Das Erdbeben in Italien.
(W.T.B.) Rom. 18. Jon. Nach einem Bericht des Geodynmnischen Zentralobservatoriums sind die Erdstöße in der Abnahme begriffen. Die Blätter bringen noch weitere verspätet eingetroffene Berichte von den Folgen des Erdbebens, durch die die Zahl der Getöteten und Verletzten noch eine Steigerung erfährt. So wurden in Cita Ducale 150 Personen getötet und viele andere verletzt. Nach der „Tribuna" ist Eastro Nuovo. ein Ort von 500 Einwohnern, zerstört, ebenso Eanistro, wo in der Kirche, während der Priester die Messe las, von 60 Personen 50 unter den Trümmern begraben wurden. In Lapistrello beträgt die Iaht der Opfer etwa 200. In Rom sind bisher 4500 Flüchtlinge angekommen, von denen 2000 Verletzungen erlitten haben. — Wie der „Osservatore Romano" mitteilt, hat der Papst den Bischöfen der betroffenen Diözesen Unterstützungen übermittelt. Es sind ihm für diesen Zweck bisher etwa 200 000 Lire an Spenden zugegangen.
Mailand. 18. Jan. Die Regierung ist infolge der Zerstörung der Drahtverbindungen nicht in der Laue, direkte' Nachrichten aus den zerstörten Ortschaften zu erhalten. Die Erdbewegungen waren so stark, daß die Nadel des Seismographen in Avezzano abbrach. Die Stationen in Rom und Neapel haben die Erdbebenkurve aufgezeichnet, es wurden auf beiden Stationen drei von einander unabhängige Erdbeben in Zwischenräumen von 1s4 und 2 Stunden notiert.
Die Neutralen und der Krieg.
Eine deulllche Sprache.
(W.T.B.) Stockholm, 18. Jan. Der König er- öffnete gestern den schwedischen Reichstag mit einer Thronrede, in der er zunächst des europäischen Krieges und der Neutralität, die bei Beginn des Krieges geschlossen und bisher aufrecht erhalten worden sei, Erwähnung tat und sodann ausführte, die militärischen Maßnahmen für die Aufrechterhaltung der Neutralität und den Schutz des Reiches hätten fühlbare persönliche aber bereitwillig getragene Opfer notwendigerweise veranlaßt und die Fürsorge für die Neutralität und das Selbstbestimmungsrecht Schwedens fordere weiter, daß eine erhöhte Wehrbereitschaft der Streitkräfte Schwedens aufrecht erhalten werde. Obgleich Schweden sich des Friedens erfreut habe, hätte die Wirtschaftslage des Volkes doch gelitten. Hierzu habe in hohem Grade der Umstand beigetragen, daß völkerrechtliche Grundsätze, die früher die Rechte der neutralen Staaten und ihrer Staatsangehörigen regelten, von den Kriegführenden nunmehr nicht anerkannt seien. Der König erwähnte in der Ansprache ferner die aus Anlaß des europäischen Krieges mit Norwegen getroffene Abmachung und dann die auf Einladung des Königs von Schweden erfolgte Zusammenkunft der skandinavischen Könige, was alles zum Zweck gehabt habe, die Stellung Schwedens zu stärken. Der König drückte sodann den Wunsch aus, daß das gute Verhältnis der skandinavischen Länder hierdurch noch gefestigt werden möge und sagte sodann: Wenn auch unsere Neutralität, wie ich lebhaft hoffe, aufrecht erhalten werden kann, müssen doch kräftige Anstalten zur Verteidigung des Landes und Erleichterung der ökonomischen Wirkungen des Krieges nicht zum wenigsten für die Schwachen und Kleinen der Gesellschaft getroffen werden. Ein Volk, das stark ist durch vaterländische Opferbereitschaft und gegenseitiges Zusam- menqehörigkeitsgefühl kann aber mit Zuversicht schweren Zeiten entgegensehen. Die Thronrede erinnert zuletzt unter Ausdruck des Dankes an den Reichstagsbeschluß der letzten Sitzung zur Stärkung der Landesverteidigung und teilt mit, daß die erforderlichen Bewilligungen zur Sicherstellung des Berteidigungswesens verlangt werden würden.
Schweden verhindert die Waffeneinfuhr «ach Rußland. m
Stockholm, 19. Jan. Die hiesigen.Abendblätter bringen die ersten Kommentare zu dem schwedischen Regierungsbeschluß, der den Waffenschmuggel nach Rußland eitdgültig unterbindet. Die Bedeutung der getroffenen Entscheidung liegt darin, daß Rußland nun der letzen Möglichkeit einer Waffenzufuhr aus dem Ausland beraubt ist. „Aftonbladet" schreibt: Die Russen können die entstehenden Lücken in ihren Kriegsvorräten infolge dieser schwedischen Maßnahme nicht mehr aus England oder Amerika ausfüllen. Unsere Regierung wird sich alle denkbaren Folgen ihres Beschlusses klargemacht haben. Ihre Entscheidung steht in vollkommener Uebereinstim- mung mit den Lebensinteressen Schwedens in diesem Weltkrieg. Wir begrüßen sie als Zeichen ihrer starken und zielbewußten Neutralitätspolitik. — In ähnlicher Weise äußert sich die konservative „Nya
Daglig Allehanda", die ferner folgendes ausfiihrt: Rußland war von aller Zufuhr von Kriegsmaterial abgeschlossen außer über Schweden. Hütten wir unter diesen besonderen Umständen den Transithandel stillschweigend zugelassen, so wären wir Rußlands Gehilfe geworden. Schweden hat durch die nunmehr gefallene Entscheidung seine Stellung klar und unparteiisch dokumentiert.
England und Griechenland.
Wien, 18 Jan. Nach Berichten an den „Lokalanzeiger" wird aus Konstantinopel gemeldet, daß England neuerdings versucht habe, die griechische Regierung zur Stellung eines Hilfskorps zu bewegen. Diesmal sollte es sich allerdings nur um 30 000 Mann gehandelt haben. Als Gegenleistung fei die Abtretung von Cypern, sowie die endgültige AngUederung der Inseln Mytilene und Chios in Aussicht gestellt worden; ferner soll England versprochen haben, bei einer Abänderung des Bukarests! Vertraoes Griechenlands Interessen zu wahren. Auch dieser Vorschlag fand kein Gehör.
Der Ankauf deutscher Schiffe.
(W.T.B.) London, 18. Jan. Die „Morning Post" meldet aus Washington: In Newyorker Privatkreisen wird erzählt, daß ein Syndikat von Bankiers und Rhedern das Schiff der Hamburg-Amerikalinie „Nassovia" für 16 000 Pfund Sterling gekauft und sich die Optionen auf die Schiffe „Constantina" und „Georgia" der gleichen Gesellschaft, sowie auf das österreichische Schiff „Theresa" gesichert habe. Der endgültige Ankauf anderer Schiffe hänge von dem Schicksal der „Dacia" ab. — „Daily Telegraph" meldet aus Washington, das Bureau für Krregsver- sicherung habe sich bisher geweigert, die „Dacia" zu versichern.
Unsere Feinde und der Krieg.
Die englische Ivvasionsfurcht.
(W.T.B.) London, 18. Jan. „Daily Mail" berichtet: Die Anweisungen für die Zivilbevölkerung werden jetzt in jedem Kirchspiel Norfolks angeschlagen. Alle Pferde, Maultiere. Esel, Automobile, Wagen, Karren oder Geführte, Geschirre u.s.w. müssen sofort nach einem bestimmten Platz gebracht werden, sobald die Behörden den Notstand in dem Bezirk proklamieren. Wenn sie nicht fortgeschafft werden können, müssen sie vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden. Das Vieh muß auf den Straßen weogetrieben werden. Vieh, das sich in der Nähe des Feindes befindet, muß zusammengetrieben und nach einem bestimmten Orte gebracht werden, wo Schutz vorhanden ist. Im Notfälle muß es getötet werden. Das ausgedroschene Getreide braucht nicht ohne beförderen Befehl vernichtet werden. Der Befehl zur Zerstörung des Eigentums wird, soweit es die Umstände erfordern, schriftlich gegeben werden. Wer dem Befehl, sein Eigentum zu zerstören oder unbrauchbar zu machen, nicht nachkommt, verliert allen Anspruch auf Entschädigung. Ohne besonderen Befehl soll niemand Brücken. Eisenbahnmaterial, elektrische Licht- und Kraftstationen, Telegraphenanlagen, Schleusen oder Quais zu zerstören versuchen. Die Zivilbevölkerung soll, wenn sie keinen anderen Befehl erhält, ruhig zu Hause bleiben.
Die englische Kriegsbegeisterung.
Berlin, 18. Januar. Die „Morning Post" klagt über die geringe Anzahl der nenangeworbenen Mannschaften. An einzelnen Tagen meldeten sich weniger als 200 Leute zum englischen Heer, während sich dessen tägliche Verluste auf 500—600 Mann beliefen.
Die Lebensmittelpreise in England.
London, 18. Jan. »Daily Expreß" schreibt: Während die englische Flotte die Meere freihält, haben die Rheder die Frachten derart erhöht, daß die Lebensmittelpreise in England so boch find, als wenn die deutsche Flotte unsere große Zufuhr abgeschnitten hätte. Das Blatt verlangt dringend, daß die Regierung eine Kontrolle über die Seefahrt und den Handel ausübe, solange der Krieg dauere.
Eine unangenehme Erfahrung.
Berlin, 19. Jan. Wie englische Blätter nach einem Telegramm des „Berliner Lokalanzeigers" aus Rotterdam melden, ist der von der englischen Regierung beabsichtigte Plan, eine Anilinfarben- induftrie in England zu schaffen, vorläufig als gescheitert zu betrachten, da die englischen Kapitalisten sich finanziell nicht beteiligen wollen. Anscheinend find die maßgebenden Kreise hinsichtlich der Konkurrenzfähigkeit dieser Industrie mit Deutschland sehr mißtrauisch. — Mit Geld allein kann man selbst in England nicht alles machen.
Japanische Instruktionsoffiziere für Frankreich und England.
Frankfurt, 18. Jan. Wie man der „Franks. Zeitung" über Genf aus Marseille meldet, sollen Ende Januar 280 japanische Jnstruktionsoffiziere, die für die französische und englische Armee bestimmt sind, dort eintreffen. Trifft die Nachricht zu, so beweist sie, daß der Offiziersmangel in Frankreich und England zu einer Not geworden ist, in der man vor dem beschämendsten Aushilfsmittel nicht zurückscheut. Im übrigen sind 200 Offiziere zur Ausbildung der angeblich vorbereiteten Millionenheere verzweifelt wenig.
Eine Abfuhr Frankreichs.
Petersburg. 17. Jan. Der .Rußkoje Slowo" bringt aus Tokio einen großen Auszug aus japanischen Blättern, die alle den Hilferuf Pichons ablehnen, teils höflich, teils schroff. Das Blatt „Asahi" bemerkt besonders scharf, wer andere zum Siege brauche, habe schon verloren.
Man soll nicht schadenfroh sein, aber diese deutliche Abfuhr seitens der Japaner ist dem französischen Hochmut zu gönnen.
Erregung in Japan.
Basel, 19 Jan. Die „Baseler Nachrichten" berichten aus Tokio, daß die Regierung mit Hilfe des Militärs große Versammlungen der Seijukaipartei gegen das Ministerium unterdrückt hat.
Die Judenverfolgungen in Rußland.
(W.T.B.) Paris, 18. Jan. Die „Humanite" veröffentlicht einen Ausruf der sozialistischen Organisation des jüdischen Proletariats in Rußland, „Der Bund", an die zivilisierte Welt, demzufolge seit Kriegsausbruch Judenverfolgungen unerhörter Art in Rußland eingesetzt haben. Der Aufruf berichtet von Judenverfolgungen in der Armeezone, von Pogromen in Polen, sogar in Lodz, von Massenaus- weisungen, und betont, daß die Juden unter dem geringsten Vorwand vor ein Kriegsgericht gestellt und zum Tode oder zur Zwangsarbeit verurteilt würden. Mangels anderer Beweise diene stets die Behauptung als Beweis, daß die Juden die Deutschen unterstützten. Der Aufruf schließt mit der Aufforderung, die zivilisierten Völker möchten den Zarismus daran erinnern, daß selbst in Kriegszeiten das Gewissen der zivilisierten Menschheit Worte finden werde, diese schmachvollen Handlungen zu verurteilen. Die „HumanitS" fügt hinzu, der Bericht sei das schlagendste Dementi für Re Meldungen einer gewissen Presse, daß den Juden politische Gleichheit von dem Zaren versprochen worden sei. Rußlands innere Politik habe sich seit Kriegsbeginn leider nicht geändert. — Die französischen Sozialisten aber raten ihren Genossen, sie möchten doch jetzt ihre Agitation gegen „Väterchens" Regierung aufgeben, damit man umso besser — Deutschland vernichten könne.
Vermischte Nachrichten.
Zum Geburtstag des deutschen Reiches.
(W.T.B.) Berlin, 18. Jan. Der Geburtstag des Deutschen Reiches wurde in Magdeburg mit einer Feier begangen, die mehr als einen örtlichen Charakter hatte. Der Führer der konservativen Partei, von Heydebrand, hielt die Festrede, in der er u. a. sagte: Wir müssen England gegenüber eine Sprache sprechen und Taten vollführen, wie den anderen Völkern gegenüber. Dann wird auch Englands Ruhe ins Wanken kommen. Dann aber haben wir das Wort. Der Frieden, der gemacht wird, darf nicht nur ein Frieden der Diplomatie sein, sondern ein solcher, den das ganze deutsche Volk einhellig billigt. Die wirtschaftlichen, sozialen und beruflichen Gegensätze werden bleiben, aber ändern kan» und mutz sich die Art. in der man einander gegeniibertritt. Manches, was man nicht für möglich gehalten Hütte, ist nun als Wahrheit erkannt. Boi Kritik oder Tadel wird man niemals vergessen können, daß der Gegner einst das deutsche Vaterland mit verteidigt hat.
Unsere Seehelden.
Berlin. 18. Jan. Der Berliner Lokalanzeiger berichtet: Aus Batavia meldet Nieuwe Blad über den kurzen Aufenthalt des Schoners, der von einem Teil der Bemannung der Emden erbeutet worden war. Am Samstag, den 28 November lief ein kleiner Schoner in den Annahafen von Padang bei Sumatra ein. Man vermutet, daß es sich um ein Schiff mit Kontrebande handelte, erkannte aber, als es sich näherte, die deutsche Kriegsflagge. Durch Wechsel von Signalen erhielt man die Sicherheit, daß man es mit dem Rest der Bemannung der „Emden" zu tun hatte. An Bord befanden sich Kapitänleutnant Wicke, der erste Leutnant Eiesling