Amtliche vekanntmachuage«.
Die Anmeldepflicht politischer Versammlungen.
Das K. stellv. Generalkommando hat zu der Bekanntmachung am 23. März 1915 betr. Anzetgepflicht von Versammlungen dem Abs. I folgenden Zusatz beigrsügt: „Als Versammlungen zur Erörterung politischer Fragen gelten insbesondere alle Versammlungen politischer Vereine oder Gruppen, ohne Rücksicht auf den Geqenstand der Verhandlungen." (Zu vergl. „Staatsanzeiger" Nr. 92.)
Talw» den 22. April 1915.
K. Oberamt: Binder.
Versteigerung von Pferden und von Fohlen.
Am Samstag, den 24. April ds. Is, von vormittags 9 Uhr an werden in Cannstatt im Hofe der Dragoner- Kaserne lOO aus den französischen Ardennen stammende, der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft von dem Generalintendanten des Feldheeres überwiesene Pferde und Fodlen meistbietend (ohne Rückerstattung des Uebererlöses) ver- steigert. Unter den Tieren befinden sich einige trächtige
Stuten und einige Hengste. Näheres im „Staatsanzeiqer" Nr. 92.
Talw, den 22. April 1915.
K. Oberamt: Binder.
Verbot des Abschießens freifliegender Tauben.
Das stellv. Generalkommando sieht sich veranlaßt, darauf hinzuweisen, daß trotz der durch die ministerielle Verfügung vom 4. März 1915 erfolgten Aufhebung der Taubenschlag, sperre das Verbot des Abschießenssreifliegen der Tauben jedweder Art wegen der damit verbundenen Gefahr der Tötung von Militärbriestauben nach wie vor weiter besteht. (Zu vergl. „Staats-Anzeiger" Nr. 92).
Talw, den 22. April 1915.
K. Oberamt: Binder.
K. Oberamt Talw.
Mit Bezug auf die oberamtliche Bekanntmachung vom 27. März 1915, betreffend Beteiligung an der Mehloerteilung in Württemberg — Calwer Tagblatt Nr. 72 — wird höherer
Deutschlands wirtschaftliche Lage.
Berlin, 22. April. Reichsschatzsekretär Dr. Karl Helfserich sprach sich gegenüber einem Vertreter des „United Preß os Amerika", wie wir im „Lokalanzeiger" lesen, folgendermaßen über die Folgen des Wirtschaftskrieges aus: Wenn der gegenwärtige Krieg mit silbernen Kugeln entschieden werden soll, so ist Deutschland genügend vorbereitet. Auch wenn Wall Street mit den Verbündeten ist, hat Deutschland nichts zu befürchten. Das deutsche Volk hat in den beiden Kriegsanleihen gewaltige Summen aufgebracht, und nach meiner Meinung wird die dritte Kriegsanleihe im Herbste dieses Jahres, wenn der Krieg solange dauern sollte, denselben durchschlagenden Erfolg haben wie die beiden vorhergehenden. Der amerikanische Vertreter bemerkte hierauf, daß in Anbetracht des niedrigen Kurses der Markwährung in den Vereinigten Staaten Deutschland im Auslande als geschlagene Nation betrachtet würde. Dr. Helfserich erwiderte, daß eine solche Auffassung nur möglich sei infolge Abschneidung der direkten Verbindung Deutschlands mit den Vereinigten Staaten. Mit dem größten Vertrauen in die gegenwärtige Lage Deutschlands, das seine ganze Haltung und seine Worte kennzeichneten, erklärte mir, sagt der Journalist, der Reichsschatzsekretär weiter, der Reichstag habe bis jetzt 20 Milliarden Kriegsanleihe bewilligt, lieber 13 Milliarden sind bis jetzt gezeichnet. Ich glaube, sagt Dr. Helf- ferich, daß die gezeichneten Anleihen bis zum nächsten Oktober oder November ausreichen werden, sollte der Krieg bis dahin dauern. Falls der Krieg dagegen länger anhalten würde, so kann ruhig eine 3. Kriegsanleihe ausgeschrieben werden. Die Kosten des Krieges werden in Deutschland selbst bezahlt. Alles, was das deutsche Volk, das Heer und die Marine benötigen, wird im Lande selbst angefertigt' das gezeichnete Geld bleibt daher im Lande. Wenn wir Kriegsmaterial einkausen, so kommt das dafür ausgegebcne Geld der deutschen Industrie und dem deutschen Arbeiter zugute. Deshalb werden wir im April 9 Milliarden aufbringen und sie bis zum Herbste verausgaben. So geht das Geld ins Volk zurück, das es hergab. Das deutsche Volk hat heute einen Sparkassenbestand von 2V Milliarden, obwohl viele Sparkaffeneinzahler für die letzte Kriegsanleihe gezeichnet haben. Während der Monate Januar und Februar dieses Jahres haben sich die Geldeinlagen der Sparkaffen um mehr als 600 Millionen erhöht. Vergleichen Sie nur unsere Lage mit der Frankreichs, dessen einzige langfristige Kriegsanleihe die lächerliche Summe von 388 Millionen Franken erreicht hat — ein Tropfen in ein Wasserfaß! Frankreich deckt deshalb seine Kriegskosten mit Schatzscheinen. Ueberdies borgen Frankreich, England und Rußland gewaltig in den Vereinigten Staaten; Frankreich schuldet der Vanque de France fünf Milliarden Franken und außerdem mehrere Milliarden für unbezahltes Kriegsmaterial. Das ist eine mehr als ungünstige Lage. Deutschland kann nicht ausgehungert werden, sagte der Schatzsekretär, als ich fragte, welche Wirkung die englische Blockade haben würde, da England doch beabsichtige, das deutsche Volk auszuhungern. Wir verfügen über genügend Nahrungsmittel, um das ganze Volk bis September oder Oktober ausreichend zu versorgen. Die Aussichten auf eine gute Ernte sind auch vorhanden. Ueberdies, wenn unsere Ernte normal oder auch etwas unter normal ausfallen sollte, so haben wir bis August schon reichlich Getreide, um ein weiteres Jahr oder auch länger aushalten zu können. Weiter äußerte sich Dr. Helfserich: Der gegenwärtige Krieg ist zwischen England und Deutschland ein wirtschaftlicher geworden, aber wer uns nicht mit Eisen und Stahl niederzwingen kann, der soll sich keine Hoffnung machen, daß wir aus Mangel an „silbernen Kugeln" oder vielleicht durch die Furcht, daß unsere Frauen, Kinder und Nichtkämpfer zu hungern hätten, mürbe werden würden. Ueber den Import von Nahrungsmitteln, der seit Kriegsausbruch zum Stillstände gekommen ist, sagte der Reichsschatzsekretär: In normalen Zeiten beträgt der Import von Nahrungsmitteln nur 8 Prozent unseres Bedarfs; seit Monaten ist das Volk durch eine gebotene Einschränkung in der Lage gewesen, von unseren eigenen Nahrungsmitteln zu leben, und wenn die Ernte ausfällt, wie wir sie erwarten dürfen, so werden wir im August mehr Getreide haben, sodaß wir infolge dessen mehr Brot bewilligen können. Die Brotkarte war einer unserer größten Erfolge, und sie wird voraussichtlich auch weiter Anwendung finden, wenigstens bis zum Ende des gegenwärtigen Krieges. — Zum Schluffe sagte Dr. Helfserich noch: Es wird Sie vielleicht interessieren,
zu wissen, daß Deutschland an Weizen, Roggen, Hafer. Gerste und Kartoffeln einen größeren Ertrag erzielt, als die Bereinigten Staaten oder irgend ein anderes Land.
Unsere Feinde und der Krieg.
_Schlechte Stimmung in England.
(W.T.B.) London. 21. April. Die „Times" schreibe:' m einem Leitartikel: Trotz willkommener lokaler Erfolge änderte sich die Kriegslage in den letzten sechs Monaten wenig. Die Lage im Osten ist am 20. April in vielen Punkten überraschend ähnlich der vom 20. Oktober. Die Russen haben viel zu leisten, bis sie den Krieg auf deutsches Gebiet tragen können. Die Schlachtlinie an der Westfront steht sehr ähnlich da wie im Oktober. Der Hinweis aus die ungeheueren Verluste der Deutschen ändert etwas daran. Auch auf den entlegeneren Kriegsschauplätzen weist die Lage wenig Fortschritte auf. Die amtlichen Berichte über die Ereignisse in den Dardanellen lassen vieles ungesagt. Die Aktion wurde mit Hast und ungenügender Ueberlegung begonnen. Große Fehler wurden gemacht. Die wirkliche Operation muß erst beginnen. Die Kämpfe im persischen Golf wurden als gloriose Siege ausgeposaunt. Tatsache ist, daß, während wir uns als Herren in unserem Mesopotamien wähnten und leichthin vom Vormarsch auf Bagdad redeten, die Türken eine neue Armee zu- sammeuzogeu, die einen schlanken Vormarsch bis ein, zwei Stunden von Vasra ausfiihrte. Die offizielle Version erklärt nicht deutlich, wie die Türken unerwartet den Streich nach dem Herzen unserer Stellung ausführten, wo wir nicht allzu stark, wenn auch ziemlich sicher sind. Ferner hieß es in den kurzen amtlichen Berichten, daß eine kleine britische Truppe schneidig auf persischem Boden ficht, um die Oellei- tungslinie der Admiralität zu verteidigen. Wir sind auf allen diesen Operationsgebieten jetzt praktisch in der Defensive, und wenn wir angreifen, so geschieht dies zu einem defensiven Zweck. Auch wissen wir wenig, was in Ostafrika vorgeht. Die indische Presse er-! örtert fröhlich die Verwandlung Deutsch-Ostafrikas! in eine Sikh-Kolonie, aber ist nicht klar, daß wir! einen Zoll deutsches Gebiet besetzt haben. Das Blatt! fährt fort: Auch das Lob der britischen Flotte sollte! mit offener Anerkennung der Tatsache verbunden! werden, daß die Kriegsstärke der deutschen Flotte jetzt größer als bei Kriegsbeginn ist. Soweit England in Frage kommt, glauben wir, daß die größte Aende- rung seit August in dem verringerten Zutrauen zur Flotte besteht.
(W.T.B.) Berlin. 21. April. Verschiedenen Morgenblüttern wird aus Amsterdam berichtet: Die Londoner „Morn. Post" führt in einem Leitartikel aus, es liege für die Annahme, daß die Verbündeten gewinnen müßten, nicht der geringste Grund vor. Bis jetzt sei Deutschland der Sieger.
Grey — oder das Gebet mit Vorbehalt.
Berlin, 23. April Bei einer Zusammenkunft im Londoner Kolonialinstitut erklärte Erey, wie dem „Berliner Tageblatt" aus Rotterdam berichtet wird, es sei Sünde für den Frieden zu beten, bevor die barbarische Anmaßung Deutschlands gebrochen sei. — Die barbarische Anmaßung Deutschlands, sich von den zivilisierten Engländern nicht, wie gewünscht, vernichten zu laßen.
Der Alkohol und der englische Patriotismus.
London, 22. April. „Daily News" berichten: Bei einem Totenschaugericht eines ertrunkenen Matrosen sagte der Kapitän aus, daß der Mann betrunken gewesen sei. Es sei eine gewöhnliche Erscheinung, daß seit etwa einem Monat die Mannschaft betrunken sei. Es sei schwer, Matrosen zu bekommen und er könne nichts dagegen tun. Der Obmann der Richter sagte, es sei kein Wunder, wenn deutsche Unterseeboote so leicht englische Schiffe faßten.
Weisung zufolge bekannt gemacht, daß für den Kommunal- oerbands Bezirk Calm vorläufig folgende Händler zur Mehlversorgung zugelaffen worden sind:
Baumann L Etter, Stuttgart, Nosenstraße 44 Den 22. April 1915.
Regierungsrat Binder.
K. Oberamt Tal«.
Auf die im „Slaatsanzeiger" Nr. 92 erschienene Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 15. ds. Mts.,
betreffend Aenderung der Bekanntmachung über zuckerhaltige Futtermittel
vom 12. Febr. 1915 (Reichs Ges.-Bl. S. 78), werden die beteiligten Kreise hiemil hingewtesen.
Der „Slaatsanzeiger" kann bei den Herren Ortsvorstehern eingesehen werden.
Den 22. April 1915.
Regierungsrat Binder.
Das „Ziel" unserer Feinde.
Berlin, 23. April. Die „Daily Mail" meldet aus New Pork, wie dem „Berliner Lokalanzeiger" aus Kopenhagen berichtet wird, daß der amerikanische Oberst House an die amtliche französische Stelle eine Anfrage über die Möglichkeit der Einleitung von Friedensverhandlungen richtete und die Antwort erhielt, daß die Zeit für die Vorlegung eines derartigen Vorschlages noch nicht gekommen sei. Der Abschluß des Krieges im gegenwärtigen Augenblick würde das Ziel der Verbündeten, die Vernichtung des preußischen Militarismus, durchkreuzen.
Zum internationalen Frauenkongreß.
(W.T.B.) London, 22. April. Die „Times" berichten: Die britischen Delegierten zu dem internationalen Frauenkongreß im Haag begegnen noch anderen Schwierigkeiten, als der, ein Schiff nach Holland zu finden. Die Regierung billigt nicht, daß die Engländerinnen den Friedenskongreß besuchen und verweigert ihnen deshalb die Pässe. Schließlich erhielten von 100 Frauen 20 die Pässe. — Die englische Regierung hat wahrscheinlich Angst, daß die Frauen drüben zuviel erfahren, was nach Ansicht der Regierung in England nicht bekannt werden soll. Und dann könnten sie auch über etwas sprechen, was man bei uns nicht wissen soll.
Erneute Friedenspropaganda in Frankreich.
Brüssel, 21. April. Nachdem die Verbreitung von Friedensbroschüren einige Zeit lang geruht hatte, tauchen wiederum neue Schriften in Frankreich auf, welche den Abschluß eines Friedens fordern und in zahlreiche Häuser in Paris und in der Provinz eingeschmuggelt werden. Der Titel lautet: „Französische Frauen, fordert den Frieden!", und die Schrift wendet sich, nach einer Meldung an die „Deutsche Tageszeitung", hauptsächlich an die Mütter, damit sie ihren Einfluß zur Beendigung des Krieges aufwenden. Die Broschüre stellt fest, daß Frankreich die Hauptlast des Krieges zu tragen und mehr als eine Million seiner Landeskinder geopfert habe, während der Menschenverlust der Engländer nur etwa den zehnten Teil erreicht. Wie bei den früheren Flugschriften, so läßt sich auch die Urheberschaft der neuen trotz aller Nachforschung nicht ermitteln. Aehnliche Flugschriften wurden dieser Tage an neueingestellte Rekruten und selbst in den Schützengräben verteilt.
Die Neutralen und der Krieg.
Eine starke japanische Armee in China.
Amsterdam, 22. April. Die „Morning Post" meldet, der „Boss. Zeitung" zufolge, aus Tokio: Täglich ziehen Truppen aus Japan in der Mandschurei, in Tsingtau und in Nordkorea ein. Am 10. März ging das 71. Infanterieregiment von Hiroshima nach Nodelima. Das 11. Armeekorps hatte starke Abteilungen nach Tsingtau gesandt, und das ganze 17. Armeekorps steht in der Mandschurei. Das 4., b. und 10. Armeekorps sind nach China unterwegs, und gleiche Tätigkeit herrscht in den Armeemittelpunkten von Kokura und Tokio. Man darf nicht vergessen, daß Japan zuvor schon das 9. Armeekorps und eine gemischte Brigade in Korea stehen hatte. Das 13. Armeekorps und eine selbständige Brigade stehen seit einigen Monaten in der Mandschurei. In Tsingtau stehen seit dem Falle der Festung acht Bataillone, in Tientsin und Hankou je zwei gemischte Brigaden. Hieraus ergibt sich, wie mächtig die japanische Armee ist, die sich in nächster Nähe von Peking befindet. — Von der Marine befinden sich zwei japanische Geschwader in den chinesischen Gewässern; daraus wird kein Geheimnis gemacht.
Englands Interessen in China.
(W.T.B.) London, 22. April. In der gestrigen Sitzung des Unterhauses erwiderte Staatssekretär