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Schwarzwälder Tageszeitung
Nr. 151
Leon Blum der gleichen Meinung, datz eine schwer gerüstete Welt die Erreichung erschwere, so mutzte nicht notwendigerweise sie Satzung abgeändert werden, sondern die Methode, um ik» Nachdruck zu verschaffen. Nutzer dem abessinischen Konflikt be- stünden aber noch andere Gründe zur Beunruhigung in dei Welt.
Nach Eden hielt der Sowjetkommissar Litwinow eine wie üblich mit versteckten Ausfällen gegen Deutschland gespickte Rede, in der er die Verstärkung des Völkerbundspaktes forderte. Es habe sich erwiesen, datz wirtschaftliche Sanktionen allein die italienische Armee nicht wieder aus Abessinien vertreiben könnten. Deshalb sei er, Litwinow, wie fast alle Völkerbundsmit- glieder zu der Ueberzeugung gekommen, datz die weitere Anwendung der wirtschaftlichen Sanktionen nutzlos geworden sei. Litwinow lief gegen die vorgeschlagene Abschaffung des Artikels 10 (Garantie der gebietsmäßigen Unversehrtheit) Sturm, ebenst, wie gegen die Abschaffung des Artikels 16. Dieser Artikel berge starke Möglichkeiten in sich, der im abessinischen Krieg aus vielfachen Gründen, z. B. auch wegen der „anderweitig in viel stär- stärkerem Matzstabe betriebenen Kriegsvorbereitungen" bei weitem nicht ausgeschöpft worden sei. Die Unvollkommenheit des Paktes beruhe auf seinen Lücken und Unklarheiten. Er enthalte keine klare Definition des Angriffes und sehe kein Organ für dessen Feststellung vor. Die Durchführung wirtschaftlicher Sanktionen müsse für alle Staaten obligatorisch werden, und müßten in wenigen vorstellbaren Ausnahmefällen Hand in Hand mit Militärischen Maßnahmen gehen. Bis man aber so weit sei, müsse Europa mit einem Netzwerk von Regionalpakten überzogen werden. Als stärkste Garantie für den Frieden betrachte die Sowjetunion nach wie vor die totale Abrüstung. Solange diese radikale Maßnahme nicht getroffen werde, bleibe nichts anderes übrig, als den Völkerbund, d. h. die kollektive Sicherheit und den Grundsatz der Unteilbarkeit des Friedens, zu verstärken.
Damit war die Mittwochaussprache beendet. Es sind noch 15 Redner vorgesehen. Am Freitagnachmittag soll der Koordinationsausschuß, d. h. die Sanktionskonferenz zusammentreten, die für die Aufhebung der Sanktionen zuständig ist und wahrscheinlich auch der Völkerbundsrat.
Zusammenkunft der Nestlocarnomächte Mitte Juli?
Paris, 1. Juli. Der Sonderberichterstatter des „Paris Soir" meldet aus Genf, daß für den 14., 15. und 16. Juli in Brüssel eine Zusammenkunft der Rest-Locarnomächte mit oder ohne Italien vorgesehen sei.
Italienische Völkerbunds-Journalisten freigelassen
Bern, 1. Juli. Nachdem die in Gens verhafteten italienischen Journalisten verhört worden sind, ist Mittwoch abend oon der schweizerischen Bundesanwaltschast im Einvernehmen mit dem eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement sowie dem politischen Departement die Freilassung dieser Journalisten verfügt worden. Die Zutrittskarten zum Völkerbund sind den betreffenden Journalisten durch das Völkerbundssekretariat entzogen worden.
Die Verhaftung der zur Völkerbundsversammlung entsandten italienischen Journalisten hat in der italienischen Presse Helle Entrüstung hervorgerufen. Der Verband der italienischen Presse, hat auf Mittwoch, 20 Uhr, in ganz Italien alle seine Mitglieder zu Protest- und Solidaritätskundgebungen aufgerufen.
Die italienischen Völkerbundsjournalisten werden ausgewiesen
Genf, 2. Juli. Die während der Sitzung der Völkerbundsversammlung vom Dienstag verhafteten italienischen Journalisten wurden am Mittwoch um 22.15 Uhr aus dem St. Antonien- Gefängnis entlassen. Sie begaben sich zu Fuß und unter Bewachung von Polizisten in Zivil in die nahe gelegenen Polizeigebäude, wo u. a. der italienische Gesandte in der Schweiz, Tamaro, und der italienische Generalkonsul in Genf, Speiser, anwesend waren. Um 22.3V Uhr wurden die verhafteten Journalisten endgültig auf freien Fuß gesetzt, nachdem ihnen zur Kenntnis gebracht worden war, datz gegen sie ein Ausweisungsbefehl vom Kanton Genf erlassen worden fei.
Was die Messe dazu sagt
Pariser Blätter zu Genf
Paris, 1. Juli. Die Kundgebungen italienischer Pressevertreter in Genf gegen den Negus finden in den französischen Zeitungen große Beachtung. Das „Journal" meint, die einfachsten Lnstandsregeln seien gerade für die Pressevertreter als die geladenen Gäste des Völkerbundes und als die unparteiische- Beobachter besonders geboten. Außerdem schulde man einem Manne, ressen Haltung man als Italiener nicht billigen könne, aber "«»ei, rrngiun wernggens rncyrung eryelilye, oeionoere NUCtzcyr Der „Matin"-Verichterstatter hebt die Vorwürfe hervor, die der Negus gegen die nachgiebige und wenig sanktionsstrenge Haltung Frankreichs gemacht habe. Das „Oeuvre" schreibt, die lchwarzen Stunden des Völkerbundes seien nun gekommen. Datz eine siegreiche Regierung den Befehl gebe, den Besiegten mit einem Pfeifkonzert zu erniedrigen und datz aus der Tribüne gekämpft werde, scheine ein getreues Bild von der derzeitigen Internationale zu geben. Der allgemeine Eindruck sei, datz künftig dem Völkerbund keine wichtige politische Frage mehr anvertraut werden könnte. Die kraftvolle, aber niederdrückende Rede des Negus, so schließt das „Oeuvre", sei die erniedrigendste. die die Regierungen von London und Paris je zu hören bekommen hätten.
Die britische Presse über Gens
London, 1. Juli. Zu den Ereignissen in Genf schreibt der Sonderkorrespondent der „Times", datz die Ankündigung, Italien würde dem Völkerbund über die Fortschritte seines Zivilisationswerkes in Abessinien unterrichten, in Völkerbundskreisen mit gemischten Gefühlen ausgenommen worden sei. „Daily Telegraph" hebt das Angebot der italienischen Note zur Mitarbeit Italiens an der Völkerbundsreform hervor und weist darauf hin, datz im italienischen Memorandum zum erstenmal amtlich bekanntgegeben wurde, datz die italienische Regierung mit Abessinien zweimal über eine Beilegung des Krieges im geheimen verhandelt habe.
Der Sonderkorrespondent der „Morningpost" in Genf berichtet von unerhörten Szenen, die sich in der Völkerbundsversammlung abgespielt haben. Er erinnert sich nicht, jemals in einer internationalen Versammlung einer solchen Szene beigewohnt zu haben. Ein Höllenlärm sei losgebrochen, als der Negus das Podium betreten habe.
Die römische Presse über die Genfer Vorgänge :
Nom, 1. Juli. In der römischen Presse kommt einhellig die Entrüstung über das Auftreten des Negus vor der Völkerbundsversammlung zum Ausdruck. Man vermutet hinter den Vorgängen in Genf „gemeine antifaschistische Spekulation". „Messagers" spricht in der Ueberschrift zu seinem Genfer Bericht von „planmäßigen antifaschistischen Provokationen". Die italienische Regierung, so schreibt der Genfer Korrespondent des Blattes, der zu den wenigen nicht in Haft genommenen italienischen Journalisten gehört, habe alles mögliche getan, um in Genf Verständnis dafür zu wecken, datz die Anwesenheit des Negus in der Bundesversammlung in einem Augenblick, in dem Italien mit seiner Denkschrift eine Versöhnungsgeste vollzog, zu schweren Störungen führen könnte. Man habe gewußt, datz der Negus in seiner Rede das italienische Heer beschimpfen werde, aber auch die einflußreichsten Mitglieder des Völkerbundes hätten nicht genügend Tatkraft entwickelt, um die Gefahr zu bannen. Auf den Versöhnungsgeist Italiens sei mit einer Geste geantwortet worden, die „dre berechtigte Gegenaktion der italienischen Journalisten hervorgerufen" habe. Gegenüber dieser Haltung Genfs werde Italien in Erwägung ziehen müssen, welche Maßnahmen sich als zweckmäßig erweisen. Die gleiche Auffassung kommt in dem Mittagsblatt des „Giornale d'Jtalia" zum Ausdruck. Im übrigen sind sich die Genfer Berichte der römischen Presse darin einig, daß die Rede des Negus eine einzige Beleidigung des italienischen Heeres gewesen und daß diese in amharischer Sprache gehaltene Rede in Wirklichkeit von im Dienste der Freimaurerei und des Antifaschismus arbeitenden europäischen Ratgebern des Negus in französischer Sprache aufgesetzt worden sei.
Tagung drs MwalluagsratS brr SeuWra RMSbchn
Einnahmen- und Ausgabensteigerung — 8V Millionen RM. für Fahrzeugbeschaffung
Esten, 1. Juli. Am 30. Juni und 1. Juli trat der Verwaltungsrat der Deutschen Reichsbahn zu einer ordentlichen Sitzung m Essen zusammen. Die Beratungen galten zunächst de» Finanzfragen. Ein Ueberbltck der Einuahmeentwick- lung des ersten Halbjahres 1936 zeigt einen Zuwachs von SH Prozent gegenüber dem Vorjahr: dabei entfällt auf den Personen- und Gepäckverkehr eine Mehreinnahme von 5,5 Prcyent, auf den Güterverkehr eine solche von 12,3 Prozent. Den erhöhten Einnahmen, die im wesentlichen aus verstärkten Verkehrsleistungen herrühren, stehen erhebliche Betriebsausgaben gegenüber. Der Verwaltungsrat gab seine Zustimmung zu einem von der Reichsbahnhauptverwaltung ausgearbeitete« Fahrzeugbeschaffungsprogramm für die erste Hälfte des Jahres 1937 in Höhe von 80 Millionen RM. Hierunter ist die Beschaffung neuer Lokomotiven, Triebwagen, Personen-, Gepäck- und Güterwagen vorgesehen. Für Unterhaltung und Erneuerung oer baulichen Anlagen konnten die veranschlagten Mittel verstärkt werden.
Zum Reichsbahndirektionspräsidenten wurde Dr. jur Adolf Offenberg ernannt und mit der Leitung der Reichsbahndirektion Erfurt betraut. Zum Präsidenten des Reichsbahnzentralamtes, das die bisherigen vier Zentralämter in Berlin zusammenfassen wird, wurde der Direktor des Zentralamtes für Maschinenbau Emmelius ernannt.
Der Verwaltungsral nahm weiter Kenntnis von den Versetzungen des Reichsbahndirektionspräsidenten Lämmer» von Erfurt nach Esten zur Uebernahme der Leitung der dortigen Direktion und des Präsidenten Angecer von Ludwigshafe» nach Kassel.
Die Leitung der Reichsbahndirektion Dresden wurde auftragsweise dem Direktor der Oberbetriebsleitung West Dr. jur. Walter Schmidt und die Reichsbahndirektion Ludwigshafe» dem zum Direktor einer Reichsbahndirektion ernannte« Reichsbahn- oberrar Frorath übertragen.
Der Verwaltungsrat nahm Kenntnis von den Geschäftsberichten verschiedener Tochtergesellschaften und Zwaigunterneh- men der Reichsbahn. Beim Mitteleuropäischen Reisebüro hat die Ilmsatzsteigerung, die im Jahre 1933 einsetzte und 1W4 fort- setzte, auch 1935 angehalten. Die Steigerung beträgt gegenüber
1934 rund 9 v. H. Die Reichsbahnzentrale für den Deutsche» Reiseverkehr (RDV.) konnte iu dem starken Besuch der 4. Olympischen Winterspiele erneu guten Erfolg ihrer intensive» Werbearbeit verzeichnen. Auch die Mitropa hat im J«ch»
1935 einen weiteren Aufschwung erzielt, der in einer Umsatz» steigerung seinen Ausdruck fand. Die Mitropa hatte im Sommerverkehr täglich 90 Schlafwagen, 228 Speisewagen und 4t Küchenpackwagen.
Ae Wehrmacht übergibt bas Olympische Dort
Berlin, 1. Juli. Mit einer kurzen Feier übergab am Mittwoch sie Wehrmacht das von ihr errichtete Olympische Dorf dem O» zanisationskomitee für die 11. Olympischen Spiele Berlin 1936 Tin Fahnenmarsch, gespielt von dem Musikkorps des Infanterie- äehr-Bataillons, leitete den kurzen Festakt ein. Dann übergaj ser Kommandant des olympischen Dorfes, Oberstleutnant Frei- zerr von und zu Gilsa, dem Organisaiionskomitee das olympische Dorf mit einer kurzen Ansprache, iu der er ausführte, saß das vor mehr als zwei Jaüren durch den Reichskriegsmini- ter Eeneralfeldmarschall von Blomberg versprochene, iu> Aufträge der Wehrmacht von dem Architekten Werner March -rbaute olympische Dorf fix und fertig stehe und bereit sei, du olympischen Kämpfer aus 53 Nationen aufzunehmeu. Im Ranen des Organisationskomitees dankte Staatssekretär a. D Lewald dem Kommandanten. 'Wenn jetzt das Dorf 500k Olympiakämpfer aufnehmen könne, so sei diese Zahl noch nichl ausreichend. Dank des Entgegenkommens des Reichslustmtni- sters Generaloberst Eöring aber hoffe Sas Organisaiionskomitee, alle Olympiakämpfer, wenn nichl im olympischen Dorf, jo doch in den umliegenden Bauteilen der Luftwaffe unterzubringe» Präsident Lewald dankte dann noch einmal jedem Einzelnen, Ser am Entstehen und oer Gestaltung dieses pradiestschen Fleckchens teilgehabt habe, beflügelt von dem Kraftftrom, der un» alle von unserem Führer und Kanzler zuströme. Langsam sti-g dann unter den Klängen der nationale» Lieder die olympisch» Flagge am Mast empor. Das olympische Dorf war vom Orgarck- sationskomitee übernommen.
Reichshauplstadl ehrt Max Schmeling
Eintragung in das Goldene Buch
Berlin. 1. Juli. Max Schmeling hat sich am Mittwoch nachmittag im Berliner Rathaus in das Goldene Buch der Stadt Berlin eingetragen. Staatskommistar Dr. Lippert empfing den dem- scheu Meisterboxer in seinen Amtsräumen. Die ReichshauprstaSt sei stolz darauf, den größten Könner des deutschen Boxsports der Deutschlands Farben so eindrucksvoll im Auslande vertreten habe, zu ihren Bürgern zu zählen. Er sei daher auch der erste Berufssportler, dessen Unterschrift in dem Goldenen Ehrenbuch der Stadt Berlin stehen werde. Nach der Eintragung wurde Max Schmeling von Dr. Lippert noch die Olympia-Vronze- plakette der Reichshauptstadt überreicht, die sonst nur die Mann- schaftsführer der Olympiakämpfer aus den verschiedenen Ländern erhalten.
Nach Dankesworten erklärte Schmeling, daß ihm gestern das ganze erst unlängst vollständig eingerichtete Landhaus niedergebrannt sei. Er habe nicht einmal die notwendigsten Anzug, retten können. Der Nervenzusammenbruch seiner Gattin, Annq Ondra, habe sich als so schwerwiegend erwiesen, daß sie die in den nächsten Tagen angesetzten Filmaufnahmen um etwa vier Wochen verschieben mußte. Er werde mit seiner Frau voraussichtlich bis auf weiteres rn seinem kleinen Jagdhaus wohnen, um dort endlich die schon so lange ersehnte Ruhe und Ausspannung zu finden.
Einführung des Fahrraddrieses am 15.3uli
Berlin, 1. Juli. Zur Sicherung der Fahrräder gegen Diebstahl und Veruntreuung wurde auf der Haupttagung der Fachgrupp, 19 — Fahrräder — der Wirtschaftsgruppe Einzelhandel des Reichsinnungsverbandes des Mechanikerhandwerks und des Reichsverbandes des deutschen Fahrrad-Einzelhandels die Einführung des Fahrradbriefes vom 15. Juli ab beschlosten. De, Fahrradbrief ist keine amtliche Maßnahme, sondern eine Gemein- einrichtnng von Industrie, Handel und Handwerk. Er wird zunächst nur für jedes neue Fahrrad ausgestellt. Sämtliche ZOOM Fahrradhändler Deutschlands haben sich geschlossen in den Dienst der guten Sache gestellt. Für die Aushändigung des Fahrradbriefes ist eine Unkosten- und Verwaltungsgebühr von 10 Psg zu zahlen. Bei Wechsel des Eigentums eines Fahrrades sowir beim Aufsuchen einer Reparalurwerkstätte mit dem Rad muß de, Fahrradbries vorgelegt werden. Sein Fehlen zeigt den unrechtmäßigen Erwerb. Besonders groß ist der Vorteil des Fahrrad- driefes für dir Ermittlung bei Diebstählen, da im Fahrradbries alle notwendigen Angaben, wie Fabriknummer, Beschreibung des Fahrzeuges usw. zu finden find.
Was stad Wäimmwlttll?
Wie entstehen sie und woran erkennt man sie? — Ihr Gegensatz: Die Frontgewitter
Gegenwärtig vergeht kaum ein Tag, an dem nicht di« Wetterberichte „Wärmegewittsr" Voraussagen. Was st« bedeuten und wie entstehen, berichtet unser Wettermitarbeiter.
Bis vor ein paar Jahren haben wir nur Gewitter gekannt. Erst Lurch die Gepflogenheit des Rundfunks, täglich mindestens dreimal, zu manchen Zeiten sogar viermal und noch öfter, Wetternachrrchten durchzugeben, wenden wir ihnen heute viel mehr Aufmerksamkeit zu als früher. Auch die üblichsten Ausdrücke der Wettermacher sind uns heut« geläufig geworden. Im Grunde genommen glaubt sogar jeder sein eigener Laubfrosch zu sein und „ganz bestimmt" das allein „Richtige" Voraussagen zu können. Trifft es nachher nicht zu, ist man natürlich beleidigt, aber dann hat eben das Wetter sich vorschriftswidrig benommen.
Den Ausdruck „Wärmegewitter" wird man sich in der Regel wohl damit erklären, daß es eben bei allzu großer Wärme allmählich zu Eewitterbildung kommt. Soviel hak man aber auch schon heraus bekommen, daß nach Wärmege- rvittern, also Gewittern dieser Art keine Abkühlung einzutreten pflegt Im Gegenteil, es bleibt nach wie vor heiß und schwül. Diese Beobachtung ist durchaus richtig. Deshalb Unterscheiden die Wettergelehrten zweierlei Gewitter, eben die Wärmegervrtter und die Frontgewitter. Die am meisten verbreitete Familie ist jedoch die der Wär- megewitter, die in den heißen Sommern eine tägliche Erscheinung bilden.
Hat die Sonne einige Zeit hindurch, d. h. mehrere Tag« lang aus vom wolkenlosen Himmel herab ihre Gluthitze auf die Erde gesandt, wird der Boden allmählich überhitzt und natürlich auch die darüber liegenden Luftschichten. Nun bilden sich langsam Wolken, jene für die heiße Jahreszeit typischen Haufenwolken, mit ihren bizarren Erscheinungsformen. Solange sie am Himmel stehen, verkünden sie schönes Wetter. Nur wenn man unter ihnen keinen blauen Himmel mehr sieht, kann man damit rechnen, daß ein Wä^ megewitter im Anzug ist. Die auffallende Schwüle, die durch den starken Feuchtigkeitsgehalt der Luft hervorgerufen wird, ist im Zusammenhang mit derartigen Haufenwolken eines der sichersten Kennzeichen der Wärmegewittsr.
Wärmegewitter haben eine Reihe von eigentümlichen Merkmalen. Zunächst einmal ziehen sie langsamer auf um> vorüber als die Frontgewitter, die mit starken Regengüssen verbunden sind. Weiter ist bei ihnen kaum eine Verstärkung oder Auffrischung des Windes zu verspüren. Vor größeren Gewässern bleiben sie stehen. Der Grund liegt aus der Hand: Die über den Wassern aufsteigende kühlere Lustbewegung verhindert eine weitere Ausdehnung des Gewitters. Meist sind die Wärmegewitter nur kurz, und ihr Tropfensall ist jo gering. Laß kaum eine Abkühlung herbergeführt wird. Auch ein Witterungsumschlag folgt Wärmegewittern in der Regel nie. Das einzige, was bleibt, ist eine Bedeckung des Himmels für einige Zeit, sodaß wenigstens die sengenden Strahlen nicht gar so unbarmherzig auf Menschen und Tiere herabdringen.
Im Gegensatz zu den Wärmegewittern, die in den meisten Fällen aus dem Osten kommen, tauchen die F r o nt - oder auchVöengewitterinder Regel im Westen auf. Das hängt mit den Abkllhlungserscheinungen über dem Atlan- rischen Ozean zusammen, dessen llbergelagerte Luftmassen von Zeit zu Zeit über dem Festland einbrechen. Das sind dann die Gewitter, die wir alle kenne und die in der Regel auch eine starke Abkühlung oder einen Witterungsumschlag herbeiführen Sie zeichnen sich auch dadurch aus, dgß sie zumeist mit unheimlicher Geschwindigkeit ausziehen.