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Alls Stadt Md Land

Altensteig, den 13. August 1937.

/ Vor der Rückreise nach Spanien. Es ist nun gerade ^in Jahr her, daß in unserem Bezirk und nach A lensteig, Irrneck und Nagold Flüchtlinge aus dem vom Bürgerkrieg ,o sstw?r heimgisuchten Spanien eingetroffen sind und hier betreut wurden. 2m Verlauf des Jahres sind immer wieder einzelne Flüchtlinge noch Spanien zurückgekehrt, junge Spanier, die ihrer Pflicht im spanischen Heer genügten, solche die sich sonst in den Dienst der nationalen spanischen Sache stellten oder solche, die nach Spanien zurvckkehren konnten, weil das Gebiet von den nationalen Spaniern erobert und von den roten Horden befreit war. Manch andere span'sche Flüchtlinge habe» inzwischen in Deutschland Arbeit gefunden, so daß das Mchllingslager immer kleiner wurde. Nun kehren einige -rutsche Familien von Altensteig nach dem befreiten Bilbao zurück. Es sind Geschäftsleute, die ihren Betrieb wieder auf­nehmen können. Aus diesem Anlaß fand gestern abend im Saal desG'ünen Baum" eine Abschiedsfeier für die am dämmenden Montag abreisenden Familien statt, bei welcher sich das Altensteiger Flüchtlingslager und die mit ihm ver- bundenen Einheimischen vereinigten, um noch einige Stunden gemütlichen Zusammenseins zu erleben. 2n den herzlichen Abschieds- und Dankesworten der Herren Klinkert und Schulz kam die tiefe Dankbarkeit für die freundliche Aufnahme und Betreuung in Altensteig zum Ausdruck, aber auch dafür, daß sie in ihrem deutschen Vaterland die schwere Zeit des Flücht- lingslebens erleichtert bekamen m d hier vo> übergehende Heimat gesunden haben. Daß sie das nationalsozialistische Deutschland erleben durften, war ihnen besonders groß.

Besondere Dankesworte wurden Orlsgruppenleiter lkalmbach und Bürgermeister Kolmbach, sowie der Nauenschassleiterin Frau Schlumberger für ihre besondere Msorgebetätigung gewidmet, aber auch allen, die den Flücht­lingen Gutes getan haben. Bürgermeister Kolmbach erwiderte die Ansprachen, den Scheidenden herzliche Wünsche mit auf der Weg gebend und gleichzeitig unseres Führers gedenkend, der Deutschland vor dem Schicksal Spaniens bewahrt hat. Bei dem Abschied kam die Verbundenheit zum Ausdruck) zwischen den Einheimischen und den Flüchtlingen, denen auch wir eine glückliche Zukunft in dem ihnen zur Heimat ge- woidenen Spanien wünschen. Durch die Scheidenden wird hier eine besondere Lücke rii treten, eine nicht geringe durch den sogenannten »Ochsen? irt von Bilbao", der mit seiner riesigen Körperfülle eine besondere Erscheinung im Städtchen war. Möge den Scheidenden eine glückliche Zukunft be- schieden sein!

Abmdkochkur«. Auf den, in der heutigen Nummer aus- geschriebenen Abendkochkur» des Reichsmütterdienstes wird hingewiesen. Derselbe bietet besonders berufstätigen Frauen und Mädeln günstige Gelegenheit, sich gründliche Kochkenntnisse anzueignen. Es ist deshalb zu hoffen, daß sich recht viele Teil­nehmerinnen melden.

Bo« den Grüne» Baum-Lichtspielen. Am Samstag und Sonntag geht in den Grünen Baum-Lichtspielen der erstklassige Sherlock Holmes-FilmDer Hund vonBarkerville" über die Le nwand. Die Zuschauer werden in atemloser Spannung dieses aufregende Abenteuer des berühmten Meisterdetektios auf der Leinwand miterleben. Ein überaus reichhaltiges Bei­programm bereichert die Vorstellung sehr. Ein Reise film »Aegypten, das Land der Pharaonen" Ein 2agdfilm »Bon Kanada in den deutschen Wald" und die Wochenschau mit Bildern von der Luftschiff »Hindenburg-Katastrophe" dürften allgemein Gefallen finden.

Einquartierung erhält Altensteig in der nächsten Zeit vom 25. bis 29. August durch eine Nachrichtenabteilung aus Eßlingen.

Tchwarzwäldrr Tageszeitung

Das neue Bahngleis zwischen dem Bahnhof Altensteig und demAnker" ist heute früh in Benützung genommen worden, nachdem vorher noch die ganze Nacht hindurch ge­arbeitet wurde. Die Verlegung des Eisenbahngleises erfolgte im Zuge des Straßenbaues. Das neue Gleis bildet nun eine gerade Strecke zur Straße unterhalb des Ankers, die Kurven wurden beseitigt und eine bessere Fahrtübersicht erzielt. Auch für denAnker" bedeutet die Verlegung eine Entlastung dadurch, daß die Bahnlinie nicht mehr vor der Hanstüre vor­beiführt. Die Verlegung bedeutet somit einen wesentlichen Fortschritt für den Bahnbetrieb aus dieser Strecke, aber auch für den Straßenverkehr.

Böfikgen, 12. Bug. (Tödlicher Unfall). Am Mittwoch nachmittag verunglückte das neun Jahre alle Töchterchen des Schreinermeisters Ehr. Most von hier. Das Kind stieg durch ein Fenster auf das Plattdach des Wekkstatlanbaues und stürzte etwa 5 Meter hoch ab, dabei zog es sich einen Schädel­bruch und einen Oberschenkeldruch zu. Das bedauernswerte Kind wurde sofort ins Kreiskrankenhaus Nagold überführt, wo es aber noch am gleiche» Tage seinen schweren Verletzun­gen erlegen ist. Den schwergetroffenen Ellern wendet sich herz­liche Teilnahme zu.

Freudenstadt, 12. Aug. (Zwei Zusammenstöße). Gestern ereigneten sich hier zwei Zusammenstöße zwischen Motorrad­fahrern und Radfahrern. Beidemale waren die Radfahrer die Leidtragenden und mußten mit erheblichen Verletzungen ins Kreiskrankenhaus überführt werden.

Neubulach, 12 . August. (Ein Achtzigjähriger). Der älteste Bürger von hier, Gottfried Roller, Buchbtndermeister, feierte im Kreise seiner Kinder, Enkel und v elen Verwandten in guter Gesundheit und geistiger Frische seinen 80. Geburtstag.

Ealw, 12. August. (Hohe Auszeichnung für den Calwer Liederkranz). Der Reichsminttster für Bolksausklärung und Propaganda hat sich in Anerkennung der Verdienste, die sich der Calwer Llederkranz um die Pflege des deutschen Chor- gesongs erworben hat, entschlossen, ihm die goldene Zelter- Plakette zu verleihen.

Calmbach, 3. August. (Versammlung des Biehwirtschafts- verbandes.Württemberg der Kreisbauernschaft Schwarzwald- Nord). Die Versammlung fand am letzten Dienstag in Calm­bach unter Anwesenheit der Ortsbauernführer und Metzger statt. Kreisbauernführer Kolmbach eröffnete die Versammlung. Der Sachbearbeiter des Viehwirtschaftsverbandes bei der Kreis­bauernschaft Schwarzwald-Nord, Pg. Illmer, der Geschäfts­führer der Verteilungsstelle Calmbach, erläuterte zunächst den Sinn und den Zweck der Verteilungsstelle und betonte insbe­sondere die Gründe, die zur Errichtung der Verteilungsstelle Calmbach geführt haben. Geschäftsführer Wolf vom Bieh- wirtschastsverband Württemberg in Stuttgart machte dann nähere Ausführungen über die Gründe, die zu der Regelung in der Biehwirtschaft geführt haben. Zum Schluß appellierte Kreisbauernführer Kolmbach an alle Anwesenden, sich immer so zu verhalten, wie es die Anordnungen und Bestimmungen vorschreiben und immer den Weg zu gehen, der der ehrliche und korrekte sei.

Herrenberg, 12. Aug. (Waidmanns-Heil). Nachdem erst vor wenigen Wochen von Jagdaufseher Reil im Hildrizhauser Wald ein Keiler geschossen wurde, konnte vor wenigen Tagen der Zagdpächter des Hcrrenberger Stadtwaldes, Herr Fabrikant Arthur Weber aus Stuttgart dort einen auf den Feldern stark zu Schaden gehenden Ueberläufer-Keiler zur Strecke bringen.

Lackevdorf, Kreis Rottweil, 12. August. Ein hiesiger Landwirt war mit Mähen beschäftigt. Die Mähmaschine war, wie man es häufig sehen kann, mit einem Pferd und einer Kuh bespannt. Während der Arbeit scheute die Kuh, stürzte auf den Boden und zog das Pferd mit sich. Dabei fiel das Pferd in ein Horn der Kuh, das dem Pferd das Herz durchstach.

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die Bauten Berlins bis weis in das 19. Jahrhundert hin­ein gestaltet. Staat und Stadt aber haben über der Not. die den napoleonischsn Kriegen folgte, auf die Durchfüh­rung der Bautradition verzichten müssen. Die Geschlossen­heit des Stadtbildes ging damit verloren. Erst der Vau des Berliner Rathauses, der vor rund 60 Jahren vollendet wurde, kennzeichnet den Willen der Stadtverwaltung, wie­der aktiv in die Gestaltung des Stadtbildes einzugreifen. Der nach dem Krieg 1870/71 eintretende Wirtschaftsauf- lwwung, die Entwicklung der jungen Reichshauptstadt zur Weltstadt, haben wohl eine ungeheure Erweiterung und Neubautätigkeit herbeigeführt, leider aber die schöpferischen Kräfte nicht neu belebt. In einem bunten Stitgemisch wurde das Bild des alten Berlin verwischt, wurden seine edlen men Bauten um ihre Wirkung gebracht. Dieser Zeit der -Lenrrung, die nicht auf Berlin beschränkt blieb, in ihm aver am stärksten zum Ausdruck kam, ist nunmehr Einhalt geboten worden. Der Führer und Reichskanzler des neue« -Deutschlands hat auch in das Schicksal Berlins rettend ein­begriffen und Maßnahmen angeordnet, die dazu führen werden, daß Berlin zu einer der schönsten Städte der Welt Galtet wird. .

Bei allem Wandel der inneren Struktur und der äußere« ckorni hat eine Tendenz der Entwicklung Berlins immer unverändert zugrunde gelegen: von Beginn an war es eine vratte harter, unermüdlicher Arbeit. Allerdings wurde ' das heute fast 41L Millionen Einwohner zählt, in, ^ irgend eine andere d jche Stadt die Stätte schärfer werdender sozialer Gegensätze. Heute kennt nnn E'chshauptstadt keine Arbeitslosigkeit und keine Woh- » , 3bnot mehr. Sie begeht ihre 700-Jahr-Feier in dem luE/^Ewußtsein, auf eine ruhmreiche Vergangenheit zu- köku ""d einer glücklichen Zukunft entgegensehen zu

Das Gesicht der Reichshrmptstadt

Von Siegfried von Beöczy

M^;,^esicht her Riesenstadt Berlin ist wie ein vielfältiges mir. dessen Bausteine aus allen Teilen des Reiches kom­

men und sich hier zu einem völlig Neuen zusam -snstnden. Jeder Gau und jedes deutsche Land sandte seine Vertreter. Sie brachten die in ihrer Heimat eigenen Sitten und Bräuche mit, ihre Mundarten und Gewohnheiten, und wurden doch alle in kurzer Zeit aufgesogen und in den Bann dieses magisch gewaltigen Steinhaufens mit seinem fieberhaften Arbeitstempo, mit seinen flimmernden und schillernden Farben, mit seiner Hast und Hetze eingefangen.

Berlin ist eine ungeheuer arbeitsame Stadt, aber es ist eine andere Arbeit, wie wir sie aus dem Ruhrgebiet oder den großen Jndustriebezirken des Südostens kennen. Dort offenbart sie sich in wuchtenden Hämmern, in qualmenden Schloten und Hochöfen, die in der Nacht gespensterhaft glühen und leuchten. Dort ist es der Atem und der wehende Rhythmus gigantischer Fabriken und Werke, deren Namen zentnerschwer in die Waagschale der Weltwirtschaft fallen. Hier in Berlin zeigt sich die Arbeit mehr in einer Geschäf­tigkeit, die weit seinnerviger ist'. Sie versetzt suggestiv jeden Menschen, der sich dem Berliner Bären seinem Wappen­tier verschworen hat, in eine ständige innere Spannung und macht ihn in jedem Augenblick bereit, etwas völlig Unvorhergesehenes über sich ergehen zu lassen. Alle jene blitzenden Lichtreklamen, jene surrenden Stadt- und Unter­grundbahnen, quietschenden Busse, jene immer eilenden Menschen, auf deren Gesichtern man im schnellen Vorüber­schreiten Freude und Leid, Sorge und Glück in ihre extrem­sten Gegensätzlichkeiten dicht nebeneinander erkennen kann, sie alle hauchen dem grauen Häusermeer ein Leben ein, vor dessen Vitalität man manchmal Angst bekommen könnte, wenn man dazu Zeit hätte.

Statistische Bücher melden von Zeit zu Zeit die Riesen­einwohnerzahl der Stadt, sie erzählen von den Verkehrs- besörderungen und dem Rekordbesuch einer Ausstellung, eines Schwimmbades oder einer Sonderveranstaltung, mck> dennoch bleiben diese Zahlen eine tote Eeheimlehre für den, der sie nur liest, ohne sie mit dem Leben in Verbindung z« bringen. Schwer ist es allerdings, einen Eindruck von der Gewalt der Neichshauptstadt zu bekommen, da viele Kilometer i« der Länge und Breite Berlin auseinander- zerren. Man muß sich einmal in die Stadtbahn setzen und «chne Ziel von Endstation zu Endstation fahren, um sie ru

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Stuttgart, 12. Aua. (Bilanzderantidol,chewl- sti scheu Schau.) Die große antibolschewisttsche Ausstel­lung hat am Sonntag ihren Abschluß gefunden. Die Schau hat durch das umsanareiche und sorgfältig zusammengestellte Bild, Schrift- und Aufklärungsmaterial, viel zum Erken­nen des wahren Wesens des Bolschewismus beigetragen. Die Ausstellung wurde während ihres kurzen Hierseins von insgesamt 130 000 Volksgenossen besucht. Das ist in Anbe­tracht der Ferienzeit eine beachtlich hohe Besucherzahl und ein Beweis dafür, daß die wllrttembergijche Bevölkerung den Kampf gegen den Bolschewismus, der von der national­sozialistischen Bewegung und vom neuen Deutschland ge­führt wird, versteht und zu unterstützen gewillt ist.

Jugendlagerim Rosen st ein Die auslandsdeut- schen Jugendgruppen, die in diesen Wochen bereits aus Fahrt durch Deutschland sind und in Stuttgart die 5. Reichs­tagung der Ausländsdeutschen miterleben werden, beziehen im Hirschpark des Rosensteins ein großes Lager. 350 Jun­gen aus allen Ländern der Welt werden zusammen mit 35V Stuttgarter Hitler-Jungen hier acht Tage untergebracht sein, während 250 auslandsdeutsche Mädel in der Jugend­herberge Unterkünfte beziehen werden. Der Aufbau des Musterlagers mit Radio-, Fernsprecher-, Scheinwerfer- und Lautsprecheranlagen hat bereits begonnen.

Winterlingen, Kr. Balingen, 12. Aug. (llebersah- r e n.) Aus dein Weg aus das Feld wurde hier frühmorgens die 73iähriae Ehefrau Luise Frez durch einen rückwärtsfah- renden Lastwagen, den sie nicht rechtzeitig wahrgenommen hatte, angesahren. Der Fahrer konnte, als er das Unglück bemerkte, nicht mehr bremsen und sie Frau geriet so un­glücklich unter das Hinterrad, daß ihr der Hinterkopf zer­quetscht wurde. Der Tod trat auf der Stelle ein.

Schramberg, 12. Aug. (Der 1000. Sachse.) Ein Leip­ziger Reisebüro hat Schramberg zum Zentralpunkt seiner Schwarzwald-Reisen gemacht und führt alljährlich Tausende von sächsischen Volksgenossen in die Uhren- und Fünftäler­stadt. Dieser Tage traf der 1000. sächsische Ferrengast in Schramberg ein und erhielt als Reiseandenken eine Schram­berger Uhr überreicht

Schwenningen, Kr. Rottweil, 12. Aug. (Bienenvolk im Schlafzimmer.) Als Anfang einer Bienenzucht hatte sich ein hiesiger Volksgenosse zwei Waben zugelegt. Sie befanden sich bis auf weiteres im Schlafzimmer. Der Zufall wollte es, daß dieser Tage ein schwärmendes Bienen­volk vorbeizog und, die Waben witternd, flugs durchs of­fene Fenster ins Schlafzimmer hereingesummt kam. Zum Glück geschah dies am Tage. Es bedurfte vieler Stunden Zu- Wartens, bis sich das aufgeregte Vienenvölkchen soweit beru­higt hatte, daß man es aus dem Schlafzimmer entferne« konnte.

Blitzenreute, Kr. Ravensburg, 12. Aug. (Vadeopser.) Mittwoch wurde der 23jährige Erntehelfer Bernhard Lämmle aus Ulm, der aus Hauerz, Kreis Leutkirch gebürtig ist, beim Baden im benachbarten Hecklerweiher von einer Herzlähmung befallen, jodaß er, ehe es jemand bemerkt«, ertrank.

Friedrichshafen, 12. Aug. (Richtfest.) Das neue Zep­pelin-Museum, das vor dem Eingang zum Luftschisfgeländ« ersteht, geht der Vollendung des Rohbaus entgegen. Aus diesem Anlaß wurde am Mittwoch ein Richtfest gefeiert. Außer den am Bau Beschäftigten wohnten dieser Feier im Saalbau der Zeppelinwohlfahrt Vertreter des Luftschiff­baus und geladene Gäste bei. Namens des Luftschiffbaus Zeppelin drückte Dipl.-Jng. Hürthle seine Befriedigung über die gute handwerkliche Arbeit aus. Das Bauwerk werde mit seinem Inhalt vor der Welt Zeugnis ablegen von den ge­waltigen Leistungen und Erfolgen des deutschen Luftschiff­baus.

Eßlingen, 12. Aug. (555 Jahre Schützengeselr- schüft.) Die Schützengesellschaft der alten Reichsstadt Eh­lingen blickt aus ihr 555jähriges Bestehen zurück. Die Tra­dition eines halben Jahrtausends wirkt in der Gesellschaft! fort, die eine der ältesten Schützenvereinigungen Deutsche lands ist. In einer schlichten Feier wurde des Ereignisse«! gedacht. Oberschützenmeister Tochtermann umriß in große» Zügen das geschichtliche Werden durch die Jahrhunderte und betonte, daß die Geschicke der Schützenfamilie mit denen der Stadt immerdar eng verbunden waren.

Men, den Berliner Osten, den Westen, den Süden und de» Norden. Erst dann, wenn man einmal auf einer solchen Fahrt zum Fenster hinausblickt und draußen an den Häuser­fronten wieder in die vielen offenstehenden Fenster der Gebäude hineinschaute, erst dann wird man dieses gigan­tische Nebeneinander in seinen ganzen Ausmaßen versteh«» können.

Und noch etwas gehört zu Berlin, was der Fremde nur selten in seiner vollen Ganzheit sieht, da er bei seinem Be­such im Innern der Stadt bleibt. Das sind die Vororte, die Seen und die märkischen Wälder, zu denen der Ber­liner an schönen Sonntagen eine wahre Wallfahrt antritt. Hier draußen liegen seine Boote, hierhin fährt er mit dem Zelt und hier schöpft er auf Spaziergängen frische Lust und Kraft für eine neue Arbeitswoche. Die Jugend findet sich hier bei fröhlichen Sportbewerben und das laute Rufe« und Spiel von Männern und Frauen klingt weit in die Landschaft. Es fehlt hier bewußt jene Geheimniskrämerei zwischen den Geschlechtern, die dem Fremden oft ein wenig shoking" erscheinen mag. Doch Berlin hat einen anderen Maßstao.

Mit einem vorwurfsvollen Blick und doch dabei einem ganz klein wenig Neid wirft man dem Berliner immer wieder vor, er sei ein oberflächlicher Mensch, auf Vergnü­gungen aus und zu keiner wirklich ernsten Arbeit fähig. Er sitze in den eleganten Bars des Kurfürstendamms oder zähle zu den Stammgästen der Vergnügungsstätte« vo« Lharlottenburg. Wer diese Ansicht teilt, der kennt ihn nicht, den Bürger von Berlin. Gewiß, er setzt sich manchmal in die Bar oder in eines jener großen Tanzlokale, doch in der weitaus größten Mehrzahl der Abende ist er zu Hause an­zutreffen. Der, der immer nur auf der Jagd nach Gesell­schaft ist, der ist zum geringsten Teil der Berliner selbst. Der Fremde, der nur knappe Zeit in den Mauer« der Reichshauptstadt weilt, will die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen, das einmal kennenzulernen, war ihm seine eigene Heimat nicht zu bieten vermag. Und wen» der Berliner einmal einen Abend zwischen elegcmte« Frauen im Rhythmus der Jazzkapelle verbringt, so ist das ei» wohlverdienter Ausgleich gegen stundenlange Hast und a»^ reibende Arbeit.