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Schwarzwälder Tageszeit»«-

Nr. 186

Der Generalstabschef des Irak

von einem Soldaten erschossen

Bagdad, 12. Aug. Der Generalstabschef des Irak, Genera! Betir Sidky, and der Chef der Luftflotte, Mahmud AI: Jawaud, wurden am Mittwoch abend in Mossul ermorde:.

Man vermutet, daß der Mord aus politischen Gründen ge­schehen ist. General Vetir Sidky und seine Begleitung befand sich auf der Reise nach Ankar, um an den türkischen Manöver» teilzunehmen. Trotz der Ermordung der beiden Militärs herrscht im Irak Ruhe. Einzelheiten aus Mossul besagen, daß Vetir Sidky mit seiner Begleitung am Mittwoch abend die Flieger­station in Mossul besichtigte. Ein einfacher Soldat, der vor sei­nem Zelt Posten stand, habe plötzlich auf den Eeneralstabsches »»gelegt und ihn mit drei Gewehrschüssen niedergestreckt. Der Ek^f der irakischen Luftflotte, der den General zu schützen ver­suchte, wurde von zwei weiteren Schüssen des Attentäters tödlich getroffen.

Neuerungen in der Sowjetunion

Moskau. 12. Aug. Durch Regierungsverordnung wurden er­nannt zum Volkskommissar für die Nahrungsmittelindustrie der großrussischen Bundesrepublik (RSFSR.) Badajew, und zum Volkskommissar für die Sozialversicherung der RSFSR. Frau schaburowa. lieber bas Einzelschicksal der bisherigen In« -aber dieser Posten, Lobow und Nagowizin, verlautete amtlich nichts. Es wird nicht einmal deren Amtsenthebung offiziell mitgeteilt.

Das Verschwinden des bisherigen Volkskommissars der Nah­rungsmittelindustrie der RSFSR., Lobow, verdient insofern be­sondere Bedeutung, als dieseralter Volkewik" und langjähri­ges Mitglied des Zentralkomitees der bolschewistischen Partei war und seit der Oktober-Revolution führende Posten bekleidet hatte.

Ansprache Mussolinis in Catania

Catania, 12. Aug. Rach der Einweihung und Besichtigung verschiedener Verwaltungsgebäude hielt Mussolini vor der Be­völkerung von Catania und Umgebung eine Ansprache, die fast Satz für Satz von stürmischen Kundgebungen unterbrochen wurde.

Unter Hinweis auf die Einweihung der Kaserne der Junz- saschisten und auf den Beginn der Vauarbeiten für den Justiz­palast betonte Mussolini, daß einer der Hauptpunkte der faschisti­schen Lehre die immer gründlichere Vorbereitung des italieni­schen Volkes für sein militärisches Dasein sei. Wolle ein Volk nicht seine eigenen Waffen tragen, so werde es sicher einmal gezwungen, die Waffen anderer zu tragen. Die Geschichte be­weise, daß die Völker, die keinen militärischen Geist haben, am Scheideweg Elend oder Knecht­schaft nicht vorbeikommen.

Bei der Gerechtigkeit denke das faschistische Regime vor allem auch an die soziale Gerechtigkeit. Sie müsse das italienische Volk auf eine immer höhere Kulturstufe bringen und zu einer immer engeren Verschmelzung von Volk und Staat führen. Letztere sei der einzige Vertreter der Interessen des Volkes von Generation zu Generation. Autorität, Ordnung und Gerechtig­keit seien die drei Grundpfeiler des faschistischen Regimes.

Mussolini schloß mit dem Hinweis auf die neue geschichtliche Aera des italienischen Imperiums, dessen erster Pionier der Si­zilianer Crispi gewesen sei und versicherte unter brausendem Jubel der Menge, daß Sizilien die vom Faschismus geübte Ge­rechtigkeit verdiene und erfahren werde, wobei die faschistische Regierung auf die militärische Tüchtigkeit» «nd Hingabe des sizi- lianischen Volkes zähle.

Aebergriffe der Vaterländischen Front

Wien, 12. Aug. Wie von zuverlässiger Seite aus Graz ge­meldet wird, ist es dort am Mittwoch zu bedauerlichen Hebel­griffen von seiten der Vaterländischen Front gekommen. Auch nn Graz hatten die Buchhändler Adolf HitlersMein Kampf" in den Schaufenstern ausgelegt, nachdem die behördliche Erlaub- jnis dazu vorlag. Ein Sturmtrupp der Vaterländischen Front drang nun in verschiedene Buchläden ein, riß wahllos Bücher und Zeitschriften aus den Regalen und demolierte die Einrich­tungen. Der Trupp soll von einem Funktionär der Vaterlän­

dischen Front und einem deutschen Emigranten namens Gleßner, < der beim klerikalenGrazer Volksblatt" angestellt ist, angeführt > worden sei«. !

Es ist zu erwarte», daß die österreichische Regierung gegen z diese Hebelgriffs scharf Vorgehen wird.

Kampf um den Nankau-Paß

To«», 12. Aug. (Ostafiendienst des DNV.) Die Agentur Domei berichtet über den ersten Zusammenstoß japanischer Trup­pen mit der Zentralarmee am Nankau-Paß, daß die chinesischen Kräfte aus drei Regimentern der 89. Division beständen, die in ausgebauten Feldstellungen eingenistet seien. Die Bewaffnung der chinesischen Truppen sei gut; sie seien sogar mit Artillerie und Minenwerfern ausgerüstet.

In Schanghai herrsche, berichtet Domei weiter, trotz der augen­blicklichen Stille äußerste Spannung ähnlich wie am Vorabend der Kämpfe von 1932 vor. Ständige Bewegungen chinesischer Sicherheitstruppepn um das Gebiet der internationalen Nieder­lassung, die Aushebung von Befestigungsanlagen bei Woosung sowie die Flucht der chinesischen Bevölkerung aus angeblich be­drohten Stadtteilen würden eine gefahrenschwere Atmosphäre Hervorrufen. Die Forderungen der japanischen Behörden nach Zurückziehung der chinesischen Sicherheitstruppen aus der Um­gebung der japanischen Niederlassung und nach Zerstörung aller Feldbefestigungen von chinesischer Seite seien bisher noch nichr erfüllt worden.

Wettere japanische Kriegsschiffe in Schanghai

Schanghai, 12. Aug. Im Laufe des Mittwochs sind im ganzen 14 japanische Kriegsschiffe und zwar vier Kreuzer und zehn Zer­störer. i» Schanghai eingelaufen. Ein weiteres Landungskorps wurde ausgeschifft und in der japanischen Kaserne und japa­nischen Schule untergebracht. Außerdem liefen am Mittwoch auch ein amerikanisches und zwei französische Kanonenboote sowie ein englischer Zerstörer in Schanghai ein.

Eisenbahnverkehr SchanghaiNanking eingestellt

Schanghai, 12. Aug. (Ostasiendienst des DNV.) Die durch die Landung von japanischen Seesoldaten erhöhte Spannung in Schanghai veranlaßte die Fluggesellschaften, sämtliche Verkehrs­flugzeuge von Schanghai nach Nanking zu überführen. Auch die Lokomotiven und Eisenbahnwagen wurden aus Schanghai zu­rückgezogen, so daß der Eisenbahnverkehr nach Nanking und Hangtschau eingestellt ist.

Der japanische Generalkonsul überreichte der Stadtverwaltung von Eroß-Schanghai einen neuen Protest gegen die Behinde-! rung japanischer Firmen in Schanghai durch die chinesische Een-, darmerie. Auf Grund zahlreicher Beschwerden japanischer Unter-' nehmungen sei es erwiesen, daß die chinesische Gendarmerie die Zufuhr von Rohstoffen und den Abtransport von Fertigwaren japanischer Betriebe verhindere. Sie halte auch die chinesischen Arbeiter auf dem Wege zu den japanischen Fabriken an und verhindere sie, zur Arbeit zu erscheinen.

Durch weitere Ausschiffungen von Marinesoldaten, deren Zahl bisher auf 4000 Mann geschätzt wurde, wurde das japanische Landungskorps weiter um mehrere tausend Mann verstärkt. Sämtliche Schulen im Hongkew-Viertel Schanghais sind mit japanischen Soldaten belegt.

VerfWrfuug der Lage m Schanghai

Belagerungszustand über die Stadt verhängt

Schanghai. 12. Aug. (Ostasiendienst des DNV.) Die chinesische Stadtverwaltung von Eroß-Schanghai verhängte Donnerstag denVelagerungszustand über den Stadtteil Schapei und die nach Norden angrenzenden Gebiete. Der Nordbahnhof der SchanghaiNanking-Bahn ist völlig verlassen und wird von chinesischen Truppen bewacht.

Der japanische Generalkonsul ordnete an, das sämtliche Japa­ner den Bezirk Hongkow bis an die Bahn Schanghai -Wusung räumen sollen. Tausende von Japanern sind mit ihrem Hab und Gut unterwegs nach der erweiterten internationalen Niederlas­sung, wo sie in Zelten untergebracht werden. Der Generalkonsul erklärte, das japanische Landungskorps würde innerhalb der

Grenzen der internationalen Zone verwandt, weil von den her­anrückenden chinesischen Truppen Gefahr drohe.

Bildung eines gemischten Verteidigungsausschusses

Zur Verstärkung der ausländischen Garnison holen die Fran­zosen Truppen aus Saigon herbei, und die Amerikaner haben ei» Regiment aus Manila in Marsch gesetzt.

Die Oberbefehlshaber der ausländischen Streitkräfte mit Aus-, nähme der Japaner bildeten einen gemischten Verteidi­gungsausschutz und beschlossen, für den Ernstfall eine Ei», heitsfront zu bilden. Die Japaner haben bei der Verwaltung der französischen Niederlassung angefragt, ob sie den japanische» Streitkräften den Durchmarsch durch die französische Niederlas­sung gewähren würden, falls chinesische Truppen vom Süden her anrückten. Die Franzosen haben dies jedoch abgelehnt.

ImMziehvng der Gendarmerie adgelehat

Schanghai, 12. Aug. (Ostasiendienst des DNV.) Der Ober­bürgermeister von Schanghai erklärte die Annahme der japa- > irischen Forderung auf Zurückziehung der chinesischen Gendarmerie i für unmöglich.

Inzwischen macht der militärische Aufmarsch der Chinesen und Japaner in Schanghai weitere Fortschritt.

Jenny Kammersgaard in Berlin

Berlin, 12. Aug. Jenny Kammersgaard, die mit ihren 18 Jah­ren das 90 Kilometer breite Kattegat am letzten Samstag und ! Sonntag in zwei Nächten und einem Tag durchschwommen hatte, ! ist der Einladung eines Berliner Verlags gefolgt, sich einmal die Reichshauptstadt anzusehen.

Sie startete Donnerstagvormittag mit der Lusthansa-Maschine ! Hindenburg" in Castrup. Im Tempelhofer Flughafen hatten sich zahlreiche Sportler eingefunden. Als die Maschine sich nä­herte und landete, erhob üch lauter Jubel. In der Vordtüre er­schien lachend ein blondes strammes Mädel in schwarzem Rock >

und weißer Bluse und einem kecken Mützchen auf dem Bubikopf, !

im Arm Massen von Rosen und Nelken.

Auf die Begrüßungsworte dankte die junge Dänin in ihrer Heimatsprache. Leider könne sie nicht deutsch. Der Flug, ihr erster, sei herrlich gewesen, nur habe sie ausgerechnet ihren ^ Badeanzug vergessen. Nachmittags war Jenny Kammersgaard j vom Reichssportführer von Tschammer und Osten eingeladen.

»Entartete Kunst"

lieber eine halbe Million Besucher

München, 12. Aug. Der Zustrom zu der Ausstellung Entartete Kunst" in München hielt auch in der letzten Woche unvermindert an, so daß die Gesamtzahl der Besucher schon aus eine halbe Million angestiegen ist.

Wenn man dann sieht, wie täglich Hunderte schon in der Frühe auf Einlaß warten und die Berichte einiger ausländischer - Zeitungen mit den Aussagen der Hunderttausende vergleicht, so , empfehlen wir diesen gewissen Herren, einmal die Ausstellung ! selbst zu besuchen. Sie würden sich wundern über die ungeschmink­ten Urteile der Besucher über die Kunstentartung der Verfall- ! zeit. Es ist doch kindisch, seinen Lesern vorzulügen, die Deutsche« besuchten die Ausstellung nur, weil sie hier zum letzten Male die sogenannteModerne Kunst" sehen könnten. Diese Hetze ist wirklich zu plump.

Der Arbeitsdienst in Nürnberg

Auch beim Reichsarbeitsdienst sind nun die Vorbereitungen zum Reichsparteitag in vollem Gange. 1250 Arbeit«,- männer und Führer aus den sämtlichen Gruppen des Gaues 26, Württemberg, werden in diesem Jahre zur Kund­gebung in Nürnberg und zum Vorbeimarsch vor dem Führer antreten. Als Reisetag wurde der 5. September angeordnet.

An den NS.-Kampfspielen beteiligt sich der Arbeitsgau Würt­temberg auf Grund der bei den Eauentscheidungen in Kassel erzielten Leistungen beim deutschen Wehrwettkampf (Klasse a), dem Mannschafts-Fünfkampf, am 2000-Meter-Hinternisstaffetten- lauf und beim Keulenweitwersen.

700 Jahre deutsche Reichshauptstadt Berlin

Von Dr. Julius Lippert, Oberbürgermeister und Stadtpräsident von Berlin

Die deutsche Reichshauptstadt Berlin begeht vom 14. bis 22. August ihre 706-Jahr-Feier.

RDV. Vor sieben Jahrhunderten, als Berlin an den Ufern der Spree entstand, wird der Name der jungen Stadt­gründung kaum über den Umkreis der nächsten Umgebung hinaus in das Reich, noch weniger über dessen Grenzen hin­ausgedrungen sein. Aus einer wall- und mauerumgürteten mittelalterlichen, bescheidenen Stadtanlage ist dann die Hauptstadt Deutschlands, eine der Metropolen der Welt, geworden. Dieser erstaunliche Entwicklungsgang ist kein müheloser, ungehemmter Aufstieg gewesen.

Viels Entwicklungsstufen hat Berlin auf seinem Weg durchlaufen müssen; jede der mannigfachen Epochen hat das Aeußere der Stadt gestaltet, das den Aufgaben und dem Charakter ihrer Zeit entsprach. Diese Entwicklungsstufen heben sich im heutigen Stadtbild nicht mehr scharf vonein­ander ab. Nur der Kundige vermag noch den ursprüng­lichen Stadtkern zu erkennen; vereinzelt und verstreut ragen, ehrwürdige Baudenkmäler als Zeugen vergangener Zeiten in die Bauten der Riesenstadt hinein. So hat der Eindruck entstehen können, Berlins Schicksal sei es gewesen, immer­fort zu werden und niemals zu sein. Heber die vermeint­liche Seltsamkeit dieses Stadtschicksals ist ein geistvolles, von skeptischer Liebe M Berlin getragenes Buch geschrieben worden. Wohl erkennt es an. daß sich die Lebenskraft Ber­lins in allen Stürmen, gegen alle Anfeindungen siegreich, ««bekümmert und unsentimental behauptet habe; im Cha­rakter Berlins aber bleibe stets etwas Anerklärbares, heimnisvolles, das nur die Göttin der Geschichte ausdeuten könne. Nur dunkle Orakelsprüche aber bedürfen einer Deu­tung; die Göttin der Geschichte ist keine Pythia und ver­mittelt Klarheit dem, der zu de« Quellen geschichtlicher Er­kenntnis vordringt. So stellt die Geschichte Berlins mit Lee« -»weile« unvermittelt aufeinanderfolgende« Ab­

schnitten und Perioden kein für sich alleinstehendes Problem dar, sie ist ein Teil des großen deutschen Geschehens, sie ist eingebettet in die deutsche Geschichte, von ihr bedingt.

Niedersächsische Fürsten waren es, die ohne Hilfe de« Reiches das größte deutsche Kulturwerk des Mittelalter­vollbrachten. Sie schufen in zäher und zielbewußter Arbeit auf ursprünglich germanischem, aber in der Völkerwande- rungszeit von Slawen besetztem Boden östlich der Elbe ei« neues Deutschland und bereiteten damit der überschwellen­den deutschen Volkskraft, für die die alten Grenzen zu enx geworden waren, eine neue Heimat, ein neues Arbeits­gebiet. Dieser großen kolonisatorischen Bewegung verdankt mit der Mehrzahl der Städte des östlichen Deutschlands auck Berlin sein Dasein.

Die Nachkommen Albrechts des Bären, des Markgrafen aus dem in Ballenstedt am Ostharz heimischen Fürsten- geschlecht der Askanier, gelangten um 1230 in den Besitz -er Spreelandschaften Barnim und Teltow und sicherte« dre Neuerwerbungen dem Deutschtum durch Anlage vor Städten. Die Doppelgründung Berlin-Cölln erfolgte cu> «ner günstigen Uebergangsstekle über die damals weithin sumpfige Spreeniederung, am späteren Mühlendamm, übet den seit alten Zeiten Handelswege aus dem Süden unk Westen nach den Ostseeländern geführt haben. Die Gunst der Lage und die Förderung der Landesherren ließen di< Zwlllingsstädte, die in Politik und Wirtschaft von Anfanc «ss als Einheit erscheinen, bald zur Blüte gelangen. Land wirtschaftlicher Besitz gab den aus dem Reich zuströmender Kolonisten die Grundlage für den Lebensunterhalt. Land Wasserstraßen wiesen sie auf den Handel hin. Da- werte östliche Kolonisatiousgebiet bot reichste Absatzqeleaen hert und lieferte zugleich die Rohstoffe. So entstand ar de« Usern der Spree bald ein blühendes Anwesen bewobn von einem starken, selbstbewußten Geschlecht.

um das Jahr 1800 herum wurde Berlin ständige Restd-m der Markgrafen von Brandenburg und konnte dadurch der Vorrang vor allen anderen märkischen Städten behaupten Berlin wurde von nun ab unauflösbar mit den Geschicke: des Landes verbunden, dem die Vorsehung die führend» Zockl e bei der spateren Gestaltung der preußischen und deut tche« Geschichte Mgewiesen hat.

Wenige Neste künden im Stadtbild von jenen Zeiten selbstbewußten Bürgertums. Wenig ist auch aus den Tagen Kurfürst Joachims II. erhalten, dessen preußisches Vorbild Berlin im 16. Jahrhundert in eine Renaisfancestadt ver­wandelte. Der ererbte Wohlstand ging verloren, als Ber­lin bei der Abwanderung des Welthandels vom Landweg aus den Seeweg die früheren Vorteile seiner geographischen Lage einbüßte. Das Unheil des Dreißigjährigen Krieges zerstörte auch in Berlin die Arbeit von Jahrhunderten. Eine verarmte, halb entvölkerte Residenz fand der Begrün­der des brandenburgisch-preußischen Staates, Friedrich Wilhelm I., der Große Kurfürst, vor. In seinem zermürbten Staat entband er neue sittliche Kräfte, und zum Erstaunen der Welt schob er seinen kleinen Kurstaat in den Vorder­grund Deutschlands. Sowohl für das Land als auch für seine Hauptstadt hat der Große Kurfürst eine neue Epoche begonnen. Berlin streifte in wenigen Jahrzehnten sein mittelalterliches Gewand ab und verwandelte sich in eine stolze Hauptstadt, für deren Gedeihen besonders die wirt­schaftspolitischen Maßnahmen. des Kurfürsten die Grund­lage bildeten. Die Bedeutung Berlins als Hauptstadt des absolutistischen Staates Brandenburg-Preußen wurde fort­an von zwei Tendenzen beherrscht: Für eine selbständige Betätigung der Stadt gab es nun keinen Raum mehr, die städtischen Freiheiten verschwanden; sowohl für die innere als auch stir die äußere Gestaltung wurde der Wille des Landesherren oberstes Gesetz. Der Große Kurfürst verwan­delte Berlin-Cölln in eine Festung und nahm alle nur möglichen Stadterweiterungen vor. Als dann später König Friedrich der Große die Regierung übernahm, entstanden jene wundervollen Bauten, die noch heute Zeugen seines städtebaulichen Willens sind.

Rach dem Zusammenbruch des friderizianischen Staates c«, Anfang des 19. Jahrhunderts hat das preußische Königs- tum mehr und mehr darauf verzichtet, das Stadtbild nach seinem Willen zu gestalten. In diefe llebergangszeit fällt »as Wirken des großen klassizistischen Baumeisters Schinkel, kr hat der Stadt Juwele despreußischen Stils" eingefügt, vie das Schauspielhaus, das Alte Museum, die Neue Wache, »as jetzige Ehrenmal. Seine Schüler und Nachfolger haben

Fortsetzung nebenstehend

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