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Nummer 26V
Alten steig, Freitag, den 8. November 1936
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ZeitenmM brr Wirtschaft
Gedanken zum Vierjahresplan Von Dr. Otto Dietrich, Reichspressechef der NSDAP.
NSK. Der Nationalsozialismus hat in den drei Jahren inner Herrschaft gewaltige Aufgaben gelöst. Aufgaben auf politischem, sozialem, militärischem und kulturellem Gebiet, die zu lösen sonst Generationen nicht beschieden ist. Worin lieg: das Geheimnis dieser einzigartigen Leistungen Und Erfolge? Durch eine große, schöpferische Idee hat der Führer das deutsche Volk aus tiefster Zerrissenheit zu einer jestgefügten weltanschaulichen Einheit und zu einer unerhörten Geschlossenheit seines politischen Denkens geführt. Einigkeit aber macht stark wie der Glaube, der Berge versetzt!
Die Politik ist das Schicksal, die Wirtschaft aber ist das Brot der Völker! Und deshalb hat uns der Führer mit dem Bierjahresplan jetzt auch auf dem Gebiete der Wirtschaft das entscheidende Ziel gesetzt: die wirtschaftliche Freiheit der deutschen Nation!
Aber wie wir die Kraft zur politischen Freiheit aus der Einheit unserer nationalsozialistischen Weltanschauung gewonnen haben, so können wir auch unsere wirtschaftliche Unabhängigkeit nur durch die Einheit und Geschlossenheit eines volkswirtschaftlichen Denkens erringen. Die nationalsozialistische Weltanschauung besitzt diese geschlossene wirtschaftliche Jdeengrundlage. Wir brauchen sie nur den wirtschaftswissenschaftlichen Ladenhütern des politisch längst verblichenen Liberalismus entgegenzustellen und zum Gemeingut aller Volksgenossen werden zu lassen. Dann wird der mutige, tatkräftige und kühne Vorstoß in wirtschaftliches Neuland, den der Führer mit dem Vierjahresplan unternommen hat, als das erkannt und gewertet werden, was er in der Geschichte einmal sein wird: der erste Schritt über die Schwelle eines neuen Zeitalters, das auch wirtschaftlich mit dem Nationalsozialismus angebrochen ist: eine Wende des Schicksals nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft.
Was wir heute in Deutschland an wirtschaftlichem Geschehen erleben, vielfach noch, ohne es begreifen zu können, all das Neue und Kühne, das dem Denken Ungewohnte, das nicht Voraussehbare und doch Tatsachengewaltige — was ist es anderes als der erste Schritt auf eine neue Entwicklungsstufe menschlicher Wirtschaft, den das nationalsozialistische Deutschland allen voran zu vollziehen im Begriffe ist? Das kapitalistische Wirtschaftssystem wird abgelöst durch das nationalsozialistische, das von einer ganz anderen Eeisteshaltung getragen ist und das anderen inneren Gesetzen gehorcht, als sie die kapitalistische Wirtschaft beherrschen.
Der Nationalsozialismus hat den fundamentalen Grundsatz zum Durchbruch gebracht, daß die Wirtschaft kein Kapitalproblem, sondern ein Organisationsproblem
ist.
Die Wirtschaft ist kein toter, sich ewig gleichbleibender Mechanismus, der nach seinen eigenen Gesetzen abläuft, sondern die menschliche Wirtschaft hat ihre lebendige Geschichte, deren Träger und Gestalter der schöpferische Geist ist. Ein Volk ist nicht der Knecht seiner Wirtschaft, sondern ihr Herr! Immer waren es geniale Ideen, Technik, Organisationskunst und vorausschauende Tatkraft, die die Plattform geschlagen haben zu neuer Entwicklungsstufe der menschlichen Wirtschaft, auf oer sie dann festen Fuß fassen und sich zu neuer Blüte entfalten konnte.
Und es ist ein weiterer Fundamentalsatz nationalsozialistischen Wirtschaftsdenkens, daß das Kapital nicht sich selbst Zu dienen hat, sondern dem Leben der Nation, dem zu dienen seine Bestimmung ist. Wenn es das Kennzeichen des kapitalistischen Wirtschaftssystems war, daß es die wirt- chaftlichen Entwicklungen sich selbst überließ, dem Spürsinn des Kapitals, dem freien, aber willkürlichen Spiel der Kräfte, dann lehrt uns der Nationalsozialismus neue Entwicklungen, die für die Nation lebenswichtig sind, planmäßig Zu leiten, sie von Staats wegen tatkräftig zu unterstützen, sie mich Organisation und Auslese der Kraft zu unerhörter vielfacher Wirksamkeit zu bringen.
Dem kapitalistischen Wirtschaftsprinzip „Kapital muß Kapital erzeugen" setzt das nationalsozialistische Wirtschaftssystem die Wahrheit entgegen: „Arbeit schafft Arbeit!" Auch das Kapital ist ein Produkt der Arbeit. Es wurde durch Arbeit geschaffen, und daher hat es auch wieder der Arbeit zu dienen.
Der Nationalsozialismus weiß, daß das Kapital, das ^ute in produktiven, weil für die Entwicklung der Nation notwendigen Bauten und Fabriken investiert wird, in der Zukunft tausendfältige Frucht tragen wird. Denn der fi- s^ee Faktor in der Wirtschafts- und Rentabilitätsrechnung Nationalsozialismus ist das Vertrauen in die produk- uven Kräfte der wiedererstandenen Nation. Der Zuwachs "wser Kräfte ist unerhört groß, und diese Kräfte werden ,5" ernem starken Willen geführt. Wer darauf baut, steht M und sicher.
Die gewaltigen Straßen und Bauten, die Ackerflächen, die Anlagen und Fabriken zur Produktion eigener Rohstoffe, die heute zur Erringung unserer wirtschaftlichen Freiheit geschaffen werden, werden noch in Jahrhunderten Zeugen eines kühnen und erfolgreichen Wirtschaftsdenkens sein. Könnten sie reden, sie würden vor unseren Nachfahren Zeugnis ablegen, um unendlich wieviel mehr sie sich bezahlt gemacht haben, als kleine Geister ihnen einst zugestehen wollten. '
Mit einem Wort: Das nationalsozialistische Wirtschafts- ^ prinzip der „volkswirtschaftlichen Produktivität" hat das k liberatiftische Dogma von der kapitalistischen Rentabilität abgelöst, um den Weg frei zu machen für eine neue Epoche wirtschaftlichen und sozialen Aufstiegs der Nation.
Wir selbst stehen vielleicht zu sehr mitten in diesem Strukturwandel der Wirtschaft, um die>e Entwicklung mit voller Klarheit schon heute sich abzeichnen zu sehen. Abei wir erkennen bereits die tieferen Zusammenhänge, die wirtschaftlichen Grundlinien und das volkswirtschaftliche Gefüge, das den Vierjahresplan trägt. Sie sind ureigenste Schöpfung nationalsozialistischen Geistes . und die zwingende Forderung wirtschaftlicher Vernunft.
! Wir alle, ob Arbeiter oder Unternehmer, die „Arbeits- ! beauftragten des deutschen Volkes" an diesem Werk des " Führers, wollen uns würdig zeigen der großen Aufgabe, die uns das Schicksal gestellt und zum Wohle der Nation zu lösen bestimmt hat.
Eden zur außeMlMArn 8W
Aas Mittelmeer ist für England nicht eine Wegkürzung sondern eine Hauptverkehrsader
London, 5. Nov. Vor voll besetzten Bänken gab Außenminister Eden am Donnerstagnachmittag die mit großer Spannung erwartete Erklärung zur außenpolitischen Lage ab.
Eden erklärte u. a., er werde in freimütiger Sprache die britischen Ansichten zur internationalen Lage und. zu der Politik dartun, die England einzuschlagen beabsichtige. In einigen Kreisen sei es Mode geworden, den Völkerbund zu verhöhnen, aber es sei die Hoffnung und die Absicht der Regierung zu beweisen, daß dieses Hohngelächter unberechtigt sei. Der Völkerbund sei heute nicht das Instrument, das alle gern in ihm sehen möchten, aber wan würde in einem Narrenparadies leben, wollte man behaupten, daß dies auf eine lauwarme Haltung der britischen Regierung zurückzuführen sei.
Hierauf wandte sich Eden der Reform des Völkerbundes zu. Die von ihm im Einvernehmen mit der Regierung der Völkerbundsversammlung unterbreiteten Reformvorschläge berührten nicht die grundsätzliche Struktur des Völkerbundes, sondern zielten nur auf Verbesserungen ab. Es sei Sache des jetzt vom Völkerbund eingesetzten Ausschusses, der im nächsten Monat zusammentreten werde, die neuen Gesichtspunkte der künftigen Dölkerbundspolitik zu beraten. Die britische Regierung glaube, daß ihre Vorschläge ein beträchtliches Maß der Zustimmung gefunden hätten und daß sie dazu beitragen würden, die Autorität des Völkerbundes wieder herzustellen.
Im weiteren Verlauf feiner Rede beschäftigte sich Eden mit den Aussichten der Fünfmächtekonferenz. Er erinnerte an di-e im Juli in London zwischen Belgien, Frankreich und England geführten Verhandlungen und erwähnte die Schritte, die zu der gegenwärtigen Lage geführt hätten. Nunmehr seien die Ansichten aller fünf Mächte bekannt. Die britische Regierung habe sie geprüft und verglichen und sei erst gestern wieder mit den anderen vier Regierungen in dieser Angelegenheit in Verbindung getreten. Der Gedankenaustausch habe gewisse wichtige Verschiedenheiten der Ansichten zu Tage treten lassen. Keine dieser Ansichten habe an sich überrascht, und so beträchtlich auch diese Verschiedenheiten in den Ansichten seien, so seien sie nicht notwendiger Weise unüberwindlich. Innerhalb einer sehr kurzen Zeit werde man in der Lage sein, genau abzuschätzen, welcher Art die Erfolgsaussichten der Konferenz seien.
Der Außenminister wandte sich dann den Beziehungen Englands zu einzelnen fremden Staaten zu. Er begann mit Frankreich und erklärte, daß die englischen Beziehungen zur französischen Regierung sowohl eng als auch herzlich seien. Vielleicht sei es natürlich, daß in der aufgestörten Welt von heute die zwei großen Demokratien Westeuropas sich zusammenschlössen. Es sei bestimmt natürlich, daß sie unter solchen Verhältnissen viele gemeinsame politische Berührungspunkte fänden. Aber diese Freundschaft schließe niemand aus. Was er von Frankreich gesagt habe, gelte in gleicher Weise für Belgien. England habe eine Versicherung erhalten, daß Belgien an seinen bestehenden Verpflichtungen festhält.
Was Deutschland angehe, so sei in jenem Lande wiederholt der Wunsch nach einer engeren englisch-deutschen Freundschaft ausgedrückt worden. Dieser Wunsch werde in England aufrichtig erwidert. (Sehr starker Beifall).
Es gebe jedoch zwei Bedingungen, die England unvermeidlich an jede Freundschaft knüpfe, die England irgendeinem anderen Lande anbieten könne, gleichgültig, ob es Deutschland oder irgend jemand anders sei. Eine derartige Freundschaft könne' nicht ausschließlich sein und könne sichnichtgegenirgendjemandanders richten. (Beifall). Wenn er von Deutschland spreche, so müsse er sich zu einer dort neuerdings feststellbaren Nei
gung äußern, die darin bestehe, England die Schuld für Deutschlands wirtschaftliche Schwierigkeiten zu geben. Das sei eine Lehre, die England nicht einen Tag lang annehmen könne, noch stehe sie mit Len Tatsachen in Einklang. Es sei ihm unmöglich, dem Unterhaus in Einzelheiten auseinanderzusetzen, was England seit dem Ende des Krieges zu tun versucht habe, um mit Deutschland auf wirtschaftlichem und finanziellem Gebiet zusammenzuarbeiten. Es sei eine Tatsache, daß England allein seit dem Kriege an Deutschland aus die eine oder andere Art fast den gleichen Betrag ausgeliehen habe, den es in Gestalt von Reparationen von Deutschland erhalten habe. Viel wichtiger als der wirtschaftliche Gesichtspunkt der Frage sei aber die Hauptfrage, der man gegenüberstehe, nämlich die Möglichkeit, das Welthandelsvolumen zu vermehren, das gleichzeitig zu einer Vermehrung der deutschen Ausfuhr wie der Ausfuhren aller anderen Staaten führen würde. In diesem Zusammenhang wolle er auch eine Bemerkung zu dem kürzlichen Währungsabkommen der drei Mächte machen.
Andere Nationen einschließlich Deutschland seien ausdrücklich zur Mitarbeit eingeladen worden und England würde sich nur sehr freuen, wenn Deutschland sich im Stande sähe, seine Rolle in diesem Programm zu spielen. Es könne keine Rede davon sein, daß England sich an irgendeiner Einkreisung Deutschlands beteilige.
Anschließend wandte sich Eden Italien zu. Es fei notwendig, sich daran zu erinnern, daß die Verschlechterung der englisch-italienischen Beziehungen aus das Bemühen Englands zurückzufllhren sei, seine Verpflichtungen gemäß der Völkerbundssatzung zu erfüllen. Es sei niemals ein englisch-italienischer Streitfall gewesen. Solange das nicht in Italien als wahr erkannt werde, würden die beiderseitigen Beziehungen unter diesem Mißverständnis leiden.
Außenminister Eden fuhr in seiner Rede vor dem Unterhaus fort:
In seiner Rede in Mailand am 1. 11. habe Mussolini gewisse Bemerkungen über die Beziehungen zwischen den beiden Ländern gemacht. Diese Bemerkungen hätten sich in der Hauptsache auf die künftigen Beziehungen der beiden Länder im Mittelmeer bezogen. Eden zitierte hierauf die Stelle der Mussolini-Rede, in der es hieß, daß das Mittelmeer nur ein Weg für Großbritannien sei. Hierzu stellte Eden fest, daß die Annahme, daß das Mittelmeer für England mehr eine Annehmlichkeit als ein lebenswichtiges Interesse sei, nicht in vollem Umfange den britischen Interessen gerecht werde. Das Mittelmeer sei für England nicht eine Wegkürzung, sondern eine Hauptverkehrsader. Die britische Regierung wende sich nicht gegen die Worte Mussolinis, daß das Mittelmeer für Italien von lebenswichtiger Bedeutung sei, aber sie betone, daß die Freiheit der Verkehrswege in diesen Gewässern auch von lebenswichtigem Interesse in des Wortes wahrster Bedeutung für Las Britische Reich sei. Zweitens nehme die britische Regierung Kenntnis von der begrüßenswerten Versicherung Mussolinis, daß Italien nicht die Absicht habe, diesen Seeweg zu bedrohen. Das gleiche treffe auch für England zu. England habe nicht den Wunsch, irgendwelche italienischen Interessen im Mittelmeer zu bedrohen oder anzugreifen. Angesichts dieser Sachlage sollte es nach englischer Ansicht den beiden Ländern möglich sein, auch weiterhin diese lebenswichtigen Interessen im Mittelmeer nicht nur ohne einen Konflikt aufrecht zu erhalten, sondern sogar zum gegenseitigen Nutzen.
Ein weiteres Kapitel der Eden-Rede war dem Fernen Osten gewidmet, wo neuerlich deutliche Anzeichen einer spürbaren Entspannung festzustellen seien.
Hierauf umriß Minister Eden die Außenpolitik der britischen Regierung. Er erklärte, daß die dem Unterhaus soeben geschilderte internationale Lage ernst genug sei, aber