durch die Via del Pretore. dann am Collegio Germa­nica vorbei, wo heftige Pereatrufe gegen Deutschland ausgestoßen wurden, nach der Via Cavour. wo sich die Wohnung Eiolittis befindet. Dort wurden sie aber rasch durch Carabinieri und Militär zerstreut und abgedrängt, ohne daß es zu ernsthaften Zwischen­fällen kam. Nach Zeitungsmeldungen bestanden die Kundgeber vorwiegend aus Radikalen und Natio­nalisten mit einigen Liberalen. Der Abgeordnete Labriola hielt eine kriegshetzerische Ansprache. Auch in Mailand kam es gestern zu Kundgebungen, die bedeutend gewesen zu sein scheinen und sich in ausgesprochenem Haß gegen Deutschland, im An­schluß an den Untergang derLusitania" betätigten.

Das Kabinett Salandra für den Krieg?

Berlin, 13. Mai. Zur italienischen Frage gehen derDeutschen Tageszeitung" folgende Drahtmel­dungen zu: Lugano. 13. Mai. Während in Mailand und Rom Demonstrationen für den Krieg und gegen Deutschland und Oesterreich, sowie anderweitig De­monstrationen gegen den Krieg und die Auflehn­ungen eingezogener Reservisten stattfinden, läßt das Ministerium Salandra durch dasGiornale d'Jtalia" verbreiten, daß Eiolitti die Volkseintracht gestört und die Bedingungen eines erfolgreichen Handelns nach außen beeinträchtigt habe. Auch in Anbetracht des Beschlusses der sozialistischen Kammerfraktion, jedwedes die Neutralität erhaltende Ministerium stützen zu wollen, schiebt das Ministerium feine Ent­scheidungen auf. um am 20. Mai erst die Willens­richtung des Parlaments feftzustellen. Zahlreiche maßgebenden Parlamentarier, die leicht die Kam­mermehrheit ins Feld führen können, vertreten in der TurinerStampa" die öffentlich ausgesprochene Auffassung, daß Italien ohne Not den Krieg nur dann führen dürfte, wenn es einen Bismarck oder Cavour als Staatsleiter hätte, und seine militärische, finanzielle und diplomatische Rüstung nicht jüngsten Datums, sondern Jahrzehnte alt wäre. Trotzdem Salandras Anhänger die Verantwortung für die sogenannte Enttäuschung Italiens Giolitti aufzu­bürden trachten, pilgern fortgesetzt Parlamentarier aller Parteien zu Giolitti. Bemerkenswert ist auch die ungewöhnliche Begrüßung des neuen russischen Botschafters von Eiers bei seinem Betreten des ita­lienischen Bodens durch den Vertreter der italieni­schen Regierung. Giers äußerte sich zu Zeitungs­leuten, er sei überzeugt, daß zwischen Rußland und Italien innigste Eintracht, gemeinsame Ideale und die gleichen Handlungsziele beständen.

WTB. Berlin, 13. Mai. Wie derBerliner Lokalanzeiger" aus Chiasso erfährt, sind nach dem Avanti" die Freunde Eiolittis aufs höchste ent­rüstet über die Haltung des Ministeriums, wie sie in den persönlichen Angriffen der ministeriellen Presse zum Ausdruck kommt.

Die Stellung der Sozialisten.

Rom, 13. Mai. Gleichzeitig mit dem Erscheinen der Abendblätter, von denen dasGiornale d'Jtalia" die Aktion Eiolittis in heftigen Worten tadelt, fan­den gestern auf den StraßenKundqebungen der In­terventionisten statt. Die Regierung trat ihnen mit starken Absperrungsmaßregeln entgegen. Die Span­nung ist aufs höchste gestiegen. Niemand weiß aber, wann der Ministerrat zur letzten Entscheidung Zusam­mentritt. Die sozialistische Kammerfraktion nahm nach fünfstündiger Beratung eine Tagesordnung an, die. demLokalanzeiger" zufolge, folgendes besagt: Als Interpret des Proletariats und der Mehrheit des Landes und in Erwägung, daß selbst im Parlament die Unzufriedenheit mit der diktatorischen Regie­rungsmethode wächst, erklärt die Fraktion, daß keine Regierung das Land wider seinen Willen in einen Krieg stürzen dürfe, und beschließt in Rom in Per­manenz zu tagen und eine entschieden gegen den Krieg gerichtete Politik zu unterstützen.

Eine italienische Anleihe in England?

WTB. Berlin, 13. Mai. Nach einer Meldung desBerliner Tageblatts" aus Lugano erfährt der Avanti" aus bester Quelle, die Regierung habe einen höheren Beamten des Finanzministeriums nach London gesandt zu Verhandlungen über eine große Anleihe.

D'Annunzios patriotisches Geschäft.

München, 13. Mai. Zu dem Auftreten d'An- nunzios in Quarto wird derMünchener Post" aus Rom geschrieben:d'Annunzio kam mit einem fer­tigen Manuskript, das er dem Hauptorgan der Interventionisten, demCorriere della Sera", für 100 000 Lire verkauft hatte. Würde nicht schon der gute Geschmack den König von dieser chauvinistischen Maskerade abgehalten haben, die Nachricht von dem Judasstück des Eesinnungsverkaufs, welcher zwei Tage vor Quarto im Quirinal bekannt war, hätte allein die Absage erzielt."

Unsere Feinde und der Krieg.

Die Deutschen in England.

(WTB.) London, 13. Mai. Der Radikale Dalziel forderte die Regierung auf, ihre Politik gegenüber den Deutschen in England einer Revision zu unter­ziehen. Die öffentliche Meinung sei für die Inter­nierung aller Feinde militärischen Alters. Die Ge­duld des Publikums sei nahezu erschöpft. Die Re­gierung müsse ernste und schleunige Schritte tun. In London lebten 20 000 Deutsche in voller Freiheit. Wenn ein Zeppelinangriff auf London erfolgte, wür­den sicherlich Tausende davon auf ihrem bereits an­gewiesenen Posten sein. Die Deutschen würden vor nichts zurückschrecken. Lord Beresford sagte: Es wäre beklagenswert, wenn mangels einer bestimmten Po­litik der Regierung, der Mob die Justiz in die eigene Hand nehmen würde. Wenn ein Zeppelin nach Lon­don käme und einen Brand entzünden würde, würden 20 000 Deutsche die Stadt an 20 oder 30 verschiedenen Stellen anzünden (!). Auf eine Anfrage, ob die Re­gierung infolge der starken Erregung gegen die feind­lichen Untertanen Schritte zu tun gedenke, antwor­tete Premierminister Asquith, daß die zunehmenden Verletzungen der Gebräuche der zivilisierten Krieg­führung und der Regeln der Menschlichkeit es nötig machten, über die rein militärischen Maßregeln hin­auszugehen. Die Regierung erwäge deshalb die Durchführung einer Absonderung und einer Inter­nierung der feindlichen Untertanen in größerem Maßstab. Nach derTimes" hat die Polizei in Li­verpool mit weitgreifenden Maßnahmen zur Inter­nierung der Deutschen begonnen. In London sind deutsche Restaurants von Cityleuten mit Ueberfällen bedroht worden, wenn die Lokale nicht geschlossen würden. Auch in Manchester und Salford haben Ausschreitungen gegen Deutsche stattgefunden.Reu­ter" meldet: Die deutschfeindlichen Kundgebungen wurden gestern abend im Osten Londons wiederholt. Eine Menge von 300 Männern und Frauen zog durch die Barkingroad und schrie:Nieder mit den Deut­schen! Ein Möbellager wurde geplündert, 20 Ver­haftungen wurden vorgenommen. Auch in Southend kam es zu deutschfeindlichen Kundgebungen. Tau­sende von Menschen zerstörten deutsche Läden. Trup­pen wurden herangezogen, um das Eigentum der Deutschen zu schützen. In einer Versammlung der Börsenbesucher wurde gefordert, daß alle Deutschen aus London vertrieben werden. Es wurde beschlossen, eine große Versammlung am Trafalgar-Square ab­zuhalten. Nach einem amtlichen Bericht wird der bei den Kundgebungen gegen die Deutschen in Liverpool angerichtete Schaden auf 40 000 Pfund Sterling ge­schätzt.

(WTB.) Amsterdam. 13. Mai. DasHandels­blad" meldet aus London: Die Stimmung gegen die Deutschen verschärft sich. In der vorigen Nacht wur­den in verschiedenen Bezirken Ost-Londons deutsche Läden überfallen. Viele wurden beschädigt und einige gänzlich vernichtet.

Friedensstimmungen in England?

Wien, 12. Mai. Der bekannten halboffiziösen Politischen Korrespondenz" wird aus Lissabon ge­meldet: Aus den Aeußerungen hier eingetroffener hervorragender Engländer geht hervor, daß in maß­gebenden Kreise der britischen Regierung unzwei­felhaft Symptome der Geneigtheit zu einem baldigen Friedensschlutz zutage treten. Man schreckt davor zu­rück. der Zurückdrängung des deutschen Heeres, sei es auch nur aus Frankreich, weitere ganz enorme Opfer an Menschenleben und Geld zu bringen. Hierzu kommen noch die Befürchtungen, daß der endgültige Mißerfolg an den Dardanellen eine sehr gefährliche Wirkung auf Indien, wo die Lage trotz leichter Un­ruhen im allgemeinen noch eine leidliche sei, haben müßte. Auch die Siege der Verbündeten in Westgali­zien machen in London tiefen Eindruck.

Interessante Eingeständnisse.

Man schreibt derFranks. Zeitung": In dem Maiheft des LondonerCentury Magazine" ist ein Pariser Brief veröffentlicht, in dem von der geradezu erbitterten Feindschaft Zwischen den belgischen und französischen Truppen gesprochen wird. So hätten belgische Offiziere in der letzten Zeit wiederholt die Ansicht geäußert, daß sich ihr Vaterland, wenn es die großen Fehler seiner Regierung wieder gut machen wolle, an Deutschland anschließen müsse, und mehrere wegen Verrats kürzlich zum Tode verurteilte belgische Offiziere hätten ihren Richtern furchtlos erklärt, daß sie im Interesse ihres Vaterlandes handelten, als sie die Deutschen von den Plänen und Absichten der fran­zösischen und belgischen Heeresverwaltung in Kennt nis setzten. Auch unter den Mitgliedern der bel­gischen Regierung in Le Havre herrsche keine Ueber- einstimmung mehr, und vor allem koste es große Schwierigkeiten, den Sozialistenführer Vandervelde und seine Sozialistenbei der Stange zu halten".

Auch von der Ermüdung und Enttäuschung der fran­zösischen Truppen weiß der Brief mancherlei zu er­zählen, und es klingt nicht unglaubhaft, daß das völlige Scheitern der so fest gehegten Hoffnung, die Russen in Berlin einrücken zu sehen, auf das fran­zösische Heer einen weit demoralisierenderen Eindruck gemacht habe, als die Regierung zugeben wolle. Die leitenden Männer des Dreiverbands übersähen zu­dem noch immer, daß Frankreichs Opfer an Gut und Blut die Grenze des Möglichen erreicht hätten, und daß auch England unter den wirtschaftlichen Folgen des Krieges noch ganz anders leide, als man im Aus­lande erfahre.

Die russischen Bestien.

Konstantinopel, 13. Mai. Die in Erzerum er­scheinende türkische ZeitungAl Bairal" schildert die von den Russen in der Ortschaft Choressen be­gangenen Ereueltaten, insbesondere deren Ausschrei­tungen gegenüber Frauen und jungen Mädchen, die in die Schützengräben verschleppt und schließlich, als die Russen ihre Stellungen verließen, getötet wurden.

Vermischte Nachrichten.

Der deutsche Kolonialbesitz.

Hamburg, 12. Mai. Auf Einladung der Handels­kammer nahm der Staatssekretär des Reichst« louial- amts, Dr. Solf gestern an dem ihm zu Ehren veran­stalteten Herrenabend im Uhlenhorster Fährhaus teil, zu dem die Präsidenten und mehrere Mitglieder des Senates, sowie führende Männer des welt­wirtschaftlichen Lebens erschienen waren. Auch der stellvertretende kommandierende General von Boehl war erschienen. Dr. Solf sprach über den Gang der bisherigen deutschen Kolonialpolitik, indem er an der geschichtlichen Entwicklung des Kolonial­gedankens in Deutschland und an der Ausgestaltung der Verwaltung in den Kolonien nachwies, daß unsere Kolonialpolitik von Anfang an mit friedlichen Mitteln friedliche Ziele verfolgt und von jedem Eroberungsgetst frei war und ist. In der darauf folgenden zwangslosen Aussprache Uber die durch den Krieg für uns entstandene Lage äußerte sich der Staatssekretär dahin, daß das Reich keineswegs gewillt sei, bei den Friedensverhandlungen seine, durch treue deutsche Arbeit wertvollen Kolonien auf­zugeben. sondern im Gegenteil versuchen werde, das Verlorene wieder zu gewinnen und den deutschen Kolonialbesitz nach Möglichkeit zu stärken und aus­zubauen.

Deutsche Postanstalten in Russisch-Polen.

(WTB.) Berlin, 13. Mai. In Kalisch, Bendzin, Czenstochau, Kolo, Kanin, Lodz. Pabmnice, Sieradz und Wloclawec in Russisch-Polen sind deutsche Post- und Telegraphenanstalten in Wirksamkeit getreten, die der neugebildeten amtlichen deutschen Post- und Telegraphenverwaltung in Russisch-Polen in Kalisch unterstellt sind. Diese Anstalten vermitteln vorerst den Verkehr der in Russisch-Polen befindlichen deut­schen Behörden und ihrer Angehörigen. Der Privat­postverkehr zwischen Deutschland und diesen Verkehrs­anstalten ist noch nicht zugelassen. Bei den Postan­stalten in Russisch-Polen werden deutsche Postwert­zeichen mit dem UeberdruckRussisch-Polen" ausge­geben und zwar Freimarken von 3. 5, 10, 20 und 40 Pfennig; Postkarten zu 5 Pfg. und Antwortkarten zu 5 plus 5 Pfg. Zu Sammelzwecken werden solche Wertzeichen bei der Kolonialwertzeichenstelle des Vriespostamtes Berlin 0 2, Königsstraße 61, vom 12. Mai ab zur Verfügung gestellt.

Die beiden 42 cm-Geschütze.

(WTB.) Berlin. 12. Mai. Frhr. v. Skoda, der sich in Karlsbad aufhält, stellt derVoss. Zeitung" zufolge in einem Schreiben an die Karlsbader Mor­genblätter die Behauptung richtig, daß die Skoda­werke die Pläne für die deutschen 42-Zentimeter- mörser verfertigt hätten. Weder die Firma Krupp noch die Skodawerke haben gegenseitig gewußt, daß beide Firmen ein Geschütz des gleichen Kalibers (42 Centimeter), das die eine als Mörser, die andere als Haubitze bezeichnte, erzeugt halten.

Griechenland bleibt neutral.

Athen, 13. Mai. Von maßgebender Seite wird mitgeteilt, daß zwischen dem Dreiverband und der griechischen Regierung kein llebereinkommen bezüg­lich des Heraustretens Griechenlands aus der Neu­tralität zugunsten dieser Mächtegruppe erzielt wor­den ist, da diese Mächtegruppe nicht die gewünschten Garantien zu geben imstande war. Aus dieser Tat­sache ergibt sich ein ferneres Beibehalten der Neu­tralität Griechenlands.