Nr. 139
Amt«- und Ametgeblatl für den Oberamtsbeztrk Calw. 90. Jahrgang.
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Freitag, de« 18 Juni 1S15.
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Sie Ver-mdetm 25 Kilmeter vor Lemberg. — UseWtterter Widerstand
aas dem rechten Rögel der Westfront.
Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
* Auf dem Vormarsch der galizischen Westarmee auf Lemberg ist besonders im Norden nach den gestrigen Berichten wieder ein bedeutsames Stück Gelände erreicht worden. Die Armee Mackensen ist nördlich der Bahnlinie Przemysl—Lemberg in unwiderstehlichem Vordringen, die Straße Niemizow— Jaworow wurde überschritten und weiter geht es schon auf Janow, das dicht nördlich von Lemberg liegt. Der Vormarsch von Mackensen wird durch die nordgalizische Armee gedeckt, die die Russen von Sie- niawa aus gegen Tarnograd nach Polen geworfen hat. Für das Zentrum der direkt auf Lemberg marschierenden Westarmee steht aber noch die schwierigste Leistung bevor. In der Gegend von Grodek, das noch etwa 30 Kilometer von Lemberg entfernt liegt, befindet sich ein großes Sumpfgelände, in einer Ausdehnung von mehr als 20 Kilometer, das Lemberg als natürlicher Schutz gerade westlich vorgelagert ist. Es sind nur ganz wenig Wege, die durch diese Sümpfe nach Lemberg gehen, und diese müssen im frontalen Angriff von den dort stehenden Qesterreichern genommen werden. Die tapferen Truppen unserer Verbündeten sind jetzt schon trotz dieser Schwierigkeiten in bemerkenswerter Weise vorwärts gekommen. und sie werden wohl umso bester über dieses natürliche Hindernis hinwegkommen, je mehr der deutsche Druck von Norden die russischen Stellungen bedrängt. Der glänzende Vormarsch des nördlichen Flügels läßt erwarten, daß Lemberg zuerst von jenen Truppen angegriffen wird, was im Falle eines kaum zu bezweifelnden Erfolges zur Folge hätte, daß die zwischen Grodek und Lemberg stehenden Rüsten abgeschnitten würden. Schon die nächsten Tage werden uns wohl nach dieser Richtung die Entscheidung bringen.
Wir haben schon vor zwei Tagen auf die unübertrefflichen Leistungen an Heldenmut und Widerstandsgeist hingewiesen, durch die unsere braven Truppen seit Wochen die mit verzweifelter Kraft geführten Durchbruchsversuche der Engländer und Franzosen auf dem rechten Flügel der Westfront abgewiesen haben. Nun meldet der Bericht unserer obersten Heeresleitung wieder von schweren blutigen Verlusten der Feinde sowohl bei La Bassöe als auch bei Arras. Die geringfügigen Geländegewinne, die der Feind zeitweise zu verzeichnen hat, sind völlig bedeutungslos. da sein Hauptplan, die deutsche Front an diesen Stellen zu durchstoßen, und dadurch die Aufgabe der Stellungen des ganzen rechten deutschen Flügels zu erzwingen, nicht gelungen ist, und trotz der zahlenmäßigen Uebermacht des Gegners auch nicht mehr gelingen wird. Die zuversichtliche Sprache unseres Genevalstabs, -auf besten Blick für das Ganze wir uns immer noch verlassen konnten, bürgt uns dafür, daß unsere Truppen im Westen solange aus- halten werden, bis das Werk im Osten vollbracht ist.
Die Italiener begnügen sich immer noch damit, vergeblich gegen die vorzüglichen Befestigungen der Oesterreicher im Grenzgebiet anzulaufen. Da sie keine bemerkenswerten Erfolge, dafür aber große Menschenverluste zu verzeichnen haben, so werden einfach Heldentaten vom Eeneralstab erdicht.et, damit das Volk von seinem Kriegsrausch nicht zu schnell erwacht. Uns erscheinen die amtlichen Berichte kindisch. für die Italiener aber sind sie ein willkommenes Narkotikum.
Wir konnten im größten Teil unserer Ausgabe gestern noch die erfreuliche telephonische Meldung bringen, wonach deutsche Marineluftschiffe einen erneuten erfolgreichen Angriff auf die englische Nordostküste ausgeführt haben, und zwar auf einen der Hauptindustrieplätze Englands. Es wurde eine Reihe industrieller Anlagen, darunter ein Hochofenwerk, in Brand gesetzt und eine Strandbatterie, die -die Luftschiffe ergebnislos beschoß, zum Schweigen gebracht. Diese schöne Leistung ist wieder ein Beweis von dem Gefechtswert unserer Luftschiffe, die bei der Abrechnung mit unserem gefährlichsten Gegner wohl ein entscheidendes Wort mitsprechen werden.
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Die deutsche amtliche Meldung.
(WTB.) Großes Hauptquartier, 17. Juni. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Nördlich des Teiches von Bellewaarde wurden die vorgestern verlorenen Grabenstücke zum größten Teil zurückerobert. Die Engländer und Franzosen setzten gestern ihre Durchbruchsversuche fort. Nördlich des Kanals von La Bassee wurden die Engländer von Westfalen und Sachsen im Handgemenge überwältigt und zum schleunigsten Rückzug in ihre Stellungen gezwungen. Gegen die Front westlich von Lievin bis Arras richteten die Franzosen fortgesetzt neue Angriffe. An der Lorettohöhe wurde ihnen ein völlig zusammengeschossener Graben überlasten. Südlich Souchez gelang es ihnen, in unserer Stellung in einer Breite von KOO Met. Fuß zu fasten. Dort wird noch gekämpft. An allen anderen Stellen wurden sie blutig abgewiesen. Die unter größtem Munitionseinsatz und ohne Rücksicht auf die schweren Verluste geführten Angriffe haben somit wiederum mit einer Niederlage der Franzosen und Engländer geendigt. Die für uns siegreichen Nahkämpfe legen erneut Zeugnis ab von der glänzenden Tapferkeit und unerschütterlichen Ausdauer unserer Truppen. Mit dem gleichen Mißerfolg endeten französische Angriffe bei Moulin sous tous les oents, wir nahmen dort 5 Offiziere und 300 Franzoien gefangen. In den Vogesen dauerten die lebhaften Kämpfe zwischen Fecht- und Lauchtal gestern an, kamen aber am Abend zum Stillstand. Nordwestlich Mezeral haben wir alle unsere Stellungen behauptet. 100 Gefangene fielen in unsere Hand.
Die Behauptung im amtlichen französischen Bericht vom 16. Juni 11 Uhr abends, daß die Kathedrale von Reims mit Brandgranaten beschosten worden sei, ist unwahr. Unser Feuer richtete sich vielmehr gegen die Ostkaserne sowie gegen die Batterie am Gleisdreieck nördlich von Reims, die lebhaft auf unsere Stellungen gefeuert hatte.
Oestlicher Kriegsschauplatz. Mehrere russische Angriffe wurden abgewiesen. Sonst keine besonderen Ereignisse.
Südöstlicher Kriegsschauplatz. Nördlich Sieniawa zwangen die Angriffe der verbündeten Truppen die Russen zur Aufgabe ihrer Stellung und zum Rückzug auf Tarnograd. Die Armee des Generalobersten von Mackensen drängt in scharfer Verfolgung dem Feind nach. Dachnow und Lubaczow wurden gestürmt, das südliche Smolinkaufer wurde vom Gegner gesäubert, bei Niemirow der russische Widerstand schnell gebrochen, die Straße Niemirow —Jaworow überschritten. Weiter südlich gingen die
Russen gegen die Wercszyca zurück. Südlich der Dnjestrsümpfe ist die Lage unverändert.
Oberste Heeresleitung.
Das verbrecherische Unternehmen der Franzosen auf Karlsruhe.
(WTB.) Berlin, 17. Juni. (Amtlich.) In ihrem amtlichen Bericht vom 15. Juni abends brüstet sich die französische Heeresleitung mit dem bekannten Fliegerangriff auf Karlsruhe, den sie als Vergeltungsmaßregel für die Beschießung offener französischer und englischer Städte hinstellt. Dieser Begründung des französischen Angriffs muß die Tatsache entgegengehalten werden, daß von deutscher Seite nur befestigte Punkte und solche im Operationsgebiet liegende Orte beschossen worden sind, die mit dem Krieg unmittelbar im Zusammenhang standen. Ueberall wo es sich dabei um offene Städte gehandelt hat, waren unsere Angriffe nur die Vergeltung für gleichartige Maßnahmen unserer Gegner. Neu ist die brutale Offenheit, mit der die feindliche Heeresleitung eingesteht, daß sie ihren Fliegern als Angriffsziel eine fern vom Kriegsschauplatz gelegene friedliche Stadt bezeichnet Hat, in der gerade den Franzosen vor dem Krieg so vielfach gastfreundliches Entgegenkommen bewiesen worden ist. Militärische Gründe können dieses Verhalten nicht rechtfertigen, denn der einzige Verlust, den der Angriff unserer Kriegsmacht zugefügt hat, besteht in der Verwundung dreier in Lazarettpflege befindlicher Soldaten. Die abseits von der Stadt gelegene Munitionsfabrik, deren militärische Bedeutung übrigens nicht allzu groß ist, hat bis auf die Beschädigung eines Baugerüstes nicht gelitten. Obwohl sie als Angriffsziel sehr leicht erkennbar ist, ist sie auch nur mit wenigen Bomben belegt worden. Schon daraus geht hervor, daß es den Franzosen gar nicht auf die Gewinnung eines militärischen Vorteils angekommen ist. Mit noch weit größerer Deutlichkeit ergibt sich diese Tatsache aber aus dem Umstande, daß den feindlichen Fliegern nach amtlichem Eingeständnis der Franzosen das Residenzschloß als Ziel bezeichnet worden ist. Man hat im Lager unserer durch Spionage so gut unterrichteten Gegner zweifellos genau gewußt, daß das Schloß außer der ehrwürdigen Großherzogin Luise seit mehreren Wochen die Königin von Schweden beherbergt. Die Anwesenheit dieses einem neutralen Herrscherhause angehörenden hohen Gastes hat die französischen Flieger jedoch nicht davor zurückgehalten, gerade das Schloß besonders heftig anzugreifen und auch in der Tat erheblich zu beschädigen. Wie groß die Gefahr für die Königin gewesen ist, zeigt u. a. die Tatsache, daß mehrere Sprengstücke in das Zimmer der schwedischen Baronin Hochschild geflogen sind. Auch die Kinder des Prinzen Max von Baden, über deren Schlafgemach eine Bombe das Dach zertrümmerte und in die Decke eingeschlagen hat, sind nur mit knapper Not dem Tode entgangen. Unter der Bürgerschaft hat der Ueberfall wie bekannt an Toten und Verwundeten insgesamt 84 Opfer gefordert. Wir können den Angriff nach diesem Ergebnis und nach der den feindlichen Fliegern erteilten dienstlichen Anweisung über die Angriffsziele nicht als eine militärische Unternehmung sondern nur als ein Verbrechen bezeichnen, dessen Rohheit von der wirklichen Höhe der vielbewunderten französischen Kultur beredtes Zeugnis ablegt.