Amtsblatt des Kreises Calw für Altensteig und Umgebung Heimatzeitung der Kreise Calw und Freudenstadt

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«innmer 141

Altensteig, Dienstag, den 2V. Zuni 1939

I «2. Jahr gang

Neuer Lügenseldzug aus London

Phantasien über angebliche deutsche Truppenbewegungen

Wie sie lügen!

Das slowakische Pretzvüro dementiert bösartige Tendenznachrichten

Ptthburg, 19. Juni. Unter dem Titel20 000 Deutsche in Sil­lein" schreibt das halbamtliche slowakische Preßbüro: Die Agen­tur Association hat eine Meldung herausgegeben, derzufolge NM deutsche Soldaten slowakisches Gebiet, und zwar Sillein iu der Richtung gegen die polnische Grenze passiert haben sollen. Diese Nachricht ist ebenso wie viele andere Meldungen, die in den letzten Tagen von den verschiedensten Blättern verbreitet midm und die in dem Sinne ausklingen, als ob eine Auftei­lung der Slowakei vorbereitet und die Slowakei allmählich von deutschen Truppen besetzt würde und als ob ein deutsches Haupt­quartier in Preßburg einquartiert worden wäre, vollkom­menfrei erfunden. Wie uns aus Sillein gemeldet wird, ßnd in Sillein weder deutsche Truppen eingetroffen noch haben solche die Stadt zu Fuß, mit der Bahn oder mit Fahrzeugen passiert. Die Tendenz derartiger Nachrichten sowie ihre Böswil­ligkeit ist jenen, die die Verhältnisse in der Slowakei kennen, aus eigener Erfahrung offenbar. Diese Nachrichten werden nur darum erfunden, um die zwischen den Völkern bestehende Span­nung zu steigern.

Anerkennung des Status von Böhmen und Mähren durch England

London, 10. Juni. Unterstaatssekretär Butler gab im Un­terhaus bekannt, daß die britische Regierung in Zukunft in Prag durch einen Generalkonsul vertreten sein werde. Der bri­tische Botschafter in Berlin Sir Neville Henderson, habe An­weisung schalten, bei der Reichsregierung um die Erteilung des Hegnators für einen britischen Eeneralsonkul in Prag nachzu- /»chen. Die praktischen Gründe, die die britische Regierung zu diesem Schritt veranlagt hätten, seien durch den Schatzkanzler in der Aussprache am 26. Mai mitgeteilt worden. Der Schatzkanzler habe damals unter anderem darauf hingewiesen, daß die briti­sche Regierung in Prag einen Beamten haben müsse, der für die Erteilung von Visen usw. zuständig sei. Nach Ansicht der britischen Regierung bedeute dieser Schritt zwar die de facto Anerkennung des gegenwärtigen Staates von Böhmen und Mähren, jedochwürden die Ansichten der britischen Regierung über diese Frage dadurch nicht geändert". Die britische Regie­rung habe sich, bevor sie diesen Entschluß gefaßt habe, mit an­dren interessierten Regierungen, darunter Frankreich, USA., vowjetrußland und Polen in Verbindung gesetzt.

Spanische Offiziere besuchen Junkers-Werke

Dessau, 19. Juni. Die spanischen Offiziere, die als Gäste des Wrers zum Empfang der Legion Condor nach Berlin gekom­men waren und zur Zeit eine Befichtigungsreise durch Deutsch- besuchten Montag die Junkers-Flugzeug- Md Motorenwerke. Die spanischen Offiziere, an der Spitze der kruhmte General Aranda mit den Herren feines Stabes, sowie erfolgreiche Kampfflieger Major Calvo mit einigen weiteren MMschen Fliegeroffizieren, besichtigten in Magdeburg und Wersleben die Serienfabrikation von Junkers-Motoren- und ^ "özeugen, um dann im Stammwerk Dessau neben den tech- ichen Anlagen auch die Werkschule, die Lehrlingswerkstatt, so-

>e die sozialen Einrichtungen der Junkers-Werke kennenzuler- «en.

Ernteeinsatz der Hitlerjugend

Schirach ruft die ganze deutsche Jugend

Reichsjugendsührer von Schirach erläßt an die gesamte deutsche «Send folgenden Aufrufzum Ernteeinsatz:

»Eine gute Ernte steht bevor! Unser Volk wird aus eigener ^raft seine Ernährung ficherstellen. Abertausende fleißiger Hände °auen unser Reich zu einer uneinnehmbaren Festung aus. Mil- no»«n ehemaliger Arbeitsloser schaffen und werken an unseren «iobahnen und unseren neuen Fabriken. Das deutsche Volk ^Micht Arbeitskräfte, um die Ernte unter Dach und Fach zu böigen. In solcher Zeit erwartet unser Führer von seiner Ju- ß«i>, daß sie sich einsetzt, um die Ernte dieses Jahres zu bergen.

3ih ordne daher an: Der Ernteeinsatz erfolgt einzeln wie in ?^ppen. Der Vannführer ist für den Einsatz seiner ört- Hitlerjugend verantwortlich. Zu diesem Zweck wird er dem Kreisbauernführer aufs engste zusammenarbeiten. Zur Abführung werden ferner Ernteeinsatzlager eingerich- ^ Alle sonstigen Lager der HI. werden von ihren Lagerplätzen ^üach Vereinbarung mit der Kreisbauernschaft bei den Ernte­zeiten Helsen. Die Fahrtengruppen sind nach örtlichem Bedarf ^selbständig vom Fahrtenführer einzusetzen. Die städtischen Jäheiten werden zum Wochenende eingesetzt. Der i^Heeinfatz erstreckt sich auf die Eriinfutter ernte, die Ansammlung, die Heu-, Getreide- und Flachs- ^üt'e, auf die Fa ll o b'st - und Beckrenernte, die Hack - l§^cht- und Gemüseernte, sowie auf das Einsammeln !*« Bucheckern, Eicheln und Kastanien. Schulter an Schulter M dem deutschen Bauern übernimmt die Jugend des Führers Dankbarkeit diese große Aufgabe. Wir wollen unserem Fiih- »reude machen!"

Berlin, 19. Juni. In der englischen Presse tauchen seit einigen Tagen in verstärktem Maße bösartige Hetzmeldungen auf, die sich mit angeblichen deutschen Truppenbewegungen in der Slowakei und im Protektorat Böhmen und Mähren beschäftigen.

Auch am Montag wurde diese üble Brunnenvergiftung, die of­fenbar auf Grund eines wohlüberlegten Planes und im Rah­men der allgemeinen Einkreisungsaktion durchgeführt wird, fort­gesetzt. So wird von zahlreichen Tanks, Panzerwagen und Trans­portfahrzeugen phantasiert, die durch Prag nach Osten mar­schierten, und bei Mährisch-Ost rau wollen findige angel­sächsische Reporter sogar nicht weniger als zehn Divisionen auf­gespürt haben.

Von zuständiger deutscher Seite werden diese völlig unbegrün­dete» Kombinationen, deren Ziel nur die weitere Verschärfung der vorhandenen Spannungen sein kau, aus das schärfste zurück­gewiesen. Daß es sich dabei eindeutig um eine neue gewissenlose Mache der englischen Einkreisungspolitik handelt, geht schon dar­aus hervor, daß die Lügeufavrikanten gleichzeitig das hirnver­brannte Märchen verbreiten, daß Deutschland und Ungarn an­geblich die Teilung der Slowakei die bekanntlich unter dem Schutze des deutschen Reiches steht vereinbart hätten.

Chamberlains Sorgen

Chamberlain bestätigt Moskauer Schwierigkeiten bezüglich Fernostgarantie!

London, 19. Juni. Ueber die Verhandlungen mit Sowjetruß- land befragt, konnte Ministerpräsident Chamberlain im Unter­haus nur feststellen, daß die Verhandlungen andau­ern. Ferner mutzte er zugeben, daß nicht so sehr die bal­tische Frage an den Schwierigkeiten in Moskau schuld ist. Obwohl Chamberlain sich außerordentlich vorsichtig ausdriickte, wurde sein verblümter Hinweis auf das Fernost Problem sofort verstanden.

Am IS. Juni, so erklärte C.'amberlain, seien der französische und der britische Botschafter in Moskau, sowie Mister Strang von Molotow empfangen worden, dem sie die jüngsten englisch­französischen Vorschläge auseinandergelegt hätten. Am 16. Juni habe eine weitere Besprechung stattgefunden. Im Laufe dieser Besprechung habe Molotow den britischen und französischen Vertretern gewisse Einwände der Sowjetregierung unterbreitet. Die Besprechungen dauerten immer noch an. Der Labour-Abgeordnete Dalton verlangte vor diesem öffentlichen Forum eine Mitteilung darüber, ob die dem britischen Botschaf­ter in Moskau erteilte Möglichkeit, Schritt für Schritt Zuge­ständnisse zu machen, weitgehend genug sei. Chamberlain erwi­derte in seiner Not mit einer nichtssagenden Phrase. Es sei, setzte er aber hinzu, möglich, daß weitere Punkte aufgeworfen würden, die Rückfragen notwendigmachten. Auf die Frage des Konservativen Adams, ob etwa neben der baltischen Sache andere Schwierigkeiten bestünden, antwortete Chamber­lain:Ja, es gibt noch verschiedene andere Punkte". E

Man sagt Valltkam und meint den Fernen Osten

Berlin, 19. Zuni. Zu der heutigen Chamberlain-Erklä- rnng bzw. zum augenblicklichen Stand der Moskauer Verhand­lungen schreibt derDeutsche Dienst" in einem Eigenbericht aus London:

Die heutige Unterhauserklärung Chamberlains über die Moskauer Verhandlungen hat erneut das Moskauer Debakel der britischen Außenpolitik in das hellste Licht des öffentlichen In­teresses gerückt. Zwar haben sich die Londoner Blätter in den letzten Tagen nicht mehr so ausführlich mit den Moskauer Ver­handlungen befaßt wohl aus Scham über ihre immer noch nicht in Erfüllung gegangenen, bis zur Langweiligkeit stereotyp wiederholten Prophezeiungen über den bevorstehenden Pakt­abschluß. Aber umso geschäftiger wurde hinter den Kulissen des Foreign Office und der publizistischen Einkreisungszentrale in London das Moskauer Thema nach dem bekannten Motto er­örtert:Wie sag ichs meinem Kinde!" Als besonders unan­genehm und störend empfand man dabei deutsche und italienische Presseveröffentlichungen, die auf Grund der tatsächlichen Lage immer wieder mit Nachdruck auf die wahren Schwierigkeiten bei den Londoner Paktvcrhandlungen, nämlich die Frage der fern­östlichen Garantien, hinwiesen. Man empfand diese Veröffent­lichungen als so unangenehm, daß sich die Londoner Zeitungen offensichtlich nicht einmal polemisch mit ihnen auseinandersetzten und sich darauf beschränkten, diese deutschen Prcsseäußerungen

nur zum Teil ganz knapp und ohne jeglichen Kommentar z» verzeichnen.

Auch Chamberlain ist gewissermaßen diesem an die englische Presse ausgegebenen Stichwort gefolgt, indem auch er peinlich vermieden hat, im einzelnen dem britischen Volk zu verraten, warum denn nur die Verhandlungen in Moskau nicht weiter­kommen. Er hat lediglich zugegeben, daß es außer der Frage der Garantie für die baltischen Staaten noch beträchtliche Schwie­rigkeiten gibt, und damit also das bestätigt, was jedermann längst weiß, was nur London offiziell nicht wahrhaben will, daß nämlich die Frage der Fernostgarantien den Unterhändlern in Moskau das meiste Kopfzerbrechen bereitet.

Es ist rührend zu sehen, wie lange nun schon der gute Name der baltischen Staaten von der britischen und französischen Presse dazu mißbraucht wird, das Moskauer Debakel der britischen Außenpolitik aus eine schamhafte und delikate Weise zu verhül­len. Keiner, der die Schliche und Methoden der britischen Ein­kreisungspraktiken einigermaßen kennt, hat jedoch auch nur den geringsten Zweifel daran, daß etwa die britische Außenpolitik skrupellos genug wäre, um im Bedarfsfall die baltischen Staaten auch wider ihren eigenen Willen in die britische Einkreisungs­front hineinzupressen. Albion hat noch nie nach dem Willen kleiner Völker gefragt, wenn es sie in feine imperialistischen und kapitalistischen Ziele einsetzen wollte. Das Schicksal der schwer­geprüften Araber in Palästina ist gerade in diesen Tagen ein er­neutes Beispiel dafür. Warum sollte es sich ausgerechnet durch Lettland, Estland und Finnland von dieser lange genug geübten Praxis abbringen lassen?

Man sagt Baltikum unb meint den Fernen Osten. Den« hier ist der wunde Punkt, wo alle britische Unterhändlerschläne und alle schönklingenden Phrasen und menschlichen Versicherungen der Hilfsbereitschaft abprallen an der unerbittlichen Haltung der jowjetrussischen Außenpolitik. Moskau beharrt auf seiner Forderung. Es will die schriftliche Festlegung der britischen Beistandsverpflichtungen im Fernen Osten im Falle eines Kon­fliktes mit Japan als Gegenleistung für seine Beteiligung an der britischen Einkreisungsfront.

Das aber ist die schwache Seite von John Bull: 1. Fürchtet man, daß ein britisches Beistaudsversprechen für Sowjetrußland im Fernen Osten die japanische Regierung in ihrer englandfeind­lichen Haltung so sehr bestärken würde, daß der Ausbruch eines offenen militärischen Konfliktes nicht länger aufzuhalte« wäre. Und zweitens, wenn London die weitere Zuspitzung des Verhält­nisses zu Japan in Kauf nehmen wollte: England könnte ja, selbst wenn es wollte, im Fernen Osten keinerlei nennenswerte Unterstützung für Moskau leisten. Denn schon der jetzige Tientsin-Vorfall beweist die ganze Ohnmacht der britischen Posi­tion im Fernen Osten, die bezeichnenderweise in der britischen Presse in einem peinlich anmntendcn Gemisch von wütende« Ausbrüchen, naiven Drohungen und flehenden Beschwörungen au die Adresse Japans zum Ausdruck kommt.

In Moskau ist man offensichtlich realpolitisch genug, diese« Dilemma der britischen Außenpolitik klar zu erkennen. Moskau will sich eben nicht umsonst als Kanonenfutter für Groß­britanniens Interessen hergebcn, sondern verlangt infolgedessen von Großbritannien das Prinzip der Gegenseitigkeit und zwar schriftlich! Gerade das aber ist London besonders peinlich!

Will sich London zurückziehe«-

llebertrievene Garantiewünsche Moskaus sollen den Grund

schassen

Paris, 19. Juni. Im Zuge ihrer Ablenkungsmanöver von dem wahren wunden Punkt der Moskauer Verhandlungen in der Frage der britischen Verpflichtungen im Fernen Osten zur Un­terstützung Sowjetrußlands in einem eventuellen Konflikt mit Japan, gehe» die Londoner und Pariser Kreise nunmehr so weit, angeblich bestehende übertriebene Garantiewuusche Moskaus i» Bezug auf Europa als de» Haupthinderungsgrund für eine Ei­nigung hinzustelle«.

So behauptet der Londoner Korrespondent desExcelsior", Moskau wünsche, daß Frankreich, England und die Sowjetunion durch eine verallgemeinerte Garantie sämtliche Staate» decken, die den Ambitionen des Dritten Reiches zum Opfer fallen könnten. Eine solche Garantie müsse sich sowohl auf Bel­gien als auch auf Lettland und Estland erstrecken und könne auf alle Staaten das Blatt erwähnt Ungarn, Bulgarien und Jugoslawien ausgedehnt werden, die einen solchen Schutz wünschten. Durch diesen Moskauer Wunsch, so fährt das Blatt fort, seien jedoch neue, sehr verwickelte Probleme aufgeworfe« worden, sodaß man sich fragen müsse, ob der englische Unter­händler Strang ausreichende Vollmachten für die Behandlung derartiger Fragen besitze.