­regt. Die Londoner Morgenblätter berichten in größter Auf­machung und in aller Ausführlichkeit über diese rege deutsche Lufttätigkeit. Die Blätter bringen eine ganze Reihe von Augenzeugenberichten, u. a. von Londoner Einwohnern, die beobachteten, wie ein hoch über London fliegendes deutsches Flugzeug von Flakartillerie unter Feuer genommen wurde. Aus den Schilderungen von Bewohnern südöstlicher Küstengebiete geht hervor, daß nur wie durch ein Wunder keine Verluste unter der Zivilbevölkerung durch die Granatsplitter der Flak entstan­den sind.

Korpsführer Hühnlein spricht

Berlin, 2H. Nov. Reichsleiter Korpsführer Hühnlein, der Ehrenführer der Motor-HZ-, spricht am Donnerstag in der Zeit von 1g.35-19.45 Uhr im großdeutschen Rundfunk zur Motor- HI. und ihren NSKK.-Ausbildern. Diese Ansprache ist Auf­takt für eine planvolle noch intensivere Schulung, die durch die Notwendigkeiten der großen und stolzen Zeit bedingt wird.

Berlin, 21. Nov. Der Reichsführer U und Chef der deutschen Polizei gibt bekannt:

Sofort nach dem ruchlosen Anschlag im Viirgerbräukeller am 8. November 1939 wurden Maßnahmen getroffen, die zur Auf­klärung des Verbrechens geeignet erschienen «nd die Festnahme des Täters oder der Täter ermöglichen konnten. Im Zuge dieser Fahndungsmaßnahmen fand eine augenblickliche Sperrung aller deutschen Grenzen in Verbindung mit einer verschärften Grenz­kontrolle statt. Unter de» «och in dieser Nacht Verhafteten be­fand sich ei« Man«, der versuchte, anf illegalem Wege über die deutsche Grenze in die Schweiz zu gelangen. Es handelte sich da­bei um den 36 Lahre alten Georg Elser, zuletzt wohnhaft in München. Die inzwischen getroffenen Feststellungen der von der Sicherheitspolizei nach München entsandten Sonderkommis- siou ergaben zahlreiche Hinweise auf die Vorbereitung und Aus­führung der Tat. Als Täter schien eine Person in Frage zu kommen, von der bereits am 12. November eine genaue Beschrei­bung veröffentlicht werden konnte.

Weitere Feststellungen verstärkten den Verdacht, daß Georg Elser zumindest in irgend einer Beziehung zu dem Attentat stehen mußte. Unter der Last des von der Sonderkommisston so­wohl am Tatort als auch in seine« inzwischen ermittelte« Zu­fluchtsstätten sichergestellte« Beweismaterials und nach mehreren Gegenüberstellungen legte Elser nach erst hartnäckigem Leugnen am 14. November ein volles Geständnis ab.

I» einer in der Kriminalgeschichte einzig dastehenden Weife hatte er in wochenlanger Kleinarbeit in eine der Trag­säulen des Bürgerbränkellers eine Zeitziind- ladung eingebaut, deren llhrzeit auf sechs Tage oder 144 Stunden eingestellt war. Die Planung des Verbrechens geht anf den September bezw. Oktober 1938 zurück. Im August 1939 fand der Einbau der Sprengkammer statt. Die Sprengladung brachte er am siebenten Tage vor der Kundgebung im Vrügerbräukeller an. Sechs Tage vorher versuchte Elser zum erstenmal, die unter­des eingestellte Zündmaschine in die Sprengkammer zu bringe«. Dies mißlang. Auch die fünfte Nacht vorher war ihm ungünstig und führte wieder zur Aufgabe des Unternehmens. DieNacht vom vierten zum dritten Tag vor dem 8. Novem­ber gab aber Elser die Gelegenheit, seine ZLud« Maschine in die vorbereitete Sprengkammer einzubanen. Der Täter fuhr daraufhin sofort ab, um sich über Stuttgart zu de» in der Schweiz bereits auf ihn wartende» Auftraggebern z« begeben. Aus bestimmten Grün­den fuhr Elser am Nachmittag des siebenten noch einmal nach München zurück." Es gelang ihm, in der Nacht vom 7. zum 8. neuerdings in den Bürgerbräukeller einzudringen, «m sich noch einmal durch persönliches Hor­chen von dem Ticken des Uhrwerks zu überzeugen. Der Verbre­cher hatte hier nicht vergessen, für eine Abdämpfung des Ge­räusches zu sorgen Er wiederholte diese Probe in der Nacht vom 7. auf den 8. einige Male. Am 8. frühmorgens frühstückte der Verbrecher dann in einer Münchener Wirtschaft in der Nähe des Jsartores im Tal und begab sich daraufhin mit der Bahn über Ulm an die Grenze. In der Nacht vom 8. auf 9. versuchte er nun, inderNLHevonKonstanzdieErenze nach der Schweiz hin zu überschreiten. Die unter­des eingetretene allgemeine Alarmierung machte ihm dies jedoch unmöglich und führte zu feiner Verhaftung.

Auftraggeber bezw. Geldgeber für das Unter­nehmen war der britische Intelligence Service.

Organisator des Verbrechens Otto Straffer.

Die Ermittlungen nach seinen Auftraggebern und Komplizen hatten bisher Veröffentlichungen noch nicht angezeigt erscheine« lasten.

Nunmehr aber ist jedenfalls ei« Teil der mit dem Verbreche« in Zusammenhang stehenden Subjekte bereits verhaftet.

Zur weiteren Aufklärung werden an die Oefsentlich- keit folgende Fragen gerichtet:

1. Wer kennt «och Elfer?

2. Wer kann noch Angabe« mache» über seinen Umgang?

3. Wer kann noch Hinweise geben, mit wem E. verkehrte?

4. Wo ist E. in de« letzten Jahre» aufgetancht?

5. Wo oder bei wem hat er Einkäufe getätigt oder Bestellungen ausgegeben?

6 Wer weiß noch, daß sich L. mit Erfindungen, technische« Zeichnungen, Konstruktionen, Bauplänen »sw. beschäftigte?

7. Wer hat bei anderen Personen Zeichnungen oder Pläne de« Bürgerbränkellers gesehen?

8. Wer hat E. in Lokale«, auf Bahnhöfe«, in Zügen» Auto­bussen «sw. allein oder mit anderen gesehen?

». Wer hat E. noch im Anslandc gesehen? Wann, wo »nd »it wem?

3n das Garn gegangen

Der Chef des britischen Intelligence Service für Westeuropa «ud seine Komplizen von Beamten der Staatspolizei verhaftet

Berlin, 21. Nov. Amtlich wird verlautbart: Die in De« Haag befindliche Zentrale des britische» Intelli­gence Service für Westeuropa versuchte seit längere«, in Deutschland Komplotte anzuzetteln und Anschläge zu organisieren bezw. Verbindung mit von ihnen vermutete« revolutionären Organisationen aufzunehmen. Auf Ernnd ein« ebenso verbrecherischen wie alberne» Anfklärnng durch deutsche Emigranten lebte man in der britischen Regierung «nd in dem ihr unterstellten Intelligence Service in der Meinung, es be­fände sich im Staat, in der Partei und in der Wehrmacht ei« Opposition mit dem Ziel, im Reich eine Revolution herbeizufüh- reu. Unter diese» Umständen wurden Beamte des Sicher­heitsdienstes der ff beauftragt, Verbindung mit dieser britischen Terror- «nd Revolutionszen­trale im Haag aufznnehme«. I« dem Elauben, tatfächlich «it revolutionären deutsche« Offiziere» zu verhandeln, offenbar­te» die Vertreter des britischen Intelligence Service den deut­sche« Beamten ihre Absichten »nd Pläne, ja um eine dauernde Verbindung mit diese» vermeintliche« deutschen Offizieren auf­rechterhalten zu könne«, lieferten sie ihnen außerdem ei« be­stimmtes englisches Funksende- und Empfangsgerät, durch das die deutsche Geheime Staatspolizei bis zum heutigen Tage die Verbindung mit der britischen Regierung ausrechterhaltea hatte.

Am 9. November versuchten nun die Leiter dieses britischen Intelligence Service für Europa, MisterVest und Capitän Etroens, die holländische Grenze bei Benlo «ach Deutschland zu überschreiten. Sie wurden dabei von de« sie überwachenden deutschen Organen überwältigt««» als Gefangene der Staatspolizei eingeliefert.

Die widersprechenden Angaben über ihre Gefangennahme, od auf «och holländischem oder deutschem Boden, werden zur Zeit geprüft.

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Wie der Verbrecher von München gefaßt wurde

Das Münchener Attentat das gemeinste und raffiniertest« aller Verbrechen

Berlin, 21. Nov. Zu der Aufdeckung des Münchener Attentat« erfährt der Deutsche Dienst noch folgende Einzelheiten:

Sofort nach der furchtbaren Antat am Abend des 8. November im Münchener Bürgerbräukeller traten durch Befehle des Reichs- führers ff sämtliche Teile der deutschen Polizei mit höchster Alarmstufe in Tätigkeit. Es begann in der Stunde des Verbre­chens bereits von außen nach innen gleichsam schon eine Einkrei­sung des Täters.

Sämtliche Erenzübergänge wurden gesperrt, offene Erenz- abschnitte besonders scharf überwacht, keiner auch nur irgendwi« verdächtig scheinenden Person wurde der Erenzübertritt gestattet, ehe nicht die besondere Genehmigung des Reichssicherheitshaupt- amtes dazu vorlag. In einem äußerst knappen Zeitraum waren damit also die Türen, die aus dem Reich führen konnten, herme­tisch abgedichtet und verschlossen.

Gleichzeitig begab sich eine kriminalpolizeiliche Spezialkommis­sion (Tatortkommission), besondere Fachleute und Spezialisten der Sicherheitspolizei, nach München, wo ebenfalls sofort nach de« Abtransport der Toten und Verwundeten der eigentliche Tatort völlig abgeriegelt wurde. Es begann dann hier noch in den Nachtstunden zum 9. November eine besonders mühevolle Arbeit; der ganze Sprengschutt wurde sorgsältigst gesichtet und systema­tisch durchgesiebt und geordnet. Nach tage- und nächtelangem methodischem Suchen unter genauester Druckberechnung und Be­achtung der Eigenart dieser entsetzlichen Sprengung kam die Sicherheitspolizei in Len Besitz einzelner, teils geringfügig schei- nender Splitter, Schräubchen und Federteile, die zur ersten Re­konstruktion des objektiven Tatbestandes die notwendige Vor­aussetzung waren. Es konnte nunmehr ein erstes klares Bild aewonnen werden über das llürrverk. das die Lrvloüon -----