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Nummer 22V
Altensteig, Freitag, den 2V. September 1935
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„Mmelland in Not
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Mussolim sagt: „Unannehmbar und lächerlich"
Königsberg, 19. Sept Die Preußische Zeitung veröffentlicht eine 46 Seiten starke Memelsondernummer „Memelland in Not" in der u. a. die Reichsminister Dr. Frick, Freiherr von Neurath, Göring und Dr. Eöbbels das Wort nehmen.
In wenigen Tagen werden die Memelländer erneut um die Verteidigung ihrer Autonomie ringen. Daß ganz Deutschland, insbesondere aber Ostpreußen diesen Schicksalsgang der Memel- länder mit größter Anteilnahme verfolgen, zeigt in einem Leitartikel „Ostpreußen und Memel" Reichsinnenminister Dr. Frick auf. „Obzwar die Rechte der Memeldeutschen", so schreibt er, „durch das Autonomiestatut vom Mai 1924 von England, Frankreich, Italien und Japan garantiert, vom Völkerbund bestätigt und von Litauen anerkannt worden, ist das Statut von Litauen niemals erfüllt worden. Im Gegenteil, alle kulturellen und innerpolitischen Freiheiten, das Recht der eigenen Gerichtsbarkeit, der Polizeihoheit, ist geraubt und selbst die frei gewählte Vertretung ist für die Memeldeutschen ausgeschaltet worden. Seit Jahren betreibt Litauen eine aufreizende und provozierende Gewaltpolitik in diesem Teil des vor dem Weltkrieg zu Ostpreußen und damit zum Reiche gehörenden Landes, die zweifellos böse Folgen für das friedliche Zusammenleben der Völker haben mutz."
Reichsaußenminister Freiherr von Neurath stellt fest, daß der Angriff auf die autonomen Rechte der Memelländer durch Litauen die Quelle aller Unruhen in diesem Winkel Europas ist. „Litauische Politiker", so schreibt er, „haben die Welt mit der Behauptung herausgefordert, die Autonomie für das Memelland bilde nur ein Ilebergangsstadium. Demgegenüber muß ich mit allem Nachdruck feststellen, daß die Autonomie nach Wortlaut und Sinn der Memelkonvention ein für alle Mal unantastbar ist: sie bildet die Voraussetzung dafür, daß das Memelland dem litauischen Staate überhaupt angegliedert worden ist. Litauen hat es in der Hand, Recht und Gesetz im Memelland wieder herzustellen und Unrecht und Vergewaltigung wieder gutzumachen."
Ministerpräsident Hermann Göring schreibt u. a.: „Ein kleiner Staat tyrannisiert mit unglaublichen Methoden deutsche Blutsbrüder. Wenn wir hiergegen entschiedensten Protest einle- gen, mischen wir uns nicht in die Angelegenherten eines fremden Staates, sondern fordern die Einlösung feierlich festgelegter Konventionen. Die unerhörten Zustände im Memelland stellen eine Aufeinanderfolge gröbster Rechtsbrüche dar. Es ist Pflicht der Signatarmächte, gegen diese dauernden Vertragsbrüche einzuschreiten".
Daß ein gedeihliches Zusammenleben der Völker nur möglich ist, wenn Achtung vor fremdem wie eigenem Volkstum herrscht, betont Reichsminister Dr. Eöbbels. „Dieser Grundsatz wird im Memelland täglich verletzt. Nicht genug, daß es durch einen Gewaltstreich der letzten Garantien beraubt wurde, die ihm der Friedensvertrag von Versailles in der Kontrolle der Earantiemächte bot, wird jetzt versucht, jedes eigenständige Leben im Memelland durch planmäßige Entdeutschung aller Selbstverwaltungskörperschaften vom Landtag bis zu den Gemeindevertretungen einschließlich der Verwaltungsorgane, zu verfälschen."
Sescheak örs MmS an dm Kaiser vm Zavan
Tokio, 19. Sept. Der japanische Botschafter in Berlin, Graf Mushakoji, hat das vom Führer und Reichskanzler dem Kaiser von Japan geschenkte berühmte Kaiserin-Saga-Bild in einer feierlichen Audienz im Beisein des Ministerpräsidenten Hirow dem Kaiser überreicht. Der Kaiser hörte einen Vortrag über die Geschichte des Bildes an, sowie einen Bericht über die Einzelheiten bei der llebergabe des Bildes durch den Führer an den Grafen Mushakoji in Berlin. Das Bild wird dem kaiserlichen Staatsschatz einverleibt und im Tempel in Kyoto untergebracht» wo es schon in früheren Jahrhunderten aufbewahrt worden ist. Die japanische Presse berichtet ausführlich über die llebergabe des Bildes und spricht dabei von einem hochherzigen Akt des Führers.
Ausgezeichnetes Adfchneide» deutscher Segelflieger
Der vom Aeroklub der Schweiz veranstaltete internationale Segelflugwetrbewerb auf dem Jungfraujoch, der am 4. September begann, hat seinen Abschluß gefunden. Nach dem soeben bekannt gewordenen Ergebnis haben die deutschen Segelflieger, die unter Führung von Oberst Udet standen, in der Schlußwertung ausgezeichnet abgeschnitten. Im Stteckenflug setzte sich Ludwig Hofmann-Mannheim an die erste Stelle. Zweiter wurde der Lufthansa-Pilot Peter Riedel, dritter Baroni- Cchweiz. Die größte Höhe erreichte Heini Dittmar-Schweinsurr. Zweiter Gumpert-Oesterreich, dritter Oberst Adel. In der Gesamtleistung belegte Dittmar den ersten Platz.
'Paris, lg. Sepi. Der Genfer „Temps"-Vertreler will erfahren haben, daß die Vorschläge des Fünfer-Ausschusses aus drei Schriftstücken bestehen. Das erste, das im Namen des Völkerbundsrates verfaßt sei. enthalte in großen Zügen den Abessinien angeborenen Plan eines internationalen Beistandes. Die beiden anderen Schriftstücke seien französisch- englische Vereinbarungen. In dem ersten erkennen England und Frankreich die wirtschaftlichen Sonderinteressen Italiens in Abessinien an unter Vorbehalt der Sicherung der französischen und englischen Interessen. Das zweite enthalte gebietsmäßige Zugeständnisse, die Abe.s- sinien in Französisch- und Englisch-Somali- land angeboten werden, darunter einen Zugang zum Meer über Zeila unter der Bedingung, daß Abessinien ^einerseits gebietsmäßige Zugeständnisse an Italien gewähre.
Im Falle der zu erwartenden italienischen Ablehnung, fährt der Berichterstatter fort, sei damit zu rechnen, daß der Völker- bundsrat sich an die Ausarbeitung des Schlußberichtes nach Artikel 15 der Völkerbundssatzung machen werde. Dieser Schluß- bericht könnte am Dienstag fertig sein und den Beteiligten in einer Sitzung des VölkerbunLsrates übermittelt werden, auf der der Sitz Italiens leer bleiben würde. Für den weiteren Verlauf gebe es dann zwei Möglichkeiten. Entweder werde der Völkerbundsrat in Erwartung des Ausbruches der Feindseligkeiten ununterbrochen weitertagen, was den britischen Wünschen entsprechen würde. Aber zahlreiche Abordnungen seien der Ansicht, daß auch die Völkerbundsvollversammlung in diesem Falle weitertagen müßte.
„Unannehmbar und lächerlich"
London, 19. Sept. Wie die „Daily Mail" meldet, hat der jetzt in Rom befindliche Sonderberichterstatter des Blattes, Ward Price, eine Unterredung mit Mussolini gehabt, die sich auf Presseberichte bezog, wonach die Vorschläge des Fünfer-Ausschusses noch weniger günstig für Italien seien, als die englisch- französischen Vorschläge von Paris. Der Korrespondent berichtet, Mussolini habe erklärt: Der Plan ist nicht nur unannehmbar, sondern auch lächerlich. Es sieht so aus, als ob der Völkerbundsausschutz glaubt, ich sei ein Sammler von Wüsten.
Im einzelnen soll der Duce geäußert haben: „Wenn die von den Nachrichtenagenturen telegraphierten Meldungen zutreffen, dann scheinen die Vorschläge ironisch gemeint zu sein. Es wird anscheinend angeregt, Italiens Bedürfnis nach Ausdehnung in Ostafrika solle durch Abtretung von ein paar Wüsten befriedigt werden, einer Salzwllste und einer Stein- wüste. Dies sind nämlich die Wüsten von Danakil und Ogaden.
Mussolini fragte lachend, ob man ihn für den Helden in einem der Bücher von Mark Twain halte, der so verliebt in Echos war, daß er zwei Berge mit schönen Echos kaufte und sich ein Haus dazwischen baute. Er fügte hinzu, er habe von den Franzosen vor kurzem 110 060 Quadratmeilen der Wüste Sahara erhalten. In diesem Gebiet wohnten genau 62 Menschen, die man nach langem, mühseligem Suchen in einem einsamen Tal gefunden habe, wo zufällig genug Wasser vorhanden war. Das Danakil-Land sei der Boden eines getrockneten Meeres und bilde eine Wüste weißen Salzes von 206 Meilen Länge. Dort wachse nicht ein Grashalm, und nicht einmal ein Abessinier könne dort Lebensunterhalt finden. Die Wüste von Ogaden sei eine Steinwüste. Mit einer Steinwüste könne mau noch einiges anfangen. Einige Strecken der lybischen Wüste in Jtalienisch-Nordafrika seien bewässert und dadurch bewohnbar gemacht worden. Aber in einer ausgetrockneten Wildnis gewaltiger Felsblöcke könne nichts wachsen.
Bei der Einrichtung einer internationalen Verwaltung und Gendarmerie sei Italiens Vertretung anscheinend nicht vorgesehen. Es scheine angeregt zu werden, daß die 200 660 italienischen Soldaten in Ostafrika nach Hause gebracht werden sollten und daß ihnen erzählt werde» sollte, sie hätten nur einen Ausflug gemacht. Dies werde unter keinen Umständen geschehen. Der Ausschuß würde sich bester an die Hauptsache bei der abessi- nischsn Frage gehalten haben, nämlich die Tatsache, daß es nichts derartiges gebe wie eine abessinische Nation. Es handle sich um ein Herrenvolk, nämlich die Amharas, die über besiegte und zu Sklaven gemachte Stämme herrschte. Diese unterdrückten Rasten Abessiniens würden sich unter italienischer Herrschaft viel besser fühlen, während dem wah»e» Abessinien, dem Linde der Amharas, geholfen werde« könnte, eine anständige Stufe der Zivilisation durch ein Regime zu erreichen, das mit dem Anfangsregime im Irak oder dem »och in Marokko gültigen Regime Aehnlichkeit hätte.
Ile VSueMe Schm, vom 21.-Z0. Sevt. lv Stuttgart fei das Ziel des ganzen toSMemderglfSen Volles.
England bindet W Mt
Die voraussichtliche Antwort auf die französische Anfrage
Paris, 19. September. Der „Matin" meldet aus London, daß die englische Antwort.auf die französische Anfrage über die Anwendung der Völkerbundssatzungen auf Europa in einigen Tagen der französischen Regierung übermittelt werden würde. Die englische Antwort werde der Genfer Rede Sir Samuel Haares entsprechen. Es sei also nicht zu erwarten, daß England eine ausdrückliche und vollkommene Garantie bezüglich eines Angriffes in Mitteleuropa geben werde. Es werde vielmehr darauf Hinweisen, daß sein Versprechen, den Völkerbundssatzungen treu zu bleiben, ausreichen müßte.
Die Abendblätter veröffentlichen in großer Aufmachung eine Reutermeldung aus Genf, in der es heißt, Laß Mussolini seinem Vertreter Baron Aloisi, der auf Empfehlung der Mächte die Vorschläge des Fünfcrausschusses dem italienischen Regierungschef in Rom persönlich überreichen und erläutern sollte, mitgeteilt habe, daß er von Genf keinerlei Ratschläge wünsche. Wie weiter berichtet wird, Hai der Sprecher des italienischen Auswärtigen Amtes in Rom die Vorschläge in ihrer jetzigen Form für unannehmbar erklärt. Immerhin habe der Sprecher seine Befriedigung über die Erkenntnis des Ausschusses ausgedrückt, daß Abessinien in jeder Hinsicht unfähig sei, sich selbst zu regieren. In Addis Abeba verlautet, einer weiter Reutermeldung zufolge, daß Abessinien die Vorschläge höchstwahrscheinlich annehmen werde. Die schwache Hoffnung, daß es dem Völkerbund doch noch gelingen werde, einen friedlichen Ausweg zu finden, macht am Donnerstagabend irr London einem ausgesprochenen Pessimismus Platz. Niemals zuvor, so schreibt der liberale „Star", ging ein Land mit weniger Vernunft in den Krieg.
Jauertagmig der Völkerbundsversammlung
zur Vermeidung des Kriegsausbruches?
Genf, 19. Sept. Daß die Vorschläge des Fünferausschusses für Italien annehmbar seien, glaubt hier niemand mehr. Die Abfassung eines solchen Berichtes wird von verschiedenen neutralen Delegationen hier damit erklärt, daß sich der Fünfer-Ausschuß bei seiner früheren Fühlungnahme mit Italien von dessen völlig ablehnender Haltung auch gegenüber viel wertergehenden Vorschlägen überzeugt habe. Angesichts der Unmöglichkeit, überhaupt eine Verhandlungsgrmüilage zu finden, habe mau nunmehr einen Plan ausgearbeitet, der keine der Großmächte auf bestimmte Konzessionen festlege und vor allem durchaus „völkerbundsfromm" gehalten sei. Auf diese Art werde verhindert, daß die antifaschistische Welt dem Völkerbund eine Begünstigung des italienischen Kolonialimperialismus vorrverfen könne und daß airdererseits Mussolini einen Vorwand zu militärischem Vorgehen erhalte, in dem er behaupten könne, daß er die Pläne des Völkerbundes, wenn auch mit seinen eigenen Mitteln, verwirkliche. Da hier allgemein angenommen wird, daß Italien mit militärischen Maßnahmen bis zum Ende der Völkerüundsversammluug warten will, um nicht der Weltmeinung Gelegenheit zu einem einmütigen Protest und rascher Beschlußfassung über weitere Maßnahmen zu geben, treten die kleineren Staaten seit einigen Tagen dafür ein, die Versammlung so lange nicht auseinandcrgehen zu lasten, bis Ser wertere Gang der Ereignisse zu überblicken ist. Aloisi hat sich übrigens trotz des französischen Drängens noch immer nicht entschlossen, nach Rom zu reisen.
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Ei» Verspreche» Lavals an Mussolini?
Paris, 19. Sept. Die Haltung Frankreichs in der Frage einer möglichen Anwendung von Sühnemaßnahmen bleibt naturgemäß im Mittelpunkt der Betrachtungen der Blätter. Allgemein neigt man zu der Ansicht, daß Paris im äußersten Falle mit England Zusammengehen werde. Die von Laval gespielte Rolle wird mit einem gewissen Mißtrauen betrachtet. In einem Bericht des „Paris Soir"-Korrespondenten heißt es, Laval werde bei seiner Rückkehr eine öffentliche Meinung finden, die Aufklärung darüber verlange, wie weit er auf dem Wetze gemeinsamer Aktion z« gehen gedenke.
Das Genfer Gerücht, Laval habe Must-Kim versprochen, a» keinen militärische» Operationen teilzuueh- m e n, habe in Paris Erschütterung und daun Unglauben hervor« gerufen. Es sei bekannt, daß Lewa! niemals sei« Kabinettskollegen von der Abgabe eines solchen Versprechens unterrichtet habe. Wenn Laval tatsächlich eine solche Zusage gemacht habe, die dann in merkwürdigem Gegensatz zu seiner Treuekundgebuns