Nationales Nachrichten- und Anzeigenblatt für die OberamtsbezirLe Nagold, Calw. Freudenstadt und Neuenbürg

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Nummer 157

Altensteig, Samstag, den 10. Juli 1937

8 ü. JahrganD

Besprechungen aus dem SbersMerg

Erklärung Dr. Dietrichs gegen ausländische Zweckmeldunge»

Obersalzberg, 9. Juli. Zu den Meldungen einiger ausländi­scher Zeitungen, wonach zur Zeit auf dem Obersalzberg ein Ministerrat unter Vorsitz des Führers stattfinde, gab Reichs­pressechef Dr. Dietrich auf Befragen eines Vertreters des Deutschen Nichrichtenbüros folgende Auskunft:

Immer aufs neue tauchen in der internationalen Presse Tendenznrchrichten über Kabinettssitzungen und Ministerrate auf, die angeblich beim Führer auf dem Obersalzberg bei Berch­tesgaden abgehalten werden und von denen wichtige politische Entscheidungen zu erwarten seien. Diese Meldungen dienen offenbar dem Zweck, den Eindruck einer latenten politischen Spannung hervorzurufen, und das internationale Leben in stän­diger Unruhe zu halten.

Hierzu ist ein für allemal festzustellen, daß der Führer, wenn er sich in seinem Hause auf dem Obersalzberg aufhält, sich selbstverständlich nicht dem Nichtstun hingibt, sondern dort die Führung der laufenden politischen Geschäfte genau so in der Hand behält wie in Berlin. Er würde sich auch gern in der Ferienzeit ab und zu für einige Wochen von der Tagesarbeit zurückziehen und ausruhen, wenn nicht die unaufhörliche Betriebsamkeit der internationalen Di­plomatie seine Zeit laufend und in starkem Maße in Anspruch nehmen würde. Infolgedessen ist es eine Selbstverständlichkeit und für den Führer unerläßlich, von Zeit zu Zeit Besprechun­gen mit seinen leitenden Mitarbeitern auf dem Obersalzberg abzuhalten. Darin ständig außenpolitische Sensationen wittern zu wollen, ist ebenso abwegig wie geeignet, die internationale Atmosphäre zu beunruhigen."

Ehainberlain über den Besuch bes Michsaoßeimtilisters

London, 9. Juli. Der e'nglische Ministerpräsident Neville Lhamberlain hat auf einer Kundgebung der drei Regierungs­parteien in der Londoner Albert-Hall auch den vorgesehenen, aber wegen der Verhältnisse in den spanischen Gewässern aus­gebliebenen Besuch des Reichsautzenministers Freiherrn von Neurath in London erwähnt. Er hat dabei der Hoffnung Aus­druck gegeben, daß sich bei anderer Gelegenheit die Besprechungen bieten werden, die zu einem besseren Verständnis des Gesichts­punktes des anderen auf jeder Seite führen werden.

Man wird dieser Auffassung grundsätzlich zustimmen können, wobei man deutscherseits, wie in politischen Kreisen verlautet, hinzufügen möchte, daß eine Aussprache des deutschen Reichs­außenministers in London im jetzigen Augenblick nur dann Zweck haben würde, wenn sie politisch nutzbringend wäre. Nach der derzeitigen internationalen Situation ist das aber noch nicht der Fall.

Slidwestasrika mH an Deutschland Mülkgegeben werden"

NSK. Das in Natal erscheinende BlattNatal Advertiser" veröffentlicht eine längere Zuschrift aus der Feder des Süd­afrikaners Stuart Helps, Durban, der sich zunächst gegen die prorussische Propaganda wendet, die der Rundfunk in Südafrika betreibe. Der Öffentlichkeit mache man vor, daß der Kommu­nismus in Rußland eine ideale Regierungsform sei. Rußland wende viel Geld in Südafrika auf, um seine Lehren zu verbrei­ten. Mr. Helps empfiehlt der Regierung, energisch vorzugehen, um den verderblichen Lehren des Kommunismus unter den Ein- Seborenen in den verschiedenen Ländereien und den Industrie­zentren der Südafrikanischen Union Einhalt zu gebieten. Er schreibt dann wörtlich:Die unheilvollen Gerüchte, die beständig durch gewisse kommunistische Agenten gegen Deutschland ver­breitet werden, schaden den besten Interessen unseres Landes sehr. Ganz besonders zu einer Zeit, da Aussicht auf eine bessere Verständigung zwischen England und Deutschland vorhanden ist."

Der Schreiber des Aufsatzes wendet sich nun der Kolonial- stage zu und erklärt, daß er unbedingt für die Rückgabe Süd­westafrikas an Deutschland eintrete. Er bemerkt dazu:Als dieses Gebiet eine deutsche Kolonie war, konnte man eine ge­sunde und fortschrittliche Entwicklung beobachten. Die Bevölke­rung bestand aus gesunden und kräftigen Einwanderern."

»Die Verwaltung Südafrikas durch die Union", so meint Mr Helps,wird immer eine schwere Last für die Steuerzahler sein.' Erstellt dann weiter einen starken Rückgang im Handel fest, »«udwestafrika", so wird weiter ausgeführt,mutz schließlich an Deutschland znrückgegeben werden. Je eher dies getan wird, um so . besser wird es für die Wohlfahrt der Südafrikanischen «nun und für die zukünftige Entwicklung Südafrikas in seiner

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Ew Ausweg getimten?

Sitzung -es Nichteinmischungs-Ausschusses

London, 9. Juli. Die Vollsitzung des Nichteinmischungs-Aus­schusses begann, wie vorgesehen, pünktlich um 11 Uhr im eng­lischen Außenamt. In der Sitzung waren die Vertreter der 27 Staaten des Nichteinmischungs-Ausschusses anwesend.

Vor der Sitzung suchten der sowjetrussische Botschafter in London, Maisky, und der italienische Botschafter in London, Erandi, den Außenminister Eden und Lord Plymouth auf, um diesen noch vor der Sitzung Mitteilungen ihrer Regierungen zu übermitteln.

In oer Sitzung beharrten der französische und der englische Vertreter auf ihren Vorschlägen. Sie erklärten sich aber bereit, auch andere Vorschläge in Er­wägung zu ziehen, wenn solche vorgebracht würden und sie sie als besser und wirksamer anerkennen könnten. Der französische Vertreter sagte, daß Frankreich in kürzester Frist die Landkontrolle aufgeben würde, wenn nicht die Kon­trolle an der spanisch-portugiesischen Grenze binnen kurzem wiederhergestellt würde. Ferner behauptete er, daß die Nicht­einmischung in Frage gestellt sei, wenn nicht eine wirksame See- kcntrolle wieder in Kraft gesetzt werde.

Nach der Erklärung des französischen Vertreters sprach in der Pormittagssitzung des Nichteinmischungs-Ausschusses der italienische Botschafter Erandi eingehend zur Lage, während der sowjetrussische Botschafter Maisky die Gelegenheit be­nutzte, um scharfe Angriffe gegen Deutschland und Italien zu richten, die von Botschafter von Ribbentrop wirk­sam zurückgewiesen wurden.

Die Vollsitzung wurde gegen 2 Ilhr nach einer Dauer von zweidreiviertel Stunden für die Mittagspause unterbrochen.

Ein holländischer Antrag angenommen

Die Sitzung des Nichteinmischungs-Ausschusses am Freitag endete, nachdem weder der englisch-sranzöfische noch der deutsch­italienische Vorschlag die erforderliche allgemeine Zustimmung gefunden hatte, mit der Annahme eines Antrages des holländischen Gesandten, der der englischen Regierung das Mandat überträgt, einen Ausweg aus der Lage zu finden. Lord Plymouth erklärte sich im Namen der englischen Regierung bereit, den Auftrag anzunehmen und die entsprechenden Schritte zu treffen.

BalMia will französische Hilfe

Paris bereitet die Aushebung der Grenzsperre vor

Paris, 9. Juli. Paris erklärt, von dem Fchlschlag der heu­tigen Nichteinmischungssitzungenttäuscht, aber nicht überrascht" zu sein und antwortet gleichzeitig mit der Drohung, seine Pyrenäengrenze zu öffnen, wenn die Seekontrolle nicht schon in den nächsten Wochen wieder ausgenommen werde. Damit wird die Erklärung Corbins, die er heute vor dem Nichteinmifchungs- ausschuß abgab, noch einmal unterstrichen. Die Regierung be­

faßt sich bereits mit der praktischen Durchführung der Erenz- erössnung und läßt sich Sachverständigengutachten über die juri­stische Seite der Frage vorlegen. Die Sachverständigen sind der Ansicht, daß ein einfaches Regierungsdekret genüge, um die Grenzsperre anfzuheben. Etwas schwieriger sei die Rückgängig­machung des seinerzeit von Leon Blum angeordneten Wassen- verkaufsverbots, wozu ein weiteres Dekret notwendig sei.

Aus hiesigen, den Valencia-Bolschewisten nahestehenden Krei­sen verlautet, daß der Hauptzweck des Besuches des Valencia- Ministerpiäsidenten" Negrin und seinesAußenministers" Girat tatsächlich die baldige Aufhebung der Grenzsperre durch Frank­reich und nicht, wie ursprünglich erklärt wurde, die Fürsorge für die baskischen und asturischen Flüchtlinge gewesen sei. Negrin habe bei dieser Gelegenheit ein Gutachten des MadriderGene­ralstabs" mitgebracht, worin die militärische Lage Valencias in allen Einzelheiten dargelegt sei. Das Gutachten besage, daß dis bolschewistischen Streitkräfte sich den Sommer über halten könn­ten, auch wenn Santander fallen sollte und die gesamte Nord- sront von Franco-Truppen aufgerollt wurde. Zm Herbst trete jedoch eine kritische Situation ein, da Franco dann aller Wahr­scheinlichkeit nach seine gesamte Streitmacht gegen Madrid und Katalonien aufmarschieren lassen werde.

Um dieser Offensive zu widerstehen und um selbst zu einer wirksamen Gegenaktion schreiten zu können, benötigen die bolsche­wistischen Horden unbedingt französische Waffenlieferungen. Sie -verfügen nicht über die nötige Anzahl von Flugzeugen und Kanonen, um ihrerseits eine wirksame Offensive führen zu kön­nen. Gleichzeitig habe Negrin den französischen Regierungsstel­len versichert, daß Valencia über ausreichende Geldmittel ver­füge (lj, um diese Waffenlieferungen zu bezahlen. Auch an Mannschaften sei kein Mangel. Dringend notwendig sei es, daß Frankreich sich entschlösse, die katalanische Grenze zu öffnen.

*

Zurückziehung »er Freiwilligen undurchführbar

London, 9. Juli. General Franco hat dem Sonderkorre­spondenten derTimes" in Salamanca erklärt, daß er die Zu­rückziehung der Freiwilligen für nicht durchführbar halte. Als Grund gab Franco an, daß in Valencia keine Re­gierung bestehe und daß es den dortigen Stellen an der not­wendigen Autorität fehle, um ihre Anordnungen durchzusetzen. Der General erklärte weiter, daß er nichts mehr von Konferenzen mit den Bolschewisten hören wolle mit oder ohne Intervention der Mächte, weil die Nationalen nur ein Ziel kennten, den vollständigen Sieg.

Der Korrespondent meint dazu, daß diese kategorische Er­klärung kürzliche Gerüchte widerlegen soll, die anscheinend aus portugiesischer Quelle stammten und die eine Wandlung der Haltung Francos zur Frage der Zurückziehung der Freiwilligen angedeutet hätten.

Ser AußemwMer »es Papstes in Pakts

Frankreich -er Liebling -es heiligen Stuhls

Paris, 9. Juli. Kardinalstaatssekretär Pacelli traf am Freitag vormittag mit über einstündiger Verspätung in Paris ein. Ein Lokomotivschaden hatte die Ankunft des Zuges ver­zögert. Am Lyoner Bahnhof in Paris wurde Kardinal Pacelli vom französischen Außenminister, vom französischen Bot­schafter beim Vatikan, Charles-Roux, und von zahlreichen Per­sönlichkeiten empfangen. Der Präsident der Republik war durch den Militärattache seines Kabinetts, Oberst Marceau, vertreten. Ferner waren der Erzbischof von Paris, Kardinal Verdier, und der apostolische Nuntius, Msgr. Valeri, zugegen. Dem Staars- sekretär werden während seines Aufenthaltes Ehren erwiesen, die sonst nur Staatsoberhäuptern Vorbehalten sind. Der Bahn­steig war mit den Fahnen des Kirchenstaates Frankreich ge­schmückt. Eine Abteilung der republikanischen Garde erwies die militärischen Ehrenbezeugungen. Nach einer kurzen Begrüßung schritt der päpstliche Legat, der den Kardinalshut und den roten Kardinalsmantel trug, die Front der Garde ab, während die Musik die päpstliche Hymne und die Marseillaise spielte. Dan» bestieg Pacelli mit Kardinal Verdier einen Kraftwagen und fuhr zu seiner Wohnung.

*

DerVölkische Beobachter" schreibt dazu u. a.:

Der politische Katholizismus in Frankreich und der Vatikan veranstalteten in diesen Tagen eine von langer Hand vorberei­tete große politische Demonstration, die der Welt Volksfront- Frankreich als Hort und Schützer der römischen Kirchenmacht

vor Augen führen soll im Gegensatz zu demchristen- und kirchenfeindlichen Hitler-Deutschland". Den willkommenen Anlaß zu der groß angelegten katholischen Demonstration bietet der Eucharistische Kongreß, der in diesen Tagen im nahen Lisieux stattfindet, und die Einweihung einer neuen Kirche dortfelbst, zu der der Papst den Leiter seiner Außenpolitik, den Kardinal Pacelli, abgeordnet hat. Willig leiht die französische Regierung dem demonstrativen Unternehmen ihre Unterstützung und steuert dazu ungewöhnliche Ehrungen des päpstlichen Außenpolitikers bei.Man glaubt zu träumen", schreibt das Katholikenblatt ,Za Croix",wenn man nun in den Blättern liest, daß die Regierung der dritten Republik sich anschickt, dem Kardinal Pa­celli, dem Abgesandten des Papstes, in Lisieux Ehren zu bereiten, wie sie sonst nur regierenden Herrschern gewährt werden. Ein Regiment Infanterie mit Oberst, Musik und Fahnen, eine Es­kadron Kavallerie mit Oberst, Fanfaren und Standarten, und 16 Abteilungen Republikanische Garde", schreibt das Blatt, werden den päpstlichen Abgesandten begrüßen."

Das ist in der Tat ein ungewöhnlicher Empfang für den Stellvertreter des Stellvertreters Christi in Rom, und man be­greift die Genugtuung des katholischen Blattes darüber und seinen Ausruf:Man glaubt zu träumen!" Denn nicht immer war die dritte Republik so papstfreundlich gesinnt, und das französische Katholikenblatt weist in seinem Staunen darüber selbst darauf hin, daß die heutigen Lenker der dritten Republik die Söhne derjenigen sind, die vor wenig mehr als 30 Jahren