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Nummer 3V2

Altensteig, Samstag, den 28. Dezember 1935

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Von Diplomkaufmann Erich Lungwitz

Als wir in das abgelaufene Jahr 1935 eintraten, waren eben erst große wirtschaftliche Reformen durchgesührt wor­den, deren Wirkung und Erfolg sich in dem neuen und den kommenden Jahren zeigen sollen. Der Ausgleich im Au­ßenhandel soll durch denNeuen Plan" Dr. Schachts, die Finanzierung der Arbeitsschlacht durch die Steuerre­form vom 16. Oktober und durch das Reichsgesetz über das Kreditwesen vom 5. Dezember 1934 sichergestellt werden.

Am schwierigsten waren die Probleme desAnßenhan- dels zu löjen, da das Ausland als Wirtschaftspartncr nicht in den Rahmen der deutschen Wirtschaftsreform ein­zufügen war. Es galt zunächst den Versuch zu machen, die Einfuhr wertmäßig der nun einmal gegebenen Ausfuhr anzupassen. Dabei ließ sich eine Beschränkung des Ver­brauchs ausländischer Rohstoffe ebenso wenig vermeiden wie eine als Folge der ungünstigen Ernte von 1934 auf­tretende Fett- und Flerschverknappung. In den ersten Mo­naten von 1935 fehlte es angesichts der noch auftretenden Einfuhrüberschüsse nicht an pessimistischen Voraussagen, die den Neuen Plan scheitern sahen. Aber der entscheidende Schritt folgte erst noch, indem die unvermeidlichen Lasten der Ausfuhrförderung auf breiteste Wirtschaftskreise ver­teilt wurden, so daß die deutsche Ware in der Well ohne Währungsverschlechterung billiger verkauft werden konnte. Seit August sehen wir den Erfolg dieser Außenhandels­politik in monatlichen Ausfuhrüberschüssen von etwa 50 Millionen Reichsmark. Wenn auch die Dezemberzahlen des deutschen Außenhandels noch nicht bekannt sind, so dürfen wir mit einer ausgeglichenen Handelsbilanz, voraussicht­lich sogar mit einem kleinen Ausfuhrüberschuß für das ganze Jahr rechnen. Damit ist für 1936 nicht nur eine Ab­zahlung der aufgelaufenen Warenschulden ans Ausland, sondern eine bessere Rohstoffversorgung und eine anteils­mäßig höhere Jndustriebeschäftigung durch ausländische Aufträge wahrscheinlich.

Naturgemäß liegt das Schwergewicht der Wirt- jchaftsbelebung noch im Inland und hier wie­derum in der Vergebung öffentlicher Aufträge. Wenn es' auch 1935 gelang, die Zahl der Arbeitslosen von 3 Mil­lionen (winterlicher Höchststand) auf etwa 1,7 Millionen (Tiefstand im Herbst) zu senken, so bleibt für die Zukunft noch genug zu tun übrig, um so mehr, als beim neuen win­terlichen Anstieg die Zweimillionengrenze überschritten werden wird. Aber die Geldmittel für die öffentlichen Ar­beiten fließen jetzt nicht mehr ausschließlich aus kurzfristi­gen Krediten, sondern aus steigenden Steuereinnahmen und langfristigen Anleihen.

Schon Las am 31. März beendete Haushaltjahr des Reiches brachte mit 8,2 Milliarden Steuer- und Zolleinnahmen über eine Milliarde mehr als das vorher­gehende Jahr; in dem seit 1. April laufenden Haushalt­jahr 1935/36 dürfen wir in Auswirkung der neuen Steuer- gejetze und der Wirtjchastsbelebung mit einem weiteren Mehraufkommen von 1200 oder 1300 Millionen Reichs­mark rechnen. Die neuen gesetzlichen Vorschriften (Waren­eingangsbuch für bisher nicht buchführungspflichtige Ge­werbetreibende, Auszeichnungspflicht für die Landwirt­schaft) sichern eine noch bessere Erfassung aller steuerlichen Möglichkeiten.

War durch die B a n k e n r e f o r m, die 1935 durch eine Aufsicht über die Staatsbanken vollendet wurde, das deutscheKredit wesen unter straffe Führung gestellt worden, so blieb noch eine große Aufgabe, zu lösen: die Schaffung eines niedrigeren Marktzinses. Mit den zwei großen Zinskonversionen vom Januar und Februar wurden insgesamt zehn Milliarden Reichsmark Pfandbriefe, Kommunalobligationen und öffentliche An­leihen von 6 auf 4,5 o. H. Zins umgestellt. Damit wurde nicht nur ein wichtiger Programmpunkt des Nationalsozia­lismus in die Wirklichkeit umgesetzt, sondern zugleich für die neuen Reichsanleihen der Weg freigemacht, lieber an­derthalb Milliarden Reichsmark konnte das Reich bei den Sparkassen, Versicherungen und den einzelnen Sparern an langfristigen Anleihen unterbringen.

Die Lebens- und Berufslaufbahn der jungen Deutschen wurde durch die Wiedereinführung der Wehrpflicht und die Einführung der Arbeitsdienstpflicht, durch die Schaffung des Arbeitsbuches und mehrere Gesetze für besondere Be­rufe neu geregelt. Durch das Gesetz über die Verbraucher­genossenschaften wurden zahlreiche lebensunfähige Konsum­vereine aufgelöst und damit ein für den Einzelhandel seit Jahrzehnten brennendes Problem endgültig gelöst.

Die deutsche Wehrhaftmachung brachte neben den neuen Pflichten des Einzelnen (die durch die Luftschutzpflicht er­gänzt wurden) auch zahlreiche wirtschaftliche Aufgaben mit sich. Das Schutzbereichgesetz und das Gesetz über die Land- beschasfung für Zwecke der Wehrmacht regelten die wichtigen Fragen des Raumes, während das Energiewirtschaktsgesetz

die Verbilligung und die Sicherung der deutschen Gas- und Stromversorgung durch Staatsaufsicht gewährleistet.

Die Begünstigung der kinderreichen Familien, die schon durch die Steuerreform eingeleitet war, wurde durch Ge­währung von Kinderbeihilfen weitergeführt. Der Kampf gegen den Mangel an erschwinglichen Wohnungen und Siedlungen, der ja mit der positiven Bevölkerungspolitik eng verbunden ist, wurde durch Uebernahme von Reichs­bürgschaften für zweitstellige Hypotheken, durch Bereitstel­lung von Reichsmitteln für Volkswohnungen und durch die Heranziehung des Althausbesitzes zu einer Wohnungsbau­anleihe weitergeführt. Um allzuviel Hypothekenkündigun­gen zum Jahresende zu verhüten, wurde die Fälligkeit von Hypotheken um weitere drei Jahre hinausgeschobsn, so­weit die Lage der Schuldner die Auszahlung nicht gestattet.

Die Neuordnung der Organisation des Wirtschaftslebens machte durch Sie Schaffung der Reichsarbeits- und Reichs- wirtschaftskammern, die ihre Tätigkeit begannen, und durch die Eingliederung der gewerblichen Wirtschaft in die Ar­beitsfront Fortschritte. Im Anschluß an die Nürnberger Ge­setze kam es zu einem weiteren Ausscheiden zahlreicher Ju­den aus dem deutschen Wirtschaftsleben, die ihre Unterneh­

mungen an Arier verkauften; dieser Prozeß ist noch im Gange und dürfte wohl noch geraume Zeit bauern.

Während durch die Rückgliederung des Saargebiets ins Reich, durch Abschluß neuer Wirtschaftsabkommen mit ei­nigen Ländern, durch den Abschluß größerer Lieferungen nach Rußland die wirtschaftlichen Beziehungen zur Außen­welt geklärt und verbessert werden konnten, blieb die Lö­sung der großen weltwirtschaftlichen Probleme noch offen Der Kampf um die Stabilität mehrerer Goldwährungen (Frankreich, Schweiz, Holland), die Abwertung weiterer Währungen (Belgien, Danzig), die inneren Kämpfe um die Wirtschaftspolitik (Lavals Notverordnungen, Gerichtsur­teile gegen Roosevelts Planwirtschaft, Streit um die Kri- seninitiätive in der Schweiz) erforderten die ganze Auf­merksamkeit der Staatsmänner in aller Welt. Diese Be­schäftigung mit inneren Nöten ließ es daher noch nicht zu jener durchgreifenden Belebung des internationalen Wa­renaustausches kommen, die überall den Fortschritt der Wirtschaftsbelebung erleichtern könnte. Deutschlands füh­rende Männer haben ihre Bereitwilligkeit, daran mitzu­wirken, oft genug erklärt den Staatsmännern der Welt ist für das neue Jahr eine große Aufgabe gestellt.

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Eine tapfere Lat gegen von Moskau unterstützte Umsturzversuche

London, 27. Dezember. Einer Reutermeldung aus Montevideo zufolge, hat die Regierung von Uru­guay beschlossen, die Beziehungen mit Sow- jetrußland abzubrechen, weil dieses Land Uruguay zu einem Mittelpunkt der kommu­nistischen Werbetätigkeit in Südamerika gemacht habe. Dem sowjetrussischen Ge­sandten sollen noch am Freitag die Pässe über­reicht werden.

Dem Sowjetgesandten in Montevideo die Pässe überreicht Die Gründe für den Abbruch der Beziehungen

Montegideo, 28. Dezember. DerAbbruchder BeziehungeuzuSowjetrußland wurde von der Negierung am Freitagnachmittag durch einen Erlaß be­kanntgegeben, der bestimmt, daß dem sowjetrussischen Ge­sandten Minkin die Pässe zuzustellen sind.

Die Zustellung der Pässe erfolgte durch den Chef des Protokolls der Regierung von Uruguay in der Sowjet­gesandtschaft. Dem Gesandten wurde gleichzeitig eine Ab­schrift des Regierungserlasses überreicht. Für seine Ab­reise wurden ihm Erleichterungen zugesichert.

Der Gesandte Uruguays in Moskau, Masanes, be­findet sich z. Zt. in Montevideo auf Urlaub. Die Geschäfte in Moskau werden daher z. Zt. vom Sohn des Gesandten

wahrgenommen. Die Regierung von Uruguay har das amtliche Ersuchen an die Washingtoner Regierung gerich­tet, den Schutz der Gesandschaft in Moskau zu übernehmen.

Eine Erklärung für die Gründe des Abbruchs der Be­ziehungen findet sich Freitagfrüh in der ZeitungEl De­hnte". die daraus hinweist, daß Beziehungen eines auslän­dischen Diplomaten zu aufrührerischen Elementen im Lande festgestellt worden seien. Zn dem Regierungserlaß wird mitgeteilt, daß der Abbruch der Beziehungen zu Sowjet­rußland mit dem kommunistischen Aufstands-versuch in Brasilien begründet sei. Es wird auf Mitteilungen der brasilianischen Botschaft über die Feststellung einer weit verzweigten Sowjetorganisation hingewiesen.

Zn manchen Ländern sieht man tatenlos zu, wie bolschewistische Propaganda betrieben wird und ihre Aus­wirkungen werden erst erkannt, wenn sie zu Aufständen führt, wie dies in Brasilien der Fall war. Südamerika scheint überhaupt das Ziel der Bolschewisten zu sein. Uruguay sind nun die Augen aufgegangen und es ist der erste Staat, der durch Lösung der Beziehungen zu Moskau die Konsequenzen aus der bolschewistischen Wühlarbeit zieht. Es ist dies eine mannhafte Tat des Staates Uruguay und man möchte wünschen, daß auch anderen Staaten die Augen aufgehen und daß dort ebenfalls die Konsequenzen gezogen werden, bevor die furchtbare Saat aufgehl, die die russischen Bolschewisten in aller Welt säen.

MM Erklärungen

vor -er Kammer

Paris, 27. Dez. Gleich zu Beginn der außenpolitischen Aus­sprache in der Kammer nahm Ministerpräsident und Außen­minister Laval das Wort. Er erinnerte an seine Ausführun­gen vor zehn Tagen. Er habe schon damals gesagt, daß die Be­mühungen um eine friedliche Regelung des ostafrikanischen Streitfalles mit den Grundsätzen und dem Geist des Völker­bundes übereinstimmteu. Seit dieser Zeit seien schwerwiegende Ereignisse eingetreten. Sir Samuel Hoare sei zurückgetreten uni» die englische Regierung habe die Pariser Vorschläge, die zu­sammen mit Sir Samuel Hoare ausgearbeitet worden waren, für tot erklärt. Die ab essi nische Negierung habe sich über die Opfer, die sie bringen sollte, erregt. Die italienische Regierung habe bei der Prüfung der Vorschläge nicht das Ver­ständnis entgegengebracht, das zu erwarten man berechtigt ge­wesen sei. Gewisse Reden hätten im übrigen die Aufgaben nicht erleichtert.

Alles dies habe die Lage nicht verbessert, sondern schwerwiegendeFragenaufgerollt, über die er sich jetzt äußern wolle. Die wesentlichste Frage sei, zu wissen, ob die Politik, die er selbst als Ministerpräsident betrieben habe, mir den Belangen Frankreichs übereinstimme oder nicht. Das sei die einzige Frage, die vor der französischen Kammer geprüft werden müsse. Er bedauere nicht, was er getan habe. Als Vertreter eines großen freien Staates habe er mit den übrigen Mitglie­dern des Völkerbundes über die Sühnemaßnahmen gegen den Angreifer verhandelt. Keiner der vorgeschlagenen Maß­nahmen habe er ein Hindernis in den Weg gestellt. Alle diese Maßnahmen seien in Frankreich loyal und genau durchgesührt worden, so peinlich auch die Folgen sein könnten.

In Ausfiihrung des Absatzes 3 des Artikels « der Völker» bundssatzuugen habe er ohne Zaudern England gegenüber« Frankreich die Verpflichtung übernommen, England znr See, M Lande und in der Luft zu unterstützen, wen« es von Italien au» läßlich der Anwendung der Sühnematznah men angegriffen wer» den sollte. Die Verantwortung habe ihm die Pflicht auserlegt» alles zu versuchen, um die Atmosphäre zwischen Eng» land und Italien zu entspannen.

Me er gestehen müsse, habe er Furcht vor einem Zwi» ! chenfall. Für derartiges habe die Geschichte ja viele Bei» spiele. Frankreich könne durch einen solchen Zwischenfall in eine« Krieg verwickelt werden, den zu vermeiden er alles getan habe.. Je schwerwiegender die Verpflichtungen gewesen seien, die üch, aus den Völkerbundssatzungen ergaben, desto mehr sei es sein» Pflicht gewesen, nichts zu versäumen, um eine friedliche Lösung durchzusetzen. Mit Hoare habe er unter dem Eindruck diesep Sorge die Frage der Erdölsperrc beraten und den besten Weg gesucht, um bei Aufrechterhaltung des Friedens und im Rahme« der internationalen Einrichtungen die Belange beider Länder z« verteidigen. Die Vorschläge, die man als übertrieben bezeichnet habe, hätten er und Hoare für vernünftig angesehen. Im übri­gen seien sie ja nicht unabänderlich gewesen. Was werde morgen geschehen?

Es stehe fest, daß die Pariser Vorschläge erledigt leien, aber die Aufgabe der Vermittlung bleibe ungelöst. Der Vökkerbundsrat habe sich versammelt und habe den Dreizehner-Ausschuß wieder aufleben lassen. Der Verbin­dungsausschuh sei beauftragt, über die Anwendung der wirtschaftliche« Dinckmatznahmenz« wachen. Werde