aufgestapelten Ausrüstungen, Vorräte aller Art, Munition nd sonstiges Kriegsmaterial blieben beim raschen Vordringen der Verfolger in den russischen Etappenstationen zurück und werden erst jetzt gesammelt werden können.
Nördlich der Weichsel dringen österreichisch-ungarische Truppen über Stopnica vor. Oestlich des Uz- soker Passes erstürmten deutsche und Honvedtruppen gestern mehrere Höhenstellungen der Russen, drangen bis südlich Turka vor und machten 4000 Mann zu Gefangenen. Der Angriff wird hier und in der Richtung auf Scole fortgesetzt.
In Südostgalizien griffen gestern feindliche Truppen über Horodenka an. Schließlich sei erwähnt, daß die russischen amtlichen Mitteilungen der letzten Tage, sichtlich bemüht, unsere und die deutschen Erfolge abzuschwächen, alles verneinen und als sichtlich falsch wiedergegeben bezeichnen. Dies ist ein schlagender Beweis für die Größe der russischen Niederlage, denn sie verwirrt nun nicht allein die Tätigkeit der Truppen auf dem Schlachtfelde, sondern auch die offizielle Berichterstattung der obersten russischen Heeresleitung.
Die amtlichen russischen Lügen.
Berlin, 13. Mai. Aus dem Großen Hauptquartier wird uns geschrieben: Zwei amtliche russische Berichte vom 12. Mai wagen es, angeblich zur Aufklärung der öffentlichen Meinung in den neutralen Staaten, die Erfolge der verbündeten deutschen und österreichisch-ungarischen Heere abzuleugnen. Wir möchten nicht unterlassen, diese Versuche niedriger zu hängen. Sie find um so komischer und unverfrorener, als heute, am 12. Tage, nachdem die verbündeten Truppen die russischen Stellungen bei Eorlice-Tarnow angriffen, ihre Bataillone 150 Kilometer weiter östlich am unteren San vor Jaroslaw, Przemysl und Dobromil stehen und die ganze russische Karpathenarmee südlich davon auf einer Front von mehr als 120 Kilometer Breite eiligst, nach Nordosten flüchtet. Als Kuriosum sei noch erwähnt, daß der Kommandeur der in dem einen Bericht besonders erwähnten tapferen 48. Infanteriedivision seit gestern sich auf dem Transport nach dem Innern Oesterreichs befindet. Er wurde von den Begleits- leuten einer Munitionskolonne aufgegriffen.
Die Kämpfe von Arras bis zum Meer.
Berlin, 12. Mai. Zu den Kämpfen um Ypern bringt der „Berliner Lokalanzeiger" eine Meldung der „Times" aus Nordfrankreich: Der wütende Kampf dauert entlang der ganzen mehr als 70 Kilometer langen Front von Arras bis zum Meer an. Der Feind erneuerte seine Angriffe gegen Ypern am Samstag mit doppelter Energie. Er wurde zurückgeworfen. Das Artilleriefeuer war so heftig und schrecklich, wie wir es noch nie eilebt haben. Der Feind hatte Geschütze angehäuft womit er einen Organ von Granaten und Sprengstoffe» gegen uns schleuderte. Die Laufgräben waren mit Leichen vieler englischer Soldaten bedeckt. Ein Rückzug war unvermeidlich.
Verlust eines englischen Linienschiffs.
(WTB.) London, 13. Mai. Im Unterhaus teilte Marineminister Churchill mit, daß das Linienschiff „Goliath" in den Dardanellen torpediert wurde und der Verlust von 50« Menschenleben befürchtet wird.
Zum „Lusitania"-Fall.
(WTB.) Berlin. 13. Mai. Nach der „Vossischen Zeitung" meldet der „Daily Chronicle", daß die deutsche Anzeige, die die Amerikaner vor der Benutzung englischer Schiffe warne, wiederum in amerikanischen Zeitungen erschienen sei.
(WTB.) London. 13. Mai. Das Reutersche Bureau meldet aus Newport vom 11. Mai: Dernburg sagte in einer Unterredung auf Befragen, es würden noch mehr Schiffe versenkt werden und wenn sie Munition an Bord hätten, würde sie auch die amerikanische Flagge nicht schützen.
(WTB.) London, 13. Mai. Wie das Reutersche Bureau meldet, teilt die Cunardlinie mit, daß am 15. Mai kein Schiff abfahren wird. Auch die für den 29. Mai festgesetzte Ausreise der „Mauretania" wird nicht erfolgen.
WTB. Johannesburg, 14. Mai. (Reuter.) Am Mittwoch fanden den ganzen Tag über ernste Ausschreitungen gegen deutsches Eigentum und deutsche Firmen statt. Der bekannte Klub „Liederkranz" wurde vollständig zerstört; ebenso das Gebäude von Sir George Albu und anderer leitender Geschäftsleute. Der Schaden wird ungefähr auf ein Viertel Million Pfund Sterling geschätzt. Während der Ausschreitungen wurden 51 Gebäude ganz oder teilweise vernichtet, einschließlich der großen Warenhäuser, Hotels und Läden. Der Inhalt der Gebäude wurde verbrannt oder in Stücke zerrissen.
Die Engländer in Windhuk.
London, 14. Mai. Das „Reuter'sche Bureau" verbreitet nachstehende amtliche Meldung aus Kapstadt: General Botha ist vorgestern Mittag in Windhuk «inmarschiert, ohne Widerstand zu finden. Er hat die englische Flagge auf dem Rathaus gehißt. Ungefähr 3000 Ausländer und 12000 Eingeborene wurden in der Stadt vorgefunden.
Die Taten unserer ll-Boote.
(WTB.) Berlin, 12. Mai. Verschiedene englische Pressestimemn haben vor kurzem behauptet, daß die Erfolge des Unterseebootskrieges an der englischen Westküste in letzter Zeit wesentlich nachgelassen hätten. Als Grund hiefür wird angeführt, unsere 17- Boote würden zu Unternehmungen gegen die englische Flotte gebraucht. Außerdem hätten sie sich als unfähig erwiesen, den Handelskrieg in so großer Entfernung von der Heimat zu führen. Auch wiesen englische Blätter darauf hin, daß unsere 17-Boote hauptsächlich neutrale Schiffe versenkten. Demgegenüber können wir auf Grund einer Mitteilung von maßgebender Seite feststellen, daß allein in der Zeit vom 28. April bis 3. Mai von einem 17-Boot an der englischen Westküste 7 feindliche Dampfer versenkt worden sind, nämlich die englischen Dampfer „Mobile", „Cherbourg", „Fulgent", „Edale" und „Minterne", der russische Dampfer „Sooronow" und der französische Dampfer „Europe". Mit nicht geringem Erfolg ist der 17-Vootshandelskrieg an der Ostküste fortgesetzt werden. Zm ganzen sind in der Zeit vom 28. April bis 5. Mai 29 Dampfer und 3 Segelschiffe, mithin 32 Fahrzeuge versenkt worden.
Italien.
Das italienische Ministerium demissioniert.
(WTB.) Rom, 14. Mai. (Nichtamtlich.) Die „Agenzia Stefani" giebt bekannt: Der Ministerrat hat in Anbetracht dessen, daß er in Bezug auf die Richtlinien der Regierung in der internationalen Politik der Eintracht und der Zustimmung der konstitutionellen Parteien entbehrt, die angesichts des Ernstes der Lage erforderlich wären, beschlossen, dem König seine Demission zu überreichen. Der König hat sich seinen Entschluß Vorbehalten.
Durch die Demission des Kabinetts Salandra ist die Krise in Italien aufs höchste gestiegen, denn die nächsten 24 Stunden werden wohl die Entscheidung darüber bringen, ob der König das Entlassungsgesuch des Kabinetts annimmt oder nicht, und damit seine vorläufig entscheidende Stimme für oder gegen den Krieg kundgiebt. Denn darüber herrscht heute, nach der Erklärung des Ministeriums, wohl kein Zweifel mehr, daß starke Kräfte im Kabinett, wohl unter dem Eindruck der mit ungeheuren Mitteln organisierten Kriegshetze, der wahrscheinlich sehr „glänzenden" Angebote des Dreiverbandes, — der natürlich als Ertrinkender Italien als den letzten Strohhalm betrachtet, und deshalb in einer solchen Situation alles verspricht — und nicht zuletzt wohl auch aus Furcht vor Englands vermeintlicher Seemacht, für einen Anschluß an die Gegner der Zentralmächte tätig waren. Es hat auch heute den Anschein, als habe das Kabinett wirklich schon, wie die „Frkf. Ztg." vor Tagen zu melden wußte, gewisse, wenn auch unverbindliche Abmachungen mit den Dreiverbandsmächten getroffen, denn sonst würde die Regierung wohl kaum diesen letzten Schritt zu tun gezwungen gewesen sein.
Daß sich die leitenden Staatsmänner in Italien nicht genügend über die Anschauung der großen Mehrheit des Parlaments orientiert erwiesen haben, das zeigten die im höchsten Stadium der Krise zu immer größerem Umfang anschwellenden Stimmen der Neutralität, deren Vertreter im Parlament sich nun um Giolitti geschart haben. Man kann wohl heute schon sagen, wenn die italienischen Angaben über das Angebot Oesterreich-Ungarns an Italien zutreffen, so wird das italienische Parlament in seiner großen Mehrheit, angesichts solcher Zugeständnisse, die den weitaus größten Teil der Forderungen Italiens befriedigen und die bis an die Grenze österreichischer Loyalität gehen, für eine friedliche Verständigung mit den Zentralmächten eintreten. Des andern Teils des Parlaments wird die italienische Monarchie und damit auch die Regierung leicht entbehren können, denn dort sitzen jene Elemente, die durch einen Krieg nicht nur ihre Aspirationen auf Triest und das ganze Adriabecken befriedigt sehen wollen, deren Hauptgesichtspunkt vor allem darauf gerichtet ist. das Königtum zu stürzen, und die Republik zu proklamieren. Die Kriegshetzer haben ihre dunklen Pläne etwas zu früh verraten, als sie im Taumel ihres Kriegsgeschreis auch Peroatrufe auf das Königtum ausstießen, und vielleicht ist es nicht zuletzt auch die Ueberlegung der maßgebenden Staatsmänner Italiens, daß sie mit einem Kriege auch zu
gleich eine revolutionäre Umwälzung heraufbeschwören. Wenn man von der Wahl der Mittel auf den Charakter der im Reoolutionslager befindlichen führenden Männer schließt, so wäre >es aber mit einem republikanischen Italien so traurig bestellt, wie mit der korrumpierten Schwesternation Frankreich.
Die Zentralmächte können angesichts ihrer glänzenden militärischen Lage mit Ruhe der Entscheidng Italiens entgegensehen, die die nächsten Stunden bringen müssen. Das Kabinett hat seine Demission eingereicht mit der Motivierung, es fehle ihm bei seinen Entschlüssen der nötige Rückhalt an einer geschlossenen Mehrheit des Parlaments, der König wird nun zu entscheiden haben, ob er trotzdem die seither eingeschlagene Politik der Regierung, die anscheinend noch größere Konzessionen von Oesterreich erpressen oder aber den Krieg überhaupt führen will, weiter verfolgt wissen möchte, oder ob er eine Verständigung mit den Zentralmächten für zweckmäßiger hält. In letzterem Fall dürfte er wohl Giolitti. den besteingeweihten Staatsmann Italiens zur Bildung eines interimistischen Kabinetts veranlassen, womit vorerst die Neutralität Italiens gewahrt bliebe.
O. 8.
Das österreichische Angebot.
(WTB.) Berlin. 13. Mai. Nach Vlättermel- dungen aus Mailand teilt der Abgeordnete Cirmeni, der bekanntlich ein persönlicher Freund von Giolitti ist, in der Turiner „Stampa" mit, daß die österreichisch-ungarische Regierung der italienischen Negierung in freundschaftlicher Form nachsteheneds Angebot gemacht habe: Oesterreich-Ungarn bietet die Abtretung des von Italienern bewohnten Teiles von Tirol, des sogenannten Trentino» eine Abtretung am Jsonzo mit Einschluß von Eradiska. vollständige Autonomie für Triest nebst der Gewährung einer italienischen Universität und eines Freihafens, Desinteressement Oesterreichs zugunsten Italiens in Siidalbanien, sofortige Anerkennung des Besitzes von Valona, die Prüfung einer Abtretung der Stadt Görz. sowie einige Inseln nahe der dalmatinischen Küste.
Ruhigere Beurteilung der Lage.
Berlin. 14. Mai. In Budapester maßgebenden Kreisen wird laut „Kreuzzeitung" die Haltung Italiens in vollster Ruhe beurteilt. Allgemein spricht man die Hoffnung aus, daß es den vereinten Bemühungen der deutschen und österreichisch-ungarischen Diplomatie gelingen werde, in allerkürzester Zeit eine befriedigende Lösung der italienischen Krise zu finden. Es werde der italienischen Regierung nicht schwer fallen, trotz der herrschenden Stimmung für die Erhaltung des Friedens Stellung zu nehmen. — Aus Kopenhagens! Blättern entnimmt die „Tägliche Rundschau" die römische Meldung, daß die Lage weiter sich klärt. Ueber 300 Deputierte und über 100 Senatoren hätten au Giolitti eine Vertrauensadresse gesandt.
Giolittis Anhängerschaft.
Lugano, 13. Mai. „Stampa" versichert, selbst mit der Laterne sei kein einziger Parlamentarier von Bedeutung, kein früherer Minister oder Sekretär zu entdecken, der anderer Ansicht wäre als Giolitti. Männer wie Luzzatti, Bertolini. Facta, Schanzer und Ochi, kurz alle Deputierten, die einmal in der Regierung saßen, stünden geschlossen hinter Giolitti, wie auch die große Mehrheit des Parlaments entschieden gegen den Krieg sei und den friedlichen Ausgleich mit Oesterreich wolle. In diesem Konflikt zwischen Regierung und Parlament könne es natürlich nur eine einzige sichere Entscheidung geben, nämlich die schnellmöglichste Einberufung der Kammer. — „Popolo Romano" schreibt: Die Abweisung der österreichischen Angebote, um Krieg zu führen, hieße Va- banque spielen und die ganze Zukunft des italienischen Vaterlandes schwerster Gefahr aussetzen.
Kundgebungen gegen Giolitti.
(WTB.) Nom. 13. Mai. Gestern abend fanden nicht unerhebliche Kundgebungen gegen Giolitti statt, die sich natürlich auch gegen Oesterreich und Deutschland richteten. Nachdem schon am Nachmittag kleine Gruppen von Studenten versucht hatten, in der Nähe von Giolittis Wohnung zu demonstrieren, setzten sich gegen 7 Uhr abends, auf Grund einer anonymen Aufforderung durch Flugblätter, etwa IW Kundgeber, darunter viele Studenten, auf der Piazza Co- lonna vor der österreichisch-ungarischen Botschaft zu einem Zuge zusammen. Sie wurden sehr rasch durch das auf dem Corso Umberto zu dieser Abendstunde schlendernde Publikum um Neugierige vermehrt. Bald ertönten aus der Menge Rufe wie: Nieder mit Giolitti! Nieder mit den Landesverrätern! Nieder mit Oesterreich! Auch der vereinzelte Ruf: Nieder mit dem König! wurde laut. Carabinieri schritten rasch ein, sperrten die Piazza Colonna und deren nähere Umgebung ab. Darauf zogen die Kundgeber