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Nummer 198
Alten steig, Freitag, den 26. August 1938
61. Jahrga»,
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Feierliche Kranzniederlegung am Ehrenmal — Die größte Truppenschau
Berlin, 25. Aug. Nach kühler, regnerischer Nacht wölbt sich am Donnerstag ein schwerer, grau verhangener Himmel über Berlin. Die Anmarschstraßen zur großen Truppenparade, der Paradeplatz selbst und die Straße Unter den Linden find schon gegen 8 Uhr von Menschenmassen dicht umlagert. Die Absperrungsmannschaften haben alle Mühe, die Fahrbahnen freizuhalten. Besonders stark ist überall auch die Jugend vertreten, die heute ihren schulfreien Tag hat.
Kranzniederlegung am Ehrenmal
Am Donnerstag früh begab sich der ungarische Reichsverweser Admiral von Horthy mit seinem Gefolge zum Ehrenmal Unter den Linden, um dort für die gefallenen Helden des Weltkrieges einen Kranz niederzulegen. Unter den Klängen der ungarischen Nationalhymne schritt der Reichsverweser in Begleitung des königlich ungarischen Gesandten, Feldmarschalleutnant Dome Sztojai, Feldmarschalleutnant Jany, Oberstleutnant Hardy sowie des weiteren militärischen Gefolges und der Mitglieder des Ehrendienstes die Front des Ehrenbataillons ab. Admiral von Horthy und seine Begleitung begaben sich zur Kranzniederlegung in das Ehrenmal. Zwei Unteroffiziere des deutschen Heeres tragen den schweren Bronze-Kranz, der in erhabenen Lettern die Inschrift trägt: „Den gefallenen Helden des ruhmreichen deutschen Heeres. Nicolaus von Horthy, Reichsverweser des Königreichs Ungarn." Nach einigen Minuten stillen Gedenkens, während dessen das Lied vom guten Kameraden erklingt, verläßt der Admiral das Ehrenmal und begrüßt die angetretenen kriegsverletzten Frontkämpfer mit Handschlag. Inzwischen hat sich das Ehrenbataillon zum Vorbeimarsch formiert, der nun in mustergültiger Disziplin erfolgt. Anschließend bestieg Admiral von Horthy mit Generalleutnant Seifert den Wagen, um unter den Heil-Rufen der Masten zum Hause des Reichspräsidenten zurückzufahren.
Bor -er großen Parade
Die große Truppenparade, die heute vormittag zu Ehren des ungarischen Reichsverwesers Admiral von Horthy in Berlin stattfindet, ist die größte Wehrmachtschau mit Soldaten, Fahrzeugen, Geschützen und Flugzeugen, die Deutschland »ach dem Weltkrieg bisher gesehen hat. Auf der Charlottenburger Chaussee, deren Verbreiterung im Zuge der Ost-West-Achse entsprechend der Neugestaltung der Reichshauptstadt vor kurzem vollendet worden ist, und in den anliegenden Straßen find die zum Vorbeimarsch befohlenen Truppen bereits um 6 Uhr früh eingetrofsen. Sie stehen zu beiden Seiten der Straße, vom Hin- denburg-Platz vor dem Brandenburger Tor bis über den Bahnhof Tiergarten hinaus, in der Hermann-Eöring-Stratze und entlang der Stadtbahn an der Klopstockst^rtze. Truppen aller Waffengattungen, Infanterie. Kavallerie, Artillerie, Panzerwagen, Kraftradschützen, Flak und Pioniere haben hier ihre Ausgangsstellung zur Parade" bezogen.^' — —--.
Vor der Technischen Hochschule sind wieder, wie bei früheren Paraden, zu beiden Seiten der Fahrstraße breite, hohe Tribünen errichtet. In der Mitte der Nordtribüne steht, etwas vorgebaut, mit einem silbernen Baldachin überdacht, die Führer-Tribüne, die mit roten Läufern ausgelegt ist. Das Wetter ist kühl und trüb, aber der Regen hat aufgehört. Von der Tribüne aus schweift der Blick viele Kilometer weit in der Richtung zum Brandenburger Tor. Eine ganze lange Feststraße ist von hohen Fahnenmasten und Fahnentürmen eingerahmt. Um 9 Uhr schon find sämtliche Zuschauertriöünen mit Ausnahme der Regierungstribüne voll besetzt. Aber schon kurz danach treffen auch die führenden Männer des Staates und der Bewegung, Eeneräle und Admirale, die Mitglieder des diplomatischen Corps, die Militär-, Marine- und Luftfahrtattachss aller auswärtigen Mächte und die vielen anderen Ehrengäste ein. Das Bunt der Uniformen beherrscht das Bild. Vor den Tribünen haben die an der Parade nicht teilnehmenden Offiziere aller drei Wehrmachtsgattungen Aufstellung genommen. Der Führer hatte den ungarischen Reichsverweser vom Hause des Reichspräsidenten abgeholt und war unter dem Jubel der Menge die Linden entlang durch das Brandenburger Tor gefahren. Am Hindenburg-Platz meldet der Kommandierende General des Ul Armeekorps, General der Infanterie von Witzleben, dem Führer und seinem hohen Gast die Paradeaufstellung.
Jubelstürme grüßen den Führer »nd seinen Gast
Der Reichsverweser und der Führer fahren nun, umbrandet von den Jubelstürmen der Menge, die zu beiden Seiten die Straße einsäumt, langsam die lange Front der Truppen ab. Die Welle der Heil-Rufe, in die sich auch die Eljen-Rufe der Ungarn wischen, setzt sich fort bis zu den Tribünen und weit darüber hinaus. Während der ganzen Fahrt erweisen die Truppen die Ehrenbezeugung durch Präsentieren, die Musikkorps spielen Präsentiermärsche. Pünktlich um 10 Uhr trifft die Wagenkolonne auf dem Paradeplatz ein, im ersten Wagen der Führer, rechts von ihm Reichsverweser von Horthy in Admiralsuniform. In
einem weiteren Wagen folgen der Oberbefehlshaber der Lust-
tsfc. Generalseldmarschall Eöring, der sich ebenso wie der Oberbefehlshaber des Heeres, Generaloberst von Brauch!tsch, und der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, General der Artillerie Keitel, auf die Führer-Tribüne begibt.
Der Führer und der Reichsverweser nehmen ihre Plätze auf der Ehrentribüne ein.
Der Vorbeimarsch beginnt
Sofort nach dem Eintreffen des Führers beginnt der große Vorbeimarsch der Wehrmacht zu Ehren des ungarischen Neichs- verwesers. Die Parade wird angeführt von dem Kommandierenden General des IH. Armeekorps, General der Infanterie von Witzleben, und dem Kommandanten von Berlin, Generalleutnant Seifert. Während die Generale mit gezogenem Degen salutieren, grüßen ihre Begleiter mit dem deutschen Gruß. General von Witzleben begibt sich zur Führer-Tribüne, meldet den Beginn des Vorbeimarsches und nimmt rechts vom Führer Aufstellung.
Die Spitze bildet wie bei den früheren Paraden das Wach- regiment Berlin. Die Spielleute und das Musikkorps schwenken gegenüber der Führer-Tribüne aus. In prachtvollem Parademarsch zieht, mährend ein ganz leichter Regen niedergeht, das Wachregiment in geschlossenem Block vorbei. Nach kurzem Abstand folgt der Vorbeimarsch von drei Infanterie- Regimentern. Voran marschiert das Potsdamer Hausregiment Nr. 9, das die Tradition der alten preußischen Armee jortsetzt. Den Fußtruppen der einzelnen Regimenter folgen die berittenen Staffeln in tiefen Gliedern, die Nachrichtenstaffeln and die Fahrzeuge mit den Maschinengewehren. Ein Pionierbataillon zieht vorbei. Jeder Truppenteil wird mit Händeklatschen und Beifallsrufen begrüßt.
Nun wechselt das großartige Bild dieser Parade. Im Trab reitet die Kavallerie an, unmittelbar hinter dem Regimentskommandeur der Kesselpauker und das Trompeterkorps. Mit einem schmissigen Reitermarsch schwenkt das Musikkorps vor der Führer-Tribüne aus und in prachtvollem Trab zieht das Regiment unter dem brausenden Beifall Ser Zuschauer vorbei. Radfahrerkompagnien folgen, ihr Kommandeur im Kraftwagen, mit dem deutschen Gruß grüßend.
Auf Infanterie und Kavallerie folgt die A r t i I l e r i e, voran die Standarte. Die berittenen Mannschaften rücken in mehreren Gliedern vorbei, dann kommen die schweren Batterien auf Lafetten und Rohrwagen. Leicht und trotz ihrer Motors kaum hörbar, rollen die Fahrzeuge und Geschütze der Abwehrabteilungen der Infanterie vorbei. Fahrzeuge und Geschütze in Dreierreihen sind auf den Zentimeter genau ausgerichtet. Stärkeres Motorengeräusch, das die Klänge der Musikkorps übertönt, kündigt die schwere Artillerie an, die außer Langrohrgeschützen auch schwere Mörser mitführt. Mit zahlreichen Fahrzeugen fährt dann die motorisierte Nachrichtenabteilung vorbei und ihr folgen aufs neue weitere Artillerieabteilungen, darunter eine Ve- obachtungslehrabteilung. Die schweren Geschütze erregen besondere Aufmerksamkeit bei den Zuschauern und der Beifall und das Händeklatschen werden immer stärker.
Nach einem abermaligen Abgang, während dessen der Reichsverweser und der Führer sich lebhaft unterhalten, wird der Vorbeimarsch von den Fliegertruppen fortgesetzt. Der Kommandierende General des Luftgau-Kommandos III, Generalleutnant Weise, nimmt nach der Vorbeifahrt auf der Führer- Tribüne Aufstellung. In bestechend schönem Paradeschritt marschiert ein Luftwaffenregiment vorbei, dem ein Bataillon des Regiments „General Eöring" zugeteilt ist. Den blau-grauen Marschkolonnen folgen hinter ihren Fahnen die Flaks, leichte und schwere Abwehrgeschütze, die großen Wagen mit den Scheinwerfern und Horchgeräten.
Aufs neue hört man Motorenlärm und nun rücken die verschiedenen Abteilungen der Panzertruppen heran, an der Spitze der Kommandeur der 3. Panzer-Division, Generalleutnant Freiherr von Geyer, der sich ebenfalls zur Führer-Tribüne begibt. In ununterbrochener Reihenfolge rollen die Fahrzeuge der Aufklärungsabteilungen vorbei. Es folgt ein Kraftradschützenbataillon, danach ein Schützenregiment mit zahlreichen Kraftwagen, Protzenkastenwagen und Pioniere mit Pontons und anderem Pioniergerät.
Als Abschluß dieser herrlichen Parade folgt die Vorbeifahrt von zwei Panzerregimentern, In prachtvoller Richtung fahren die leichten und schweren Fahrzeuge in verhältnismäßig schneller Fahrt in Dreier-Linie an den begeisterten Zuschauern vorbei. Von der Marschmusik ist bei dem Motorengeratter nichts mehr zu hören, aber das Händeklatschen der Zuschauer zeugt von dem außerordentlichen Eindruck der Vorbeifahrt, die man zum erstenmal in dieser Zahl erlebt. Während eines langen Zeitraumes ist die ganze Charlottenburger Chaussee von den Kampfwagen angefüllt und von ihrem Motorenlärm beherrscht. An den offenen Luken jedes einzelnen Fahrzeuges zeigt sich der Wagenführer mit dem bekannten schwarzen Käppi. Alle Zuschauer haben sich von den Plätzen erhoben und verfolgen mit Spannung das wundervolle Schauspiel.
Der vorgesehene Vorbeiflug der Luftwaffe mußte leider wegen des sehr unsichtigen Wetters unterbleiben.
Wenige Minuten vor 12 Uhr hatte die große Parade der deutschen Wehrmacht ihr Ende erreicht. Das einzigartige Schauspiel dieser größten Wehrmachtschau des Dritten Reiches hinterläßt einen nachhaltigen Eindruck von der Stärke und Haltung der jungen deutschen Wehrmacht. Man sieht, wie Reichsverweser Admiral von Horthy, der nun nach der großen Flottenschau auch das deutsche Heer kennengelernt hat, den Führer zu diesem Vorbeimarsch beglückwünscht. Unter anhaltenden Kundgebungen der begeisterten Massen, Heil- und Eljen-Rufen besteigen Admiral von Horthy und der Führer den Wagen und fahren über die Charlottenburger Chaussee durch das Brandenburger Tor zur Wilhelmstraße zurück. Ihnen folgt die lange Wagenkolonne mit den Ministern, den hohen Offizieren, den Diplomaten und den sonstigen Ehrengästen.
Das Programm des Tages in Berlin sah nach der großen Parade ein Frühstück im Hause des Reichspräsidenten vor. Admiral von Horthy hat sich später zum ungarischen Institut am Kupfergraben begeben. Um 16 Uhr erfolgte dann seine Abfahrt zum Reichssportfeld, das einer eingehenden Besichtigung unterzogen wurde. Am Abend fand in der Staatsoper die Festaufführung der Oper „Lohengrin" statt.
„Ein Schiff, ein Schwert, ei« Segel!"
Admiral Horthy an die deutsche Kriegsmarine
Berlin. 25. Aug. Nach Beendigung der Uebungen der Kriegsmarine hielt der Reichsverweser des Königreichs Ungarn, Admiral von Horthy, als ehemaliger Flottenchef der Kaiserlichen und Königlichen Oesterreichisch-llngarischen Kriegsmarine in Anwesenheit des Führers und Obersten Befehlshabers der Wehrmacht in der Admiralsmesse des Aviso „Grille" eine überaus herzliche Ansprache, in der er sich an seine Kameraden von der deutschen Kriegsmarine wandre. Admiral von Horthy gab seinen Eindrücken von den Vorführungen der deutschen Wehr zur See und den kameradschaftlichen Gefühlen, die den bewährten Flottenführer und Seehelden mit der deutschen Kriegsmarine verbinden, mit folgenden Worten Ausdruck:
Herr Führer und Reichskanzler, Kameraden zur See! Vor allem möchte ich herzlich für die zwei schönen Tage danken, die ich wieder einmal zur See und diesmal im Kreise der einstigen Kameraden und Kampfgenossen erleben darf.
Das Walten eines seltsamen Schicksals offenbart sich hier bei der neu erstandenen deutschen Kriegsmarine. Gleich der ehemaligen österreichisch-ungarischen Flotte, deren im Kampfe nie bestrittene Flagge unbesiegt von den Meeren entschwunden ist, erfüllte sich auch an der ruhmreichen deutschen Flotte ein bitteres Schicksal. Von Coronel bis Skagerrak, von den Falklandsinseln bis Scapa Flow, wie viel Heldentum und namenlos treues Bekennen zur Pflicht liegen zwischen diesen Marksteinen der deutschen Seekriegsführung, die ein großes „X" über den Atlantischen Ozean legen. In dem ehrlichen Ringen gegen einen seegewohnten tapferen Gegner reihen sich auf den Meeren sagenhafte Heldentaten aneinander, wie sie so zahlreich di« Welt noch nie gesehen. Da eine ganze Welt gegen uns war, zerbrach endlich das Schwert der Mittelmächte, die stolzen Schiffe des Reiches mußten versinken und jeder Hoffnung bar schien der Horizont. Wie vieles hat sich in zwei Dezennien geändert!
Ei« SchiU» ei« Schwert, ei« Segel! Deutschland hat sie wieder!
2m Kielwasser unvergänglichen Ruhmes und reicher Erfahrung befahren deutsche Kriegsschiffe wieder die See, jederzeit bereit zur Tat, und mit Freude sehe ich, wie dieser geistige Nachlaß der Hochseeflotte sorgsam verwertet worden ist. Mächtiger denn je sind ein schlagfertiges Heer und eine Luftwaffe wieder erstanden, fest verwurzelt in den Traditionen jener großen Armee, deren Wiedererstehung in gleicher Vollkommenheit man mit Recht für unmöglich gehalten hätte. Und der Geist, der diese mächtige Wehr beseelt, verleiht ihr, durch ihre innige Volksverbundenheit, die höchsten moralischen Kräfte, die jemals ihre Krieger ausgezeichnet haben. Deutschland hat aber mich stein Segel wieder! Ich sehe darin mehr als die Hoffnung auf gute Fahrt, das es versinnbildlicht. Ich sehe die Segel als die treibende Kraft der Vorsehung und das Vertrauen iu seine Lenkung.
Vielleicht ist das der Sinn jener Vision, die ihr heldischer Dichter Eorch Fock in den drei Worten festgehalten hat: Ei« Schiff, ein Schwert, ein Segel! Und der großartige Wandel, den die Geschichte des deutschen Volkes genommen hat, läßt den Kurs auf eine glücklichere Zukunft erhoffen. Dies ist vielleicht die Antwort der Vorsehung auf das große „X", von dem ich gesprochen hatte.
In der Welt sehen wir endlich die Läuterung der Anschauungen und die Revision der Auffassungen sicher vorwärts schreiten. In den alten Kurs schwenkt man aber durch die Verschleierung der klaren Tatsachen immer noch gern zurück. So werden heute Schlachten geschlagen, und doch ist dies kein Krieg: das zweite Jahr blutet Spanien schon im Bürgerkrieg, und doch gibt es