Rationales Nachrichten- «ad Aitzeigenblatt für die OberamtsbezirLe Nagold, Calw, Freudenstadt und Neuenbürg
Eepvirnöet 1877
Dmntir
Aus öen
»««grpr.: Monatl. d. Post -K 1.20 einfchl. 18 ^ Beförd.-Geb., zuz. 38 ^ Zustellungsgeb.; d.Äg. ^I.zg einschl. 20 L Austrägergeb.; Einzeln. 10 L. Bei Nichterscheinen der Zeit. ins. höh. Gewalt H. Betriebsstör, besteht kein Anspruch auf Lieferung. Drahtanschrift: Tannenblatt. / Fernruf 321.
Anzeigenpreis: Die einspaltige Millimeterzeile oder deren Raum 6 Pfennig, Text»
millimeterzeile IS Pfennig. Bei Wiederholung oder Mengenabschluß Nachlaß nach Preisliste.
Erfüllungsort Aliensteig. Gerichtsstand Nagold. _
Nummer 138
Altensteig, Mittwoch, den 17. Zimi 183k
8 8. Jahr«a»>
!
>
Ae Sardanellrn Koiistkenr
Wenn nicht alles täuscht, ist die politische Vorbereitung der Konferenz von Montreux, in der über die Zukunft der Dardanellen entschieden werden soll, weiter gediehen, als man in der Öffentlichkeit in den letzten Tagen erfahren hat. Auch zwischen London und Rom scheinen über dieses Thema, das ja äußerlich nicht mit dem Abes- finienkonflikt zusammenhängt, Erörterungen stattgefunden zu haben. Es ist leicht möglich, daß dabei auch die Frage eines Mittelmeerpaktes „vorverhandelt" wurde, die nach Montreux auch in Genf eine Rolle spielen soll. 2m Zusammenhang mit diesen interessanten Fühlern zwischen England und Italien wird der Name des Unterstaatssekretärs im Foreign Office. Vansittard, wieder stärker genannt, also jenes Mannes, der schon immer für eine engere Zusammenarbeit zwischen Italien, England und auch Frankreich eingetreten ist und der auch bei dem Rücktritt Hoares eine Rolle spielte. Auf der Linie seiner Politik, die eine englisch-italienische Verständigung auf dem Wege eines Ausgleichs im Mittelmeer anstrebt, liegen die Vorverhandlungen über Montreux.
Die Behandlung der eigentlichen türkischenForde- rungen in Montreux wird wohl kaum besondere Ueber- raschungen bringen. Die drei Fragen, um die es geht, betreffen die Freiheit der Handelsschiffahrt, die Wi ed e rb es e stigung der Meerengen und die Festsetzung des Verhältnisses, in dem die verschiedenen Kriegsschiffe künftig die Engen passieren dürfen. Explo- Konsstoff bietet hier höchstens die Politik der Sowjetunion. Es wäre recht aufschlußreich, wenn Litwinow plötzlich eins Durchfahrt für die sowjetrussischen Kriegsschiffe fordern sollte und wenn er dabei die Unterstützung seines französischen Bundesgenossen fände. Aber ein solches Ansinnen, das England kaum unterstützen könnte, und das nnr als ein letztes Druckmittel gegen ein „widerspenstiges Italien" in Betracht käme, ist wohl mit Rücksicht auf die außenpoliti- ßhe Lage nicht zu erwarten. Im wesentlichen rechnet man deshalb damit, daß die Konferenz von Montreux in einem internationalen Anerkennungsakt für den Schöpfer der neuen Türkei endet und ihm einen außen- wie innerpoliti- schen Prestigeerfolg zuspielt.
„In „militärischen Kreisen" nimmt man an, daß bei der Verteidigung der Dardanellen künftig weniger große Küstengeschütze wie in früheren Jahren, sondern vor allem Mvimmende Minen eine Hauptrolle spielen werden. La oiese „militärischen Kreise" zunächst in Frankreich sitzen, ist die Frage erlaubt, ob diese Version von vornherein den Ausbau einer türkischen Kriegsflotte zu verhindern wünscht. Die Meldung von den Minen wäre dann sozusagen selbst eine Mine, die gegen gewisse weitergehende Forderungen in Montreux gelegt worden ist. Man wird abwarten dürfen, ob sich in solchem Versuchsballon bereits Kompromiße andeuten, die zugleich ein gewisses Licht auf die Verhandlungen hinter die Kulissen werfen.
Mrunglück drt Budapest
Etwa 28 Tote
Budapest, 18. Juni. Am Montag gegen Mitternacht sank dei Ujpest in der Nähe von Budapest infolge lleberlastung eine Fähre, mit der 4V Angestellte der Elektrischen Straßenbahn nach einem Festessen von der Donauinsel heimkehrten. Das Unglück «folgte in einer kleinen Bucht der Donau, die nur 5 Meter tief ist. Auf der Fähre, die die Bolksinsel mit dem Ufer verbindet, hatten 48 Personen, meist Angestellte der Straßenbahn. Platz genommen, die auf der Insel eine Feier veranstaltet hatten. Die Mehrzahl der Insassen befand sich, wie mitgeteilt wird, in angeheitertem Zustand. I« der Mitte der Bucht brach plötzlich aus noch «»bekannten Gründen eine Panik aus. Die Insassen der Fähre drängten ans eine Seite, die sofort z» finke« begann. Die Bergungsarbeiten stieße» bei der Dunkelheit und der starken Strömung auf große Schwierigkeiten. Ei« Teil der Fahrgäste konnte au das Ufer schwimmen.
Bisher find neu» Tote geborgen worden. 14 Personen werden noch vermißt. 15 Schwerverletzte liege« im Krankenhaus.
Appell an die Radfahrer!
Berlin. 18. Juni. Die Pressestelle des Reichs- und preußische« «erkehrsminlsteriums teilt mit: 88 Tote. 3383 Verletzte find ii «r vorigen Woche die Opfer des Straßenverkehrs im Deutsche« »»eich.
Radfahrer, macht ihr euch klar, in welcher Lebensgefahr ih kwwebt, vor allem, wenn ihr in verkehrsreichen braßen neben »ander fahrt? Wollt ihr zurück zur Radfahrkarte, hin zuu A^rnschfld «nd zur Verkehrsprüfung? Wollt ihr für all die Mrlrch Gebühren zahlen? Muß erst das Verbot, uebeneinande ^ , 2^"' erlassen werden, oder wollt ihr nicht endlich in Haupt verkehrsstratzen und rn anderen belebten Straßen freiwillb hintereinander fahren?
SlmMtkkM RtiMttt wer Slemrsragea
Keine Bermösensabgabe geplant — Wachsendes Aufkommen aus bestehenden Steuern
Berlin» 16. Juni. Der Staatssekretär im Reichssinanzministe- rium Reinhardt hat am Dienstag einen Lehrgang an der Reichsfinanzschule Ilmenau eröffnet, der Len neuen Ausbildungsbestimmungen in der Reichsfinanzverwaltung entspricht. Bereits am 4. Juni ist ein gleicher Lehrgang in Herrsching begonnen worden.
Staatssekretär Reinhardt führte u. a. aus, daß es nicht nur darauf ankomme, dem Nachwuchs fachlich die bestmögliche Ausbildung angedeihen zu laßen, sondern auch auf die körper- liche Ertüchtigung des Nachwuchses. Der gesamte Nachwuchs muffe der SA. angehören. Es werde in den nächsten Tagen ein SA.-Sturm Reichsfinanzschule Herrsching und ein SA.-Sturm Reichsfinanzschule Ilmenau gebildet werden. Eine der Voraussetzungen für die Zulassung zur Fi- uanzanwärterprüfung, die am Schluß eines jeden Lehrganges durchgeführt werde, sei, daß der Anwärter im Besitz des SA. - Sportabzeichens sei. Wer dieses noch nicht besitze, werde während der Dauer des Lehrganges genügend Gelegenheit haben, sich auf den rechtzeitigen Erwerb des SA.-Sportabzeichens vorzubereiten.
Zu den Begriffen Steuern und Finanzbehörde führte Staatssekretär Reinhardt u. a. aus:
„Die Ausgaben des Staates erfolgen einzig und allein um des seiner Führung anvertrauten Volkes willen. Ohne Steuern kein Staat und ohne Staat keine Daseins- und Entwicklungsmöglichkeit des Volkes, des Berufsstandes, der Familie und der Einzelperson. Der Staat, an den die Volksgenossen Steuern zahlen, ist ihr Staat. Jede Steuerzahlung geschieht durch den einzelnen Volksgenoßen nicht fremder Interessen wegen, sondern unmittelbar in jedem Fall um seiner selbst willen. Steuerzahlen heißt nicht „Opfer bringen", sondern einzig und allein seine Pflicht tun, die die Natur dem Einzelnen um seiner selbst willen auferlegt und deren Merkmale geregelt sind durch Gesetze des Staates. Es steht nicht das Volk auf der einen und der Staat auf der anderen Seite, sondern es steht und lebt das Volk in seinem Staat. Das Finanzamt steht den Steuerpflichtigen nicht gegenüber, sondern es ist das Amt des Steuerpflichtigen, das in letzter Schlußfolgerung um der Steuerpflichtigen selbst willen die Aufgaben erfüllt, die ihm das Gesetz vorschreibt.
Staatssekretär Reinhardt bezeichnete als die drei wichtigsten der grundlegenden Neugestaltungen im neuen Deutschland: die Volksgemeinschaft, die Verminderung der Arbeitslosigkeit und den Aufbau der deutschen Wehrmacht. Die Herstellung der deutschen Volksgemeinschaft und die Verminderung der Arbeitslosigkeit seien Voraussetzungen zum Aufbau der deutschen Wehrmacht, die Verwirklichung der Volksgemeinschaft in ideeller und die Verminderung der Arbeitslosigkeit in materieller Hinsicht.
Der erhöhte Finanzbedarf, der gerade in den gegenwärtigen Jahren bestehe, sei bekannt. Er ergebe sich insbesondere aus den Fehlbeträgen, die bei der Machtübernahme vorhanden gewesen seien, aus den Vorbelastungen, zu denen die Maßnahmen im Kampf um die Verminderung der Arbeitslosigkeit geführt hätten, und aus dem Aufbau der deutschen Wehrmacht. Das Steueraufkommen habe sich über alle Erwartungen günstig entwickelt, und es werde sich noch weiter gut entwickeln. Es sei im Rechnungsjahr 1934 um 1,2 und im Rechnungsjahr 1935 «m 2,6 Milliarden RM. größer gewesen als im Rechnungsjahr 1933, und es werde im Rechnungsjahr 1936 um 3,6 bis 4 Milliarden RM. größer sein als im Rechnungsjahr 1933.
Trotz dieser günstigen Entwicklung müsse nach wie vor alles nur Denkbare getan werden, um auf der Ausgabenseite strengste Sparsamkeit zu üben und auf der anderen Seite die letzte Mark zu erfaßen, die dem Staat aufgrund der bestehenden Steuergejetze zukomme. Vergehen gegen die Steuerpflicht
seren Vergehen gegen die Volksgemeinschaft und gegen die Nation, sie stellen die schlimmste Art des Eigennutzes und der ungerechtfertigten Bereicherung des Einzelnen zum Schaden detz Staates und damit aller anderen Angehörigen der Volksgemeinschaft dar.
Organisatorische und verwaltungsmäßige Maßnahmen der Neichsfinanzverwaltung und die bessere Schulung der Beamtenschaft seien darauf abgestellt, 1. die weitere Stärkung der öffentlichen Finanzen und damit die Festigung der Voraussetzungen zur Finanzierung des Aufbaues der Wehrmacht und 2. s die restlose Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu erreichen.
In der letzten Zeit sei an manchen Stammtischen in Deutschland und auch in der ausländischen Presse wiederholt von Einführung einer Vermögensabgabe rn Deutschland die Rede gewesen. Dazu sei einmal in aller Deutlichkeit ausgesprochen, daß wir weder Zeit noch Lust haben, uns mit der Erhebung einer Vermögensabgabe zu befassen, sondern daß unsere ganze Kraft einzig und aller» darauf gerichtet ist, diejenigen Beträge, die dem Staat aufgrund der bestehenden Steuergesetze zustehen, restlos zu erfassen.
Wir Reichsfinanzbeamten haben unentwegt auf eine weitere Steigerung des Steueraufkommens im Rahmes der bestehenden Gesetze bedack-t zu sein. Jede unangebrachte Bemerkung wird uns nur stärken in dem Gefühl, daß das größere Verständnis für die Verwirklichung der Aufgaben auf unserer Seite ist, und die stärkere Treue zu Führer und zu Volk in unserem Handeln beruht.
Wir haben in den drei vergangenen Jahren eine Reihe neuer Aufgaben übernommen und werden noch weitere neue Aufgaben übernehmen. Die neuen Aufgaben liegen ins-« besondere auf der Ausgabenseite. Wir erheben nicht nur Steu-, er», sondern wir gewähren auch Ehestandsdarlehen unS Kinderbeihilfen und erfüllen noch verschiedene andere Aufgaben, die den Volksgenossen in der Regel angenehmer sind, als Steuern zu zahlen.
Die Zahl der gewährten Ehestandsdarlehen hat bereits rund 68V 089 erreicht, der Betrag der gewährten Ehestandsdarlehen rund 340 Millionen RM.
Die Zahl der gewährten einmaligen Kinderbeihilfen an minderbemittelte Familien hat bereits 190 000 erreicht, der Betrag der gewährten Kinderbeihilfen 75 Millionen R M., die Zahl der durch die einmalige Kinderbeihilfe bedachten Kinder etwas mehr als eine Million.
Mit Wirkung ab 1. Juli 1936 werden auch laufende Kinderbeihilfen gewähr! werden, und zwar 10 RM. monatlich für das fünfte und jedes weitere Kind unter 16 Jahren. Die Gewährung laufender Kinderbeihilfen ist zunächst auf diejenigen Unterhaltsverpflichteten beschränkt, die Arbeitnehmer find und deren Monatslohn 185 RM. nicht übersteigt. Die laufenden Kinderbeihilfen stellen noch nicht eine Verwirklichung der großen bevölkerungspolitischen Gedanken auf dem Gebiet des Familienlastenausgleichs, sondern zunächst nur eine soziale Maßnahme im Rahmen des finanziell gegenwärtig Möglichen dar. Die Anträge auf Gewährung der laufenden Kinderbeihilfen find an das für den Unterhaltsverpflichteten zuständige Finanzamt zu entrichten. Auch die monatliche Auszahlung der Kinderbeihilfen geschieht durch das Finanzamt. Durch die laufenden Kinderbeihilfen ab 1. Juli 1936 werden zunächst für 300 000 bis 400 000 Kinder unter 16 Jahren monatlich je 10 RM. gewährt werden. Die Auszahlung der laufenden Kinderbeihilfen geschieht erstmalig im August 1936 für den Monat Juli 1936.
Me Wacke« »er Wellketeses
Mb Mhian zu
London, 16. Juni. Lord Lothian nimmt im „Evening Standard" zur gegenwärtigen Weltkrise Stellung. Diese sei auf den Revisionswunsch der drei mächtigen Nationen Deutschland, Italien und Japan zurückzuführen und beruhe wiederum auf dem Mißverhältnis zwischen Bevölkerungsdichte, Eebiets- fläche und Rohstoffquellen dieser Völker. Die Frage sei nicht die, ob man den Nationalsozialismus schätze oder ablehne, sondern man müsse der Tatsache ins Auge sehen, daß Deutschland gegenüber ei» gerechterer Ausgleich geschaffen werde.
Kein einschlägiger Geschichtsschreiber glaube mehr an Deutschlands Alleinschuld am Weltkriege, dessen Hauptgrund in der Unfähigkeit Europas gelegen habe, den Notwendigkeiten gerecht zu werden. Ein neuer Weltkrieg würde nur ausbrechen, wenn die Nationen nicht imstande seien, mit friedlichen Mitteln die Verträge so zu revidieren, daß sie den Notwendigkeiten zur Anf-
Meüen Fragen
rechterhaltung des Friedens entsprächen. Der Versailler Vertrag aber gründe sich auf der Annahme von Deutschlands Schuld am Weltkriege. In den vergangenen 18 Jahren sei weder vom Völkerbund noch von den Siegerstaaten eine freiwillige Aktion zur Milderung der Diskriminierung Deutschlands in die Wege geleitet worden. Deshalb habe sich Deutschland selbst von der Diskriminierung befreit. Lothian fährt dann fort: „Noch eine endgültige Bereinigung mit Deutschland steht aber aus, und diese Bereinigung muß in zwei Fälle zerfallen:
1. eine freiwillige Aussprache über die Zukunft Oesterreichs, Danzigs und Memels und über irgend einen Ausgleich hinsichtlich der Grenzen Ungarns. Falls diese Fragen durch ein europäisches Abkommen geregelt werden könnten, würde es keine Erenzfragen mehr in Europa geben. Dann würden auch kein« mmrmstichigen Reiche mehr zusammenbrechen.