Nr. 91.
Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw
90. Jahrgang.'
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Mittwoch, den 21. April ISIS.
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Lelriecligencle Lage lm Osten mul ülesten.
Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
- Wie aus dem Großen Hauptquartier geschrieben wird, dauert der Stillstand der Operationen der Franzosen zwischen Maas und Mosel, der sich n-ach den schweren und für sie verlustreichen Angriffen bereits Ende der zweiten Aprilwoche fühlbar gemacht hatte, ohne Unterbrechung seit dem 14. April an. Natürlich soll dies nicht heißen, daß jede Kampftätigkeit aufgehört hat. aber es fehlen die größeren zusammenhängenden Angriffsunternehmungen. Der Geschützdonner verstummt weder Tag noch Nacht, und das Feuer der schweren Artillerie steigert sich stellenweise zu größter Heftigkeit. Auch die Nahkampfmittel, Minenwerfer Handgranaten und Sprengminen betätigen sich, ebenso wird auch zeitweise Jnfanterie- und Maschinengewehrfeuer unterhalten. Aber die lebhaften Bewegungen marschierender Truppen, reger Bahn- und Kraftwagenverkehr im Rücken der französischen Armee, besonders am 15. und 16. April, weisen darauf hin. daß der gegenwärtige Zustand verhältnismäßiger Ruhe wohl kaum von Dauer bleiben dürfte.
In den Tagen vom 14. bis 19. April wirkte hauptsächlich die beiderseitige Artillerie, während dis französische Infanterie besonders unter dem Eindruck der in den vorhergegangenen Kämpfen erlittenen außerordentlichen Verluste sich auf vereinzelte, stets mißglückte Teilangriffe beschränkte, die im Rahmen der Cesamtlage ohne Bedeutung waren. Diese Unternehmungen wiederholten sich fast ausschließlich in den Abschnitten unserer Front, gegen die sich seit Beginn der Kämpfe die französische Offensive mit besonderem Nachdruck richtete, am Nordflügel gegen unsere Stellungen bei Marcheville, Maizerey und Lomores, am Südflügel gegen unsere Linien im Walde von Ailln, im Walde Mort-Mare, nördlich Regnieville—Fey- en-Haye und im westlichen Priesterwald.
Ebenso wie diese örtlichen Angriffe zwischen Maas und Mosel für die Franzosen bis jetzt ergebnislos verliefen, sind auch ihre Vorstöße an andern Teilen der Front (Champagne. Argonnen, Vogesen) ohne jeglichen Erfolg gewesen. Die deutsche Westarmee hat also ihren Zweck, die Kraft des Feindes infolge blutiger Abweisung der stetigen Angriffe zu schwächen, bis heute vollständig erreicht.
Auf dem Abschnitt der Ostfront, der im Augenblick das größte militärische Interesse verdient, in den Karpathen und der Bukowina stehen unsere Aussichten ebenfalls ganz gut. Die eigentliche Karpathenschlacht ist zum Stillstand gekommen, die Russen sind also nach ihren unerhörten Verlusten nicht mehr fähig, vorzugehen. Außerdem rücken unsere Verbündeten in der Bukowina vor. Gelingt es den Russen nicht, diesen Vormarsch aufzuhalten, so kann die ganze Karpathenarmee der Gefahr der Flankierung ausgesetzt werden, und russische Blätter deuten auch schon auf diesen teuflischen Plan Hindenburgs hin, der diese Armee genau so wie die 10. russische Armee vernichten wolle. Dir Russen haben anscheinend vor unserm Feldmarschall einen Heidenrespekt. Wenn sie eine Zeit lang nichts von ihm hören, so wittern sie gleich wieder irgend eine — Teufelei. Na, sie sollen mit ihrem Ahnungsvermögen Recht behalten.
Gegen die Dardanellen sollen die Engländer 20 000 Mann gelandet haben. Wenn es ihnen nichts ausmacht, angesichts der türkischen Heeresstärke solche Truppenmassen ohne Aussicht auf Erfolg zu opfern, so mögen sie eben ihr Glück probieren. (Ägen Deutschland führt man im englischen Lager, wie es scheint, auch wieder etwas im Schild. Nachdem vor einiger Zeit englische Blätter eine größere Flottenaktion
gegen die deutsch-belgische Küste anqekündigt hatten, weiß heute die „Frankfurter Zeitung" von einer Einstellung des holländisch-englischen Verkehrs auf die Dauer einer Woche zu melden, die von der englischen Admiralität veranlaßt worden fei. Ob die darüber angestellten Vermutungen sich bestätigen, wird man wohl in der nächsten Zeit erfahren.
Die deutsche amtliche Meldung.
(W.T.B.) Großes Hauptquartier, 2V. April. (Amtl.) Westlicher Kriegsschauplatz. Zn der Champagne machte unser Sappenangriff Fortschritte. In den Argonnen mißglückte ein französischer Angriff nördlich Le Tour de Paris. Zwischen Maas und Mosel waren die Artilleriekämpfe nur an einzelnen Stellen lebhaft. Ein französischer Angriff bei Flirey brach in unserem Feuer zusammen. In Croix de Carmes drangen unsere Truppen nach Sprengung einiger Blockhäuser in die feindliche Hauptstellung ein und fügten dem Gegner starke Verluste zu. Zn einem Vorpostengefecht westlich von Avricourt nahmen wir das Dorf Embermenil nach vorübergehender Räumung im Sturm zurück. Zn den Vogesen aus den Sillackerhöhen, nordwestlich von Mezeral, scheiterte ein feindlicher Angriff unter schweren Verlusten für die französischen Alpenjäger. Bei einem Vorstoß auf die Spitze des Hartmannsweilerkopfes gewannen wir am Nordostabhang einige 10V Meter Boden.
Oestlicher Kriegsschauplatz. Diq Ostlage ist unverändert.
Oberste Heeresleitung.
Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.
(W.T.B.) Wien. 20. April. Amtliche Mitteilung vom 20. April mittags: Die allgemeine Lage ist vollkommen unverändert. Eütlang der ganzen Front vereinzelte Artilleriekämpfe.
Aus den Karpathen und der Bukowina.
Wien, 20. April. Aus Czernowitz wird gemeldet: Das weitere Vorgehen der deutsch-österreichischen Streitkräfte am Dnjestr wird von großer Bedeutung sein, denn dadurch werden neue Bahnlinien in den Besitz der Verbündeten gebracht, wodurch wiederum die rückwärtigen Verbindungen der in Westgalizien und in den Karpathen stehenden russischen Truppen außerordentlich erschwert werden. Verlieren also die Russen durch die erwähnte Offensive der deutschen und österreichischen Truppen noch mehr Bahnlinien, so wird sich die Kalamität beträchtlich steigern, und muß schließlich auch auf die Widerstandskraft des Feindes ihre Wirkung ausüben. — Die „Zeit" meldet, daß die Russen in den letzten Wochen in Westgalizien nur selten Angriffe unternahmen, und dann nur auf kleinen Räumen und mit geringen Kräften. Ferner haben die Russen Tarnow vollständig aufgegeben, auch das Vorratszentrum, und zwar aus Furcht vor unserer auf die Stadt eingeschossenen schweren Artillerie.
Wien, 20. April. Die „Reichspost" meldet, laut Telegramm an die „Nationalztg.", aus dem Kriegspressequartier die Fortdauer des Vormarsches der österreichisch-ungarischen Truppen in Südostgalizien und den Beginn einer lebhaften Tätigkeit der deutschen Südarmee in den Karpathen.
Wien. 20. April. Die Korrespondenz „Rundschau" meldet: Die „Rjetsch" erklärt, eine hervorragende Persönlichkeit habe mitgeteilt, die Hauptschlacht in den Karpathen werde nach der Ansicht russischer maßgebender Militärs erst im Mai oder Zuni
stattfinden. „Nowoje Wremja" verzeichnet die neuen teuflischen Pläne Hindenburgs, der der ganzen russischen Armee jenes Schicksal zugedacht habe, das er dem 10. russischen Armeekorps bereiten konnte, sie einzukreisen und aufzureiben. Das Blatt hebt auch die schweren Kavalleriegefechte zwischen Suwalki und Kalvarija hervor, in deren Verlauf der Bruder des Zaren Michael Alexandrowitsch gefallen sein soll.
Kopenhagen, 20. April. Die Petersb. „Wremja" will erfahren haben, daß die Umgruppierung der russischen Streitkräfte auf der Karpathenfront beendet ist und die Wiederaufnahme des russischen Vorgehens gegen die österreichisch-deutsche Front bevorstehe.
Zum Fliegerangriff auf Belforl.
Genf, 20. April. In den zwei durch deutsche Flugzeuge durch Bomben zerstö rten Belforter Schuppe« lagen englische Eindecker und Zweidecker, die während dieser kritischen Zeit sich angeblich außerhalb der Schuppen befanden. Die Explosion der 6 Puloer- behälter, gleichfalls durch deutsche Flugzeugbomben bewirkt, verursachten bedeutenden Sachschaden,, worüber amtlich ausführlich nach Paris berichtet wurde. Anerkennung findet nach einer Meldung des „Lokal- Anzeiger" die hervorragende Kühnheit und Sicherheit der deutschen Flieger, die ihre Apparate aus geringer Höhe bedienten.
Wieder feindliche Flieger über Baden.
(W.T.B.) Müllheim, 20. April. Heute vormittag 10 Uhr warf über dem garnisonslosen Städtchen Kandern ein niedrig fliegender feindlicher Flieger fünf Bomben ab. Eine platzte auf einem Felde. Vier fielen auf die Schule. Die meisten Schulkinder flüchteten in den Keller. Ein Kind wurde getötet, ein zweites schwer verletzt, mehrere verwundet. Auch über Lörrach warf heute vormittag ein Flieger sechs Bomben ab. die beim Bahnhof platzten. Ein Kind wurde getötet, einem jungen Mann ein Arm abgerissen,' weitere drei Personen wurden teils schwer, teils leicht verletzt.
Das englische Heer.
(W.T.B.) Wellington, 20. April. Der Premierminister machte dieser Tage bekannt, die Reichsregierung habe das Angebot Neuseelands, eine neue, über die gewöhnlichen Verstärkungen hinausgehende Streitmacht abzusenden, angenommen. Die neuen Truppen würden aus Artillerie und Infanterie bestehen. Die Regierung würde alles Mögliche tun, um das Mutterland zu unterstützen. Die englischen militärischen Sachverständigen zweifelten nicht an dem Erfolge der neuen Heere, die aus prächtigem Material bestünden, gut marschierten und mit sich stets verbessernder Artillerie und vorzüglichen Hilfsdiensten ausgerüstet seien. Großbritannien werde zweifellos — die jetzt an der Front befindlichen Truppen eingerechnet — bis zum Sommer 1 Million Mann auf den Hauptkriegsschauplatz bringen können und eine zweite Million zu Hause haben, ohne die Truppen zu rechnen, die auf weniger wichtigen Kriegsschauplätzen kämpfen.
Paflagierverkehr mit England eingestellt.
Brüssel. 20 April. Wie die „Franks. Ztg." aus gut unterrichteter Quelle erfahren, hat die englische Admiralität den gesamten Passagieroerkehr mit Holland von und nach England auf die Dauer einer Woche untersagt. Diese Maßregel wird dahin ausgelegt» daß England entweder große Truppenver-