lanaen I'-Zug stieg und noch Belgien fuhr. Die Sol­daten waren in vollem Gepäck. Ich schätzte sie auf nnndestens zwei Kompagnien, es kann auch mehr gewesen sein. Auf der belgischen Station Erque- linnes, wo für uns Zivilisten Gepäckrevision statt­fand, verließen auch die französischen Soldaten den Zug. Sie verschrvanden dann auf dem Bahnhof. Wo sie hingingen, habe ich dann nicht mehr verfolgt. Sie fuhren jedenfalls nach der Zollrevision mit dem­selben I>-Zug nicht mehr mit. Ich wunderte mich aber, daß soviele französische Soldaten nach Belgien fuhren und fragte den dortigen Zollbeamten, wie das käme. Dieser meinte, sie hätten verschlafen. (!) Ich machte mir damals keine besonderen Gedanken, weil ich an den Krieg noch nicht dachte. Nach Kriegs­ausbruch kam ich auf die Idee, es könnte eine bewußte Verletzung der belgischen Neutralität durch Frank­reich vorliegen, indem es schon eine Woche vor Kriegsausbruch Soldaten nach Belgien schickte. Auf­fällig ist mir jetzt auch, daß am Tage nach dieser Lisenbahnfahrt das österreichische Ultimatum an Serbien ablief. Ich füge noch bei, daß ich in Paris an demselben Tage (24. Juli) auch schon um 5 Uhr auf dem Ostbahnhof war, um meine Schwester auf den Zug nach Saarbrücken zu bringen. Dieser Zug, war noch mehr mit französischem Militär besetzt, als ! der meinige. Sie fuhren offenbar nach Nancy. Die-! fer O-Zug war derart mit Soldaten überfüllt, daß sie in die Frauenabteile II. Klasse stiegen und in sämtlichen Gängen standen.

Der Mörder des Abg. Iaurös.

Von der französischen Grenze, 19. Jan. Endlich hört man wieder einmal etwas von dem Mörder des Abgeordneten James. Die mit der Untersuchung seines Geisteszustands beauftragten Aerzte sind zu dem Schluß gekommen, daß er psychische Fehler auf­weise, die seine Verantwortung adschwächen. Der Untersuchungsrichter Drieux wild die Untersuchung fortsetzen. Es ist zu mindesten sehr merkwürdig, daß Iaurös, der sich noch in den letzten Stunden vor der Kriegserklärung für die Neutralität Frank­reichs einsetzte, gerade im Augenblick der Kriegs erklärung ermordet wurde, und daß der Mörder Jaurös auch zufällig mit bereitem Revolver in das Taft gekommen war, im dem der Sozialistenführer sich aufhielt. Daß man jetzt das schöne Mittel der psychischen Störung erfindet, läßt mancherlei Ver­mutungen über die Beziehungen des Mörders zu.

Der Erfolg der Verhetzung in Frankreich.

Berlin. 19. Jan. Aus Genf, 17. Jan., wird der Deutschen Tageszeitung" berichtet: DasEenftr Journal" bringt einen Pariser Brief, wonäch die Veröffentlichung des französischen Ereuelberichts große Mißstimmung in politischen Kreisen erregte. Die Deputierten sagen, das Volk sei bereits genug­sam aufgeregt und geängstigt. Falls etliche Nieder­lagen kämen, wären die Folgen der Volkswut un­berechenbar. Bedauerlich seien die blutrünstigen Hetz- ariikel von Eapus und Richepin. Viele Soldaten an der Front protestieren nachdrücklich gegen das tolle Wüten von Journalisten» die sich in behaglicher Si­cherheit befinden. Ein Oberst verurteilt öffentlich den Brandbrief des senilen Richepin. Heute beschwört Tapus imFigaro" die Regierung, gegen die Pa­nikmacher mit äußerster Schärfe vorzugehen, denn die Enttäuschung über die Hilfe Englands könnte allmählich selbst die stärksten Charaktere verzagt wachen, falls beständig Gerüchte über englischen Vorrat umliefen. >

Bandervelde über die belgische Bündirispfllcht. s

Berlin, 19. Jan. Aus Rosendaal wird demLo- § kalanzeiger" gemeldet: Von den blegischen Soldaten! wird an hier lebende Angehörige berichtet, daß Staatsminister Bandervelde kürzlich an verschiedene Truppenteile Ansprachen richtete, in denen er fol­gendes erklärte: Wir denken nicht daran, Frankreich und England auf ihrem Eroberungszug nach Deutsch­land zu folgen und das Nachbarreich niederzukäm- xfen, wie es in der Absicht unserer Verbündeten liegt, i Für uns Belgier gibt es nur dieses Ziel: Brüssel und Lüttich wieder zu erreichen. Sobald das geschehen, können wir die Waffen niederlegen und das Ende des Kampfes abwarten. Dtzs ist das Ziel unserer Anstrengungen!"

Bandervelde empfiehlt den Soldaten, sich jeder draufgängerischen Handlungsweise zu enthalten und nur sich strengster'Pflichterfüllung zu befleißigen.

Ein belgischer Unteroffizier schreibt: Unsere neuen Soldaten sehen nicht sehr vertrauenerweckend aus. Es gibt darunter viele Schwächlinge, stark Kurz­sichtige und sogar Bucklige. Einige erzählen, daß sie von der französischen Militärbehörde eingezogen wurden.

Traurige Lage der russischen Bauern.

Budapest, 19. Jan. Das offiziöse Organ des russischen Handelminjsteriums dieHandels- und

Industrie-Zeitung", bespricht die traurige Lage des russischen Bauernstandes und behauptet, im größten Teile der Gouvernements des mittleren Wolga­gebietes sei weder genügend Brotgetreide für die Menschen, noch ausreichendes Futter für das Vieh vorhanden. Eben solche Not herrsche in dem frucht­baren Schwarze-Erde-Gebiete Rußlands, wo die Bauern all ihr Vieh zu Spottpreisen losschlagen. Infolgedessen sieht man auch für das Frühjahr einem großen Mangel an Saatgetreide und an Düngungs- Mitteln entgegen. Die Regierung ist außerstande, den Bauern beizustehen und den betroffenen Gegen­den Hilfe zu leisten.

Das Erdbeben in Italien.

(W.T.V.) Rom, 19. Jan.Osservatore Ro­mano" erklärt die Blättermeldungen, daß infolge des Erdbebens die päpstlichen Paläste und die dort befindlichen Kunstschätze gelitten hätten, für falsch. Ganz Italien beteiligt sich durch Geldspenden, Lie­besgaben und Entsendung von Helfern an dem Ret­tungswerk. Gesten: sind wiederum einige U-eber- lebende aus den Trümmern von Avezzano und Pescina geborgen worden.

(W.T.V.) Citta Durale, 19. Jan. Nach und nach treffen auch aus den entlegeneren Tälern näh­ere Nachrichten über die Folgen des Erdbebens ein. Aus dem Saltotal wird gemeldet, Laß die Gemein­den Ofano 12 Tote und 10 Verwundete. Colleresco 11 Tote und 6 Verwundete, Santa Gapito, Colle Nazzolini und Corso Carefuli zusammen 12 Tote, Santa Luccia 40 Tote und 40 Verwundete, Sant' Egidio 40 Tote und 60 Verletzte, Cravaro, Torano, Sant'Anatolia und Spedino zusammen 440 Tote zu beklagen haben.

Die Neutralen und der Krieg.

Schwede« und der Dreiverband.

Stockholm, 19. Jan. Einer Dagblabetmeldung zufolge haben die Mächte des Dreiverbands gegen die Äbfchneidung der Zufuhr von Kriegsmaterial an Rußland durch Schweden Vorstellungen bei der schwe­dischen Regierung erhoben. Die Durchfuhr von Kriegsmaterial wird von dem Dreiverband nicht als Neutralitätsoerletzung betrachtet, da die Bestel­lungen auf das Kriegmaterial vor Beginn des Krie­ges gemacht worden seien. Offiziös wird versichert, daß eine Aenderung in der Stellungnahme Schwe­dens und das Verbot ohne Milderung

für die Dauer des Krieges in Kraft bleiben werde,

Wenn der Dreiverband Kriegsmaterial über einen neutralen Staat bezieht, so ist das keine Neutralitätsverletzung. Sollte sich aber ein neutraler Staat unterstehen, auch nur einen Sack Getreide nach Deuschland durchzulassen, so zieht er sich sofort die ganze Dreiverbandsgesellschaft auf den Hals. Man sieht also, der Dreiverband handelt vollständig nach dem Schema: Gewalt geht vor Recht. Ob es den Neutralen bald dämmern wird? Die Schrift!.

Die Sozialisten Italiens.

(W.T.V.) Rom, 19. Jan. Die Leitung der sozi­alistischen Partei, die in Florenz zusammengetreten ist, hat eine Tagesordnung zu Gunsten der Neutrali­tät Italiens angenommen und beschlossen, in diesem Sinn eine lebhafte Propaganda zu entfalten und in ganz Italien Versammlungen auf den 21. Februar einzuberufen.

Bulgarien.

Nom, 19. Jan. DerDeutschen Tageszeitung" zufolge veröffentlicht dieTribuna" eine Unter­redung mit Ehrnadiew, die in Florenz stattfand. Ghevadiew gab zu, daß er in besonderer Mission nach Rom komme; über den Zweck der Mission könne er im einzelnen jedoch nichts Mitteilen. Er ver­sicherte nur, daß Bulgarien weder den Mächten des Dreiverbandes, noch denen des Dreibundes feindlich gesinnt sei und lediglich bulgarische Politik treibe. In letzter Zeit hätten sich die Beziehungen zu Serbien (!) und Griechenland gebessert.

Vermischte Nachrichten.

Der Herzog von Cumberland und der deutsche Krieg.

(W.T.B.) Wien, 19. Jan. Die Blättter brin­gen eine Schilderung des Besuches von Journalisten im Verwundetenspital in Gmunden, das vom Her­zog und der Herzogin von Cumberland bei Ausbruch des Krieges geschaffen worden ist. Der Herzog von Cumberland empfing die Journalisten und äußerte sich dabei über den Krieg folgendermaßen: Im ge­genwärtigen Krieg fühle ick mich selbstverständlich als Deutscher, der ich ja von Geburt bin. Ich kann

nur hoffen, daß dieser Krieg, der den verbündeten deutschen und österreichisch-ungarischen Armeen wahr­lich keine leichte Aufgabe stellt, siegreich für diese endigen wird.

Ein Erfolg in Belgien.

Berlin, 19. Jan. Aus Brüssel wird derDeut­schen Tageszeitung" gemeldet: Das deutsche General­gouvernement hat soeben einen wichtigen Erfolg errungen. Alle 35V Angestellten des staatlichen Eisenbahn-Arsenals in Gent haben sich nämlich bereit erklärt, die seit 5 Monaten ruhende Arbeit wieder aufzunehmen. Sie unterwerfen sich der deutschen Leitung und erhalten dieselben Bezüge wie unter der belgischen Verwaltung. Falls dieses Beispiel, wie man hoffl, Nachahmung findet, wird die Wiederaufnahme des Eisenbahnbetriebs in Bel- öien in großem Stile wieder möglich werden.

Derbrannte Lebensmittel.

Berlin, 20. Jan. DerBerliner Lokalanzeiger" meldet aus Vraunschweig: Vier gefüllte große Feld­scheunen find bei Aschersleben ntedergebrannt. Der Brandstiftung verdächtig sind internierte Russen.

Erdbeben in der Schweiz.

Bern, 19. Jan. In der West- und Nord-Schweiz wurde gegen Mitternacht ein ziemlich fühlbares Erd­beben beobachtet. Es fanden zwei Stöße in der Rich­tung von Norden nach Süden statt. Schaden wurde nicht angerichtet.

Zur Einnahme von Swakopmuud.

(W.T.B.) London, 19. Jan. Das Reutersche Bureau läßt sich aus Kapstadt folgende Einzelheiten über die Einnahme von Swakopmund am 14. Jan. melden: Vor der Einnahme der Stadt brachte der Feind Landminen zur Explosion, um den Vormarsch der britischen Truppen zu verhindern. Zwei Mann wurden getötet. Man sah eine Abteilung des Fein­des sich beim Anrücken der englischen Truppen zu­rückziehen. Die Gebäude der Stadt waren unbeschä­digt, aber die elektrische Lichtanlage, der Landungs­platz, die Telegraphenkabel und die zugehörigen In­strumente waren zerstört.

Ein Riesenbrand.

Trenton (bei Newyork), 20. Jan. (Reuter.) Ein Feuer, durch das das gesamte industrielle Viertel der Stadt bedroht war, zerstörte die Werke der John A. Roebling Sons Company im Werte von einigen Millionen Dollar. Da diese Gesellschaft isolierte Te­lephon- und Telegraphendrähte für Kriegszwecke, so­wie Geschirrketten für Artillerie herstellt, vermutet man Brandstiftung. Natürlich haben diese Brand­stiftung wieder oft Deutschen begangen, die Interesse daran haben, daß kein Kriegsmaterial an den Drei­verband geliefert wird. Man muß sich nur wundern, daß noch keine Dreiverbandsmeldung ausgegeben wurde, die Deutschen hätten auch das Erdbeben in Italien verursacht.

Aus Mexiko.

Frankfurt a. M., 19. Jan. DieFranks. Zei­tung" meldet aus Newyork: Carranza yat die Petro­leumausfuhr aus Mexiko verboten. Das Verbot kann zu Verwicklungen mit den Vereinigten Staaten führen.

Aus Stadt und Land.

Tal», den 20. Januar 1915.

Kriegsauszeichnung.

Der Gefreite Karl Wilhelm Morlock, im Feld- artillerie-Reg. 29, Kaminfeger aus Wolfenhausen, wohnhaft in Calw, hat die silberne Verdienstmedaille erhalten.

Kaifersgeburtstagsgefchenk für die Feldlruppen.

* Wie wir schon gestern mitgeteilt haben, ver­anstaltet der Kaiser-Wilhelm-Dank aus Anlaß des Geburtstages des Kaisers für die Truppen im Felde eine Eeldsammlung zum Zweck der Zuweisung von Kriegskarten und Lesestoff. Die Sammlung soll bis 25. Januar abgeschloffen sein, um das Ergebnis dem Kaiser zu dessen Geburtstag übermitteln zu können. Unser Verlag, der ebenfalls eine Sammel­stelle übernommen hat, kann also nur bis 23 Januar Gaben entgegennehmen, wenn die eingehenden Spenden noch rechtzeitig an der Zentralstelle ein- treffen sollen. Wir bitten also die freundlichen Spender, diesen Zeitpunk tim Auge behalten zu ! wollen.