über die bisherigen Verhandlungen mit den einzelnen Staaten von der Regierung ein Erünbuch überreicht werden.

Lhiasso, 18. Mai. Aus zahlreichen Orten werden Zusammenstöße zwischen Neutralisten und Interven­tionisten gemeldet, wobei, wie in Piacenza, Cremona, Como, Jvrea ufw., die Neutralisten die Oberhand ge­wannen. In Mailand wurde eine Volksversammlung der Neutralisteu durch ein Aufgebot von dreitausend Soldaten Infanterie, Kavallerie, Larabinieri und Schutzleuten verhindert. Viele Demonstranten wur­den verwundet und über hundert verhaftet. Gleichzeitig fand auf der andern Seite der Stadt eine graste Kund­gebung der Interventionisten statt. In Turin wurde gestern abend der Belagerungszustand erklärt, nachdem die Stadt während des ganzen Tages der Schauplatz ernstester Revolten gewesen war. Nach demAvanti" hatten 8Ü0VV Arbeiter einen 24stiindigen Generalstreik erklärt, um gegen den Präfekten und die Polizei zu protestieren, die den Studenten alle Ausschreitungen, das Einwerfen der Fenster der ZeitungStampa" und anderes erlaubt, aber mit Gewalt jede friedliche Kund­gebung der Neutralisten verhindert hätte. Am General­streik beteiligen sich nach derKriegszeitung" aus­nahmslos die gesamte Arbeiterschaft Turins und un­geheure Menschenmassen strömten gegen 10 Uhr vormit­tags zum Eorso Siccardo, wo vor dem Lokal der Ar­beiterkammer eine Massenversammlung abgehalten wurde. Zahlreiche Redner erklärten die absolute Ab­neigung des Volkes von Turin gegen den Krieg. Als sich darauf ein Demonstrwntenzug nach dem Platz Ea- stello, wo sich das Königsschloh befindet, bewegte, wur­den Barrikaden gebaut und von beiden Seiten geschossen. Die Tumulte dauerten bis zum Abend, obgleich am Nachmittag ein mehrstündiges heftiges Gewitter die Massen stark verringert hatte. Ein Waffenladen wurde gestürmt und ausgeplündert, ein Arbeiter durch den Revolverschuh eines Offiziers getötet, viele Personen wurden verletzt, auch unter den Soldaten gab es viele Verwundete.

Der Maffenwahnsinn.

Berlin, 18. Mai. Ohne jede Unterbrechung, so wird demVerl. Tagebl." aus Lugano gemeldet, folgen sich in ganz Italien in sämtlichen grasten, mittleren und kleinen Städten fanatische Kriegskundgebungen, an denen alle Schichten der städtischen Bevölkerung teil- irehmen. Jeder Versuch des Widerstandes gegen diesen Massenwahnsinn ist erloschen. Ueberall nehmen die Be­amten in corpore teil. In Rom zogen am 16. Mai über 100 000 Menschen vor das Quirinal. Trotz derAbwesen- heit des Königspaares fand eine Kundgebung unter stürmischen Rufen:Hoch der Krieg!" statt. In Neapel marschierten an der Spitze der Demonstranten 200 Uni­versitätsprofessoren mit dem Rektor. Die deutschfreund­licheVittoria" in Rom stellte angesichts der schweren Lebensgefahr für ihre Redakteure ihr Erscheinen ein.

Angriffe auf den Generaladjutant des Königs.

Berlin, 18. Mat. Ueber Angriffe auf den Generaladjutavten des Königs kann derBerliner Lokalanzetger" berichten: DieIdea Razionale", das römische Hauptorgan der konstitutionellen Kriegshetzer, griff den General Brusall an, weil er gesagt habe, Giolitti habe bei seinem kiirzlichen Eingreifen keine Ueberyriffe begangen, sondern nur seine Pflicht getan. Die Abmachungen mit dem Dreioerbandsmächten seien nur von Sonnino ins Werk gesetzt und trügen vielleicht auch die Unter- schrift Salandras, aber keineswegs die des Königs »nd nur dieser schliche Verträge ab.

Ovationen vor der englischen Botschaft.

Luganv, 18. Mai. Der englische Botschafter erschien gestern, als ihm die Menge vor seinem Palais Ovationen darbrachte, auf dem Balkon und rief den Demonstranten zu:Verlangt nicht das Versprechen. Eure Regierung hat das Wort!" Die Gattin des Botschafters streute Blumen auf das Volk herab. (Das Gebaren ist echt englisch. Die Botschafterin heuchelt Freundschaft, denkt dabei aber an Italiens Söhne, die ihr Blut für das perfide Albion verspritzen sollen. Das italienische Volk der

Gaffe aber jubelt-) Dann zogen die

Massen vor die serbische Gesandschaft. Der Gesandte rief ihnen zu:Hoch das gröbere Jtalieu!" Die Worte riefen namenlose Begeisterung hervor. Die römischen Kreise find überzeugt, dah die Regierung mit einem kuit accompli vor die Kammer treten und dadurch jede Erörterung über Krieg und Frieden von vornherein ausschliehen werde.

Eine Prophezeihung derStampa".

Mailand 18. Mai. DieStampa" behauptet, daß Italien spätestens am Donnerstag morgen den Zentralmächlen den Krieg erklären werde. Gleich­zeitig wird das Kabinett sich durch einige Minister ohne Portefeuille ergänzen. Das Parlament soll in seiner Eröffnungssitzung sofort den einzigen ihm

vorzulegenden Gesetzentwurf über die Verleihung der unbegrenzten Gewalt an die Regierung und die budgetlofe Verwaltung verabschieden, dann eine große patriotische Kundgebung veranstalten. Man erwartet, daß nur die offiziellen Sozialisten oppo­nieren und den Kriegskredit ablehnen werden. Das Grünbuch soll neben anderen Dokumenten auch die Kündigung des Dreibundvertrags im Wortlaut ent­halten Italien erkläre den Vertrag als hinfällig und nichtig geworden. Auch die während der Aus­gleichsverhandlungen mit Oesterreich gewechselten Noten werden im Erünbuch veröffentlicht.

Das italienische Grünbuch.

Berlin. 19. Mai. Aus Thiaffo erfährt das Berliner Tageblatt": Nach einer römischen Mel­dung derStampa" wird die Aufkündigung des Dreibunds noch vor der Kammereröffnung am 20. Mai erfolgen. Die Urkunde an die Wiener Re­gierung, die die Kündigung mitteilt, soll neben anderen Dokumenten über die diplomatischen Ver­handlungen bereits im Grünbuch veröffentlicht werden, das angeblich die unwiderleglichen Beweise von der Langmut Italiens gegenüber der Verstockt­heit Oesterreichs (!) enthält und zeigen soll, daß die Regierung nicht anders handeln konnte, als es geschehen ist.

Die letzten Vorbereitungen.

Rom, 18. Mai. Der Ministerrat beschäftigte sich mit der Eröffnung des Parlaments. Die Tages­ordnung beider Häuser lautet: Mitteilung der Re­gierung. Salandra legt dem Ministerrat den Ent­wurf zu einer Arbeit vor, jedoch kann die Fassung erst, wie dieVoss. Ztg." berichtet, im letzten Augen­blick festgestellt werden, da es unabsehbar ist, wie sich die internationalen Angelegenheiten in den wenigen Stunden bis dahin entwickeln. Voraus­sichtlich bringt die Regierung eine Vorlage ein. Salandra mit diktatorischen Vollmachten auvzustatten. Noch vor Eröffnung der Sitzung erhalten die Sena­toren das Grünbuch. Die letzten Kriegsoorbereitun­gen werden nunmehr beendet. Ein königlicher Er­laß setzt einen früheren Termin für das medizinische Staatsexamen an. In vielen Städten bilden sich Kriegshilfsausschüffe.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

* Die Motze Offensive der verbündeten Armeen in Galizien und Südpolen hat ansechinend ihren Höhe­punkt noch gar nicht überschritten, trotzdem nun schon durch das Erreichen einer Eefangenenzahl von 174 000 Mann ein ziffernmäßiger Erfolg errungen wurde, der diePhantasie"zahlen bei Beginn der Operationen jetzt schon übersteigt. Es gehen jetzt zwei getrennte Aktionen in diesem riesigen Kampfgelände vor sich, die aber stra­tegisch in Zusammenhang mit einander stehen; die eine richtet sich gegen Südostpolen, die andere hat Mittel­galizien und das ganze Karpathenvorgelände in ihren Kampfbereich gezogen. Die Russen, durch überall her­beigezogene Reserven verstärkt, haben versucht den Vor­marsch der Verbündeten aufzuhalten; es ist ihnen jedoch nicht gelungen. Von Südostpolen über Mittelgalizien bis zum Dnjestr gehen nun die Linien der verbündeten Heere. Welchen Einfluß diese großartigen militärischen Vorgänge auf die Lage im Osten überhaupt haben wer­den, werden uns die nächsten Wochen zeigen. In Gali­zien werden sich die Russen nicht lange halten können, die Lage in Russisch-Polen wird sich ebenfalls verändern und die in breiter Front vorgetragene deutsche Offen­sive in Nordroestrutzland, die erst jetzt recht zur Entwick­lung kommt, werden mit den Riesenkämpfen auf dem südöstlichen Kriegsschauplatz Zusammenwirken, um end­lich das Ziel zu erreichen, den ruffischen Koloß zu Fall zu bringen.

Gegenüber diesen gewaltigen Plänen ist es ver­ständlich, wenn auf der Westfront unsere Armeen sich größtenteils aktiv-defensiv verhalten, und die stetigen feindlichen Angriffe mit Heldenmut abwehren.

Die deutsche amtliche Meldung.

(WTB.) Großes Hauptquartier, 18. Mai. (Amt­lich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Nördlich von Ppern am Kanal bei Steenstraate und Het Sas herrschte ge­stern Ruhe. Auf dem östlichen Kanalufer südöstlich Vresinghe entwickelten sich an einzelnen Stellen Kämpfe, die noch fortdauern. Südlich von Nenve Chapelle ver­suchten die Engländer gestern und heute nacht vergeb­lich weiteren Boden zu gewinnen. Alle Angriffe wurden unter starken Verlusten für den Feind abgewiesen. Er­neute französische Angriffe an der Lorettohöhe, bei Ab- lain und westlich Souchez scheiterten. 17V Gefangene blieben in unserer Hand. Bei Ailly kam der Jnfanterie- kampf zum Stillstand. Ein französischer Borstoß im Priesterwald brach in unserem flankierenden Feuer zu­sammen.

Oestlicher Kriegsschauplatz. An der Dubissa wurden in Gegend Esrapola wiederum starke feindlich« Angriffe

abgewiese«. Gegen die südlich des Rjemen herangeführ­ten ruffische Kräfte gingen unsere Truppen in allge­meiner Richtung Eryszkabuda, Sqtowty Szaki zum An­griff vor. Die Kämpfe dauern noch au. Gestern wur­den 17VV Russen gefangen. Nördlich der Wisloka warf unsere Kavallerie die feindliche. Ruffische Angriffe ans Mariampol scheiterten.

Südöstlicher Kriegsschauplatz. Nördlich Przemysl, von südlich Jaroslau bis zur Einmündung des Wislok in den San haben sich deutsche und österreich-ungarische Truppen den Uebergang über den San erkämpft. Der Gegner geht hier weiter nach Osten und Nordosten zn- riick. Zwischen Piliea und oberer Weichsel (bei Jlza und Ladow), südlich Przemysl sowie in der Gegend vom Stryj find seit gestern größere Kämpfe im Gange.

Oberste Heeresleitung.

Der Kaiser im Südosten.

WTV. Berlin» 19. Mai. Der Kaiser wohnte vorgestern den Kämpfen bei der Ueberschreitung des Sanadschnittes auf den Gefechtsständen eines Generalkommandos und später einer Division bei.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(WTB.) Wien, 18. Mai. Amtliche Mitteilung vom 18. Mai mittags: Die verbündeten Truppen hatte« nach erbittertem Kampfe an mehreren Stellen den San forciert und am Ostufer des Flusses Fuß gefaßt. Gegen­angriffe der Russen wurden überall blutig abgewieseu, der Feind in östlicher Richtung zurückgeworfen. Am oberen Dnjestr find heftige Kämpfe im Gange. An der Pruthlinie keine besonderen Ereignisse. Vereinzelte Vorstöße der Russen nördlich Kolomea wurden abge­wiesen. Die Gesamtsumme der in der ersten Hälfte des Mai eingebrachten Gefangenen hat sich auf 174 VVV Mann erhöht. Hierzu kommen 128 Geschütze und 388 Maschinengewehre.

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Bor der Entscheidungsschlacht aus dem polnisch-galizischen Kriegsschauplatz.

Berlin, 18. Ma-i. Aus dem Kriegspressequartier meldet derLokalanzeiger": Die Operationen auf dem galizisch-polnischen Kriegsschauplatz sind in ein neues, und wie es den Anschein hat, entscheidendes Stadium ge­treten. Die Russen haben sich gestellt. Entsprechend dem Verlaufe der Armeefronten parallel zum unteren Sau ist zuerst unser linker Flügel in Galizien auf den Feind gestoßen. Während dort nach den Einleitungskämpfen und den unmittelbar daran anschließenden Berfolgungs- kämpfen stark gebremst werden mußte, hat unser rechter in der Offensive verharrender Flügel große Märsche zu­rücklegen muffen. Er hat dabei etwas gegen Norden ab­geschwenkt. Die vor Jaroslau und Przemysl stehenden Armeen hielten naturgemäß in ihren Marschbewe­gungen die Mitte ein. So kam es, daß zu einer Zeit, in der unser linker Flügel schon am unteren San im stehenden Kampfe mit dem Feind verwickelt war, die Marschkolonne des rechten Flügels um den Besitz von Stary-Sambor und später von Scrmbor vorwärts geh­end rang.

Nun ist die Lage geklärt, nachdem binnen kurzem entscheidende Kämpfe stattfinden müssen. An vielen Stellen haben sie bereits begonnen. Im übrigen sam­meln beide Teile ihre Kräfte. Der stark befestigte Brückenkopf von Sandomir, sowie das von den Russen schon während der zweiten Belagerung mit Konter- ballationsanlagen versehene Przemysl werden artille­ristisch niedergekämpft werden müssen. Es kann dort zu regelmäßigen, belagerungsartigen Angriffen kommen. Beide befestigten Plätze sind indes schon von mehreren Seiten von den verbündeten Truppen umfaßt. Der rechte Flügel unserer in Galizien operierenden Armeen ist ausreichend gegen Unternehmungen russischer Kräfte von Südostgalizien her geschützt. Abgesehen von der Armee Pflanzer-Baltin haben die von Oportal bis Sambor stehenden Truppen sowohl die Abfälle der Kar­pathen nach der Dnjestr-Ebene wie diese selber gesperrt.

In Ruffisch-Polen befinden sich die verbündeten Truppen in günstigen Abschnitten. Namentlich ist es wichtig, daß sie die Höhenzüge der Lisagora fest in Hän­den haben. Die Benutzung des vierfachen Brückenkopfes der Festung Jwangorod können sie indes dem Feinde noch nicht streitig machen. Hinter dieser Festung in einer zentralen Stellung an der Bystrzyca vollzieht sich scheinbar die Bereitstellung größerer russischer Armeen. Sicher ist, es steht eine Schlacht bevor, die der Feind zum mindesten mit beträchtlichen Teilen seiner Kräfte unter ungünstigen Verhältnissen aufnehmen muß. Es unter­liegt keinem Zweifel, daß dem Ausgang dieses neuen Kampfes hochwichtige Entscheidungen zu eigen sein werden.

Bor Przemysl.

Budapest, 18. Mai. Aus Mezöläborcz wird, nach demLokalanzeiger", berichtet: Die Russen haben vor der Festung Przemysl, da sie die in di« Luft gesprengten Befestigungen nicht Herstellen konnten, Schützengräben ausgehoben, die mit Zement gefüllt wurden. Diese