Mrtrouales Nachrichten- und Anzeigenblatt für die OberamtsbezirLe Nagold, Salw, Freudenstadt und Neuenbürg
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Nummer
111
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Altensteig, Dienstag, den 14. Mai 1335
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5 8. Jahrgang
Mttzeichnung einer sranz. UalienWen Luftverkehrskonvention
Amtliche Mitteilung über die Besprechungen
Rom, 13. Mai. Zwischen dem französischen Luftfahrt- minister Denain und dem italienischen Regierungschef Mussolini ist am Montagabend eine Konvention über die Einrichtung von Luftfahrtlinien unterzeichnet worden.
In einer amtlichen Mitteilung heißt es, daß diese Konvention die Politik herzlichen Einvernehmens zwischen den beiden Regierungen bestätige und eine enge Zusammenarbeit zwischen der französischen und der italienischen Luftfahrtsgesellschaft feststellen. Diese Zusammenarbeit betreffe insbesondere die Eröffnung der Linie Rom—Paris und den Plan einer beiderseitigen Verbindung zwischen Tunis und Tripolis, sowie die Organisation von Landungsstellen auf italienischem Gebiet für die französische Luftlinie Marseille-Beirut. Staatssekretär General Valle und Luftfahrtminister Denain hätten auch zahlreiche Besprechungen über die Bedingungen gehabt, unter denen die in London und in Stresa geplante allgemeine gegenseitige Luftschutzkonvention verwirklicht werden könnte. Im Verlauf eines weiteren Meinungsaustausches feien die technische Zusammenarbeit der französischen und der italienischen Luftwaffe Wie auch die Maßnahme einer eventuellen Verständigung über die Sicherstellung dieser Zusammenarbeit geprüft und beschlossen worden. Die Besprechungen seien in einer Atmosphäre der größten Herzlichkeit vor sich gegangen und hätten von neuem die Freundschaft der beiden Länder bestätigt.
Wechlmig der Gültigkeit brr Sämiger Wahlen durch bie SvvMionSvarleiea
Demnächst Verhandlungen vor dem Danziger Obergerichr
Neue Beschwerden der Oppostion vor dem Danziger Völkerbundskommissar
Danzig, 13. Mai. Die Danziger Oppositionsparteien — Deutschnationale, Zentrum, Sozialdemokraten und Kommunisten — haben vor dem Danziger Obergericht die Gültigkeit der Wahlen zum Danziger Volkstag vom 7. April 1935 angefochten. Die Entscheidung über diese Anträge der verschiedenen Oppositionsparteien wird vom Danziger Ober- gericht beschleunigt durchgeführt werden, weil nach den bestehenden Danziger Gesetzen im Falle einer Ungültigkeitserklärung der Danziger Volkstagsroahlen innerhalb drei Monaten, also bis zum 7. Juli 1935, neue Volkstagswahlen burchgeführt werden müßten. Es kann aber bereits jetzt festgestellt werden, daß die Argumente der Oppüstionspar- teien auf so schwachen Füßen stehen, daß sich das Danziger Obergericht keinesfalls zu einem innen- wie außenpolitisch so weittragenden Entschluß, wie er die Aufhebung der Danziger Volkstagswahlen darstellt, wird entschließen können.
Gleichzeitig haben die Danziger Oppositionsparteien mehrere Beschwerdeschriften an den Danziger Völkerbundskommissar gerichtet, in denen sie die Gültigkeit der Danziger Nolkstagswahlen ansechten. Der Danziger Völkerbundskommissar hat sich Vorbehalten, diese Beschwerden noch nachträglich auf die Tagesordnung der bevorstehenden Genfer Völkerbundsratstagung setzen zu lasten. Die Beschwerden sind zum Teil sehr umfangreich; allein die Beschwerde der Sozialdemokraten umfaßt über 100 Schreibmaschinen- seiten. Es ist dem Senat der Freien Stadt Danzig bei der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit natürlich nicht möglich gewesen, innerhalb acht Tagen nach Zustellung zu diesen Beschwerdeschristen Stellung zu nehmen. Er wird sich daher gegen eine Behandlung dieser Frage bereits auf der kommenden Völkerbnndsratssitznng wenden.
Jeulsch-brlgisches Abkommen
LerUn, 13 Mai. Die seit End« vorigen Monats in Aache Seiuhrten Verhandlungen zwischen deutschen und belgischen R> Sniungsverlretern über verschiebene, die deutsch-belgische Eren; berührende Fragen, haben am 10. Mai durch Unterzeichn»» mehrerer Abkommen ihren Abschluß gefunden. Die Abkomme delreffen eine im Verkehrsinteresse erforderlich geworden , ^"öberichtigung bei Bahnhof Rötgen und die Eil ^sung eines ständigen Ausschusses zur Aufklärung von Eren, zwixhensällen, weiter eine Reihe den Verkehrsbedürfnisten en ivrechende Aenderungen des Abkommens über die deutsch-belgisck Grenze vom 7. November 1929 und im Zusammenhang dam , Kimmungen zur wirksameren Bekämpfung des Schmuggel mwie Erleichterungen auf dem Gebiete des Patzwesens und di Arbeitsaufnahme im kleinen Erenzverkehr. Dabei find au mniM schwebende Einzelsragen einer befriedigenden Lösung z> »ttuhrt worden.
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ZUM Ade -rs Marschalls Wslibski
Warschau, 13. Mai. Der Staatspräsident erließ einen Aufruf an die Bevölkerung, der folgenden Wortlaut hat: „Matschall Joseph Pilsudski ist dahingegangen. Durch seines Lebens große Mühsal hat er die Kraft im Volke aufgerichtet. Den Staat hat er durch den Genius seiner Gedanken und seinen eisernen Willen zum Leben erweckt. Er führte ihn zur Wiedergeburt der eigenen Macht, zur Entfaltung der Kräfte, auf die sich Polens kommendes Schicksal stützen wird. Als Lohn für seine riesige Arbeit war es ihm vergönnt unseren Staat als lebendige Schöpfung und unsere Armee ruhmvoll und siegreich zu sehen. Dieser größte Mann der polnischen Geschichte hat die Kraft seines Geistes aus der Tiefe der nationalen Vergangenheit geschöpft und die Zukunft in übermenschlicher Gedankenanspannung vorausgeahnt. Sich selbst sah er darin nicht mehr, denn er ahnte schon längst, daß seine körperlichen Kräfte sich dem Ende zuneigten. Er suchte und zog daher Männer zur selbständigen Arbeit heran, auf deren Schultern schließlich die Last der Verantwortung ruhen sollte. Er hinterließ dem Volke das Erbe seiner auf die Ehre und die Macht des Staates gerichteten Gedanken. Dieses Testament, uns Lebenden überliefert, haben wir zu übernehmen und fortzuführen. Mögen angesichts seines Geistes und der kommenden Geschlechter Trauer und Schmerz in uns das Verantwortungs- bewußtsein des gesamten Volkes zu erhöhen."
Polen in Trauer
Warschau, 13. Dian Schon der frühe Morgen zeigt in Warschau die Fahnen aller öffentlichen Gebäude aus Halbmast. Auch an den Wohnhäusern der Bevölkerung sieht man immer mehr Trauerfahnen. Der Minist er rat. der in der Nacht tagte, beschloß die Anordnung der nationalen Trauer. Der Innenminister hat bis auf weiteres alle öffentlichen Vorstellungen und ähnliche Veranstaltungen verboten. Auch die polnischen Sender geben vorläufig nur Nachrichten und keine Pro-- grammsenüungen.
Der in der Nacht ernannte Leiter des Kriegsmimsteriums erließ einen Tagesbefehl an die Armee; darin wird gesagt, daß der Marschall Polens sein Leben beendet habe, Latz aber der Schlag, der die Nation und die Armee getrosten habe, m nichts den Werk und die Kraft des soldatischen Dienstes schwächen könne. Für den 13. Mai befiehlt General Kaspr- zycki die Verlesung des Aufrufes des Staatspräsidenten vor der Front aller Truppenteile, die Anbringung von Trauerkokar- üen an allen Standarten und Regimentssahnen. Weiter haben alle Generäle. Offiziere und Unteroffiziere Trauerflor anzulegen.
Ueber das Begräbnis d es Marschalls sind noch kerne Anordnungen getroffen. „Kurier Poranny", der bisher als einziges Blatt des Regierungstagers erschienen ist. teilt mit, daß ein letzter Wille des Marschalls über sein Begräbnis seit einigen Jahren vorhanden sei. Danach habe der Marschall als Ausdruck seiner tiefen Hochachtung vor der Wissenschaft sein Gehirn wissenschaftlichen Zwecken bestimmt. Sein Herz soll nach Wilna gebracht werden, in die Stadl, in der er am meisten weilre. und in deren Nähe er geboren ist. Der Marschall habe den Wunsch zum Ausdruck gebracht, baß die sterblichen lleberreste seiner Mutter nach Wilna gebracht würden und Laß fein Herz zu ihren Füßen medergelegt werde. Die Beisetzung «eines Leichnams habe er im Wawel-Schloß in Krakau gewünscht, das die Gräber der polnischen Könige enthält Er habe das gewünscht, da er von Krakau aus als Kommandant oer Legion im Jahre 1914 in den Kampf gegen Rußland gezogen war. Dort im Wawel-Schloß ruht auch der Sarg des Dichters Julius Slowacki, der auf Befehl des Marschalls vor einigen Jahren dorthin überführt worden war.
Im übrigen veröffentlicht die Presse ausführlich den Lebenslauf des Marschalls. Die Nachrufe beweisen das Ausmaß ier Erschütterung und die Tiefe der Trauer des ganzen Landes. Auch die Blätter des oppositionellen Lagers, das im schweren Gegensatz zum Marschall und zu seiner Regierung in den letzten neun Jahren stand, huldigen dem toten Kämpfer um die politische Freiheit.
Sitzung -es polnischen Kabinetts
Staatsbegräbnis för Pilsudski
Warschau, 13 Mai. Das polnische Kabinett trat am Montag vormittag unter Sem Vorsitz des Ministerpräsidenten zusammen und saßte einig« wichtige Beschlüsse un Zusammenhang mit dem Ableben Pilsudjkis. So wurde beschlossen, baß die Beisetzung des Marschalls auf Staatskosten erfolgen solle. Alle Theatervorführungen usw. fallen dis zum Tage der Beisetzung aus. Militär und Beamte tragen für die Zeit von sechs Wochen schwarze
Armbinden. Kränze sollen auf dem Sarge Pilsudskis nicht nir- dergelegt werben. Alle Mitglieder der Regierung haben insgesamt 5500 Zloty gesammelt, die anstatt für die Anschaffung eines Kranzes für die ErrichtungetnesEedenk st eines pir Marschall Pilsudski iu Krakau verweirdet werden sollen.
Das Vettel- -er -euWen Mln-erhett
Kattowitz, 13 Mai. Der Deutsche Volksöund hat zum Tode des Marschalls Pilsudski an den polnischen Ministerpräsidenten folgendes Beileidstelegramm gesandt:
„In tiefster Anteilnahme trauert mit der Regierung und der polnischen Nation die deutsche Bevölkerung Schlesiens an der Bahre des ersten Marschalls Polens Joseph Pilsudski, Deutscher Volksbund für Polnisch-Schlesien."
Am Dienstag oder Mittwoch wird der Deutsche Volks- bund eine öffentliche Trauerkundgebung für Marsch all Pil- sudfki veranstalten.
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Das Beileid des Führers
Berlin, 13. Mat. Im Aufträge des Führers und Reichskanzlers stattete der Chef der Präsidialkanzlei, Staatssekretär Dr. Meißner, dem polnischen Botschafter, Exzellenz Livski. einen Besuch ab, um die tiefempfundene Anteilnahme des Führers und Reichskanzlers an dem schweren Verlust, der Polen durch den Tod des Marschalls Pilsudski betrosten hat. zum Ausdruck zu bringen.
Amtlich wird bekannrgcgeben: Aus Anlaß des Ablebens des Marschalls Pilsudski flaggen die Gebäude der Präsidialkanzlei, des Reichstages und sämtlicher Reichsminifterien heute und am Beisetzungstage Halbmast.
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Pariser Slimmen
Paris, 13. Mai. Die Nachricht von dem Ableben des Mar- jchalls Pilsudski machte in Paris einen um so tieferen Eindruck, als der abgesagte Besuch Lavals beim Marschall die Vermutung hatte aufkommen lassen, die Krankheit Pilsudskis sei nur diplomatischer Natur. Dem polnischen Nationalhelden werden von der gesamten Presse lange Nachrufe gewidmet. Man versucht, seiner Persönlichkeit gerecht zu werden und dabei auch die Politik zu erklären, die Polen in eine Abwehrstellung zu Sowjetrußland gebracht und zu elner Annäherungspolitik gegenüber Deutschland, verbunden mit einer Abkühlung des polnisch-französischen Verhältnisses, beigetragen hat. „Wenn man", so schreibt der „Matin", „die Einzelheiten des bewegten Lebens Pilsudskis überprüft, s« versteht man heute die Haltung seines Volkes, das sich von Rußland gemartert und o»n Deutschland bedroht sah. Es mußte Haß gegen Rußland unb Furcht vor Deutschland empfinden. Franb reich wird sich ehrfurchtsvoll vor der sterblichen Hülle eines Mannes verneigen, der sein Land über alles geliebt und ihm seine Freiheit wieder erobert hat."
„Journal" spricht von einem Ereignis, das für Polen von ungewöhnlichem Ernste sei: denn Polens ganze politische Entwicklung werde in Frage gestellt. Es handle sich darüber hinaus auch um ein hochbedeutsames Ereignis für Europa, in dem die polnische Stabilität ein wesentlicher Faktor sei. Pilsudski sei antirussisch eingestellt gewesen, was zur Annäherung an Deutschland beigetragen habe. Aber das Mißtrauen gegenüber den Sowjets sei nicht die einzige Richtlinie dieser Politik gewesen. Pilsudski habe aus seiner Skepsis gegenüber der Beständigkeit der französischen Politik kein Hehl gemacht. Das Blatt glaubt nicht, daß sich in der politischen Richtung, die Pilsudski Polen gegeben habe, sofort eine Aenberung zeigen werde.
Die radikalsozialistische „Republique" läßt ihrer Abneigung gegen die Männer des neuen Kurses in Polen auch angesichts der polnischen Nationaltrauer freien Laus. Man behauptet, Oberst Beck werde Nachfolger Pilsudskis. Vielleicht wird dies zutreffen. In diesem Falle würde der diktatorische und deutschfreundliche Charakter der polnischen Politik sich verewigen. Aber die militärische Diktatur in Polen hat dort das demokratisch« Empfinden und den Glauben an den Völkerbund nicht zunichte gemacht. Vielleicht wird man das bald feststellen können. Auch „Oeuvre" haut in di« gleiche Kerb«.
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Londoner Stimme»
London, 13. Mai. Die Nachricht vom Tode des Marschall» Pilsudski ist rn London völlig überraschend gekommen. In der „Times" heißt es u. a.: Als bie liberalen Theorien der erste« Zeit keine Stabilität zustande bringen konnten, wandte sich da» polnische Volk immer bereitwilliger dem Soldaten und dem Manne der Tak zu. Als großer Soldat und fähiger Staatsmann, der er war, zog er es vor, sich im Hintergründe zu halten und durch andere zu handeln. Aber seine Landsleute pflegten schließlich in allen kritischen Augenblicken im wechseloollen Dasein der neuen Staatsschöpfung auf ihn zu blicken. „Daily Herald". da» Blatt der Arbeiterpartei, glaubt prophezeien zu müssen, daß der Tod des Marschalls in Polen eine kritische Lage schasse.