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Nummer 155
Altensteig, Donnerstag, de» 8. Juli 1937
6 V. Jahrga»,
Amerika r« intenwtioimler Mmbei» bereit
Eine sensationelle Rede -es amerikanischen UnterstaaMekretürs Weltes Der Versailler Vortrag schuf die Grundlage -er europäischen Schwierigkeiten!
Washington, 8. Juli. Uirterstaatssekretär Welles hielt am Mittwoch vor dem Institute of Public Affais in Charlottesville im Rahmen einer allsommerlichen Vortragsreihe der Universität des Staates Virginia einen Vortrag.
Er gab in seiner Rede eine sehr bedeutsame offene Darlegung der amerikanischen Stellungnahme zur europäischen politischen Lage, der umso größere Wichtigkeit beizumessen ist, als seine Ausführungen dem Präsidenten Roosevelt und Außenminister Hüll Vorgelegen haben dürften.
Die Ausführungen Welles' gingen aus von den Ergebnissen der britischen Weltreichskonferenz und namentlich von den Verhandlungen mit dem belgischen Ministerpräsidenten van Zoeland in Washington. Welles bezeichnet zunächst Spanien als das Schlachtfeld, auf dem zwei einander wider- streitende Weltanschauungen sich bekämpfen. Er stellte fest, es sei nirgendswo ein diplomatisches Geheimnis, daß die Vertreter dieser widerstreitenden Weltanschauungen während der ganzen Dauer des spanischen Konfliktes der einen oder !der anderen Seite in irgend einer Form Beistand geleistet hätten. Amerika habe sich von Anfang an aus diesem Konflikt herausgehalten und durch ein Gesetz verhindert, daß Freiwillige, Kriegsmaterial oder geldliche Unterstützungen an die kriegführenden Parteien in Spanien geliefert wurden. Leider werde, solange die Mächte, die mit der einen oder der anderen Seite sympathisierten, sich nicht streng jeder Einmischung enthielten, die Welt aus Gnade oder Ungnade dem Zufall ausgeliefert sein, der durch irgend einen Zwischenfall einen internationalen Krieg herbeiführen könne.
Aber, so betonte Welles dann, der spanische Krieg ist nur ein äußeres Anzeichen der Krankheit, an der die Welt leidet, ist nicht die Krankheit selbst. Schuld ist der V e r s ail l e r Vertrag, der die Besiegten zu minderwertigen Nationen stempelte und ihnen jede Hoffnung auf eine bessere Zukunft raubte.
Die Ungerechtigkeit und die falsche Begründung der Bestimmungen des Friedensvertrages waren der Hauptgrund für das Chaos, das dem Weltkrieg folgte und folgen mußte. Der Völkerbund wurde zu dem Zweck geschaffen, Unebenheiten auszugleichen und künftige Kriege zu vermeiden, aber: erstens durften die besiegten Nationen in den ersten Jahren nicht als gleichberechtigte Partner im Völkerbund auftreten; zweitens waren die Vereinigten Staaten und Sowjetrußland nicht vertreten; der hauptsächliche Grund für das Fehlschlagen war aber die Einfügung des tragischen Versailler Ver- tragesindenVölkerbundspakt, wodurchsich der Völkerbund gerade in seiner ersten formgebenden Periode zu einem Mittel machte die Ungerechtigkeiten unddie unerträglichen moralischen und materiellen
Lasten, diedieSiegerdenBesiegteuanfer- legt hatten, für unbestimmte Zeit fortzu» setzen.
Sodann stellte sich Welles voll und ganz auf die Seite Deutschlands hinsichtlich -er Zerreißung desVersaillerDiktates, indem er feierlich erklärte: „Wir sollten in den Jahren seit dem Versailler Vertrag gelernt haben, daß ein dauernder Friede nicht auf Rachegefüh- len aufgebaut werden kann, -aß Millionen von Menschen nicht gezwungen werde» können, einer hoffnungslosen Zukunft ins Auge zu sehen, daß man von ihnen nicht erwarten kann, ihr ganzes Leben der Aufgabe zu widmen, Reparationen zu leisten für die angeblichen oder tatsächlichen Sünden oder Fehler -er Führer einer früheren Generation in ihrem Vaterland. Männer und Frauen, die in solche Lage gedrängt werden, haben stets und werden stets die erste Gelegenheit ergreifen, um sich von solch unerträglicher Knechtschaft zu befreien. Ich glaube, daß die Leiden, an denen die Welt heute krankt, in erster Linie die fundamentale Ursache haben, daßdiellngerechtigkeitennndfaksche» Gebietsverteilungen nach dem Weltkrieg nie berichtigt oder behöbe» worden find. Und diese Ursachen sind ganz offensichtlich sowohl politischer wie wirtschaftlicher und finanzieller Natur."
Was könne nun die amerikanische Regierung tun, um cm ihrem Teil zum Wiederaufbau einer gesünderen und glücklicheren Welt beizutragen, fragte dann Welles. Amerika unterbreite ein weitzügiges Programm, an dem mitzuarbeiten es voll bereit sei:
1. Vertragstreue bezüglich der freiwillig eingegangenen internationale» Verpflichtungen;
2. Abschaffung oder Milderung der zahllosen künstlichen Schranken im Welthandelsverkehr;
3. Begrenzung und spätere Herabminderung der Rüstungen;
4. häufige Besprechungen zwischen Vertretern der Regierungen sowie freier Meinungsaustausch.
Amerika könne sich den Folgen eines fremden Krieges nicht entziehen und wolle daher weitgehend an der Verhinderung eines solchen mithelfen. Es sei froh darüber, daß die in Buenos Aires geschlossenen Friedensverträge vom Bundessenat ratifiziert worden seien und daß das britische Weltreich jetzt dem Abschluß eines Handelsvertrages mit den Vereinigten Staaten freundlich gegenüberstehe.
Wenn nun die europäischen Nationen ihrerseits die politischen Ungerechtigkeiten des Versailler Vertrages berichtigten, so werde die amerikanische öffentliche Meinung sicherlich in ihrer überwältigenden Mehrheit die Mitarbeit Amerikas mit den übrigen Nationen an der Befriedung der Welt billigen.
Lento» form von einem „neuen Plan"
Die Krise um -ie Nichteinmischung
Franko fordert Anerkennung
als kriegführende Macht
Salamanca, 7. Juli. Der oberste Befehlshaber und Staatschef der spanischen Nationalregierung, General Franco, hat an die ausländischen Mächte eineNote gerichtet, in der er darauf hinweist, daß sich Spanien durch seinen Kampf zur Verteidigung der Zivilisation und zur Vernichtung des Kommunismus sowie durch die vielen Toten, die für diese Ideale gefallen sind, das Recht erkauft hat, den Respekt aller zu fordern und klar zu allen pl sprechen, ganz besonders zu denen, die, wie Frankreich und England, durch Taten oder durch Unterlassungen zugunsten der Valencia-Bolschewisten interveniert hätten. Das nationale Spanien fordere, daß man ihm nicht länger die Anerkennung als kriegführende Partei verweigere. Ferner bringt die Note die von Valencia ausgestreute Behauptung, gewisse Mächte verfolgten bestimmte Interessen in Spanien, zur Sprache und bezeichnet dies als Propagandalüge und als „unvereinbar mit dem Geist der nationalspanischen Regierung".
Die Note schließt mit den Worten: „Wenn die ansländischen Mächte unsere Kriegsrechte nicht anerkennen, so dürfen sie sich auch »icht wunder», wenn wir morgen in unserer Außenpolitik »nd «nseren wirtschaftlichen Auslandsbeziehunge« die Haltung jener Länder, die uns ihre Feindschaft beweisen, mit in Rechnung ziehen werden."
EowjktmWnb
macht demokratische Propaganda
Moskau, 7. Juli. Der Leitartikel der „Prawda" beschäftigt sich mit der beginnenden Tagung des Zentralvollzugsausschusses und den bevorstehenden Segnungen der „Sowjetdemokratie" Dabei betont das Blatt mit besonderem Nachdruck, daß die Propaganda „demokratischen Freiheitsrechts" den „schonungslosen Kampf" gegen die Staatsfeinde, Trotzkisten, Terroristen, Verräter und Spione nicht aufhalten dürfe. Im Gegenteil, indem sie die „stinkenden Nester" der Staatsfeinde ausgehoben, die Trotzkisten mit eisernem Kamm aus ihren Verstecken ausgekämmt und die erbärmlichen Mißgeburten der Staatsfeinde zu Staub und Asche verwandelt habe, habe sich die Sowjetunion erst das Recht zu einem demokratischen Wahlsystem und zu einer proletarischen Demokratie erworben.
Srr neue nmndschorWe Greazkonfllkt
Tokio/7. Juli. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes bestätigte die Zusammenstöße zwischen japanisch-mandschurischen Erenztruppen und Truppen der Roten Armee. Sie fanden in der Nähe des Hankasees am Grenzstein 42 statt. Die Sowjettruppe« haben die Grenze dreimal überschritten. Nach heftigem Kamps wurden sie dann auf sowjetrussisches Gebiet zurückgetrie- ve«. Der Sprecher des Auswärtige« Amtes bezeichnete die Lage als sehr ernst, zumal der kürzlich erfolgte Amur-Zwischenfall nur nach erheblichen Schwierigkeiten habe beigelegt werden können. Aeber die von Moskau behauptete Besetzung der Bolshoi-Jnsel durch japanische Truppen nach der Räumung durch die Truppen der Roten Armee lägen, erklärte der Sprecher, noch keine näheren Informationen vor. Diese Angelegenheit sei aber auch ohne Bedeutung und bedürfe keiner weiteren Erörterung, da die Bolshoi-Jnsel zum mandschurischen Gebiet gehöre und daher jederzeit zur Stationierung japanischer Truppen verwendet werden könne.
Beilegung -es Wawel KonMes?
Warschau, 7. Juli. Der Konflikt zwischen der polnischen Regierung und dem Krakauer Erzbischof scheint unmittelbar vor der Schlichtung zu stehen. Am Dienstag fand eine erneute Besprechung des Warschauer päpstlichen Nuntius Lortesi mit dem polnischen Außenminister statt, und am Mittwoch traf, wie „Ezas" meldet, in Jurata, dem gegenwärtigen Erholungsaufenthalt des Staatspräsidenten, der Krakauer Bischof Rospond mit einem Vrref des Warschauer Erzbischofs Sapieha an den Staatspräsidenten ein. Das Blatt glaubt, daß der Konflikt auf Grund der Audienz, die der Staatspräsident dem Bischof Rospond gewähren wird, beigelegt werden wird. Gleichzeitig sind in der Zivilkanzlei des Staatspräsidenten die Gesuche der Abgeordneten und Senatoren auf Einberufung des Parlaments eingelaufen. Auf Grund dieser Gesuche kann die Einberufung des Sejms und Senats zur Entscheidung über die Frage der Nationalisierung »es Wawel im Laufe von A> Tagen ersolgen.
Abschluß der deutsch-sranzWcheu WirtschafisoerhaMungeu
Paris, 7. Juli. Wie der „Jour" erfährt, sind die in Paris geführten deutsch-französischen Wirtschaftsverhandluuge» zu einem Abschluß gekommen. Das Abkommen werde Ende der Woche in Paris unterzeichnet werden.
London, 7. Juli. Alle Londoner Morgenzeitungen befassen sich am Mittwoch mit der für Freitag festgesetzten Vollsitzung des Nichteinmischungs-Ausschusses und mit den Aussichten der Nichteinmischungs-Politik im allgemeinen.
Der diplomatische Korrespondent der „Times" meint, man Snne noch nicht sagen, ob Kompromißvorschläge gefunden worden seien, aber man könne wohl feststellen, daß die Ansichten der Regierungen „nicht ganz so stark bleiben" würden. Der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph" führt zu der kommenden Sitzung aus, daß jetzt der Möglichkeit der Zurück- siehung der Freiwilligen aus Spanien besondere Beachtung geschenkt werde. Die Entwicklung der letzten Tage habe, so heißt es weiter, zu der Ueberzeugung geführt, daß Deutschland ßch darum bemühe, die Nichteinmischungs-Politik aufrechterhal- «l zu sehen. Es sei möglich, daß in der Freitag-Sitzung ein Ilnsschutz von Fachmännern ernannt werde, um eine Anzahl x« Vorschlägen zu prüfen, die von den verschiedensten Seiten »»-gebracht worden seien. Einer von diesen sei der, daß Be- in a llen spanischen Häfen stationiert werden sollten.
Auch der diplomatische Korrespondent der „Morningpost" heb: hervor, daß noch keine endgültige Lösung gefunden sei. Bis zum Freitag könne aber möglicherweise ein „neuer Plan" entwickelt worden sein. Zu den beiden Streii- fragen „Aufrechterhaltung oder Abschaffung der Seekontrolle" und „Zuerkennung oder Nichtzuerkennung von Kriegsrechten" sei jetzt die Frage der Zurückziehung der Freiwilligen getreten.
Aus verschiedenen Anzeichen könne man folgern, daß Franco sich einer Zurückziehung der ausländischen Freiwilligen nicht mehr widersetze.
Der diplomatische Korrespondent des „Daily Herald" meint, daß in der Freitag-Sitzung der Vertreter der englischen Regierung einen bisher noch geheimen Plan Vorbringen könnte. In der „Daily Mail" heißt es, England könne sich mit der Zuerkennung von Kriegsrechte« abstnden, wenn die anderen Regierungen sich zur Zurückziehung der Freiwilligen bereit erklärten.
PMrr BrrdächtiglUM»
gegen die Spanien-Politik Deutschlands und Italiens
Paris, 7. Juli. Die außenpolitischen Betrachtungen der französischen Presse am Mittwoch stehen weiterhin im Zeichen der neuesten Entwicklung der Nichteinmischungs-Frage.
Der „Petit Parisien" berichtet, der französische Botschafter in London, Corbin, habe Weisungen erhalten, am Freitag im Nichteinmischungs-Ausschuß die Aufrechterhaltung der internationalen Kontrolle an der Pyrenäengrenze davon abhängig zu machen, daß auch die Flottenkontrolle in ihrer gegenwärtigen Form bcibehaltcn oder durch ein entsprechendes System ersetzt werde, und die Kontrolle an der spanisch - p o r t u g i e s i s ch e n E r e » z e zu Lande in rechtmäßiger Weise wiederhergestcllt würde. Andernfalls würde Frankreich