Erey auf eine Anfrage, er habe amtliche Berichte erhalten, daß deutsche Missionare in Süd-China Pamphlete vorurteilsvollen Inhalts gegen England verbreitet hätten. Die Regierung könne aber nicht erwarten, daß die chinesische Regierung dagegen einschreite. Auf verschiedene Anfragen über die Verhandlungen zwischen China und Japan erwiderte Grey, er sei nicht in der Lage. Erklärungen über die Verhandlungen zwischen zwei andern Mächten abzugeben. Die chinesische Politik der britischen Regierung werde fortgesetzt durch den mit Japan bestehenden Vertrag bestimmt. Dieser bezwecke die Erhaltung der gemeinsamen Interessen aller Mächte in China durch Sicherung der Unabhängigkeit und der Integrität der chinesischen Republik und den Grundsatz gleicher kommerzieller und industrieller Rechte aller Nationen in China. Die britische Regierung stehe in beständigem Verkehr mit ihren Vertretern in Japan und China, sowie mit den kommerziellen Körperschaften daheim und im fernen Osten, die an diesen Verhandlungen interessiert sind. Das Haus möge versichert sein, daß die Regierung nach wie vor sich bemühe, die offene Tür für den britischen Handel in China zu sichern. — Schön gesagt, aber die Forderungen Japans sehen eigentlich doch wenig darnach aus, als wenn die Interessen anderer Mächte dabei gewahrt werden sollten.
Amerikanische Aufforderung der Neutralität.
(W.T.B.) Washington. 22. April. Staatssekretär Bryan teilte dem Botschafter Graf Bernstorff mit, daß ein Ausfuhrverbot von Waffen eine direkte Verletzung der Neutralität wäre. Es sei für die Vereinigten Staaten unmöglich, einen solchen Schritt in Betracht zu ziehen. Die Note des Staatssekretärs gibt eine Antwort auf das Memorandum des Grafen Bernstorff, in dem die Vereinigten Staaten des Bruches der Neutralität geziehen werden. Bryan bedauert die Sprache des Memorandums, das als Anzweiflung des guten Glaubens der Bereinigten Staaten ausgelegt werden könne, indem es sagt, es liege in der Macht der Vereinigten Staaten, den Waffenhandel zu verbieten. Eine Unterlassung des Verbots sei eine Ungerechtigkeit gegen Deutschland. — Die Regierung der Vereinigten Staaten meint, dag fede Aenderung der Neutralitätsgesetze die Beziehungen der Vereinigten Staaten zu einzelnen Kriegführenden ungleich beeinflussen würde und eine ungerechtfertigte Abweichung von dem Prinzip der strikten Neutralität sei. Ein Verbot des Waffenhandels sei eine solche Abänderung.
Amerikanischer Zeilungsprytest gegen die Kriegslieferungen.
Amsterdam, 22. April. Heute hier eingetroffene Blätter melden aus Newyork vom 5. ds. Mts.: Der heutige von der American Association of Foreign Language News-Papers in allen Newyorker Blättern in Form einer ganzseitigen Anzeige veröffentlichte Apell an das amerikanische Volk, aus humantiären Gründen ein Verbot der weiteren Ausfuhr von Waffen und Munition zu erwirken, war von 431 Zeitungsverlegern unterzeichnet. Von der Gesamtzahl der Mitglieder der Association weigerten sich, wie der Präsident mitteilte, nur 21, an der Bewegung teilzunehmen. — „Evening Post" schreibt dazu in ihrem Leitartikel: Der Aufruf wird sicher tiefen Eindruck machen. Die Frage der Ausfuhr von Kriegsmaterial hat vielen Amerikanern Unbehagen bereitet. Einige Fabrikanten haben sich geweigert, auf diese Art Geld zu verdienen. Das Geschäft ist unter den bestehenden amerikanischen Gesetzen erlaubt. Trotzdem haben wir das Gefühl, daß» wie immer die Gesetz- sein mögen, die Mehrheit der Amerikaner den Wunsch haben muß, daß der Handel mit Kriegsmaterial aufhöre.
Mangel deutscher Rohstoffe in Amerika.
(W.T.B.) Amsterdam, 22. April. Amsterdamer Blätter melden aus Newyork: Die Teppichweberei der Alexander Smith u. Sons Carpet Company, die größte in Amerika, wird von jetzt ab ihren Betrieb auf die Hälfte herabsetzen, da sie nicht genug Rohmaterialien beschaffen kann. Der Mangel an Farbstoffen ist die Hauptursache dafür. Die anderen Teppichwebereien sind in einer ähnlichen Lage. Der „As- soiated Preß" zufolge forderte das frühere Kongreßmitglied Hermann Metz in einer Konferenz der Industriellen, die auf Farbstoffe angewiesen sind, die Fabrikanten auf, sofort gegen Großbritanniens Verfügungen über den Handel mit Neutralen Schritte zu tun, da sonst Hunderte von Fabriken die Arbeit einstellen müßten und über 306 600 Arbeiter beschäftigungslos werden würden. Viele amerikanische Fabrikanten seien ganz auf Rohmaterialien aus Deutschland angewiesen. Die Deutschen seien es überdrüssig, Farbstoffe nach Amerika zu schicken, wenn sie keine amerikanischen Waren, namentlich Baumwolle, bekämen. Wenn die amerikanischen Fabrikanten England nicht mehr liefern würden, würden sich die ge
genwärtigen Verhältnisse schnell ändern und der Krieg rasch zu Ende gehen.
Italien.
Cöln, 22. April. Nach dem „Corriere di Napoli" erklärt der Senator d' Andria, der dieser Tage eine Unterredung mit dem Fürsten Bülow hatte und den Inhalt dieser Unterredung dem Ministerpräsidenten Salandra mitteilte, er habe es als seine Pflicht betrachtet, Salandra die Ansicht einer Reihe von Senatoren mitzuteilen, welche die Ueberzeugung haben, Italien solle nur dann zu den Waffen greifen, wenn es ganz unvermeidlich geworden sei.
Die italienischen Studentendemonstrationen gegen Deutschland.
Köln, 22. April. Die „Köln. Zeitung" meldet aus Zürich: Die Leitung der Universität Nom hat die Vorlesungen des als deutschfreundlich angeklagten Professors Lolis eingestellt. In Mailand dehnte sich die Bewegung an den Hochschulen aus. Die Studenten des Polytechnikums erscheinen nicht mehr zu den Vorlesungen, ebenso diejenigen der Handelsschule und Tierarzneischule. Auch die Studenten der Universitäten Padua, Pavia und Bologna machen die Streikbewegung mit.
Vermischte Nachrichten.
Zu dem Straßenbahnunglück in Berlin.
(W.T.B.) Berlin. 22. April. Die „B. Z. am Mittag" meldet zu dem Unglück am Reichstagsgebäude: Die Rettung der in den verunglückten Wagen befindlichen Personen wurde dadurch erschwert, daß sich der Wagen auf dem Spreegrunde aus die rechte Seite legte, so daß die durch Gitter verschlossenen linken Perronseiten nach oben lagen. An der Rettung beteiligten sich zuerst die Schiffer der in der Nähe der Unglücksstelle liegenden Kähne. Sehr bald war auch die Feuerwehr zur Stelle. Die Entfernung vom Gleis bis zum Brückengeländer beträgt etwa 35 Meter. Die Böschung hat eine Höhe von 4—5 Metern. Man rechnet mit der Möglichkeit, daß das Unglück durch eine plötzliche überstarke Zufuhr des elektrischen Stromes hervorgerufen worden ist. Der Unteroffizier Drey von einem Pionierersatzbataillon, in seinem Zivilberuf Monteur, rettete etwa 6 oder 7 Personen. Die gleiche Anzahl der Schiffer Konrad aus Lahnin, der von seinem Kahne aus als Erster an der Unglücksstelle eintraf. Zwei Personen wurden von einem jungen Gehilfen des Schiffers geborgen. Die übrigen Verunglückten von der fieberhaft arbeitenden Feuerwehr.
„Wir haben selten so gelacht".
Die Franzosen scheinen sich unsere Feldgrauen so etwa wie Verschmachtende in der Wüste vorzustellen. Deshalb glauben sie, deutschen Soldaten zu Ueberläufern machen zu können, indem sie ihnen Bratengeruch unter die Nase steigen lassen. Bildlich natürlich, denn in Wirklichkeit wären siefroh, wenn ihre Gulaschkanonen so funktionieren würden wie die unseligen. In einem deutschen Schützengraben In Frankreich gibt es einen Unterstand, der den friedlichen Namen „Billa Else" führt. Ihre Bewohner, einen Leutnant und seine Leute, hatten sich die Franzosen auserschen, um sie mit lieb- lich duftendem Speck in die Falle zu locken. Der Leutnant schreibt darüber der „Berliner Morgenpost": Bei einer Rad- lerkompagnie hatten die Franzosen etwa 15 bis 20 Meter vor ihren Drahthindernissen, also etwa 750 Meter von der deutschen Linie entsernt, eines Nachts ein Plakat — 1 zu 1'/, Meter groß — aufgehängt, das in riesigen Leitern folgende Aufschrift in deutscher Sprache zeigte:
An die ausgehungerten deutschen Soldaten! Restaurant zum gallischen Hahn.
Weißbrot (kein ll-Brot!)
Frisches Fleisch! Frisches Fleisch!
Eintritt frei!
Zeitungen: Berichte über die Hunger»not in Deutschland,
die Kämpfe in Rußland, in der Champagne usw.
Darauf haben meine Leute an genau derselben Stelle nach Entfernung des Plakats folgendes Spottgedicht auf großem Zettel aufgehängt:
Das Liebesbriefchen, zart und schön.
Wir haben's schmunzelnd angesehn —
Erbarmen!
Franzosen, sonst doch sehr gescheit,
Wie tut ihr uns von Herzen leid,
Ihr Armen!
Ihr seid noch immer voll Interesse Den Lügen eurer Havaspresse Zur Beute!
Uns habt Ihr vielen Spaß gemacht. . .
Wir haben selten so gelacht —
Wie heute!
Aus Stadt und Land.
Tal», ven 23. April 1915.
„Gott strafe England!"
Nach einer Mitteilung der schweizerischen Postverwaltung sind inletzterZeitzahlreichePostsendungen aus Württemberg i« -er Schweiz eingegangen, die
Aufdrucke, Klebzettel, Stempelabdrucke oder handschriftliche Zusätze mit den Worten „Gott strafe England" aufwetsen. Sendungen dieser Art werden von der schweizerischen Postverwaltung künftig als unbestellbar behandelt werden. — Abgesehen davon, daß es einen hohen Grad von Taktlosigkeit bedeutet, Postsendungen mit solchen Aufschriften ins Ausland zu schicken, ist überhaupt der gewohnheitsmäßige Gebrauch dieses Schlagworts so geschmacklos wie nur möglich. Wir können unserm berechtigten Zorn gegenüber unserm perfiden Vetter auch in anderen Kraftworten Ausdruck geben, wenn wir gerade das Bedürfnis haben, aber wir meinen, Schlagwörter von derartigem Sinn sollten unserm Volksempfinden doch zu niedrig sein und zu — geistlos. Solche „Sinnsprüche" aber gar als Wandschmuck, auf Kinder- spielzeugen, und — wir sagen da nichts Neues — Schlummerrollen (!!!!) usw. anzubringen, das ist der Gipfel der Geschmacklosigkeit. Die Schrift!.
Gegen Reisspekulationen.
Der Bundesrat hat am 22. April 1915 eine Verordnung erlassen, durch welche das Reich die Verfügung über solche größere Reismengen erhalten soll, die zu spekulativen Zwecken dem Konsum ferngehalten werden. Die Durchführung wird der Zentraleinkaufsgesellschaft in Berlin übertragen. Wer Vollreis, Bruchreis oder Reismehl am 26. April in Gewahrsam hat, muß die Menge der Zentraleinkaufsgesellschaft m. b. H. bis zum 29. April anzeigen, wobei die Mengen ausgenommen sind, die bei einem Verwahrer unter zwei Doppelzentnern betragen. Wer mit solchen Mengen handelt oder sie im Betriebe seines Gewerbes herstellt oder sie in Besitz hat, muß sie der Zentraleinkaufsgesellschaft m. b. H. auf deren Aufforderung käuflich überlassen. Die Gesellschaft kann die Aufforderung sofort und spätestens innerhalb einer Woche nach Empfang der Anzeige ergehen lassen. Sie wird dabei nicht auf Mengen zurückgreifen, die für die Versorgung des Konsums unmittelbar bestimmt sind, sich also im Besitze von Verbrauchern und Kleinhändlern, Konsumvereinen, Werkanstalten, Stadtverwaltungen und anderen befinden. Danach wird die normale Reisversorgung der Bevölkerung ebensowenig wie die der gewerblichen Betriebe eine Störung erleiden. (Amtlich)
Gegen feindliche Flieger.
(S.C.V.) Vom Bodensee. 22. April. Als am 21. November des vergangenen Jahres drei englische Flieger den dreisten Versuch machten, die Luftschiffwerft in Friedrichshafen durch Bomben zu vernichten, brach sich auch bei uns in Romanshorn die Ueberzeugung Bahn, daß eine intensive Bewachung der Grenze zur Abwehr der Flieger nicht mehr weiter aufgeschoben werden könne. Sofort wurden von Basel bis zum Bodensee herauf längs der Grenze starke militärische Posten ausgerüstet, Gebirgsgeschütze und Maschinengewehre aufgestellt. Auch hier in Romanshorn hält seit jenen Tagen eine stärkere militärische Wache Tag und Nacht treue Wacht. Alle Posten von Basel bis hierher sind telefonisch unter sich verbunden und werden sämtlich alarmiert, sobald vom Elsaß und von Frankreich ein Flieger auftaucht und Miene macht, dem Bodensee und der Schweiz zuzufliegen. Hunderte von Feuerschlünden sind bereit, dem anrückenden Flieger Tod und Verderben entgegenzuspeien. In rasender Eile fahren die Militärautomobile mit Maschinengewehren dem Flieger die Straßen entlang nach, und wehe dem Flieger, der in den Bereich der Kugel kommt; kaum einer wird entrinnen.
Buchau, 22. April. Mit Rücksicht auf die Volksernährung während des Krieges haben die bürgerlichen Kollegien die Fürstlich Thurn und Taxiv'sche Standesherrschaft um Ueberlassung von Waldgrund- flächen zum Kartoffelanbau gebeten. Der Bitte wurde entsprochen. Eine große nutzbare Fläche wurde in 40 Abteilungen verschiedenen Personen um Entgelt» zur Bebauung zugewiesen.
Evangelische Gottesdienste.
Sonntag Jubilate, 25. April. Vom Turm: 408. Kirchenchor: Lied Nr. 274, Zieht im Frieden rc. Predigtlied: 268, 1—3, Herz und Herz vereint. 9'/, Uhr: Abschiedspredigt von Dekan Roos. 1 Uhr: Christenlehre mit der älteren Abteilung der Söhne. Donnerstag, 29 April. 8 Uhr abends: Kriegsbetstunde, Stadtpfarrer Schmid. Samstag, 1 . Mai. 8 Uhr: Gottesdienst zum Beginn des Schuljahrs, Stadtpfarrer Schmid.
Katholische Gottesdienste.
Sonntag, 26. April. S. Joseph Patrozinium der Stadtpfarrkirche. 7^/i Uhr: Frühmesse. 9'/, Uhr: Predigt und Hochamt: lUhr: Christenlehre. 1>/r Uhr: Kriegsandacht. Anden Werktagen: Pfarrmesse um 7'/, Ubr. Freitag 7'/, Uhr Lazarett- gottesdienst; Abends 7 Uhr Kriegsbetslunde. Samstag, 1 . Mai, 8 Uhr Schuleröffnungsgottesdienst.
Gottesdienste der Methodiftengemeinde.
Sonntag, 26. April. Vormittags 9'/, Uhr: Predigt, Prediger Rücker. Abends 8 Uhr: Predigt, Prediger Rücker. Mittwoch abend 8'/« Uhr: Gebetstunde.
Für die Schrift!, verantwort!.: Otto Eeltmann, Talw. Druck ».Verlag derU.Oelschläger'schen Buchdruckerei, Tal«.